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Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book)


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Ausdauer, Selbstwirksamkeit und Frustrationstoleranz (Affektkontrolle) ebenso wie Zeit- und Ressourcenmanagement, zielorientierte Planung, Kooperations- und Teamfähigkeit, die Fähigkeit zum Umgang mit Fehlern, die Nutzung von Lern- und Problemlösestrategien, Metakognition und Metainteraktion» (Reusser, 2014, S. 330 f.).

      Kompetenzmodelle

      Kompetenzmodelle sind theoretische Konstrukte der Struktur beziehungsweise Dimensionen von Kompetenzen (Kompetenzstrukturmodelle) und/oder der möglichen Ausprägungen beziehungsweise Niveaus von Kompetenzen bei Personen (Kompetenzniveaumodelle; vgl. Hartig & Klieme, 2006). Zudem gibt es ausserdem noch Kompetenzentwicklungsmodelle, welche die Genese von Kompetenzen über einen grösseren Zeitraum beschreiben. Im Idealfall sollten in einem Lehrplan die gemäss den übergeordneten Bildungszielen zu erreichenden Kompetenzen auf einem kohärenten Kompetenzstrukturmodell und einem dazugehörenden Kompetenzniveaumodell beruhen. Diese liefern die Grundlage für Art und Niveau der Kompetenzziele. In der Literatur und in bestehenden Lehrplänen finden sich zwar eine Vielzahl von Kompetenzbeschreibungen, aber nur wenige sind theoretisch stringent und empirisch nachgewiesen. So sind auch die im aktuellen Lehrplan für Berufsmaturitätsschulen (SBFI, 2012) aufgeführten überfachlichen Kompetenzen zwar zahl- und facettenreich, aber im Hinblick auf die Bildungsziele der Berufsmaturität nur teilweise stringent abgeleitet und in ihrem Verhältnis untereinander nicht sauber geklärt, weder theoretisch noch empirisch. Leider gibt es kaum theoretisch solide und empirisch geprüfte Kompetenzmodelle, die im Hinblick auf das Erreichen von Bildungszielen alle Facetten von Kompetenzen einbeziehen. Ziemlich weit entwickelt sind immerhin die Kompetenzmodelle für die Fächer Mathematik, Deutsch und Naturwissenschaften, welche als Grundlage der nationalen Bildungsstandards von «HarmoS» dienten und an denen sich auch der Lehrplan 21 orientiert. Als Hilfsmittel für die Identifizierung fachspezifischer Kompetenzfacetten im kognitiven Bereich kann die bereits in der Einleitung erwähnte allgemeine Gliederung des Anspruchsniveaus kognitiver Denkprozesse beziehungsweise die Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich von Bloom (1976) aus dem Jahre 1956 dienen. Sie wurde im Jahre 2001 aktualisiert und leicht revidiert (Anderson et al., 2001). Die kognitive Taxonomie ist ein Jahrhundertwurf der Pädagogischen Psychologie und wird auch in neueren Lehrplänen, teilweise immer noch mit der alten Begrifflichkeit, weiterhin verwendet. Die kognitive Taxonomie umfasst die folgenden Bereiche (Anderson et al., 2001, in Klammern die Begriffe von Bloom [1976]):

      – Erinnern (Wissen),

      – Verstehen (Verstehen),

      – Anwenden (Anwendung),

      – Analysieren (Analyse),

      – Bewerten (Beurteilung),

      – Erschaffen (Synthese).

      Diese kognitive Taxonomie wird häufig für (fast) alle Schulfächer verwendet. Daraus entwickelte Lernziele besitzen ab der Taxonomiestufe «Anwenden» die Eigenschaften von Kompetenzzielen – «Erinnern» und «Verstehen» sind noch keine Kompetenzen. Werden diese Lernziele inhaltlich systematisch miteinander verbunden (kumulativer Aufbau des Wissens), kann daraus auch ein Kompetenzmodell entstehen.

      Zwar wird auch in den anstehenden Arbeiten zur Reform verschiedener Sparten der Berufsbildung ein ideales Ergebnis der bildungszielbezogenen Bestimmung bestimmter Kompetenzen und allenfalls ganzer Kompetenzmodelle nicht erreichbar sein, aber die Formulierung von Kompetenzen zur Erreichung der Bildungsziele sollte sorgfältig unter Einbezug des Wissens über den Stand der Kompetenzforschung erfolgen.

      Kompetenzen und Interdisziplinarität

      Der Begriff der «Interdisziplinarität» wird häufig mit überfachlichen Kompetenzen in Verbindung gesetzt. Interdisziplinarität meint die Verbindung mehrerer Fachbereiche. Gemäss den US-amerikanischen Akademien der Wissenschaften geht es dabei in der Forschung um die Integration von Fachwissen aus mindestens zwei unterschiedlichen Disziplinen mit der Absicht, ein Phänomen grundlegend zu verstehen (vgl. Akademien der Wissenschaften, 2020). Interdisziplinärer Unterricht ist allerdings nicht gleichzusetzen mit interdisziplinärer Forschung, sondern ist häufig lediglich Lernen über interdisziplinäre Forschung und deren Ergebnisse. Zudem dient interdisziplinärer Unterricht dazu, Problemstellungen und Themen aus der Perspektive von mindestens zwei Unterrichtsfächern zu bearbeiten. Deshalb wird er häufig mit fächerübergreifendem Unterricht gleichgesetzt. Weil in der Berufsbildung Curricula nicht nur fachwissenschaftlich, sondern auch berufsfeld- und themenbezogen aufgebaut sind, können auch bereits einzelne Unterrichtsfächer interdisziplinär sein. Interdisziplinärer Unterricht kann alle Ausprägungen von Kompetenzen erfordern und fördern. Interdisziplinarität ist somit auch nicht gleichzusetzen mit überfachlichen Kompetenzen, sie erfordert insbesondere auch Fachkompetenzen.

      Allgemeine Studierfähigkeit als allgemeine Studierkompetenz

      Das Erreichen der Studierfähigkeit an Fachhochschulen ist ein Hauptziel der Berufsmaturitätsschulen (BMV, 2009). In einer umfassenderen Sicht lässt sich Studierfähigkeit für Fachhochschulen in Anlehnung an Hubers (2009) Definition für Universitäten umschreiben als Gesamtheit aller unabdingbaren Kompetenzen (Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Bereitschaften) zur erfolgreichen Bewältigung eines Fachhochschulstudiums. Kompetenzen also, die dazu befähigen, ein Fachhochschulstudium erfolgreich zu beginnen, durchzuführen und abzuschliessen. Studierfähigkeit kann sich auf ein einzelnes Studienfach beziehen, zum Beispiel Studierfähigkeit für «Wirtschaft und Dienstleistungen» oder Studierfähigkeit für «Chemie und Life Sciences». Es handelt sich dann um eine fachspezifische Studierfähigkeit. Sie kann aber auch als eine allgemeine Studierfähigkeit konzipiert sein, wie das bei der gymnasialen Maturität unbestritten ist. Weil das Fachhochschulstudium aber auch in einem berufs- und fachfremden Bereich aufgenommen werden kann, sollte die Berufsmaturitätsschule ebenso auf alle möglichen Studienbereiche vorbereiten. Im Idealfall führt also auch die Berufsmaturität, wie die gymnasiale Maturität, zu einer allgemeinen Studierfähigkeit.

      In der Anwendung der obigen Grunddefinition von Kompetenzen besteht die allgemeine Studierfähigkeit aus Dispositionen, welche die erfolgreiche Bewältigung eines Studiums ermöglichen und somit das dazu benötigte Wissen und die erforderlichen kognitiven Fähigkeiten, Komponenten der Selbstregulation, sozial-kommunikativen Fähigkeiten sowie auch motivationalen Orientierungen umfassen. Diese Dispositionen müssen zum Beginn des Studiums bereits so weit im bisherigen Verlauf von Bildungs- und Erziehungsprozessen – vor allem an der Berufsmaturitätsschule – erworben (bzw. erlernt) sein, dass sie zumindest die erfolgreiche Aufnahme irgendeines Studiums ermöglichen und ausreichende Grundlage für die weiterhin erfolgreiche Bewältigung dieses Studiums (Durchführung und Abschluss) sind.

      Eine allgemeine Studierfähigkeit ermöglicht die erfolgreiche Aufnahme eines Studiums in allen Studiengängen und ist deshalb weit mehr als eine studiengangspezifische Studierfähigkeit. Dazu sind Kompetenzen aus den folgenden drei, sich teilweise überlappenden Kompetenzgruppen notwendig:

      1. Überfachliche kognitive und nicht-kognitive Kompetenzen. Sie sind basal für die allgemeine Studierfähigkeit, das heisst unabdingbar für die meisten Studiengänge. Dazu gehören gutes analytisches und schlussfolgerndes Denken, Lerntechniken, Prüfungstechniken, Arbeitstechniken zur Informationssuche und Ressourcennutzung, Fähigkeit zur Selbstorganisation, Leistungsstreben und Selbstdisziplin, Motivation und Interessen, sozialitätsbezogene Kompetenzen sowie viele weitere Kompetenzen (siehe z. B. Eberle et al., 2008, S. 55 ff.). Für ihre Förderung sind alle Unterrichtsfächer im Rahmen des Fachunterrichts zuständig. Ausserdem werden solche Kompetenzen beim interdisziplinären Arbeiten in den Fächern aller Unterrichtsbereiche (IDAF) und in der interdisziplinären Projektarbeit (IDPA) gefördert (vgl. SBFI, 2012).

      2. Studienfachspezifisches Fachwissen und -können, das nur in einzelnen Studienfachbereichen vorausgesetzt wird, in der Regel aus Fachgebiet dieser Studienbereiche. Diese Fachkompetenzen werden nur in den einzelnen Ausrichtungen der Berufsmaturität und in den mit dem Fachhochschul-Fachbereich verwandten EFZ-Lehrgängen besonders gefördert, meist in den Schwerpunkt- und den Ergänzungsfächern. Um die ideale allgemeine Studierfähigkeit für Berufsmaturandinnen und -maturanden