Wolfgang Machreich

360° um die Welt


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       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Das Frachtschiff „Maldive Victory“ rammte 1981 im Nord-Malé-Atoll ein Riff und sank. Besatzung und Passagiere konnten sich retten, Taucher plünderten die Fracht, vor allem Alkohol. Heute ist das Wrack ein beliebtes Ziel für Taucher.

Fläche: 298 Quadratkilometer, ein wenig kleiner als Malta
Einwohner: 344.023, drei Viertel von Malta

      Zerstörungswut

      Die Malediven sind ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen. Gleichzeitig ist die „Inselkette“, wie Malediven wörtlich übersetzt heißt, ein geteiltes Land: Urlaubsparadies zum einen, von Umstürzen, Korruption, Armut und islamischem Fundamentalismus geplagtes Eiland zum anderen. Die Parlamentswahlen im April 2019 gewann die Partei des kurz davor aus dem Exil zurückgekehrten Ex-Präsidenten Mohamed Nasheed. Bekannt wurde der Ozeanograf und Politiker für sein medienwirksames Auftreten während des Klimagipfels in Kopenhagen 2009, als er mit seiner Regierung zu einer Unterwasser-Kabinettssitzung abtauchte. Zwischenzeitlich hatte Nasheed unter der autokratischen Herrschaft von Präsident Abdulla Yameen jahrelang im Gefängnis gesessen. Yameen wurde 2018 abgewählt, wegen Geldwäsche und Unterschlagung angeklagt und verhaftet, und Nasheed kündigte an, das Land wieder in eine parlamentarische Demokratie umzuwandeln.

      So weit so hoffnungsvoll, gleichzeitig ist in den vergangenen Jahren der Einfluss radikaler Islamisten stetig gewachsen. Die Touristen sind auf eigenen Inseln, in eigenen Resorts untergebracht, in denen oft Manager aus dem Westen und Gastarbeiter aus Bangladesch oder Sri Lanka arbeiten. Geduldet wird der Tourismus, weil er die wichtigste Einnahmequelle ist. Was in den Ressorts passiert, wird aber vom Klerus des Landes mit Argwohn beobachtet. Vor einigen Jahren entbrannte ein Streit über die Wellness-Bereiche der Hotels, die als Sündenpfuhl verunglimpft wurden. Zahlreiche Ressorts mussten ihre Spas vorübergehend schließen.

      „Die Urlaubsidylle auf den Malediven ist eine sehr fragile“, schrieb die österreichische Tageszeitung „Die Presse“. Als Beispiel nannte die Korrespondentin die Zerstörung aller Figuren im ersten Unterwassermuseum der Malediven im Herbst 2018. Die vom Briten Jason deCaires Taylor im Coralarium des Luxusressorts Sirru Fen Fushi geschaffenen Figuren waren Hybride aus Mensch und Koralle – der Künstler wollte damit die Symbiose von Mensch und Natur zeigen. Der Staat qualifizierte die Korallenwelt als unislamisch und Gotteslästerung. Das Hotel habe trotz Aufforderung nicht reagiert, deswegen musste die Polizei einschreiten, hieß es seitens der Behörde. Man habe nicht provozieren wollen, lautete die zurückhaltende Reaktion des Hotels. Gemeinsam mit dem Künstler werde man eine Lösung finden, die auch für die Einheimischen tragbar ist.

      Unterwassermuseum von Jason deCaires Taylor

      Der religiösen Zerstörungswut fielen bereits unersetzliche buddhistische und hinduistische Artefakte aus dem Nationalmuseum zum Opfer. Die gesamte vorislamische Geschichte wurde vernichtet, darunter der einzige archäologische Beweis einer buddhistischen Ära auf den Malediven. Doch damit noch nicht genug, erklärte ein Oppositionssprecher in den „Maldives Independent“, es brauche generell eine Diskussion darüber, was als Götzenbild gewertet werden soll. Was ist zum Beispiel mit den Schaufensterpuppen in den Modegeschäften von Malé?

      Touristen-Ressorts – ein Dorn im Auge islamischer Kleriker

       Berühmt, berüchtigt, beneidet für:

      Der Karakorum Highway verbindet über 1284 Kilometer Westchina mit dem Nordwesten Pakistans. Nach zwanzig Jahren Bauzeit wurde der KKH 1978 fertiggestellt. Der höchste Punkt ist der 4693 Meter hohe Khunjerab-Pass an der Grenze.

Fläche: 796.095 Quadratkilometer, ein wenig größer als die Türkei
Einwohner: 200.800.000, zweieinhalbmal so viele wie die Türkei

      Filmreif

      Pakistan ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen, die aller Erzfeindschaft mit dem Nachbarn zum Trotz den Filmgeschmack der Inderinnen und Inder teilen. Zum Ärger der Staatsführung, die nach jedem politischen Säbelrasseln den Import jeglicher Medieninhalte aus Indien verbietet, um den Bann wenig später wieder aufzuheben. Wahrscheinlich stehen die pakistanischen Politiker und ihre Familien selbst zu sehr auf Bollywood-Filme, um den Boykott länger durchzuhalten. Für Amir Haider, Mitglied einer Kinobetreiber-Gesellschaft, hängt gar Wohl und Wehe der Unterhaltungsindustrie von den Filmimporten ab: „Pakistanische Kinos machen pleite, wenn sie indische Filme nicht zeigen.“

      Bevor indische Filme aber aufgeführt werden dürfen, müssen diese von einem Komitee unter Leitung des Informationsministeriums auf „anti-pakistanische Propaganda“ überprüft werden, bevor sie im Nachbarland gezeigt werden. Zu den Mitgliedern des Komitees gehört auch ein Mitarbeiter des Geheimdienstes ISI, berichtete die „dpa“ unter Berufung auf Regierungskreise. Keine Unbedenklichkeitsbescheinigung erhielt beispielsweise der Film „Tiger Zinda Hai“ („Der Tiger ist am Leben“). Der Plot des Films mit dem in Indien wie Pakistan populären Schauspieler Salman Khan dreht sich um einen Agenten des indischen Geheimdienstes, der eine indische Krankenschwester aus den Fängen militanter Islamisten im Irak befreit. „Der Film zielt auf unsere Verteidigungsinstitutionen, das können wir nicht tolerieren“, lautete die Begründung für das Verbot seitens der Zensurbehörde, und ließ damit mehr Fragen offen, als sie beantwortete.

      Salman Khan ist sowohl bei Pakistanis und Indern beliebt.

      Dabei ist die Wertschätzung für die Filme aus dem jeweils anderen Land beiderseitig, schreibt Sunrita Sen in einer Reportage über den grenzüberschreitenden Filmgeschmack am Beispiel des pakistanischen TV-Senders von Zindagi. Viele indische Zuschauer schätzen die pakistanischen Soaps sogar mehr als die indischen. Weil sie realistischer sind. „Dort lebt nicht jeder in einem herrschaftlichen Haus, die Darsteller ziehen sich normal an. Zuhause tragen sie Puschen und gehen nicht mit Schmuck und fein gemacht ins Bett“, sagte Nivedita Gupta, Hausfrau aus Kalkutta: „Die Leute scheinen echt zu sein. Sie sind wie wir.“

      Die TV-Serien sind ein Beispiel dafür, dass es trotz Feindschaft und staatlicher Trennung unzählige Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern gibt, folgert Korrespondentin Sen. „Bisher hatten Inder dieses Fenster zur pakistanischen Gesellschaft nicht“, sagte Priyanka Datta, Sprecherin von Zindagi-TV. Die meisten Inder würden weder pakistanische Literatur noch Modetrends kennen. „Für sie ist alles einfach feindliches Gebiet, Kricket ausgenommen.“ Als Zindagi-TV über die Grenze zu senden begann, stellten sich die Verantwortlichen auf viel Kritik ein. Doch die Reaktionen aus Indien waren überwiegend positiv. „Wir finden die Zuschauer sehr reif und intelligent“, sagte Datta: „Vielleicht waren sie das schon immer und wir haben sie unterschätzt.“

      Karakorum Highway