Magda Trott

Pucki


Скачать книгу

Weihnachtsbaum auch mit einem weißen Pferdchen?«

      »Nein, der Weihnachtsmann bringt den Baum auf dem Rücken.«

      »Wirft er ihn dann wieder auf das Dach vom Holzstall wie damals, als es Weihnachten war?«

      »Das wird er wohl tun.«

      »Au, Mutti, wenn aber der Onkel Oberförster den Weihnachtsmann trifft? Na, dann schimpft er aber, wenn der Weihnachtsmann gerade den Weihnachtsbaum umhackt. Den Vater von Grete hat er auch ausgeschimpft, als er sich einen Baum holte.«

      »Der Weihnachtsmann darf so viele Bäume holen, wie er braucht. Doch der Vater deiner Schulfreundin Grete hätte erst um Erlaubnis fragen müssen.«

      An jedem Abend, ehe die Kleine zu Bett ging, stand sie ein Weilchen am Fenster und wartete, ob sie vielleicht den Weihnachtsmann zu sehen bekäme.

      »Ein komischer Mann, Mutti, er braucht doch nicht in der Nacht herumzulaufen, er kann doch kommen, wenn es hell ist.«

      An einem Morgen lag der Weihnachtsbaum wirklich wieder auf dem Dach des Holzstalles. Pucki schrie vor Freude laut auf.

      »Oh, nu wird es endlich Weihnachten! Ich kann's auch gar nicht mehr aushalten.«

      Eine große Freude hatte Pucki stets, wenn die Mutter nach Rahnsburg ging, um einzukaufen. Oftmals durfte Pucki sie begleiten. Man kaufte vielerlei ein: Für Rose und deren Geschwister, für Minna, für den Vati, für die Waschfrau. Pucki sah sich interessiert die Auslagen an. Während die Mutter mit dem Geschäftsinhaber sprach, stand Pucki vor einem Wandbrett, auf dem der schöne Spruch eingebrannt war:

      »Beglücke du, so wirst du glücklich sein.«

      Pucki buchstabierte mühsam daran herum, denn die Buchstaben waren mitunter mit kleinen Schwänzchen versehen. So dauerte es eine ganze Zeit, ehe sie den Spruch ernsthaft vor sich hinsagte:

      »Be – glücke du, so wirst du glücklich sein.«

      Als sie mit der Mutter den Laden verließ, zeigte sie auf den Spruch und fragte: »Mutti, was ist das für ein schöner Spruch?«

      »Der Spruch mahnt jeden daran, er möge andere Menschen froh und glücklich machen, denn nur dann kann man selber froh und glücklich sein.«

      »Wie heißt er?«

      Die Försterin wiederholte den Spruch, und Pucki sprach ihn mehrmals nachdenklich vor sich hin.

      »Mutti, wird man glücklich, wenn man den anderen beglückt?«

      »Ja, mein Kind; du freust dich ja auch, dass wir Rose ein schönes Weihnachtspaket schicken. Schenken zu dürfen macht Freude. Wir beglücken durch dieses Paket deine Freundin und sind selbst glücklich darüber, dass wir dazu imstande sind. Hast du nun begriffen, was der Spruch bedeutet?«

      »Ja, Mutti.«

      Bei den Besorgungen in der Stadt trafen sie Frau Niepel, die ebenfalls Einkäufe machte.

      »Sie werden am Weihnachtsabend wieder viel Trubel im Hause haben, liebe Frau Niepel, Ihre drei Buben werden dafür sorgen.«

      »Mein Ältester macht mir viel Kummer; er lernt auch nicht gut, ich bin darüber recht unglücklich.«

      Man ging weiter zum Kaufmann.

      Puckis Augen wunderten durch den großen Raum. Die vielen Kästen und Gläser erregten stets ihr Interesse. Dort drüben stand ein hohes Glas mit Schokolade. Schon manches Mal hatte ihr der freundliche Kaufmann ein Stückchen Schokolade daraus geschenkt. So ging sie zu dem Glase und sah es verlangend an.

      »Du möchtest wohl ein Stück«, sagte der Kaufmann, »hier hast du eines.«

      »Danke.«

      Mit großem Appetit verzehrte Pucki das Stückchen Schokolade. Sie fand, dass der Spruch auf dem Holzbrett etwas sehr Schönes sei.

      »Mutti«, sagte sie auf dem Heimwege, »wie glücklich wird der Weihnachtsmann sein, wenn er mich zu Weihnachtenbeglücken kann. Ich meine, der Weihnachtsmann sollte mir recht viel schenken.«

      Der eingelernte Spruch ließ Pucki keine Ruhe mehr.

      Das Packen der Pakete an Bekannte und Verwandte kurz vor Weihnachten war für sie ein Fest. Alles das, was die Mutter zusammentrug, erschien ihr nicht genug.

      »Könnten wir nicht noch ein bisschen mehr einpacken?«

      Sie brachte bald dieses, bald jenes heran, mitunter musste Frau Sandler entsetzt abwehren. Die Tochter hätte am liebsten die ganze Speisekammer ausgeräumt. Jedes Mal, wenn wieder ein Paket fertiggestellt war, umhalste sie die Mutter stürmisch und jauchzte:

      »Gelt, nun sind wir beide glücklich!«

      An Rose Scheele gingen sogar zwei Pakete ab. Pucki hatte mancherlei von ihrem Spielzeug geopfert, und auch von dem Schmanzbauer war eine Wurst und ein großes Stück Butter gespendet worden.

      »Wäre der große Claus schon hier, er schickte ihr ganz gewiss auch was Schönes. Wie wird sie sich freuen!«

      Für Frau Scheele wurde auch noch ein Geldgeschenk beigelegt mit der Bitte, ihren Kindern einen Weihnachtsbaum zu kaufen, damit auch dort rechte Weihnachtsstimmung herrsche.

      »Du sitzest immer neben mir, Pucki, und scheinst ganz zu vergessen, dass der Aschenbecher für Vati noch nicht fertig ist. Willst du ihm etwas Unfertiges auf den Weihnachtstisch legen?«

      »Mutti, wo denkst du hin! Ich hab' nur noch ein paar kleine Stäbchen durchzuziehen.«

      »So geh und mache alles fertig.«

      Pucki saß im Zimmer und quälte sich mit der Handarbeit. Sie überhörte es, dass der Vater heimkam, sie sah auch nicht auf, als er die Tür öffnete, da sie glaubte es wäre die Mutti.

      »So fleißig, Pucki?«

      Das Kind stieß einen entsetzten Ruf aus, nahm den Aschenbecher, hielt ihn auf den Rücken, sah vor sich die Stäbchen und griff nach ihnen, nachdem sie den Aschenbecher auf den Stuhl gelegt hatte.

      »So, Vati, du hast doch nichts gesehen?«

      Mit vergnügtem Lachen ließ Pucki sich wieder auf dem Stuhl nieder, auf dem ihre Arbeit lag. Aber sofort sprang sie auf, denn sie hatte ein leises Knacken gehört.

      »Vati – nu ist alles kaputt! – Oh – –« Puckis Stimme zitterte bedenklich. »Da wollte ich dich beglücken – – sieh mal, wie er jetzt aussieht, und er war doch so schön!«

      Der Aschenbecher war vollkommen zerdrückt, der größte Teil der Stäbchen zerbrochen.

      »Nun ist bald Weihnachten, und alles ist kaputt – ach, Vati, ich bin so traurig!«

      »Das ist freilich schlimm, Pucki. Warum bist du immer so stürmisch.«

      »Du solltest es doch nicht sehen und solltest nichts wissen. Ach, Vati, es ist sehr schlimm!«

      »Wollen mal sehen, ob wir den Aschenbecher nicht wieder heil bekommen.«

      »Hilfst du mir?«

      »Ein bisschen.«

      »Ach, Vati, du bist aber gut!«

      »Na, dann gib mal her. Wir wollen gleich mal sehen, was wir machen können.«

      Einige Minuten später, als Vater und Tochter emsig bei der Arbeit waren, kam Frau Sandler ins Zimmer.

      »Nanu, was wird denn hier gemacht?«

      Pucki sprang auf und hing der Mutter am Halse.

      »Ich helfe ihr ein wenig«, sagte der Vater.

      »Mutti, der Vati weiß nicht, was wir machen. Er denkt, das ist was anderes. Wir sagen ihm nicht, was das wird. – Nicht wahr, Vati, du weißt nicht, was das ist.«

      »Gewiss etwas für deine Puppenstube.«