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Welche Bildung braucht die Wirtschaft?


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eine tragfähige Lehrer-Schüler-Beziehung dem ökonomischen Blick entgeht. Sie lebt genau nicht vom berechenbaren Nutzen, sondern vom Vertrauen.

      Eine weitere Frage entzündet sich an der Modularisierung der Studiengänge. Michael Hengartner fordert größere, zusammenhängende Unterrichtseinheiten und ihre stärkere gegenseitige Vernetzung. Jonathan Gardy dagegen beschreibt sein großräumig modularisiertes Studium als Entmündigung. Für Erlösung hat man sich genau im vierten Semester zu interessieren, für die Reformation erst im Master. Hier wird aneinander vorbeigesprochen. Der eine spricht von sachlichen Erfordernissen; der andere von Selbstaktivität, von Freiheit, aus der Sicht von Gesellschaft und Institution also von einem Kontrollverlust. Hengartner spricht von institutionellen Sachzwängen, Gardy von Macht.

      Fragen gibt es also genug! Nun bilde sich der geneigte Leser, die geneigte Leserin selbst – eine eigene Meinung!

      Dank

      Vielen, sehr vielen ist der Herausgeber in Dankbarkeit und Freundschaft verbunden. Allen voran Marielle Hofer, damals im Master Psychologie, die sich mit Feuereifer und unermüdlicher Arbeitsfreude für die Tagung begeisterte. In den zwei Jahren der Vorbereitung war ihr keine Arbeit zu viel, kein Aufwand zu hoch. Ohne Marielle wäre die Tagung nicht zustande gekommen. Niklaus Brantschen SJ, Leiter des Lassalle-Instituts, förderte das Projekt klug und zugewandt, auch mit kritischen Fragen und Einfordern der nächsten Schritte. Prof. Andreas Hack, Direktor des Instituts für Organisation und Personal IOP der Universität Bern, gab dem Vorhaben einen akademischen Ort und finanzierte die Projektassistenz. Auch die Trägerschaft des aki, der Katholischen Hochschulseelsorge in Bern, gab grünes Licht. So konnten wir das ehrgeizige Projekt namens einer Kirche durchführen, der die Lebensbedingungen ihres Milieus nicht gleichgültig sind. Im Zusammenwirken der drei Träger, ihres Knowhows und ihrer Netzwerke wurde Schritt für Schritt ein weit ausgreifender Dialog möglich. Erwin Koller, Begründer und langjähriger Moderator der Sternstunden des Schweizer Fernsehens, gab ihm auf der Tagung mit Engagement, Empathie und Witz eine ansprechende Gestalt.

      Zuverlässig, stets ansprechbereit und wach mitdenkend verwaltete Katharina Schürpf vom Lassalle-Institut die Anmeldungen und Finanzen. Eleanora Erne, Cello, und Benjamin Kieser, Klavier, haben uns wunderbar inspirierte Zwischenräume geschenkt. Die Mitarbeitenden des ZFV Caterings und Urs Rothmayr haben uns mit Berner Spezialitäten freundlich bewirtet. Die Fotos von Basil Schweri und Lea Schlunegger verleihen den Atmosphären der Tagung sensibel Ausdruck. Eberhard von Kuenheim, Sandro Christensen, Mara Häusler, Adriana Hofer und Selina Abächerli haben Foti zur Verfügung gestellt. Franzisca Frania besorgte die Transkription der drei Interviews. Die Geschwister-Mäder-Stiftung, Zürich, hat die Tagung mit einem namhaften Beitrag erst möglich gemacht. Gabriele und Andreas Beuchert im badischen Mosbach haben mit einer großzügigen Spende zur Drucklegung dieses Bandes beigetragen.

      Zahlreiche Studierende ganz verschiedener Fächer haben sich für unsere Tagung engagiert: neben unseren studentischen Autorinnen und Autoren haben André Lourenço (Philosophie), Anja Hufschmid (BWL), Alina Guggenbühl (PH Primarstufe), Bernhard Cerff (Medizin), Florian Möri (Jus), Janine Trachsel (BWL), Marcel Zwyssig (Psychologie), Max Portmann (BWL), Michelle Wyler (Religionswissenschaft), Myrtha Mathis (Biologie), Robin Sheppard (BWL), Samira Frei (Geschichte) und Sebastian Casas (VWL) je an ihrem Ort das Gelingen der Tagung ermöglicht.

      Weitere nahmen teil, dachten und diskutierten mit. Die wache, tätige Beteiligung der etwa 50 Studierenden fiel auf. Während an der Universität viele Dozierende über wenig aktive Mitarbeit klagen, meldeten sich die jungen Leute, sobald sich die Möglichkeit dazu bot, eifrig und konzentriert zu Wort. Es macht lebendig, sich mit den Zielen des eigenen Bildungsweges, des eigenen Werdens auseinanderzusetzen. Vitale Fragen setzen in der Auseinandersetzung Kräfte des Engagements und der Kreativität frei, von deren Existenz der Lernende oft gar nicht wusste. Wer leidenschaftlich fragt, in existenziell betreffenden Fragen, stößt auf neue Kraftquellen. Allen, die solches Fließen zugelassen und so unser Fragen, Hören und Sprechen mitgetragen haben, gilt mein herzlicher Dank!

Thomas Sattelberger * 1949, gehört zu den führenden Personalmanagern Deutschlands. Er begann seine Karriere bei Daimler Benz. 1994 wechselte er zur Lufthansa. Dort gründete er mit der Lufthansa School of Business die erste Corporate University in Deutschland; 1999 wurde er Vorstand Passagiergeschäft. 2003 wurde er Personalvorstand beim Automobilzulieferer Continental, 2007–2012 nahm er dieselbe Position bei der Deutschen Telekom ein. Dort führte er u. a. eine Frauenquote von 30 Prozent im gesamten Führungsteam ein. Sattelberger ist vielfältig engagiert, u. a. als Vorstandsvorsitzender der BDA-/BDI-Initiative MINT Zukunft schaffen. Er kandidiert für die FDP für den Deutschen Bundestag.

      Bildung neu denken – Kreation und Transformation statt Ökonomisierung und Anpassung

      > Interview: Thomas Philipp, Marielle Hofer

      Thomas Sattelberger, seit 40 Jahren sind Sie im Personal- und Bildungswesen tätig und gestalten es in führenden Positionen mit. Wo stehen wir heute?

      In einer ganzen Reihe von Paradigmenwechseln! Was das Thema Demokratie betrifft. Das Thema Migration. Und den Übergang von der Industrie- in die Wissens- und Kreationsgesellschaft. In der Wirtschaft wissen heute viele, dass Kreation angesagt ist, wir aber noch in Strukturen leben, die Effizienz optimieren. In den einzelnen Zellen des Gefängnisses ist das Wissen da, aber das System wird noch nicht geöffnet. Eine schwierige Lage, weil man jetzt beide Systeme nebeneinander fahren müsste! Man kann nicht abrupt umschalten, sondern muss – was man Kannibalisierung nennt – aus den alten Systemen noch die Renditen erwirtschaften, um in unbekanntem, neuem Terrain zu investieren. Ohne zu wissen, ob das erfolgreich sein wird.

      Entsprechend sieht es im Bildungssystem aus. Es war überfällig, es mit Effizienzkriterien zu konfrontieren. Wie lang braucht man für eine Ausbildung? Wie lang darf man studieren? Kann man die Schule verkürzen? Kann man Inhalte effizienter aneinanderketten? Kann man Prüfungsleistungen vergleichen und optimieren? Die Industrie hat diese Fragen schon in den 90er-Jahren gestellt, während sich die Bildungspolitik damals in Deutschland und auch in der Schweiz ganz aus internationalen Bewertungen zurückzog, ohne zu merken, dass sie nur noch Überzeugungstäterdebatten führte. PISA schallte als Weck- und Alarmruf der Effizienz durch Europa; die Skandinavier und einige Asiaten hatten mit Sieben-Meilen-Stiefeln ein effizientes Bildungssystem aufgebaut. Wir nicht!

      Von der Effizienz zur Kreation

      Wie so oft wurde daraus ein Übermaß; das Pendel schwang viel zu weit aus. Denn am Horizont deutete sich schon an, dass sich das Zeitalter der industriellen Massenproduktion und der industrialisierten Bildung dem Ende entgegenneigt. Ich sage das nicht, um anzuklagen, sondern einfach historisch: So ist es gelaufen. So wie die Wirtschaft Räume braucht, wo sie noch ihre Margen erwirtschaftet, um in unbekannten Terrains zu innovieren, muss die Hochschule in den Räumen der Effizienz Wissen reproduzieren, aber deutlich weniger als bisher, und schnell viel mehr Räume für Kreation öffnen.

      Ich habe mit Interesse gesehen, dass die deutsche Kultusministerkonferenz (2016) eine Reform der Reform ankündigt: Im ersten Jahr sollen nicht alle Noten für den Bachelorabschluss zählen, der Druck auf die Studiendauer wird etwas zurückgenommen, die Prüfungsordnung leicht enttaktet. Es ist nur eine Absichtserklärung, und wahrscheinlich wird es sehr lang dauern. Ein erstes zartes Pflänzchen.

      Ob die Kultusminister die Zeichen der Zeit erkannt haben? Wir brauchen keine apolitischen Absolventen, die nur auf Job und Sicherheit schauen, ohne den Kontext, in dem sie arbeiten, reflektieren zu können. Wir haben eine Generation von Anpassern produziert. Der Studierendensurvey (2012/13) des deutschen Bildungsministeriums zeigt, dass sich nur noch eine Minderheit