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Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book)


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& Wilhelm, 2013, S. 24 f.).

      Hartig und Klieme (2006, S. 128 f.) fassen die von Weinert (1999, zit. in Hartig & Klieme, 2006) dargelegten sechs Varianten von Kompetenzauffassung wie folgt zusammen:

      1. «Kompetenzen als generelle kognitive Leistungsdispositionen, die Personen befähigen, sehr unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen,

      2. Kompetenzen als kontextspezifische kognitive Leistungsdispositionen, die sich funktional auf bestimmte Klassen von Situationen und Anforderungen beziehen. Diese spezifischen Leistungsdispositionen lassen sich auch als Kenntnisse, Fertigkeiten oder Routinen charakterisieren,

      3. Kompetenzen im Sinne der für die Bewältigung von anspruchsvollen Aufgaben nötigen motivationalen Orientierungen,

      4. Handlungskompetenz als eine Integration der drei erstgenannten Konzepte, bezogen auf die Anforderungen eines spezifischen Handlungsfeldes wie z. B. eines Berufes,

      5. Metakompetenzen als das Wissen, die Strategien oder die Motivationen, welche sowohl den Erwerb als auch die Anwendung spezifischer Kompetenzen erleichtern,

      6. Schlüsselkompetenzen als Kompetenzen im unter 2. genannten funktionalen Sinn, die aber für einen relativ breiten Bereich von Situationen und Anforderungen relevant sind. Hierzu gehören z. B. muttersprachliche oder mathematische Kenntnisse.»

      Hartig und Klieme schliessen im Weiteren für Fragen der Bildungsforschung die erste Variante aus. Mit Bezug auf Weinert (2001, zit. in Hartig & Klieme, 2006) begründen sie dies damit, dass basale kognitive Fähigkeiten eine inhaltliche Verwandtschaft zu gängigen Definitionen der Intelligenz aufweisen, damit zur Grundausstattung von Menschen gehören und nur begrenzt beeinflussbar sind. Variante 2 berücksichtigt nur den kognitiven Bereich und Variante 3 nur den motivational-affektiven. Variante 4 enthält die vorhin ausgeschiedene Variante 1 und berücksichtigt zu wenig Unspezifisches im Sinne von situationsübergreifenden und überfachlichen Kompetenzen. Die Varianten 5 und 6 vernachlässigen zu stark die Erkenntnisse der Kognitions- und Neuropsychologie, die schon längst belegen, dass es zur Lösung von Problemen immer auch Fachwissen braucht und deshalb Kompetenzen nicht inhaltsfrei sind oder inhaltsbeliebig erworben werden können, sondern der situative Kontext eine wesentliche Rolle spielt (vgl. Eberle, 1997). Weinert (2001, 27 f.) selbst definiert Kompetenzen als «die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können». In verschiedenen Forschungsarbeiten wird häufig an diese Definition angeknüpft, auch wenn sie nicht unumstritten ist (z. B. Hackl, 2014). So ist sie vor allem insofern missverständlich, als dass der explizite Hinweis auf Wissen als Bestandteil von Kompetenzen fehlt. Deshalb hält Reusser (2014, S. 326) nachdrücklich fest: «Kompetenzorientierung bedeutet keine Abkehr von einer fachlichen Wissensbildung und schon gar nicht von der Leitidee des verständnisorientierten und problemlösenden Lernens. Es geht im Gegenteil ganz zentral um fachliche Bildung, in deren Kontext auch fachübergreifende – methodische, soziale und personale – Kompetenzen kultiviert werden sollen.»

      Im Kontext der Lehrplanpraxis hat sich neben dem Konzept von Weinert (2001) vor allem jenes von Roth durchgesetzt. Nach Roth (1971, S. 189) steht Kompetenzerwerb im Dienste der Mündigkeit, die als Kompetenz für verantwortliche Handlungsfähigkeit beschrieben wird. Sie umfasst Sachkompetenz (gegenstandsbezogene Fähigkeiten sowie Fach-/Berufswissen und darauf bezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten), Selbstkompetenz (personenbezogene Fähigkeiten wie Motivation, Selbstwirksamkeit, Selbstreflexion, Selbstdisziplin usw.) sowie Sozialkompetenz (Kommunikationsfähigkeit, Fähigkeit zur Arbeit in Gruppen usw.). Der Begriff «Fähigkeiten» ist dabei breit gedacht, also nicht nur im Sinne kognitiver Leistungsdispositionen, sondern als umfassende Handlungsfähigkeit, die auch den affektiv-motivationalen Bereich einschliesst (Klieme & Hartig, 2007, S. 20). In vielen Anwendungen des Roth’schen Konzepts wird die Sachkompetenz weiter in Fachkompetenz und Methodenkompetenz aufgegliedert.

      Seeber et al. (2010, S. 4) kommen für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik zu dem Schluss, dass sich in den verschiedenen Definitions- und Konzeptualisierungsansätzen zum Kompetenzbegriff neben allen Unterschieden auch Gemeinsamkeiten finden lassen. Dazu gehört unter anderem, dass sich Kompetenzen als kontextspezifische Leistungsdispositionen in bestimmten Domänen zeigen. Ähnlich dazu beschreiben Klieme und Hartig (2007, S. 21) in ihrer Analyse verschiedener Kompetenzkonzepte als zentrale «Bestandteile des Begriffsverständnisses, die immer wieder zu Tage treten», die folgenden: «Kompetenzen sind Dispositionen, die im Verlaufe von Bildungs- und Erziehungsprozessen erworben (erlernt) werden und die Bewältigung von unterschiedlichen Aufgaben bzw. Lebenssituationen ermöglichen. Sie umfassen Wissen und kognitive Fähigkeiten, Komponenten der Selbstregulation und sozial-kommunikative Fähigkeiten wie auch motivationale Orientierungen. […] Dieses erziehungswissenschaftliche Kompetenzkonzept ist mit dem psychologischen Konzept der Handlungskompetenz, wie es Aebli und vor allem Weinert ausgearbeitet haben, kompatibel.» Damit fallen Wissen und Können zusammen (Reusser, 2014, S. 327), die Roth’sche Trias von Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz ist eingeschlossen.

      Wegen ihrer Ganzheitlichkeit und gleichzeitigen Differenziertheit sowie ihrer breiten Fundierung in der wissenschaftlichen Literatur soll diese letzte Beschreibung des Kompetenzbegriffs von Klieme und Hartig (2007, S. 21) Grundlage für die weiteren Spezifizierungen beziehungsweise Verortungen von in der Diskussion um Lehrpläne und Unterricht immer wieder eingebrachten, sich teilweise überschneidenden Kompetenzfacetten sein. Dazu gehören die Begriffe «kognitive» und «nicht-kognitive Kompetenzen», «fachliche», «überfachliche» und «transversale Kompetenzen» sowie deren Verknüpfung in Kompetenzmodellen. Zudem erfolgt eine beispielhafte Anwendung dieser Kompetenzfacetten auf das Ziel des Erwerbs von Studierkompetenzen an Berufsmaturitätsschulen.

      Kognitive und nicht-kognitive Kompetenzen

      Kognitive Kompetenzen betreffen den Anteil von «geistigen» Denkprozessen im Hinblick auf die Bewältigung von Aufgaben, nicht-kognitive Kompetenzen den affektiv-motivationalen Anteil (Antrieb zum Denken und Handeln, Gefühle, moralisch-ethische Verpflichtungen usw.). Sachkompetenzen (Fach- und Methodenkompetenzen), Selbstkompetenzen und Sozialkompetenzen haben in der Regel kognitive und nicht-kognitive Anteile.

      Fachkompetenzen und überfachliche Kompetenzen

      Fachkompetenzen umfassen fachspezifisches Wissen und Können. Sie sind einer Fachwissenschaft oder einem Schulfach zugeordnet und können nicht ohne Weiteres in anderen Fächern genutzt werden. Fachkompetenzen können kognitiv oder nicht-kognitiv sein und grundsätzlich allen Bereichen der Roth’schen Trias entspringen, also fachbezogene Selbst- und Sozialkompetenzen enthalten.

      Überfachliche (auch fachübergreifende oder fächerübergreifende) Kompetenzen können in mehreren Fächern genutzt werden, zum Beispiel in Form von gleichen Methoden in verschiedenen Fächern. In jüngster Zeit wird – in Anlehnung an die französischen und italienischen Begriffe «compétences transversales» und «competenze transversali» – auch häufig der Begriff «transversale Kompetenzen» verwendet (vgl. Scharnhorst & Kaiser, 2018, S. 5). Überfachliche Kompetenzen können zwar nicht einem bestimmten Fach zugeordnet werden, sie lassen sich aber nicht inhaltslos und kontextfrei erwerben. In der curricularen Struktur der fachwissenschaftlichen Gliederung der Unterrichtsfächer, wie sie für das Gymnasium typisch ist, werden sie in den einzelnen Fachwissenschaften erworben. Bei einer thematischen Gliederung, wie sie vor allem in der Berufsbildung vorkommt (z. B. Fach «Allgemeinbildung»), erfolgt bereits der Erwerb fachübergreifend. Sobald überfachliche Kompetenzen in einem Fach erworben wurden, können sie in anderen Fächern ohne viel Neulernen genutzt werden. Für einen maximalen Erwerb sollten solche Kompetenzen in allen Fächern gefördert werden. Auch überfachliche Kompetenzen können kognitiv oder nicht-kognitiv sein und allen Bereichen der Roth’schen Trias entspringen. Im Zentrum des Interesses stehen sowohl sachlich-generische Kompetenzen als auch vor allem «personale, soziale und methodische Fähigkeiten, die über viele Fächer und Lerngegenstände