Pete Hackett

Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane


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glattgegangen?“

      „Man kann es so nennen!“, brummte Greg und warf Mary einen skeptischen Seitenblick zu.

      „Ich wusste es ja!“, grinste Mike Tipstone. „Damals in Missouri habe ich auch die rauesten Sachen mit heiler Haut überstanden. Ich wette, Greg, dass Sie Kinross los sind!“

      Greg zuckte stumm die Achseln. Mary schwang sich elastisch aus dem Sattel. Er folgte ihrem Beispiel. Die beiden Männer am Feuer erhoben sich und drehten sich ihm zu. Ihre forschenden Blicke tasteten ihn ab.

      „Das ist Greg Williams“, erklärte Mary kurz, „er wird ab heute in unserer Mannschaft reiten. Williams, das sind Clay Dillon und Rick Carney.“

      Die beiden Weidereiter nickten Greg wortlos zu. Dillon war ein kräftiger untersetzter Mann mit einem eckigen Gesicht und angegrauten Schläfen. Er besaß harte graue Augen und wirkte, als ob er niemals lächelte. Carney war ein junger Cowboy, schlank, drahtig und mit flachsblondem Haar.

      Mit einer Kopfbewegung wies Mary auf den langen, dürren Schwarzen, der mit einem Arm voll Blechbecher und Teller dastand und Greg mit aufgerissenen Augen anstarrte. „Und das ist Noel, unser Koch. Der beste Koch im San Antonio County.“ Zum zweiten Mal, seit Greg Mary kannte, sah er sie lächeln – ein flüchtiges Lächeln, das ihre Miene warm und fraulich machte.

      Der Schwarze rollte mit den Augen. „Danke, Miss Mary, danke!“ Seine Stimme schien aus einem tiefen Brunnenschacht zu kommen.

      Er machte eifrig ein paar Schritte näher. „Wollen Sie gleich essen, Miss? Gute Pfannkuchen mit Ahornsirup! Sie schmecken Ihnen bestimmt.“ Er schnalzte mit der Zunge.

      „In Ordnung, Noel. Zwei Portionen, für Mr. Williams und mich.“

      „Sofort, Miss Mary! Sofort!“

      Der Koch entfernte sich hastig, verschwand hinter dem Wagen, und Greg hörte Teller und Becher klappern. Der junge Carney hatte inzwischen die Zügel ihrer Gäule gefasst und führte die Tiere zum Seilkorral, wo die übrigen Pferde weideten. Die Dämmerung ging allmählich in Nacht über.

      „Wo ist Lee?“, fragte Mary.

      „Bei der Herde. Ich werde ihn ab lösen. Rick soll nachkommen.“ Tipstone hatte sein Pferd gesattelt und saß auf. Mit einem Schenkeldruck trieb er das Tier in die Dunkelheit hinein, aus der die verschwommenen Geräusche der ruhenden Herde drangen.

      „Lee Torrence ist mein Vormann“, sagte das Mädchen erklärend zu Greg. „Sie werden ihn gleich kennenlernen.“

      „Torrence? Sagten Sie – Torrence?“ Mary schaute Greg erstaunt an.

      „Ja! Kennen Sie ihn?“

      Eine Fülle von Erinnerungen bedrängte Greg. Und aus all diesen Bildern, die hastig an seinen Augen vorbeizogen, löste sich immer wieder deutlich ein Gesicht – ein kantiges Männergesicht mit stahlblauen Augen und scharfgekerbten Mundwinkeln. Er wurde sich des fragenden Blicks bewusst, den das Mädchen auf ihn gerichtet hatte. Er wollte antworten, da sagte eine harte Stimme hinter dem Küchenwagen hervor:

      „Yeah, wir kennen einander. Es ist schon lange her, aber wir haben es beide nicht vergessen. Nicht wahr, Williams?“

      *

      Hufe pochten dumpf auf dem Grasboden. Ein Reiter lenkte sein Pferd hinter dem Planwagen hervor in den Lichtkreis des Lagerfeuers.

      Greg schaute in das Gesicht, das er eben in seiner Erinnerung vor sich gesehen hatte. Torrence schien sich während der langen Jahre nicht verändert zu haben. Er saß wie damals locker und mit leicht vorgezogenen Schultern im Sattel, ein großer hagerer Mann mit kantigem Gesicht. Seine stahlblauen Augen waren durchdringend auf Greg gerichtet. Der flackernde Feuerschein geisterte unruhig über seine Miene.

      „Das ist eine Überraschung, Williams, was?“

      „Allerdings!“

      Gregs Haltung war plötzlich gespannt. Mit Bedauern dachte er daran, dass sein Holster noch immer leer war. Torrence schien das ebenfalls zu bemerken. Ein dünnes Lächeln kräuselte seine Lippen. Er stieg vom Pferd und kam sporenklirrend näher ans Feuer heran.

      „Dieser Mann ist wirklich Ihr Vormann, Miss Mary?“, fragte Greg heiser.

      Ehe die Rancherstochter antworten konnte, sagte Torrence mit seiner harten Stimme: „Gewiss! Hast du etwas dagegen?“

      „Torrence“, erwiderte Greg gedehnt, „du scheinst noch nicht zu wissen, dass mich Miss Mary als Treibercowboy angeworben hat.“

      Lee Torrence blieb ruckartig stehen. Seine Miene verfinsterte sich.

      „Ist das wahr, Miss Mary?“

      „Yeah, Lee! Ich verstehe nicht …“

      „Seit wann arbeitet Torrence für Sie?“, fragte Greg schnell.

      Die Festigkeit war aus ihrem Gesicht verschwunden. Ihre Augen wirkten zum ersten Mal ratlos.

      „Was soll diese Frage? Lee und mein Vater waren Freunde. Er ist seit zwei Jahren auf unserer Ranch und …“

      „Miss Mary, Sie sind diesem Kerl keine Auskunft schuldig!“, rief Torrence scharf.

      Der stämmige Clay Dillon stand schweigend daneben und rührte sich nicht.

      Als der lange Koch mit Tellern, auf die Pfannkuchen gehäuft waren, und dampfenden Kaffeebechern herankommen wollte, winkte Dillon ihm zu abzuwarten.

      Mary Lockwood fasste sich, ballte die Hände und sagte heftig: „Will mir endlich einer von euch eine Erklärung geben?“

      „Die können Sie haben“, antwortete Greg sofort. „Ich kenne Torrence aus der Zeit, da ich noch als junger Cowboy in New Mexico arbeitete. Ich habe ihn nicht gerade in angenehmer Erinnerung. Damals hat er …“

      „Williams!“, schrie ihn Torrence schneidend an. „Ich warne dich, Williams!“

      „Was war damals?“, drängte Mary.

      „Er hat …“

      Greg kam nicht weiter. Torrence sprang wie ein Panther auf ihn zu. Greg sah zwar den Ansatz der Bewegung und wollte ausweichen. Doch seine Sporen verfingen sich im zertretenen Gras. Er stolperte.

      Torrences Anprall traf ihn und warf ihn zu Boden.

      „Du verwünschter Lump!“, keuchte der Vormann. „Dir werd’ ich es zeigen!“

      Er erwischte Greg mit einem Hieb an der Schläfe. Den nächsten Schlag konnte Greg gerade noch abblocken, er kam mit einer schnellen ruckartigen Drehung unter Torrence hervor und sprang auf die Füße. Torrence war nicht langsamer als er. Mit funkelnden Augen wollte er sich erneut auf Greg stürzen.

      Da hielt Clay Dillon ihn zurück.

      „Langsam, Lee! Lass dich nicht hinreißen!“

      „Lass los, Clay!“, schnaufte Torrence wütend. „Zum Teufel, lass mich sofort los!“

      Dillons Faust klammerte sich härter um seine Schulter und zerrte ihn einen Schritt zurück.

      „Ich sehe keinen Grund dafür, dass ihr euch wie dumme Jungens prügelt.“

      „Meinst du, ich dulde, dass er irgendwelche Lügengeschichten über mich erzählt?“, stieß Torrence wild hervor.

      „Warum sollte er das?“

      „Weil er mich hasst! Wir sind alte Feinde, verstehst du denn nicht?“ Torrence drehte sein verzerrtes Gesicht Dillon zu. Er deutete mit ausgestrecktem Arm auf Greg und keuchte: „Damals in New Mexico waren wir in einen Weidekrieg verwickelt, eine ziemlich böse Angelegenheit. Und wir standen auf verschiedenen Seiten, wenn das mehr erklärt.“

      „Das ist nicht wahr!“, sagte Greg rau. Er erinnerte sich nur zu gut daran, dass Lee Torrence damals mit einer Serie von Viehdiebstählen in Verbindung gebracht worden war und daraufhin die Gegend um Socorro in New Mexico fluchtartig verlassen hatte. Ein dumpfer