von mir.«
Er lachte auf. »Wie könnte ich diese charmante Einladung ablehnen?«
»Wirst du dich jemals ändern?«, fragte sie leise.
»Worauf spielst du an?«
»Wie du dich ausdrückst! Immer so vornehm. Du hattest immer schon diesen Hang zu Theatralik.« Sie machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. »Ich kann mich noch gut erinnern, wie oft ich dich vor den Nachbarkindern wegen deiner Vorliebe für klassische Musik verteidigen musste. Obwohl du nicht größer als ein Küchentisch warst, hast du mit deinem Faible für Klassik und Jazz alle anderen Kinder verunsichert. Ein Glück, dass du Kontrabass in dieser Band spielen konntest, in der du Gleichgesinnte gefunden hast.«
»Ein Glück, ja.« Er erstickte beinahe an den Worten.
Alondra seufzte leise. »Wie talentiert zu warst! Ich habe dir furchtbar gerne zugehört. Schade, dass du die Musik ganz aufgegeben hast. Nicht, dass ich der Meinung wäre, du würdest nicht auch als Schauspieler hervorragende Leistung bringen. Trotzdem hattest du hinter deinem Kontrabass immer einen verzückten Ausdruck in den Augen, den ich seitdem nicht mehr bei dir gesehen habe.«
Weil sein Musikinstrument für ihn die Unschuld verloren hatte. Seit zehn Jahren konnte er Musik nicht mehr auf die gleiche Art genießen wie zuvor. »Die Schauspielerei ist mein Leben. Ich kann mit Filmen viel mehr Menschen erreichen, als es mir als Musiker möglich wäre.«
»Solange du glücklich bist! Egal, was du mit deinem Leben noch anfangen willst, gleichgültig, welche Träume du noch verwirklichen möchtest, ich bin immer an deiner Seite.«
Er nickte und fühlte sich seltsam beklommen. Tatsächlich hatte sie ihn bei jedem Teil seines Lebens ermutigt. Hoffentlich gab er ihr das gleiche Gefühl von Sicherheit. Sie wusste nicht, wie weit er gehen würde, um sie zu beschützen. Sie ahnte nicht, was er alles bereits getan hatte. Sollte sie es jemals erfahren, würde sich ihr Blick auf ihn für immer ändern. Dann würde sie ihm das nicht so leicht verzeihen, obwohl er nur ihr zuliebe so gehandelt hatte, wie es notwendig gewesen war.
Endlich war der Kaffee durchgelaufen. Seine Schwester füllte zwei Tassen und stellte Milch und Zucker vor ihn, was er aber beides ablehnte.
Alondra kam zu ihm und drückte ihn auf einen Hocker vor dem Tresen, bevor sie neben ihm Platz nahm. »Erzählst du mir von deinen heißen Eisen? Kannst du mir etwas zu deinem möglichen neuen Projekt verraten?«
»Mein Agent hat heute Morgen angerufen. Einer der Filme, bei denen ich vorgesprochen habe, wurde genehmigt. Der Produzent will mich noch einmal sehen, bevor wir mit dem Dreh beginnen. Aber ich habe eine feste Zusage.«
»Du wirkst nicht glücklich«, stellte sie fest. »Freust du dich denn nicht auf dieses Projekt?«
»Es wird hohe Wellen schlagen, wenn der Regisseur seinen Willen durchsetzt. Soviel ist sicher. Der Filmdreh wird bestimmt amüsant. Doch es gibt nicht nur gute Neuigkeiten. Für die Rolle in einem anderen Film wurde ich leider nicht angenommen.«
»Es tut mir leid, dass du dich enttäuscht fühlst. Vielleicht ändern die zuständigen Leute ja noch ihre Meinung.« Sie legte ihm eine Hand auf den Unterarm. Ihre Wärme drang durch den Stoff seines Hemdes.
Benommen starrte er auf ihre Hand, versuchte, seine Gefühle zu sortieren. Er war so auf seine Sorge um sie konzentriert gewesen, dass er sich noch keine Zeit genommen hatte, die Information zu verdauen. »Das denke ich nicht. Ich hätte die andere Rolle gerne übernommen. Sie ist nicht sonderlich groß. Ein Serienmörder hätte mich bloß zu einem seiner Opfer gemacht. Vermutlich wäre man unter all dem Blut nicht in der Lage gewesen, mein Gesicht deutlich zu erkennen. Trotzdem habe ich gehofft, dass die Rolle mir die Tür zu großen Produktionen öffnen könnte.«
Er stockte. Damit sollte er seine Schwester nicht belasten. Es galt, Alondra von den Schwierigkeiten seines Lebens fernzuhalten. Er durfte sich ohnehin nicht beschweren. Bei Independent Produktionen war er gefragt. Es gab für ihn genug zu tun. Er verdiente gutes Geld und hatte einige Fans. Regelmäßig konnte er sich auf der Leinwand betrachten. Auch wenn er bislang noch keine Nominierung für einen Preis erhalten hatte, würde das irgendwann der nächste Schritt sein. Alles, was er brauchte, war Geduld.
Geduld, zu der er fähig war, wie er früher schon bewiesen hatte. Geduld, zu der er sich zwingen würde, auch wenn es ihm schwerfiel.
Um seine Schwester zu beruhigen, hob er seine Mundwinkel zu einem Lächeln. »Das andere Projekt wird viel spannender werden. Ich darf eine Hauptrolle übernehmen und werde einen Cowboy spielen. Einen schwulen Cowboy in einer Zeit, in der man als homosexueller Mann nicht zu seiner Liebe stehen durfte. Der Regisseur scheint eine humorvolle Note einfließen lassen zu wollen. Ich hoffe, er macht keine Komödie daraus.«
»Ein schwuler Cowboy?« Alondra beugte sich neugierig näher. »Wenn seine sexuelle Orientierung von Wichtigkeit ist, handelt es sich wohl um einen Liebesfilm.«
»Ja, man wird mich wieder leicht bekleidet und einen anderen Kerl küssend auf der Leinwand bewundern können.« Er versuchte, sich seine mangelnde Begeisterung nicht anmerken zu lassen.
»Wie toll! Einige meiner Freundinnen schwärmen von dir. Du weißt, dass ich dir gegenüber nicht neutral sein kann. Für mich bist du immer großartig.«
»Ist es nicht seltsam, dass ich als schwuler Mann hauptsächlich weibliche Fans habe?«, fragte er. »Sie müssen doch wissen, dass sie mich niemals kriegen würden.«
Seine Schwester lachte. »Überhaupt nicht. Wir Frauen stehen auf gut gebaute Körper. Wenn wir auf der Leinwand gleich zwei attraktive Exemplare bestaunen können, setzt unser Verstand einfach alle Logik außer Kraft.«
Kapitel 3
Marcus sah sich nervös um. Len quatschte ihn voll. Irgendetwas über die göttliche Denise und ein Make-up Malheur, das ihn momentan so gar nicht interessierte. Die Villa, vor der sie gehalten hatten, war riesig und weckte einen ungesunden Neid. Manche Menschen besaßen alles, während andere nichts hatten. Manchmal nicht einmal ein Dach über dem Kopf oder etwas zu essen auf dem Teller. Er versuchte das Gefühl – und die Erinnerung – abzuschütteln, aber so einfach war es in der Regel nicht.
Sie stiegen Seite an Seite die glänzenden Marmorstufen empor, wo Len anklopfte, ohne das geringste Anzeichen zu machen, dass er von der Umgebung ähnlich beeindruckt war wie Marcus.
»Wenn du mich fragst!« Len stieß ihn an und grinste mit dieser Note an Spott, die er gewöhnlich an seinem Freund schätzte.
»Wenn du meinst«, murmelte er abgelenkt, als die Tür aufschwang. Ein Mann in strengem Anzug sah an seiner großen Hakennase entlang an ihm herab, bevor er Len ähnlich verächtlich musterte.
»Ja, bitte?«
Len grinste. »Len Myers.« Seine Hand schwang zu ihm. »Marcus Lovett. Wir haben einen Termin mit Mr Demme.«
Die buschigen Brauen hoben sich in dem hageren, faltigen Gesicht. »Einen Moment.« Die Tür schloss sich und Len drehte ihr gutgelaunt den Rücken zu.
»Das wird sicher lustig.«
»Demme?«, griff Marcus auf. Seine Stimme schwankte vor Aufregung. »Doch nicht dem Regisseur von …«
»Riding the Bull«, übernahm Len begeistert. »Ich dachte, wir machen gleich Nägel mit Köpfen.«
Und er war absolut nicht vorbereitet. Das Blut floss ihm nun erst recht aus dem Gesicht und eine Eisenkette legte sich um seine Brust. Hätte er damit rechnen müssen?
»Du siehst aus, als wäre dir ein Geist begegnet. Doch nicht schon wieder Lampenfieber, oder?« Len stieß ihn an und lachte. »Komm schon. Es ist ein schnelles Beschnuppern, Mr Demme weiß doch, dass du das Skript nicht kennst und noch nicht wirklich vorsprechen kannst.«
»Ich bin absolut nicht vorbereitet«, zischte Marcus, wobei er sich eilig umsah. »Ich weiß kaum etwas über Demmes andere Arbeiten, ich habe keine Ahnung, worum es bei dem Projekt eigentlich geht und …« Er unterbrach sich, als die