werden (vgl. Muckenfuß, 1995). Eine Ausstellung, in der Originalmanuskripte und Briefe einer Schriftstellerin präsentiert werden, besitzt meist per se keine übergeordnete Problem- oder Fragestellung. Die Lehrkraft müsste also zur Auseinandersetzung mit den Ausstellungsstücken motivieren, z. B.: «Welche Fragestellungen zum Schreibprozess kann man aus den hier ausgestellten Dokumenten ableiten?»
Die äußere Kontextualität der außerschulischen Lernorte kann durch die Lehrpersonen nicht grundsätzlich verändert werden, sie kann lediglich durch die Inszenierung von räumlichen und zeitlichen Bezügen verstärkt werden. Somit ergibt sich aus der identifizierten Kontextualität des außerschulischen Lernorts ein unterschiedlicher Handlungsbedarf für Lehrpersonen, der sich im didaktischen Konzept niederschlägt.
Dimension: Didaktisierung
Lernangebote an außerschulischen Lernorten lassen sich nach der didaktisch-methodischen Aufbereitung der Inhalte (Didaktisierung) unterscheiden. Das Kriterium der Didaktisierung steht für die Bereitstellung von Lehr-Lern-Materialien, über die die Auseinandersetzung am außerschulischen Lernort initiiert (z. B. Formulierung konkreter Aufgaben/Problemstellungen für die Lernenden) oder unterstützt (z. B. Materialien, die Prozesse der Problemlösung strukturieren und ggf. anleiten) wird. Die Relevanz der Didaktisierung wird auch über die Kontextualität determiniert, denn Didaktisierung kann fehlende Kontextualität in Grenzen kompensieren.
Im Hinblick auf die Didaktisierung unterscheidet sich ein natürlicher Lernort, wie zum Beispiel der Stadtpark, stark von einem durch Pädagoginnen und Pädagogen entwickelten Kursangebot in einem Museum oder Schülerlabor. Die Didaktisierung kann jedoch nicht als eine binäre Eigenschaft wahrgenommen werden, die entweder vorhanden ist oder nicht, sondern als eine graduelle Skala verschiedener Abstufungen.
Der Grad der Didaktisierung eines Angebots am außerschulischen Lernort entfaltet sich in den Merkmalen Bildungskonzeption, Angebotsstruktur, bereitgestellte Materialien, Personalsituation und Qualitätssicherung. Zur Beschreibung der Didaktisierung eines außerschulischen Lernorts können die Qualitätskriterien des Didacta-Verbands genutzt werden. Zu fragen ist, ob beziehungsweise inwiefern der Lernort:
•ein Bildungskonzept mit didaktischer und methodischer Umsetzung verfolgt (Merkmal Bildungskonzeption),
•Lernarrangements gestaltet (Merkmal Angebotsstruktur),
•Möglichkeiten zur Vor- und Nachbereitung anbietet (Merkmal Materialien),
•umfassende Beratung/Betreuung leistet (Merkmal Personalsituation),
•geschultes Personal beschäftigt,
•die Qualität seines Personals durch kontinuierliche Schulungen oder vergleichbare Maßnahmen verbindlich fördert (Merkmal Qualitätssicherung),
•wissenschaftlich vernetzt ist,
•sich zur Evaluation verpflichtet.
Diese Merkmale können unterschiedlich ausgeprägt sein. Entsprechend variiert der Planungsaufwand der Lehrkraft, da mitunter ein geeignetes Lernarrangement selbst zu gestalten ist.
Während hier die Didaktisierung isoliert betrachtet wird, soll das vorgeschlagene Modell zur Charakterisierung von außerschulischen Lernorten die beiden Dimensionen – Kontextualisierung und Didaktisierung – zusammenführen, um die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen für die unterrichtliche Nutzung ableiten und Handlungsbedarfe für (angehende) Lehrkräfte operationalisieren zu können. Durch die entsprechende Charakterisierung eines in Betracht kommenden Lernorts anhand dieser beiden Dimensionen lassen sich Strategien für gelungene Lernortbesuche generieren, und der notwendige Aufwand zu deren Einbettung kann differenzierter erfasst werden.
Im Gegensatz zu bekannten Modellen, die Lernorte häufig nur über dichotome Merkmale charakterisieren (siehe Tab. 2.1), werden durch die gestufte Erfassung von Kontextualität und Didaktisierung Lernortspezifika stärker differenzierbar. Das Modell erhebt nicht den Anspruch, alle relevanten Faktoren zu erfassen, sondern konzentriert sich bewusst auf zwei für die unterrichtliche Planung besonders zentrale Faktoren.
Das Modell wird im Folgenden zunächst beispielhaft zur Charakterisierung des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz (smac) genutzt, bevor im Anschluss vier Typen und die mit ihnen verbundenen Herausforderungen für Lehrende vorgestellt werden.6
Charakterisierungsbeispiel: smac
Das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz (smac) präsentiert im Rahmen seiner Dauerausstellung unter dem Titel «In die Tiefe der Zeit» auf drei Etagen etwa 280 000 Jahre sächsische Regionalgeschichte – von der Ur- und Frühgeschichte bis zur Zeit der frühen Industrialisierung. Daneben bietet es auf jeder Ebene in sogenannten Erkerausstellungen Einblicke in die Geschichte des Gebäudes und temporäre Sonderausstellungen zu wechselnden Themen (vgl. Wolfram, 2014). Seitdem das Museum im Mai 2014 seine Türen geöffnet hat, stellen Schülerinnen und Schüler beziehungsweise Kinder und Jugendliche mit circa 35 Prozent der Besucherzahlen eine wesentliche Besuchergruppe dar (vgl. smac 2015, 2). Dafür stellt das smac verschiedene museumspädagogische Angebote bereit, beispielsweise Führungen für Schulklassen, Suchblätter zur selbstständigen Erkundung der Dauerausstellung oder Aktionsprogramme zum Thema «Leben in der Steinzeit».
Abbildung 2.5:
Panorama der pleistozänen Umwelt sowie Vitrinen auf der ersten Etage der Dauerausstellung im smac (Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz, Foto: Michael Jungblut)
Kontextualität: Da die Ausstellungsobjekte in einem Archäologiemuseum präsentiert werden, befinden sie sich nicht mehr im originären (räumlichen) Kontext – dem Fund- beziehungsweise Ausgrabungsort. Die archäologischen Objekte wurden aus ihrem originalen Primärzusammenhang (Entstehung/Verwendung, Fund) entnommen und in einen musealen Sekundärzusammenhang gebracht (Ausstellung/Arrangement). Die szenografische Gestaltung der Ausstellungsinhalte, zum Beispiel in Form eines Panoramas zur pleistozänen Umwelt und einem Arrangement von Replikaten zur Flora und Fauna sowie Werkzeugen aus dem Paläolithikum (siehe Abb. 2.5), lässt sich folglich als inszenierte (äußere) Kontextualisierung auffassen. Da zudem viele Exponate Replikate sind, ist eine originale Begegnung mit archäologischen Lerngegenständen nur bedingt möglich.
Aufbauend auf den Konzeptionen der szenografischen Gestaltung (inszenierter Kontext), ergeben sich Anknüpfungspunkte für fächerübergreifende Problemstellungen, wodurch die innere Kontextualität erhöht werden kann, zum Beispiel: «Welche Entwicklungsschritte führten von der Natur- zur Kulturlandschaft?»
Didaktisierung: Die Charakterisierung der Didaktisierung folgt den oben genannten Merkmalen: Angebotsstruktur, Bildungskonzeption, Materialien, Personalsituation, Qualitätsmanagement.
Zur Unterstützung unterrichtlicher Nutzungsvarianten des smac werden verschiedene museumspädagogische Angebote bereitgestellt. Dabei handelt es sich zumeist um geführte Programme, die bestimmte Perspektiven auf unterschiedliche Ausstellungsteile vorstellen. Ebenso gibt es Phasen des gemeinsamen Austauschens und selbsttätiger Arbeit unter Nutzung von Repliken.
Die Bildungskonzeption des smac spiegelt dessen grundlegende Ausrichtung als (musealer) Lernort wider. Als Museum für alle bietet es Besucherinnen und Besuchern unterschiedliche Möglichkeiten an, das smac kennenzulernen und seine Exponate zu erschließen. Dabei sind die Bildungsangebote nach Schularten (Grundschule, Oberschule und Gymnasium sowie Berufs[fach]schulen) differenziert und auf die Lehrpläne des Freistaats Sachsen abgestimmt.
Bei einigen Programmen bietet das smac bereits entsprechende Materialien zur unterrichtlichen Vor- und Nachbereitung von Museumsbesuchen mit Lerngruppen als Handreichung an.
Der Bereich «Bildung und Besucherservice» des smac konzipiert und realisiert die musealen Vermittlungsangebote gemeinsam mit dem museumspädagogischen Fachpersonal. Die Angebote werden dann von Ausstellungsmoderatorinnen