Группа авторов

Ecclesiae et scientiae fideliter inserviens


Скачать книгу

vorliegende Beitrag will der Entwicklung nachgehen, die das synodale Element in Deutschland in dem rund halben Jahrhundert seit dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils genommen hat. Angesichts des gegebenen Rahmens kann es sich allerdings nicht um mehr als einen summarischen Überblick handeln. Eine solche Vergewisserung mag auch Wert und Bedeutung für den Prozess der von Papst Franziskus gewünschten Förderung des synodalen Elements haben; sie kann zu einer fundierten Durchführung des Anliegens beitragen.5

      Zu Beginn ist noch daran zu erinnern, dass, wenn wir von Deutschland sprechen, erst seit 1990 ein staatlich geeintes Land in den Blick genommen werden kann. Für das Vierteljahrhundert davor, d. h. vom Konzilsende im Jahre 1965 bis zur deutschen Wiedervereinigung, haben wir es mit zwei deutschen Staaten zu tun, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. In diesen beiden Staaten, die unterschiedlichen gesellschaftlichpolitischen Systemen angehörten, hatte die katholische Kirche für ihre Existenz und ihr Wirken sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Bedingungen vorgefunden.

      Eine zweite Vorbemerkung betrifft den Begriff der „Synode“, der diesem Beitrag zugrunde liegt. Es handelt sich nicht um den strengen Synodenbegriff der kirchlichen Tradition und des kanonischen Rechts, wonach darunter bischöfliche Kollegialorgane zu verstehen sind, an denen allenfalls einzelne Nichtbischöfe, d. h. andere Kleriker und Laien, beteiligt werden.6 Vielmehr geht es um alle rechtlichen Institutionen der Kirche, die der gemeinschaftlichen Beratung von Gläubigen dienen und nicht ständigen, sondern vorübergehenden Charakter haben. Diese weiter gefasste Abgrenzung ist insofern berechtigt, als das Gesetzbuch der lateinischen Kirche, der CIC, den Ausdruck „Synode“ ja auch für die institutionalisierte Versammlung in einer Diözese unter Vorsitz des Bischofs, nämlich die Diözesansynode, gebraucht (cc. 460-468 CIC). Das katholische Ostkirchenrecht, das (nicht nur) an dieser Stelle rechtssprachlich differenzierter ist als der CIC, nennt die entsprechende Einrichtung der orientalischen Bistümer zur Unterscheidung von den Synoden im engeren Sinne treffend „Eparchialkonvent“ (cann. 235-242 CCEO).

      Nicht berücksichtigt wird die Aktivität der Bischofskonferenzen, d. h. der 1966 als Jurisdiktionsträger errichteten Deutschen Bischofskonferenz und der von 1976 bis 1990, d. h. vor der Wiedervereinigung der deutschen Staaten, bestehenden Berliner Bischofskonferenz.7 In einem weiteren Sinn könnte diese Form bischöflichkollegialer Tätigkeit dem synodalen Element in der Kirche zugeordnet werden, doch sind die Bischofskonferenzen ständige Einrichtungen und entsprechen damit ebenso wenig der vorgegebenen Definition wie die ständigen Ratsorgane auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen.

      2. Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland („Würzburger Synode“)

      In den Jahren nach dem Zweiten Vatikanum wuchs bei vielen Verantwortlichen der katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland der Wunsch, die Anregungen und Impulse, die das Konzil gegeben hatte, nicht nur diözesan, sondern auf der Ebene des ganzen Landes aufzugreifen und zu konkretisieren. Dieses Anliegen wurde durch verschiedene Ereignisse befördert. In den benachbarten Niederlanden ist bereits 1966 ein „Pastoralkonzil“ eröffnet worden, um die Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils aufzugreifen und im Lande umzusetzen.8 In Deutschland selbst wurde durch Auseinandersetzungen auf dem Essener Katholikentag 1968 und durch die mit dem Jahr 1968 verknüpften Aufbrüche in der gesamten Gesellschaft deutlich, dass man in der Kirche eingehend miteinander sprechen und sich über den Weg in die Zukunft grundlegend verständigen müsse.9

      1969 entschied sich die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) für die Abhaltung einer Gemeinsamen Synode aller Bistümer. Die Vorbereitung wurde rasch und energisch durch eine eigens eingesetzte Kommission, die im September 1969 von der DBK gebildet wurde, in Angriff genommen. Durch Umfragen unter den deutschen Katholiken versuchte man das ganze Kirchenvolk in die Vorbereitung einzubeziehen. Für die Synode wurde ein Statut entworfen, um das sich eine intensive kirchenrechtliche Diskussion entwickelte.10

      Im Januar 1971 fand die konstituierende Vollversammlung der Synode in Würzburg statt. In der Folge wurden bis zum Abschluss 1975 insgesamt acht Vollversammlungen durchgeführt. Daneben tagten Kommissionen der Synode, die sich jeweils mit bestimmten Sachgebieten auseinandersetzten und wesentlich zur Vorbereitung der Synodenbeschlüsse beitrugen. Insgesamt erarbeitete die Synode 18 Beschlussdokumente zu den verschiedenen Bereichen des Lebens und der Sendung der Kirche.

      Die Synode setzte sich aus rund 300 Mitgliedern zusammen. Neben den Bischöfen waren auch andere Kleriker, Ordensleute und Laien auf der Synode stimmberechtigt vertreten. Der Laienanteil lag bei etwa 140 Mitgliedern. Soweit es sich nicht um geborene Synodalen handelte, nämlich vor allem die Bischöfe, wurden die Mitglieder durch Wahl seitens verschiedener Räte und Verbände bestimmt.11 Eine auffallende Besonderheit war das gleiche Stimmrecht aller Synodalen, eine Regelung, die im kanonischen Recht in dieser Form unbekannt war. Verschiedene Elemente der Synodalordnung provozierten nachdrückliche Kritik von kanonistischer Seite.12

      Die Gemeinsame Synode schien in ihrer Struktur und Arbeitsweise weit stärker von demokratisch-parlamentarischen Gepflogenheiten geprägt als von der klassischen synodalen Tradition. Das vom Apostolischen Stuhl gebilligte Statut der Gemeinsamen Synode bestimmte in Artikel 13, dass eine Beschlussfassung über eine Vorlage nicht möglich sei, wenn die Deutsche Bischofskonferenz erkläre, ihr aus Gründen der Glaubens- und Sittenlehre nicht zustimmen zu können bzw., bei Inhalten gesetzlichen Charakters, die kirchengesetzliche Umsetzung verweigere. Es handelt sich hier lediglich um Veto-Klauseln, die eine eigene Lehr- bzw. Gesetzgebungskompetenz der Gemeinsamen Synode im Prinzip nicht ausdrücklich verneinen.

      Die Beschlüsse der Synode sind rasch publiziert und in den ersten Jahren nach Abschluss der Würzburger Synode auch in der theologischen Diskussion und teilweise in der kirchlichen Praxis rezipiert worden. Es wurde jedoch allmählich relativ still um die Gemeinsame Synode und ihre Dokumente. Zu dieser Entwicklung haben wohl verschiedene Momente beigetragen. Der Prozess der Rezeption der Dokumente des Zweiten Vatikanums selbst war keineswegs schon abgeschlossen und die konziliare Lehre zog schlicht mehr Aufmerksamkeit auf sich als die Beschlüsse der partikularen Synode. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) legte eigene lehramtliche Dokumente von Bedeutung vor, die ihrerseits die konziliare Doktrin weiterführten und entfalteten. Auch das erneuerte kirchliche Gesetzbuch, der 1983 promulgierte und in Kraft getretene CIC, fand in ähnlicher Weise Beachtung und ließ die Beschlüsse der Gemeinsamen Synode, die keineswegs nur zeitgebunden waren, eher in den Hintergrund treten.13

      Zum 50. Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils ist, nicht zuletzt auf Anregung von Kardinal Karl Lehmann (1936-2018), eine neue Ausgabe aller Dokumente der Gemeinsamen Synode erschienen.14 Lehmann, der seinerzeit als junger Theologieprofessor ein engagiertes Mitglied der Synode gewesen ist und im Nachgang die Herausgabe der Synodalakten begleitet hatte, wollte damit von neuem auf jenes Ereignis und die damals gefassten Beschlüsse hinweisen. In der Tat ist im Zusammenhang mit dem Konzilsjubiläum auch der Gemeinsamen Synode eine gewisse neue Aufmerksamkeit zuteil geworden.

      3. Pastoralsynode in der DDR

      Im zweiten deutschen Staat, der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), auf der anderen Seite des damals zwischen Ost und West bestehenden „eisernen Vorhangs“, wurde ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland eine gemeinsame Synode für alle Jurisdiktionsbezirke abgehalten. Die Berliner Ordinarienkonferenz, der damalige Zusammenschluss der Oberhirten der Bistümer und übrigen kirchlichen Jurisdiktionsbezirke auf dem Gebiet der DDR, entschied sich 1971 für die Durchführung einer Pastoralsynode. Diese Synode tagte von 1973 bis 1975 in sieben Sessionen in Dresden. Ihr gehörten die ostdeutschen Bischöfe und 142 weitere Synodalen an; davon waren gemäß dem Statut bis zur Hälfte Laien. Die Pastoralsynode beschloss neun Dekrete als Empfehlungen für die Berliner Ordinarienkonferenz.

      Das Zustandekommen dieser Synode war durch verschiedene Umstände veranlasst und begünstigt. Bedeutsam war vor allem die vorausgegangene Diözesansynode des Bistums Meißen, die der Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils dienen sollte. Doch auch das westdeutsche Vorbild einer landesweiten, die Diözesen zusammenfassenden Synode spielte natürlich eine gewichtige Rolle.

      Das Statut der Synode sicherte den bestimmenden Einfluss der Bischöfe auf