Maria Herrmann

Vom Wandern und Wundern


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von der Fremde in der Kirche, die noch zu sammeln wären.

      Die Autorinnen und Autoren haben sich wahlweise drei thematischen Kreisen genähert und diese bisweilen biographisch, aber immer persönlich gedeutet: So geht es um Wundern, Wandern und Wunder und um den Bezug zur eigenen Fremde in der Kirche. Die Textgenres variieren, so wie die Perspektiven und Persönlichkeiten unterschiedlich sind. Dies ermöglicht der Leserin und dem Leser, jeweils einer Facette ganzheitlich gedachter Theologie zu begegnen, und eröffnet die Frage nach der eigenen Fremde.

      Folgende Themenkreise sind in den Aufsätzen zu finden:

       Biblische und poetische Notizen von der Fremde in der Kirche:

      – Bei Astrid Adler wird das Wundern zur Wundergeschichte und damit zum Erwachen eines neuen Selbstverständnisses in wandernder Nachfolge.

      – Hanna Buiting eröffnet die poetische Dimension vom Wandern und Wundern. Sie macht sich auf, die Kirche neu zu buchstabieren, und lässt erahnen, welche Goldstücke sich in ihr finden lassen.

       Biographische Fragmente aus dem Theologie-Studium oder in der Vorbereitung auf einen Dienst in der Kirche:

      – Mara Feßmann schildert die Erfahrungen einer Quereinsteigerin im Theologiestudium. Gemeinsam mit ihren Fragen proklamiert sie eine Punktheologie und schreibt nicht nur von loyalem Trotz, sondern einem großen, heiligen Trotzdem.

      – Mathias Albracht freundet sich an mit seiner Wanderlust und eröffnet die Perspektive einer Berufungsgeschichte zwischen Popkultur, Pastoralkurs und Pioniergeist.

       Überlegungen zum Wandern und Wundern im konkreten Dienst in den Kirchen:

      – Bei Steffi Krapf zeigt sich, wie die Bretter, die die Welt bedeuten, und sakrale Räume in einer Wechselbeziehung stehen und wie bereits etablierte Formen von Kirche immer noch befremden können.

      – Markus Kalmbach schreibt über Fremdwörter und -worte und macht deutlich, wie der Dienst an den Transformationsprozessen unserer Gesellschaft Zufluchtsort wird für Menschen auf der Suche nach Heimat (nicht nur, aber auch) in der Kirche.

      – Yotin Tiewtrakul denkt nach über das Dazugehörenwollen, über Woanders-Orte und Vergebung. Er teilt die Ahnung, dass das Ankommen damit beginnt, dass man für andere die Räume schafft, die man selbst lange gesucht hat.

       Die Gabe der Fremde in abstrakten Überlegungen und konkretem Geschäft:

      – Michael Bonert beschreibt Kirchenentwicklung als Rebellion – jedenfalls ein wenig. In seinem Aufsatz wird deutlich, wie sehr die Überlegungen zur Fremde auch in Bezug auf Organisationsentwicklung und Innovationsforschung relevant werden, und er gibt konkrete Hinweise an die Hand, wie das auch praktisch genutzt werden kann.

      – Sebastian Baer-Henney schildert seine Erfahrungen als hauptamtlicher Wanderer im Dienste als Pionier und Gemeindegründer und geht dabei auch auf seine Verwunderungen in Bezug auf Rollen- und Amtsverständnisse in der Kirche ein.

      – Gemeinsam beschreiben Rebecca John Klug und Juliane Gayk Ent-fremdung aus Prinzip. Und wie wichtig dabei Teamwork und das Engagement von nicht-sozialisierten Christinnen gerade in der Erfahrung eines Gemeindegründungsprozesses für die Kirche sind.

      – Sabrina Müller stellt die in diesem Buch beschriebenen Erfahrungen neben historische Dynamiken, fasst sie in einem Rück- und Überblick zusammen und deutet sie anhand der Stichworte der Orientierungslosigkeit, der Beziehungen und Ekklesiogenese im Hinblick auf ihre loyale Radikalität.

       Abschließendes und Eröffnendes:

      – Abschließend öffnet Birgit Mattausch mit einer Predigt zu Mt 10,5–14 über das Geschenk und die Gabe, nicht hineinzupassen, noch einmal den Blick für ein biblisches Wort. (Gehalten wurde diese Predigt zum Abschlussgottesdienst einer Konferenz, die am 14./15. Februar 2017 in Hannover unter dem Titel W@nder zu den Fragen des Wanderns und Wunderns stattgefunden hat.)

      Christina Aus der Au spannt in einer Art Nachwort noch einmal den ganz großen Bogen der Langzeitbeziehung von Kirche und Fremde.

      Zum Abschluss dieses Vorwortes jedoch bleibt mir, mich bei den Autorinnen und Autoren für ihr Vertrauen zu bedanken, für ihre Geduld, ihren Fleiß und den Mut, den sie aufgebracht haben, sich diesem Projekt in Offenheit zu stellen. Ohne das alles wäre dieses Buch nicht möglich gewesen.

      Bedanken möchte ich mich auch bei Jonny Baker und Cathy Ross, die mit ihrem Buch „The Pioneer Gift“ und der Rede vom „Gift of not fitting in“ (das Geschenk und die Gabe, nicht hineinzupassen) Inspiration, Idee und Herzschlag für dieses Buch vermittelt haben.

      Des Weiteren gilt auch Frau Rebecca Pähler ein Dank, die viele der Fleißarbeiten für das Zusammenstellen der Artikel des Buches übernommen hat.

      Ebenso möchte ich mich bedanken beim Bistum Hildesheim und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, die sich (nicht nur, aber auch) mit der ökumenischen Bewegung Kirche2 gemeinsam auf den Weg gemacht haben und dabei Wandernden und Wundernden wie uns vertrauen.

      Schließlich gilt ein großer Dank auch dem Echter Verlag, der mit meiner nicht ganz so heiligen Ungeduld entspannt und gelassen umzugehen wusste.

       Zur Lektüre empfohlen:

      – Jonny Baker/Cathy Ross, The Pioneer Gift

      – Vincent Donovan, Rediscovering Christianity

      – Gerald Arbuckle, From Chaos to Mission

      – Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge

      – Johann Baptist Metz, Zeit der Orden? Zur Mystik und Politik der Nachfolge

      – Peter Hundertmark, Gemeinden gründen

      Astrid Adler

      Wenn der Dachdecker beim Zimmermann vorbeischaut

      Im August 2012 nahm ich als Mitarbeiterin auf einer Freizeit für Teenager in Schweden teil. Eines Abends saß ich in einer kleinen Gruppe Mitreisender zusammen und wir redeten darüber, was man aus den täglichen Andachten, Kleingruppen, Gesprächen und Aktionen mitgenommen hatte. Irgendwann sprachen wir auch über die Heilungsgeschichten von Jesus, die oft plakativ weitererzählt werden. Die meisten Menschen, die regelmäßig in kirchlichen bzw. christlichen Kreisen unterwegs sind, können mindestens eine der Geschichten wiedergeben. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass wir in eben jener Runde auch festgestellt haben, dass uns oft fehlt, dass Geschichten weitergedacht werden. Mit „weitergedacht“ meinten wir nicht die Frage, was genau das jetzt mit unserem Leben zu tun hat, sondern vielmehr die Frage nach dem „Wo kann ich dieses Erlebnis heute auch finden?“, gibt es ähnliche Handlungsfelder oder Ereignisse, zu denen Parallelen gezogen werden können? Als einer aus der Gruppe einen lose formulierten Gedanken in den Raum warf, konnte mir noch nicht klar sein, dass er damit den Grundstein für eine Entwicklung legen würde, die ich durchleben durfte und darf und die bis heute nicht abgeschlossen ist. Er sagte etwas wie „Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, dass die Geschichte, in der Jesus den Gelähmten heilt, auch ein super Bild für die Gemeinde Gottes ist?“ Ich weiß bis heute nicht, ob er selbst auf den Gedanken kam oder ob er damit eine alte theologische Deutung formuliert hat, ob bereits kilometerlange Abhandlungen darüber verfasst wurden. Wir finden diese Geschichte in drei Evangelien: Matthäus 9,1–8; Markus 2,1–12 und Lukas 5,17–26.

      Ich bin keine studierte Theologin, Begriffe wie Exegese, Hermeneutik und Homiletik gehören nicht zu meinem aktiven Wortschatz. Aber ich kann (vor allem durch meine Tätigkeit in der Jugendarbeit) mit Menschen über Jesus reden. Das tat ich an diesem Abend und wurde vollkommen überrascht davon, wie sehr mich das noch weiter beschäftigen würde.

      Ich bin inzwischen seit zwölf Jahren Teil meiner Gemeinde, davon acht Jahre in verschiedener Weise in der Jugendarbeit ehrenamtlich tätig. Ich habe mich demnach schon in diversen Rollen innerhalb meines Glaubens bewegt. Im Glauben wachsen darf und durfte ich in einer pietistischen Gemeinde eines Gemeinschaftsverbands innerhalb