Magda Trott

Pucki


Скачать книгу

Mutti!« jubelte die Kleine, »der Vati weiß es wirklich nicht.«

      Später erfuhr Frau Sandler von dem Unglück, dass Pucki den Aschenbecher völlig zerbrochen hatte, in ihrem Eifer, das Geschenk zu verbergen. Sie ließ es daher ruhig geschehen, dass der Vati seinem Töchterchen bei der Arbeit half.

      Es war für Sandler gar nicht einfach, die zierlichen Stäbchen in die vorgebohrten Löcher zu stecken, und Pucki lachte hell auf, wenn dem Vati ein Stäbchen wieder heraussprang.

      »Meinste nicht, Vati, dass das sehr schwer ist und dass wir uns große Mühe geben müssen?«

      »Ja, ich würde mir so viel Arbeit für meine Puppenkinder nicht machen!«

      »Vati, es ist doch gar nicht für die Puppenstube.«

      »So, wer bekommt es denn dann? Wohl ein Weihnachtsgeschenk?«

      »Ich sag' dir nichts! Ich sag' dir nichts!«

      »Ich denke, nun kannst du den Rest allein fertigmachen.«

      »Ach, Vati, noch ein ganz kleines bisschen kannst du mir helfen.«

      Schließlich wurde der Aschenbecher gemeinsam fertiggestellt.

      »Nimm ihn aber gut in acht«, mahnte der Vater, »setze dich nicht wieder darauf, es ist kein Stuhl, sondern ein Aschenbecher.«

      »Oh, woher weißt du das?«

      »Ach so – na, vielleicht ist es auch etwas anderes.«

      »Findest du ihn sehr schön?«

      »Herrlich, Pucki.«

      »Na, dann ist es gut, dann wirst du dich ja freuen!« – –

      So kam das Weihnachtsfest immer näher heran. Endlich schrieb man den vierundzwanzigsten Dezember. Pucki steckte mit ihrer Unruhe die kleine Schwester an. Die beiden Kinder konnten sich vor Ungeduld kaum noch lassen. Da war es ein Glück, dass an diesem Tage ganz plötzlich Claus Gregor im Forsthause erschien. Pucki begrüßte ihn mit hellem Jubel.

      »Weißt du auch, dass heute Weihnachten ist? – Großer Claus, ich habe immerfort den Daumen gedrückt und an dich gedacht. – Ich schenke dir auch was, komm mal mit, großer Claus!«

      Im Garten stand ein Schneemann; er war etwas unförmlich und auch nicht gerade schön zu nennen, aber Pucki hatte ihn ganz allein gebaut.

      »Den habe ich für dich zu Weihnachten gebaut und dabei an dich gedacht, damit du zu Ostern dein Ding machen kannst und froh bist.«

      »Wie lieb von dir, Pucki! Ich habe dir auch etwas zum Weihnachtsfest mitgebracht. Das liegt heute abend unter dem Weihnachtsbaum.«

      »Ach, bis dahin ist es noch so furchtbar lange! Ich weiß gar nicht, was ich anfangen soll; ich halt's nicht mehr aus.« –

      »Aber mein Geschenk bekommst du doch erst heute abend. Ich komme aber mit einem anderen Vorschlage. Wollen wir zusammen zur Schmanzbäuerin gehen? Wir wollen sogleich die Eltern fragen.«

      »Kommen wir aber wieder zurück, wenn es klingelt und der Weihnachtsbaum brennt und die vielen Geschenke da sind?«

      »Selbstverständlich, wir sind bis Mittag wieder zurück.«

      »Ach ja, dann gehen wir schnell zur Schmanzgroßmutter. Ich kann ihr auch die Weihnachtsgeschichte vorlesen. Die Minna hat sie mir oft vorgelesen, nun kann ich sie auch lesen. Komm schnell, wir wollen die alte Großmutter besuchen.«

      Frau Sandler war von Herzen froh, dass sie für die beiden nächsten Stunden ihre unruhige Tochter los war. Pucki stand überall im Wege, und es gab heute noch viel zu tun.

      So wanderten die beiden zur Schmanz und brachten die Weihnachtswünsche aus Oberförsterei und Forsthaus. Pucki setzte sich zu Füßen der Großmutter auf ein Bänkchen und sagte strahlend:

      »Heute schenke ich dir, dass ich gut lesen kann.«

      Sie holte die Heilige Schrift, klappte sie irgendwo auf und begann dann die Weihnachtsgeschichte auswendig aufzusagen.

      »Kann ich nicht fein lesen, Großmutter? Freut es dich?«

      Wieder lauschte die Alte andächtig den Worten des kleinen Mädchens, bis Pucki plötzlich aufsprang und sagte:

      »Nu müssen wir aber ganz schnell nach Hause laufen. Wenn Weihnachten vorüber ist, lese ich dir wieder was vor, Großmutter, aber jetzt habe ich keine Zeit mehr.«

      »Warte mal, Kind«, rief der Schmanzbauer, als Pucki sich anschickte heimzugehen, »wir haben noch was für dich, zu Weihnachten.«

      Schon brachte die Bäuerin ein großes Pfefferkuchenherz.

      »Kannst du lesen, was darauf steht?«

      »Oh – oh –« jubelte das Kind, »da steht Pucki drauf, und das bin ich!«

      Sie drückte das Herz begeistert an sich, doch dann drängte sie den großen Claus zum Gehen. »Sonst komme ich nicht nach Hause, wenn es klingelt.«

      »Es klingelt erst heute abend, Pucki, wenn der Weihnachtsbaum brennt!«

      »Ach, komm nur, vielleicht klingelt es doch ein bisschen früher.«

      Es waren für Pucki noch schlimme Stunden, ehe es wirklich zur Bescherung kam. Dann aber stand sie mit verklärtem Gesicht vor dem Lichterbaum, vor dem reichen Gabentisch und bestaunte die Geschenke. Da fand man mancherlei Schönes: Eine neue Puppe, Äpfel, Nüsse, Pfefferkuchen, und einer der Kästen barg ein Buchstabenspiel vom großen Claus. Aus bunten Buchstaben ließen sich Wörter zusammensetzen. Das erste was Pucki zusammenstellte, war der Name des großen Freundes: Claus.

      Das Freuen wollte kein Ende finden. Pucki tanzte im Zimmer umher, umarmte den Vater, die Mutter und rief immer wieder:

      »Ach, es müsste immer Weihnachten sein.«

      Schließlich wurde sie aufgefordert, den Eltern ihre Geschenke zu bringen. Mit strahlendem Gesicht überreichte sie dem Vater den Aschenbecher.

      »Na, da bist du wohl erstaunt, Vati? Das hast du dir nicht gedacht. Oh, das ist ulkig! Du hast gedacht, es ist für meine Puppenstube – hahaha, und nun ist es doch für dich!«

      »Das ist freilich eine große Überraschung.«

      »Hier, Mutti, das habe ich für dich gestrickt, es war sehr schwer. Aber du sollst dich auch freuen.«

      Die Eltern freuten sich über das Glück ihrer Kinder. Als Pucki sich ein wenig beruhigt hatte, bestaunte sie auch die Geschenke von Vati und Mutti.

      »Sieh her, Pucki, diesen Streichholzbehälter hat Rose für uns geklebt. Sie denkt mit viel Liebe und Anhänglichkeit an uns alle, und für dich ist hier ein Brief mit bunten Bildchen. Ich nehme an, dass Rose heute eben so froh ist wie du, da sie unsere Pakete erhalten hat.«

      »Ach Mutti, ach Vati, Weihnachten ist das allerschönste Fest. Könnte man nicht immerzu Weihnachten feiern?«

      Auch Waltraut war dieser Meinung. Sie wünschte, dass morgen noch einmal Weihnachten sei, weil sie noch am Tage der Bescherung der neuen Puppe den Kopf zerbrochen hatte. Trotzdem wurde die Weihnachtsfreude dadurch nicht beeinträchtigt. Und als die Eltern endlich die Kinder in die Betten bringen wollten, baten beide, man möge sie heute doch ein wenig länger aufbleiben lassen.

      Trotzdem wurden die Kinder bald müde. Pucki wollte alle Spielsachen mit ins Bett nehmen, und Waltraut wählte den Teddybären aus, weil er haltbarer sei als die Puppe.

      »So, Mutti«, meinte Pucki, als sie im Bett lag, »nun habe ich noch sehr viel zu tun. Ich muss dem lieben Gott danken, dass er mich so beglückt hat und muss ihn bitten, dass ihr mir noch recht viele Jahre viel schenken könnt, dann muss ich den Daumen tüchtig drücken für den großen Claus und von vielen schönen Sachen träumen. Wenn's doch erst wieder morgen wäre, damit ich weiter spielen kann.«

      Während Waltraut