Wolfgang Machreich

360° um die Welt


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„Die größte Macht ist das richtige Wort zur richtigen Zeit.“

      Kuthodaw-Pagode in Mandalay

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Anderswo wären sie längst in einem Schifffahrtsmuseum. In Bangladesch fahren die vier Raddampfer „Rocket“ aus der Kolonialzeit noch heute auf den Flüssen zwischen Dhaka und Khulna im Westen des Landes – und sind Kult.

Fläche: 147.570 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Irland
Einwohner: 164.800.000, mehr als 34-mal so viele wie in Irland

      Ein Bier für mehr Fairness

      Bangladesch ist ein wundervolles Land mit wundervollen Menschen, ohne deren Arbeit ein Großteil der Menschen nackt dastehen würde. Nach China produziert kein Land der Erde so viel Bekleidung wie Bangladesch. Gleichzeitig war die Bekleidungsindustrie in Bangladesch jahrelang das Synonym für unwürdige Arbeitsbedingungen, Hungerlöhne, verheerende Brände. Ein Wendepunkt war der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza 2013, bei dem 1135 Menschen ums Leben kamen.

      Gut fünf Jahre nach dieser Katastrophe sei alles anders, besser, erklärte Textilfabrikant Mostafiz Uddin bei einer Informationsveranstaltung im Herbst 2018 in Salzburg: „Rana Plaza, das war Unglück und Segen zugleich. Ohne das Desaster hätte es keine Veränderung geben“, sagte Uddin im „APA“-Gespräch: „Es hat viele Verbesserungen beim Schutz der Arbeiter gegeben. Und die Zahl der Gewerkschaften hat sich in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht.“ Die rund 4000 Textilfabriken mit 3,6 Millionen Beschäftigten, zwei Drittel Frauen, würden heute streng kontrolliert. „Der gesetzliche Mindestlohn hat sich seit dem Jahr 2012 von 37 auf 93 Dollar mehr als verzweieinhalbfacht“, zählte der Fabrikant einen weiteren Fortschritt auf.

      Eingestürzte Textilfabrik Rana Plaza

      Näherinnen fertigen Jeans.

      Uddins Firma in der Hafenstadt Chittagong stellt ausschließlich Jeans her. 2000 Mitarbeiter nähen jeden Tag 12.000 Stück für den Export. Der Fabrikant hat seinen Betrieb auf einem Stahlgerüst gebaut, das bei Erdbeben Sicherheit bieten soll. Regelmäßig gibt es Brandschutzübungen und Sicherheitstrainings, die medizinische Versorgung für die Arbeiter sei frei. Abwässer würden geklärt und wiederaufbereitet, moderne Maschinen verringern Chemikalien- und Energieverbrauch und am Fabrikgelände ließ er 1500 Bäume pflanzen, um das Mikroklima zu verbessern.

      Doch während die Mindestlöhne stiegen, sanken im gleichen Zeitraum die im Westen für seine Jeans erzielten Preise um sieben Prozent, kritisierte Uddin: „Alle reden heute über Mindestlöhne, faire Arbeitsbedingungen, Sicherheitsstandards und grüne Herstellung. Aber das ist nicht genug. Man muss über die Preise reden. Nachhaltigkeit kostet.“ Werde eine seiner Jeans um 29 Euro verkauft, bekomme er 8 Euro. „Kostet sie noch weniger, muss klar sein, dass sie nicht unter fairen und nachhaltigen Bedingungen produziert werden kann.“

      In einer „dpa“-Reportage zum Jahrestag der Rana-Plaza-Katastrophe wird Bangladeschs Informationsminister Hasanul Haq Inu zitiert: „Wir haben die Kinderarbeit abgeschafft, Sicherheitsmaßnahmen eingeführt, in Umweltverträglichkeit investiert, das Arbeitsrecht verbessert“ – doch ausländische Auftraggeber würden nicht genug für Kleidung zahlen. Und ein Kollege von Textilfabrikant Uddin mit gleichem Namen, Nashir Uddin Mia, beklagte, dass die Kosten für Stoffe und Herstellung stiegen, die internationalen Handelskonzerne aber die Preise drückten und rechnete vor: „Wenn ein Konsument im Westen statt drei Bier nur zwei trinken würde, könnte er es sich leisten, einen Dollar mehr für ein Polohemd auszugeben.“

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Taktshang ist ein Kloster auf einer Höhe von 3120 Metern; Guru Padmasambhava, der den Buddhismus nach Bhutan brachte, soll im 8. Jahrhundert in einer Höhle beim „Tigernest“ drei Jahre, drei Monate, drei Wochen, drei Tage und drei Stunden meditiert haben.

Fläche: 38.394 Quadratkilometer, ein wenig kleiner als die Schweiz
Einwohner: 727.145, weniger als ein Zehntel der Schweiz

      Sir Rutland sucht das Glück

      Bhutan ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen, die sich als Glückskinder weltweit einen Namen gemacht haben. Das Geld allein nicht glücklich macht, erfuhr der Brite Michael Rutland am eigenen Leib, als er 1970 nach Bhutan kam: Sein Geld war wertlos, da er sich dafür nichts kaufen konnte. Das Himalaya-Königreich hatte sich erst wenige Jahre zuvor ausländischen Besuchern geöffnet; Tauschhandel prägte das Wirtschaftstreiben. Rutland tauschte sein Mathematik- und Physik- Wissen für ein Leben am Königshof und unterrichtete den Kronprinzen.

      1976 empfing Rutlands Schüler und zum vierten König avancierte Jigme Singye Wangchuck eine Gruppe Journalisten. Einer stellte die Frage nach dem Bruttoinlandsprodukt von Bhutan, wohl wissend, dass das Land zu der Zeit mit fünfzig amerikanischen Dollar das Weltschlusslicht in dieser Rangliste darstellte. Der König antwortete spontan: „Ich bin nicht sehr am Bruttoinlandsprodukt interessiert. Ich meine, wichtiger ist das Bruttonationalglück.“ Die Schlagfertigkeit des Königs schuf einen Begriff, der in der bhutanesischen Verfassung verankert und von seinem Sohn und Nachfolger König Jigme Khesar Namgyel Wangchuck übernommen wurde.

      König Jigme Khesar Namgyel

      Sir Michael Rutland betonte im Gespräch während seines Österreich- Besuchs mehrmals, dass Bhutan kein Paradies auf Erden sei. In die Nega-tivschlagzeilen geriet das Königreich wegen seiner Vertreibungspolitik gegen die nepalesische Minderheit. Rutland glaubte auch nicht, dass irgendeine Regierung der Welt Gesetze erlassen könne, die individuelles Glück garantieren. Die Politik solle jedoch versuchen, eine gesellschaftliche Leinwand aufzuspannen, auf der jeder und jede sein oder ihr individuelles Glück malen kann. Ironischerweise hatte Rutland ein Problem mit dem Wort Glück. Es stehe für eine triviale, schnelllebige Befindlichkeit. Er plädierte stattdessen für das Wort Harmonie als Beschreibung des bhutanesischen Gesellschaftskonzepts. Oft versuchte er den König zu überreden, den Begriff „Bruttonationalharmonie“ zu verwenden – ohne Erfolg.

      Eine eigene Kommission prüft, ob die Pläne und Programme von Bhutans Staatsführung dem Bruttonationalglück zuträglich sind. Getragen wird dieses ganzheitliche Staatsglück von vier Pfeilern: eine sozial gerechte Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung, die Bewahrung und Förderung kultureller Werte, der Schutz der Umwelt und gute Regierungs- und Verwaltungsstrukturen. Rutland betonte aber noch zwei weitere Lehren aus seiner Wahlheimat: Erstens Bescheidenheit – in Bhutan, sagte Rutland, werde diese bis hinauf zum König praktiziert. Generell ist das Zurschaustellen von Überfluss in Bhutan verpönt. Das zweite bhutanische Prinzip lautet – und nicht nur der Ehren-Bhutaner Rutland wünscht dieser Einstellung einen weltweiten Siegeszug: „Nicht erst