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Arme Kirche - Kirche für die Armen: ein Widerspruch?


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der Armen und Kirche für die Armen“ zu bekehren. Endgültig wird dieses Ziel erst in der Ewigkeit erreicht.

       Das Ideal muss konkretisiert werden

      Um der biblischen und daher unabdingbaren sowie immer gültigen Forderung „Kirche der Armen und Kirche für die Armen“ zu entsprechen, sind ein positiver Realismus, Geschichtsbewusstsein, großer Weitblick und entschiedenes Handeln nötig. „Kirche der Armen und Kirche für die Armen“ ist in jedem Land und in jeder Nation anders. Kirche muss sich inkulturieren; die Kulturen sind auch hinsichtlich der materiellen Güter sehr unterschiedlich. „Kirche der Armen und Kirche für die Armen“ bedeutet in Deutschland etwas anderes als z. B. im Tschad oder in der Erzdiözese São Paulo, in der die Unterschiede zwischen Reich und Arm hautnah aufeinanderprallen. „Kirche der Armen und Kirche für die Armen“ ist sodann auf die jeweiligen Personen hin zu adaptieren. Ein Franziskaner muss anders arm sein als ein Bischof – ein verheirateter Christ anders als ein zölibatärer Priester. „Arme Kirche und Kirche der Armen“ ist des Weiteren von der jeweiligen Zeit und ihren Umständen mitbestimmt. So ist zum Beispiel ein Zurück in die Jerusalemer Urgemeinde oder in die Katakombenzeit ungeschichtlich und unrealistisch. Eine generelle und undifferenzierte Forderung „Arme Kirche und Kirche für die Armen“ führt zu nichts. Bei all diesen Verschiedenheiten muss der Ruf des Evangeliums nach stetigem Bemühen um „Kirche der Armen und Kirche für die Armen“, der sich an jeden Christen richtet, aber ernst genommen werden. Deutlich ist schließlich, dass „Kirche der Armen und Kirche für die Armen“ eng zusammenhängen. Nur eine „Kirche der Armen“ kann eine „Kirche für die Armen“ sein, nur wer bereit ist, abzugeben und zu teilen – arm zu werden –, kann „Kirche für die Armen“ sein, nur eine solche Kirche ist Reich-Gottes-tauglich.

       Arm mit dem armen Christus

      „Arme Kirche und Kirche der Armen“, entsprechend den örtlichen Gegebenheiten und dem Personenstand in der Kirche, setzt das Bemühen voraus, sich zunächst die entsprechende Geisteshaltung anzueignen. Christsein und Kirche gibt es nur mit Jesus Christus. „Arme Kirche und Kirche der Armen“ gibt es in der Kirche Jesu Christi nur, wenn sich der einzelne Christ und die Kirche als Ganzes mit dem „armen Christus“ verbinden. „Arm mit dem armen Christus“ beschreibt das Armutsideal der franziskanischen Bewegung, das aber für die ganze Kirche gelten muss. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Armut funktionalistisch und damit unkirchlich wird. Dieser Gefahr ist z. B. die Armutsbewegung der Katharer zur Zeit des heiligen Franziskus verfallen. „Arme Kirche und Kirche der Armen“ soll zu Jesus Christus hinführen und von ihm ausgehen. „Christsein ohne Christus“ kann nur zur Farce und sogar zum Deckmantel für Böses werden. „Arm im Geiste“ (Mt 5,3) als Voraussetzung für gelebte Armut kann nur bedeuten, in Beziehung mit Jesus leben, sich mit ihm, dem Armen für die Armen, verbinden.

      Das hat auch das Zweite Vatikanische Konzil so gesehen. In der Dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“ heißt es: „Wie aber Christus das Werk der Erlösung in Armut und Verfolgung vollbrachte, so ist auch die Kirche berufen, den gleichen Weg einzuschlagen, um die Heilsfrucht den Menschen mitzuteilen“ (Nr. 8). Der ganze Abschnitt 8 weist deutlich darauf hin, dass die Kirche nur arme Kirche und Kirche für die Armen sein kann, wenn sie dem Beispiel Jesu folgt: „So ist die Kirche, auch wenn sie zur Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch durch ihr Beispiel auszubreiten.“ Im Priesterdekret „Presbyterorum Ordinis“ wird diese Forderung an die ganze Kirche hinsichtlich der Bischöfe und Priester konkretisiert: „Sie werden vielmehr zur freiwilligen Armut ermuntert, in der sie Christus sichtbarer ähnlich und zum heiligen Dienst verfügbarer werden. Denn Christus ist für uns arm geworden, obwohl er reich war, damit wir durch seine Armut reich würden.“ Daraus folgt, dass „die Priester und ebenso die Bischöfe alles vermeiden, was den Armen irgendwie Anstoß geben könnte, indem sie, mehr als die anderen Jünger des Herrn, jeden Schein von Eitelkeit in ihrer Lebenshaltung ausschließen. Ihre Wohnung sei so eingerichtet, dass sie niemand unzugänglich erscheint und dass niemand, auch kein Niedriggestellter, sich scheut, sie zu betreten“ (Nr. 17).

       Die Bischöfe und Priester in der „Kirche der Armen und der Kirche für die Armen“

      Für uns Bischöfe ist sicher der erwähnte Katakombenpakt von 1965 auch heute richtungsweisend. Er enthält Konkretionen, die wir umsetzen können und müssen. Die zwölf Punkte sind heute so aktuell wie damals. Sie fordern von uns Bischöfen:

      –Wir sollen uns bemühen, so zu leben wie die Menschen um uns herum, im Hinblick auf Wohnung, Essen, Verkehrsmittel und allem, was sich daraus ergibt.

      –In unserer Amtskleidung und den Insignien sollen wir dem Evangelium entsprechen: keine kostbaren Stoffe, keine edlen Metalle, nicht Gold und Silber.

      –Wir sollen keine Immobilien und kein Mobiliar besitzen. Was wir haben und nicht zum Leben brauchen, soll sozialen und caritativen Werken zukommen.

      –Über die Finanzen und Vermögen der Diözese sollen Kommissionen von Laien befinden, damit wir Apostel und Hirten statt Verwalter sein können.

      –Wir sollen uns nicht mit Titeln und Bezeichnungen ansprechen lassen, die uns von den Menschen trennen.

      –Die Mächtigen und Reichen dürfen von uns niemals den Armen und Geringen vorgezogen werden.

      –Wir sollen jede Eitelkeit ablehnen.

      –Für die wirtschaftlich Bedrängten, Benachteiligten oder Unterentwickelten sollen wir uns mit allen Mitteln einsetzen.

      –Die Werke der „Wohltätigkeit“ sollen in „soziale Werke“ umgewandelt werden, die Frauen und Männer in gleicher Weise im Blick haben.

      –Wir sollen Lobbyisten in der Politik für Gerechtigkeit, Gleichheit, Frieden, Menschenwürde und Menschenrechte sein. Wir sollen bei den internationalen Organisationen unsere Stimme erheben, damit unsere gesamte Welt eine gerechtere und friedlichere Welt wird.

      –Mit unseren Priestern, Ordensleuten und Laien sollen wir ständig überprüfen, ob wir dem Ideal „Arme Kirche – Kirche der Armen“ entsprechen. Wir sollen jedem präsent, offen und zugänglich begegnen, egal auch welcher Religion der angehört, mit dem wir gerade zusammenkommen.

      –Diese Grundsätze sollen in den Diözesen veröffentlicht werden.

      Dieser Katakombenpakt kann uns Bischöfen heute helfen, der Forderung „Arme Kirche – Kirche für die Armen“ zu entsprechen. Er ist kein „Dokument“ neben dem Konzil und geht auch nicht inhaltlich über das Konzil hinaus, sondern gibt wieder, was die Dokumente des Konzils über Leben und Wirken der Bischöfe enthalten. Er kann daher als eine Umsetzung des Konzils verstanden werden.

       Armut und Partizipation – kirchliche Hilfswerke

      Die Trias: Der arme Christus – die arme Kirche – Kirche für die Armen, will natürlich auch konkrete Solidarität und Partizipation bewirken. „Arme Kirche und Kirche für die Armen“ darf niemals als Verelendung, nicht einmal als Verarmung missverstanden werden. Dieses Leitwort enthält vielmehr die Aufforderung, alle durch Partizipation „reich zu machen“. Alle sollen an den Gütern der Natur, des Geistes, der Bildung, der Gesundheit, der Arbeitsmöglichkeiten und des Kapitals teilhaben. Dieses Programm der Solidarität verwirklicht die deutsche Kirche durch ihre Werke Misereor, missio, Renovabis, Adveniat, Kindermissionswerk, Frauenmissionswerk sowie Caritas internationalis und nationalis, aber auch durch die Partnerschaften von Diözesen und Pfarreien mit Bistümern und Gemeinden in Übersee; ebenso pflegen die Orden, Kongregationen und kirchlichen Vereine partnerschaftliche Beziehungen zu Ortskirchen, Orden und Gemeinschaften in Afrika, Asien und Lateinamerika.

      Den Bischöfen wurde solche Partnerschaft vom Konzil aufgetragen. In Lumen Gentium heißt es: Die Bischöfe sollen „in umfassender Liebesgemeinschaft den anderen