Pete Hackett

Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane


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Wer ist dieser wildgewordene Büffel?“, schrie Kinross.

      Heiße Hoffnung flammte in Greg Williams auf, als ihn die klammernden Fäuste losließen. Der enge Kreis der Banditen lichtete sich blitzschnell. Die Männer machten Front zu der Richtung, aus der die fremde Stimme gekommen war.

      „So ist es recht! Aber lasst bloß eure hübschen Schießeisen stecken, Gentlemen! Ich stehe nämlich zu meinem Versprechen und würde bei einem Feuerwerk kräftig mithalten!“

      An der Ecke des Rio Colorado Hotels war ein Mann aufgetaucht. Er war klein, alt und sein verwittertes Gesicht mit den wasserblauen Augen wurde von einem struppigen grauen Bart umrahmt. dass er mehr als ein halbes Dutzend hartgesottener Gestalten vor sich hatte, schien ihn nicht im geringsten zu kümmern. Seine Augen blickten furchtlos, fast vergnügt.

      Er stand breitbeinig da, eine schwere Parker Schrotflinte unter den Arm geklemmt, deren Lauf er langsam kreisen ließ.

      Sein Blick richtete sich auf Jim Kinross. Mit seiner krächzenden Stimme befahl er: „Heh, du Falkengesicht! Lass dein Knall Werkzeug fallen!“

      Kinross’ Schultern verkrampften sich. Er beugte sich leicht vor. Eine Ader schwoll an seiner Stirn. Seine Stimme klang gepresst vor mühsam unterdrückter Wut.

      „Höllenfeuer, was ist in dich gefahren, Mann! Bist du verrückt geworden? Du nimmst dir zu viel vor, wenn du allein gegen uns alle …“

      „Mund halten, Mister!“, unterbrach ihn der Graubärtige ungerührt. „Ich brauche deine Belehrungen ganz und gar nicht! Siehst du denn nicht, dass ich da eine Schrotflinte in den Fäusten halte? Mit diesem Eisen blase ich euch alle in die Ewigen Jagdgründe, wenn ihr

      nicht vernünftig seid. Also, weg mit deinem Revolver, Falkengesicht! Und ihr anderen bleibt nur schön ruhig stehen!“

      Der Alte trat vorsichtig vom Gehsteig herab, die Schrotflinte weiterhin auf die Desperados gerichtet.

      Greg staute den Atem. Die nächsten Sekunden würden alles entscheiden! Er konnte nicht verstehen, wieso dieser Graubärtige in diese Sache eingriff. Er hatte den Mann noch nie gesehen. Und Kinross hatte wirklich recht: Das Verhältnis war ungleich, auch wenn der Alte momentan den Finger am Drücker hielt. Wer sich Kinross und seine raue Horde zu Feinden machte, hatte nichts mehr zu lachen!

      Greg war hastig zur Seite geglitten, zur Straßenmitte hin, um nicht in den gefährlichen Schussbereich des Schrotgewehrs zu kommen. Kein Bandit hatte versucht, ihn aufzuhalten. Ihre Aufmerksamkeit galt im Moment allein dem kleinen graubärtigen Fremden. Greg streifte Kinross mit einem Seitenblick. Er sah, dass der Anführer der Kopfgeldjäger wie gebannt auf das Schrotgewehr starrte. Dann zuckte Jim Kinross die Achseln und ließ seinen Revolver zähneknirschend in den Sand fallen.

      Der dünne Mund des Alten verzog sich zu einem breiten Grinsen. „Ich wusste doch, Freund Falkengesicht, dass du vernünftig sein würdest!“

      „Aber du bist ziemlich unvernünftig, Mann!“, stieß Kinross gepresst hervor. „Wenn du dich nicht schleunigst besinnst, wird dir diese Sache bald sehr leid tun.“

      „Ach, weißt du“, brummte der Graubärtige schulterzuckend und spie lässig seitwärts in den Staub, „ich bin so einiges gewöhnt! Ich hab’ ein raues Leben hinter mir. Mich kann nichts mehr erschüttern!“ Er grinste wieder.

      „Zur Hölle mit dir!“, schnaufte Kinross. „Bist du Williams’ Freund?“

      „Williams? Wer ist Williams?“

      „Der Kerl, dem du eben geholfen hast!“

      Greg fürchtete, dass der Fremde jetzt in seine Richtung schauen würde. Und

      einer der Bande würde diesen Augenblick bestimmt benutzen, um den Colt herauszureißen. Aber die Augen des Graubärtigen schweiften keinen Sekundenbruchteil von Kinross und seiner Crew ab.

      „Nein, ich bin nicht sein Freund! Aber was nicht ist, kann ja noch werden!“

      „Er ist tatsächlich verrückt!“, knurrte der vollbärtige Bandit mit dem großen mexikanischen Sombrero. „Menschenskind, du alter Kuhtreiber, weißt du denn nicht, dass dieser Bursche ein gesuchter Mörder ist? Wenn du ihm hilfst …“

      „Ruhig, Freundchen, nur ganz ruhig! Es steht dir nicht, wenn du dich aufregst!“

      „Tom hat recht!“, sagte Jim Kinross mit mühsamer Ruhe. „Du hilfst einem Verbrecher, und das …“

      „Er sieht nicht danach aus!“, unterbrach ihn der Weidereiter. „Und wisst ihr, ich hab’ euch schon eine ganze Weile beobachtet. Es gefällt mir einfach nicht, dass eine ganze Meute einen Wehrlosen kaltblütig auf den langen Trail befördern will. Und noch etwas: Ein paar von euren Gesichtern kenne ich von früher her! Es sind keine angenehmen Erinnerungen. Das Thema Banditen klingt schlecht aus eurem Mund!“

      „Na schön!“, knurrte Kinross zornig. „Dann mach nur zu, Großvater! Du wirst schon sehen, wohin dich das führt!“

      „Natürlich werde ich das sehen!“, bestätigte der Alte grinsend. „Du, junger Mann, Williams oder wie du heißt, geh über die Straße. Neben dem Store stehen zwei Gäule, die mir gehören. Bring sie her!“

      Greg räusperte sich. Sein Blick wanderte zwischen dem Alten und den Kinross Leuten hin und her.

      „Na, was ist?“, krächzte der Graubart. „Jetzt fang du bloß nicht auch noch an, mir Schwierigkeiten zu machen.“

      Gregs Stimme war heiser. „Mister, Sie sollten sich diese Sache wirklich überlegen. Diese Männer sind rücksichtslose Revolverschwinger. Sie werden …“

      „Zum Kuckuck, Hombre! Willst du nun von diesen Burschen umgebracht werden oder willst du mit mir reiten?“

      Ein Lächeln glitt über Gregs Gesicht. Wortlos setzte er sich in Bewegung und verschwand im Schatten neben dem Store. Wie der Alte gesagt hatte, standen dort zwei Gäule – zähe struppige Cowboypferde. Greg schwang sich in den Sattel des einen Pferdes und nahm die Zügel des anderen in die Linke. Mit der Rechten holte er einen Spencer Karabiner aus dem Scabbard, lud die Waffe durch und lenkte die Pferde aus dem Schatten ins gleißende Licht.

      Sein Helfer hatte die Kinross Leute inzwischen gezwungen, die Hände zu heben. Die Gesichter der Banditen waren finster vor Wut. Als Greg die Pferde neben dem graubärtigen Cowboy zum Stehen brachte, zischte Kinross gehässig:

      „So! Jetzt versucht mal, mit heiler Haut aus der Stadt zu kommen! In dem Moment, da ihr eure Gäule herumlenkt, wird euch ein Kugelhagel aus den Sätteln fegen!“

      „Ein netter Wunsch! Nur wird er nicht in Erfüllung gehen!“, krächzte der Alte und trat neben sein Pferd. Er hob seine Stimme: „Miss Mary! Ich glaube, jetzt brauchen wir Sie!“

      „In Ordnung, Mike!“, antwortete eine helle entschlossene Frauenstimme.

      Greg zuckte unwillkürlich zusammen und wandte den Kopf.

      Aus einem engen schattigen Häuserdurchlass trabte ein hochbeiniges rehbraunes Pferd. Im Sattel saß eine junge Frau, schlank, blond und mit hellgrauen klaren Augen, die furchtlos auf die Banditen gerichtet waren. Ihre Kleidung war einfach: eine helle Bluse, ein geteilter Rock, halbhohe zierliche Stiefel, und auf ihrem Rücken hing ein flachkroniger Hut an einer Windschnur. Sie hielt eine Winchester 73 in den schmalen Händen, die Mündung war auf die Desperado Schar gerichtet.

      Greg warf dem Alten einen erstaunten Blick zu. Der Cowboy grinste. „Ein Prachtmädel!“, flüsterte er. „Wir werden uns völlig auf sie verlassen können.“

      „Zum Teufel!“, grollte Kinross. „Was soll das ganze Theater! Madam, Sie sind doch nicht so närrisch, sich in dieses Spiel einzumischen?“

      „Warum nicht?“ Die Stimme der Reiterin klang ruhig und fest. Sie hielt den Rehbraunen mitten auf der breiten Fahrbahn, kümmerte sich nicht um das Getuschel, das die Gehsteige entlanglief und zielte weiterhin mit dem Gewehr auf Kinross und seine Männer.

      „Ich