Heinz Bachmann

Hochschullehre variantenreich gestalten


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      ➤welche Kriterien für die Zusammensetzung der Gruppen maßgeblich sind (z.B. Homogenität oder Heterogenität bezüglich Geschlecht, Alter oder Vorkenntnissen).

      Zu empfehlen ist zudem, den Studierenden den Zweck, die Ziele und Aufgaben der Gruppenarbeit sowie die Kriterien der Beurteilung oder Benotung im Vorfeld zu erläutern. Die Aufgaben der einzelnen Mitglieder und die Abgabetermine sowie weitere Vereinbarungen können in einer längeren kooperativen Lerneinheit auch in einem schriftlichen Vertrag festgehalten werden. Mit zunehmender Selbstständigkeit sind die Studierenden bei Fachfragen dazu angehalten, zuerst in der eigenen Gruppe, dann in anderen Gruppen eine Antwort auf ihre Frage zu suchen bzw. andere Informationsquellen zu konsultieren, bevor sie sich an die Lehrenden wenden.

      Die folgenden Fragen unterstützen die Planung einer größeren kooperativen Lerneinheit mit Rollenverteilung und Lernreflexion:

      ➤Welche sozialen, inhaltlichen und lernspezifischen Ziele sind mit der kooperativen Lerneinheit zu verfolgen?

      ➤Wie wird den Studierenden Ziel- und Kompetenzerreichung und der Ablauf des Arbeitsprozesses bekannt gemacht?

      ➤Aus welchen Gründen eignet sich der gewählte Lerngegenstand und die bestimmte Vorgehensweise für eine kooperative Lerneinheit?

      ➤Was kann/darf bei den Studierenden vorausgesetzt werden? Was muss im Vorfeld vermittelt und eingeführt worden sein?

      ➤Wie können Ressourcen und Stärken der einzelnen Studierenden aktiviert werden?

      ➤Welches ist die geplante Gruppengröße, wie muss die Zusammensetzung der Gruppe aussehen? Wie wird die Gruppenzuteilung bestimmt und kommuniziert?

      ➤Braucht es bestimmte Funktionen und Rollen für die Kooperation?

      ➤Wie erfolgt die Reflexion und Evaluation? Wie werden die Ergebnisse bewertet (individuell oder kollektiv) und kommuniziert?

      5.2Zur Beurteilung

      Es ist entscheidend, dass die Beurteilung nicht erst am Ende, sondern den Arbeits- und Lernprozess begleitend stattfindet. Für Feedbacks sind Beobachtungen der Lehrenden, aber auch der anderen Gruppen oder anderen Studierenden von Interesse. Aus solchen Beobachtungen und Peerevalua­tionen können Hilfestellungen resultieren, sie sollen wenn möglich aber auch in die endgültige Beurteilung einfließen. Die folgende Tabelle listet einige Evaluations­kriterien auf:

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      Abbildung 6: Beurteilung für Gruppenmitglieder (nach Dubs 1995, S. 301)

      Wichtig ist außerdem, dass nicht nur die Gruppenleistung, sondern auch Einzelleistungen der Studierenden beurteilt werden. So wissen die Gruppen, wer besondere Unterstützung braucht, und die weniger leistungsstarken Studierenden müssen sich nicht damit abfinden, dass die anderen Gruppenmitglieder ihre Arbeiten übernehmen. Bei der begleitenden Beurteilung sollten inhaltliche sowie gruppendynamische Prozesse lösungsorientiert besprochen und für zukünftige Vorhaben nutzbar gemacht werden (z.B. durch entsprechende Einträge ins Lernjournal). Für die abschließende Beurteilung bewährt sich die Kombination von Einzel- und Gruppenleistungen, zum Beispiel so, dass für die in der Gruppe erbrachten Leistungen Extrapunkte vergeben und zu den individuellen Ergebnissen addiert werden.

      6Schlussgedanken

      Der «ideale Raum» für Kooperatives Lernen hat bewegliche Tische, die für die Gruppenarbeit zusammengeführt werden können. Tafeln oder Flipcharts an drei oder vier Wänden ermöglichen zudem eine Rundumkommunikation, die entstandenen Produkte können aufgehängt, diskutiert und begutachtet werden. Falls Computer verwendet werden, ist darauf zu achten, dass eine kommunikative Situation gewahrt bleibt. Es empfiehlt sich, die Geräte kreisförmig anzuordnen, sodass die Studierenden während der Arbeit miteinander sprechen können und nicht Rücken an Rücken oder in einer Reihe nebeneinandersitzen,

      Wissen ist kein Gegenstand, der von Person zu Person verschoben wird, sondern ein sich im ständigen Fluss befindlicher Prozess mit komplexen Abläufen. Seine Bedeutung wird sozial verhandelt. Auch für den Tertiärbereich mangelt es nicht an einer Vielzahl kooperativer Lernmethoden (Konrad & Traub 2001, S. 70 ff.). Das Wissen um die Methoden allein ist aber zu wenig. Es braucht eine tiefer gehende Reflexion – auch unter Einschluss der Studierenden – darüber, unter welchen Bedingungen sich Wissen entwickeln kann.

      Mittels Kooperativen Lernens werden neben fachlichem Wissen auch wichtige überfachliche Qualifikationen im sozialkommunikativen Bereich gefördert (Beitrag von Tanner), auf die die Studierenden im späteren Berufsleben aufbauen können. Durch die Zusammenlegung unterschiedlicher Perspektiven kann zudem neues, innovatives Wissen entstehen. Kooperatives Lernen beabsichtigt, möglichst alle Studierenden in die Arbeit zu involvieren, ermöglicht aktive Beteiligung und schafft Lernsituationen zur Kommunikation und Interaktion. Kooperatives Lernen gibt Gelegenheit, zu erfahren, dass der Umgang mit Differenz durch Kommunikation konstruktiv wird. Eine Lehre, die Kooperative Lernsettings systematisch und reflektiert integriert, schafft wichtige Grundlagen für (Langzeit-)Studierendenteams, die problem- und fallbasiert oder auch forschungsorientiert Lernen sollen.

      Literaturverzeichnis

      Batelaan, P. (1993). Interkulturelle Erziehung und kooperatives Lernen. In: G. L. Huber (Hrsg.) (1993): Neue Perspektiven der Kooperation. Hohengehren: Schneider, S. 29–32.

      Bohm, D. (1998). Der Dialog. Das offene Gespräch am Ende der Diskussionen. Stuttgart: Klett-Cotta.

      Cohen, E. (1993). Bedingungen für produktive Kleingruppen. In: G. L. Huber (Hrsg.) (1993): Neue Perspektiven der Kooperation. Hohengehren: Schneider, S. 45–53.

      Dubs, Rolf (1995). Lehrerverhalten. Ein Beitrag zur Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden im Unterricht. Zürich: SKV Schriftenreihe für Wirtschaftspädagogik.

      Green, N. & Green, K. (2007). Kooperatives Lernen im Klassenraum und im Kollegium. Das Trainingsbuch. Seelze-Velber: Kallmeyer in Verbindung mit Klett.

      Hartkemeyer, M., Hartkemeyer, J. F. & Freemann Dhority, L. (1999/2. Auflage). Miteinander denken. Das Geheimnis des Dialogs. Stuttgart: Klett-Cotta.

      Huber, G. L. (2006). Lernen in Gruppen/Kooperatives Lernen. In: H. Mandl & H. F. Friedrich (Hrsg.) Handbuch Lernstrategien. Göttingen: Hogrefe, S. 261–272.

      Huber, G. L. (Hrsg.) (1993). Neue Perspektiven der Kooperation. Hohengehren: Schneider.

      Hild, P., Wülser Schoop, G. (2000). Kooperatives Lernen in der Schule. In: S. Mächler et al.: Schulerfolg – kein Zufall. Ein Ideenbuch zur Schulentwicklung im multikulturellen Umfeld (S. 42–46). Zürich: Lehrmittelverlag des Kantons Zürich.

      Johnson, D. W., Johnson, R. T., Holubec Johnson, E. (2005). Kooperatives Lernen, kooperative Schule. Mühlheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr.

      Konrad, K. & Traub, S. (2001). Kooperatives Lernen. Theorie und Praxis in Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung. Hohengehren: Schneider.

      Prengel, A. (2004). Spannungsfelder, nicht Wahrheiten. Heterogenität in pädagogisch-didaktischer Perspektive. In: Heterogenität. Unterschiede nutzen – Gemeinsamkeiten stärken. Friedrich Jahresheft XXII(4), S. 44–46.

      Reich, K. (2006). Konstruktivistische Didaktik. Lehr- und Studienbuch mit Methodenpool. Weinheim/Basel: Beltz-Gelberg.

      Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (2001). Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In: A. Krapp & B. Weidemann (Hrsg.). Pädagogische Psychologie (S. 601–646). Weinheim: Beltz.

      Reusser, K. (2001). Unterricht zwischen Wissensvermittlung und Lernen lernen. Alte Sackgassen und neue Wege in der Bearbeitung eines pädagogischen Jahrhundertproblems.