Pneumokokken aus. Dies zeigt, wie mir scheint, sehr deutlich, dass es möglich ist, durch reaktive, in den Gewebezellen – seien es nun Leukozyten oder tatsächliche Gewebezellen – bewirkte Veränderungen Immunität im Körpergewebe aufzubauen. In diesem Existenzkampf zwischen Bazillen und Gewebezellen wird die Produktion reaktiver Veränderungen, dank derer die Gewebezellen Proteine generieren, die wiederum die bakteriellen Gifte zerstören können, offenbar entscheidend von der Temperatur beeinflusst. In diesen pathologischen Zuständen scheinen sich im Blutplasma bestimmte Substanzen zu befinden, welche die Bakterien bei Kontakt lethargisch machen und in Verbindung mit den Produkten der Bakterien die von den Bazillen hervorgebrachten giftigen Substanzen neutralisieren.
Gelingt es der osteopathischen Behandlung, diese Aktivitäten durch das Nervensystem und das Blut zu stimulieren, während die erhöhte Temperatur ihre Rolle im Heilungsprozess der Natur spielt, haben wir gewiss ein mächtiges therapeutisches Mittel, um Fieberzuständen zu begegnen. Bei Fieber besteht die wahre osteopathische Therapie in dem Versuch, die normale regulierende Funktion des thermotaktischen Mechanismus durch das Gehirn und die spinalen Zentren sowie über die Blutzufuhr und die Zirkulation wiederherzustellen. Sofern unsere Feststellungen physiologisch korrekt sind, ist die Behandlung im zervikalen Bereich zum Zwecke der Temperatursenkung die geeignete Vorgehensweise, wenn wir es lediglich mit erhöhter Temperatur zu tun haben. Handelt es sich dagegen um Fieber, ist diese Methode kontraindiziert – es sei denn, sie dient nur als Hilfsmittel, um bei der Regulierung der Vasomotion zu unterstützen oder die Temperatur unter dem Gefahrenpunkt zu halten. Die Wärmezentren befinden sich im zervikalen Bereich und in der Medulla sowie in den basalen Anteilen des Gehirns. Der Versuch, sie direkt zu beeinflussen, hieße einen symptomatisch behandeln, während die Ursache – die jeweils vom Fiebertyp abhängt – unberührt bleibt.
Aus therapeutischer Sicht muss die Behandlung folgendermaßen aussehen: Beseitigung der Ursache oder der Ursachen sowie Erleichterung und Rückführung des Fiebers in kontrollierbare Grenzen durch Regulation von Temperatur, Vasomotion, Zirkulation usf. Die Praxis der Medizin und der Osteopathie neigen dazu, sich lediglich mit Letzterem zu befassen. Zu den alten Praktiken der Medizin gehörte es, den Aderlass anzuwenden, um die Temperatur zu senken. Später nahm man dann zu purgativen, diaphoretischen und diuretischen Mitteln Zuflucht, um den vermehrten Abfall zu entfernen und die freie Gewebetätigkeit zu unterstützen – vor allem die der Haut- und Oberflächengewebe bei der Perspiration. Man führte Kaltwasseranwendungen durch, indem man den Patienten mehrmals in ein kaltes Bad setzte, um dem Körper Wärme zu nehmen und dadurch die Temperatur zu senken. Manche haben Alkoholkonsum mit der Absicht angeordnet, die Wärmeabstrahlung vom Körper zu fördern. Andere wieder haben die Perspiration stimuliert, um die Schweißmenge zu erhöhen und auf diese Weise Wärme durch Verdampfung abzutransportieren.
Bei der Wirkung fiebersenkender Medikamente stellen wir Variationen fest. Chinin verwendete man in großen Dosen, um die fiebrige Temperatur zu blockieren. Es beeinflusst direkt die wärmeproduzierenden Gewebe. Eisenhut wurde benutzt, um die Fiebertemperatur durch seine sedierende Wirkung auf die Zirkulation zu blockieren und auf diese Weise dem Fieber entgegenzuwirken. Eisenhut nützt aber nichts und erweist sich in Fällen wie Pneumonie, bei der eine Krise zu erwarten ist, sogar als kontraindiziert, weil er dem, was die medikamentöse Behandlungsmethode hauptsächlich bezweckt – nämlich Aufrechterhaltung der Konstitution und Unterstützung der physischen Kraft, bis die Krise sich nähert – entgegenwirkt. Die therapeutische Wirkung von Eisenhut soll direkt auf die Herzmuskulatur zielen, wobei der Blutdruck gesenkt wird, und auf die Atemmuskulatur, was die Atmungsaktivität vermindert. Man nimmt auch an, dass es bei Verabreichung von Eisenhut aufgrund der mit dem größeren Blutangebot in den entspannten Kapillaren zusammenhängenden verstärkten Wärmeabstrahlung zu einem Temperaturrückgang kommt, wozu auch Verdampfung bei der Dilatation der Kapillaren im Bereich der Schweißdrüsen beiträgt.
Aus osteopathischer Sicht haben wir es beim Behandeln von Fieber mit dem Leben zu tun, zu dem der Existenzkampf und die vitalen Prozesse gehören. Bei einer Temperaturerhöhung kommt es zu einem schnellen Auf brauch von Gewebesubstanz. Dies beeinträchtigt das Gleichgewicht der Funktionen – und nahezu alles, Erkrankung, Gift, Stagnation des Bluts usf., kann dann eine Störung auslösen. Diese Störung wird durch das Nervensystem zu den Gehirnzentren kommuniziert. Alle vitalen Zentren befinden sich nahe beieinander und in vitaler Verbindung miteinander. Sobald das ihr Gleichgewicht aufgrund von Toxinen im Blut kippt, werden diese Zentren irritiert, die Phänomene des Herzens, des Pulses, der Atmung usf. folgen. Wie sollen wir diesen Befund richtig stellen? Suchen Sie nach der primären Ursache, sie lässt sich durch Differenzieren der Fiebertypen bestimmen. Begrenzen Sie und versuchen Sie, die Produktion der toxischen Elemente zu blockieren, die das Blut vergiften und die anomale Tätigkeit der vitalen Zentren verursachen. Stellen Sie die normalen Ernährungszustände dieses lokalen Bereichs wieder her, indem Sie die Knochen-, Muskel-, Nerven- und Blutzustände anpassen, die zur angemessenen Ernährung des betroffenen Bereichs beitragen. Halten Sie die beständige Zirkulation reinen Blutes aufrecht, wobei es nicht nur um das arterielle, sondern auch um das venöse Blut geht. Denn wenn das venöse Blut rein und normal ist, wird darin z. B. kein Diphtheriebazillus gedeihen. Die spezielle Anwendung dieser allgemeinen Aspekte auf die einzelnen Fiebertypen ist leicht, sobald man eine physische Diagnose der Fieberursache erstellt hat.
Wir schlussfolgern, dass eine fiebrige Temperatur physiologisch bedingt ist. Hinter dieser Fiebertemperatur finden wir eine Kette von Zuständen: Irritation der Nervenzentren, toxische Elemente, Blutstauung, Bakterien, Traumata oder Läsionen. Beim Versuch, diese fiebrige Störung, die stets mehr oder weniger weit über den gesamten Organismus verbreitet ist, zu behandeln, müssen wir die Läsionen beseitigen, die Traumata heilen, die Bakterien töten, ihren Produkten entgegenwirken und auf diese Weise das Element des Missklangs eliminieren, das in die Nervenökonomie des Friedens, der Koordination und der Harmonie eingebrochen ist.
Wärme wird durch chemisch-physikalische Dynamiken hervorgerufen, die absolut essenziell für die Aufrechterhaltung der normalen Körpertemperatur sind. Wenn die Temperatur
1. unter den Standard fällt, der durch die Balance zwischen Wärmeproduktion und Wärmeverlust im Körper aufrechterhalten wird, lassen die chemisch-physikalischen Veränderungen so stark nach, dass die Anpassung gestört und das Leben in der Balance blockiert ist.
2. den Normalzustand überschreitet, finden die chemisch-physikalischen Veränderungen in einem solchen Tempo statt, dass die Balance der Anpassung ebenfalls gestört wird und die Gewebe, um mit der raschen Wärmeproduktion Schritt halten zu können, schneller zerstört als wiederhergestellt werden. Auch hier ist das Leben in Gefahr. Der Todesprozess verläuft in diesem Fall schneller als der Lebensprozess. Fieber besteht also in einer Erhöhung der Temperatur, begleitet von
a. einer Störung in der funktionellen Ökonomie sowie
b. einem verstärkten Gewebeverbrauch und den daraus folgenden morbiden Veränderungen.
Die Erhöhung der Temperatur wird wahrscheinlich immer durch die Reaktion des Vegetativen Nervensystems auf die Wärmezentren in der Medulla hervorgerufen. Dass das Vegetative Nervensystem beteiligt ist, wird evident aus den begleitenden Symptomen wie Schüttelfrost, Erbrechen und beschleunigte Herztätigkeit – also Reaktionen der Medulla, des Wärmezentrums, des Brechzentrums und des vasomotorischen Zentrums, die aufgrund ihrer engen Wechselbeziehungen untereinander alle von der Störung betroffen sind.
Fiebrige Erkrankungen sind primär Ausdruck von Giftproduktionen. Diese Gifte verursachen aufgrund der Zirkulation in der Medulla eine Störung des Gleichgewichts der vitalen Zentren, was wiederum folgende Effekte hat:
1. Als Reaktion der Wärmezentren auf die Gifte kommt es zu einem Temperaturabfall.
2. Schüttelfrost tritt ein. Dieser explosive Zustand offenbart den misslungenen Versuch des Wärmezentrums, seine Balance wiederherzustellen.
3. Es folgt eine Erhöhung der Temperatur, weil das Wärmezentrum seine Balance nicht wiedererlangen kann und das Sympathische Nervensystem unkontrolliert eine Beschleunigung der Verbrennungsprozesse verursacht.
4. Dabei werden das Brechzentrum und das vasomotorische Zentrum durch die toxischen Zustände gestört, die Erregung der Vasomotion führt zu einer