Kathrin Fuhrmann

Hot kisses and a gun


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Vergessen wir das einfach. Ich finde schon heraus, wie ich am besten einen Schwulen spielen soll.« Auch ohne die Hilfe seines Freundes. Der zuckte die Achseln.

      »Dauergeil und scharf auf jeden Mann im Umkreis. Das ist sicher ein Kinderspiel für dich. Projiziere deine Promiskuität einfach auf das männliche Geschlecht und du bist der Vorzeigeschwule des Landes.«

      Marcus klappte den Mund zu und folgte seinem Freund langsam durch das Haus des Regisseurs. Tief in ihm kämpfte etwas. Frust und Ärger. Es gab keinen Grund, Lens Einstellung infrage zu stellen oder ihn auf seine Engstirnigkeit hinzuweisen. Warum auch?

      Vielleicht hatte er recht, Marcus wusste es nicht besser. Aber es klang einfach so verdammt abwertend, dass es ihm den Magen umstülpte.

      Kapitel 4

      »Da kommt unser berühmter Schauspieler ja endlich!«, rief Freddy viel zu laut.

      Charlie nahm auf der halbrunden Couch Platz, auf der seine Freunde bereits auf ihn warteten. »Tut mir leid, dass ich so spät dran bin. Ich habe die Zusage für eine Rolle bekommen und wollte mich darauf vorbereiten.«

      »Was stellst du dieses Mal wieder an, damit du ganz in deinen Charakter schlüpfen kannst?«, fragte Harrison. Seine Augenbrauen hoben sich spöttisch. »Trägst du bis zum Abdrehen des Films nur noch ein Clownskostüm?«

      »Nur weil du Method Acting nicht verstehst, musst du keinen Blödsinn quatschen. Marlon Brando hat damit große Erfolge erzielt.« Charlie winkte dem Kellner.

      Freddy lachte leise. »Und bis du deinen ersten Preis abgeräumt hast, werden wir dich damit aufziehen«, stellte der Buchhalter klar. »Welche Rolle übernimmst du im neuen Film?«

      Da Charlie bereits wusste, wie die Reaktion ausfallen würde, seufzte er leise. »Einen schwulen Cowboy.« Um es schnell hinter sich zu bringen, verriet er den Filmtitel auch gleich. »Der Streifen wird ›Riding the bull‹ heißen.«

      Die zwei Männer, die sich seine Freunde schimpften, lachten dreckig. Ihr Gesichtsausdruck machte klar, in welche Richtung ihre Gedanken wanderten. Sie drei kannten sich seit seiner Anfangszeit in Hollywood. Freddy kümmerte sich darum, dass die Drehkosten nicht das Budget sprengten. Harrison assistierte den Kameramännern. Dank ihnen erfuhr Charlie all die kleinen, angeblich unwichtigen Dinge, die andere Schauspieler nie zu hören bekamen. Dank seiner Freunde konnte er Lösungen für Probleme bieten, von denen seine Kollegen noch gar nichts wussten. Dank ihnen war er beim Film gefragt. Ihre Freundschaft rettete ihn allerdings nicht vor ihnen plumpen Kommentaren.

      »Das klingt ja spannend«, sagte Harrison. Seine Augen blitzten. Nur mit Mühe konnte er ein Lachen unterdrücken. »Ich habe von dem Projekt gehört, als es noch anders hieß. Die Änderung hat es nicht besser gemacht, aber durch den neuen Regisseur wird der Film deutlich humorvoller. Dafür finde ich den Titel schon ganz passend. Ich freu mich drauf, dich auf dem Bullen zu beobachten.«

      »Dann kommst du gerade von einer Übungsstunde für das Bullenreiten?«, fragte Freddy.

      »Nein, ich habe eine Farm besichtigt, auf der ich in den nächsten Monaten leben werde.« Charlie konnte endlich beim Kellner ein Bier bestellen und wartete dann auf die Witze, die auf seine Erklärung mit Sicherheit folgen würden.

      Harrison schüttelte den Kopf. »Du übertreibst es immer. Statt Reitunterricht zu nehmen und ein paar Runden auf einem mechanischen Bullen zu drehen, legst du dir gleich eine ganze Farm zu?«

      »Ich habe bloß das Haupthaus angemietet. Die Farm selbst wird von der Nachbarfamilie geführt. Ich kann mir ein Bild machen, in das Leben eines Cowboys schnuppern und halse mir gleichzeitig keine Arbeit auf.«

      »Wer genug Geld auf der hohen Kante hat, kann sich so eine unnötige Extravaganz natürlich leisten«, warf Freddy ein. »Ich hoffe, du vergisst nicht, dass du einen Teil deines Vermögens uns und unseren Tipps verdankst. Hätte ich dir nicht zu ein paar guten Investitionen geraten, würdest du immer noch in der kleinen Wohnung in der Nähe des Bahnhofs hausen.«

      »Schon klar. Die nächste Runde geht auf mich.« Charlie bat den Kellner um drei Bier, nachdem seine erste Flasche vor ihm abgestellt worden war. »Als drei der wenigen offen Schwulen beim Film müssen wir zusammenhalten.« Grinsend prostete er ihnen zu.

      Er wusste, dass er es ohne diese beiden Männer nicht so weit gebracht hätte. Ein Glück, dass sie ihre Freundschaft niemals mit romantischen Gefühlen in Gefahr gebracht hatten. Damit hätten sie sich ihr Leben unnötig schwer gemacht. In diesem Laden waren sie drei von vielen. Beim Film, wo jeder für gute PR morden würde, ging fast niemand das Risiko ein, sich durch sein öffentliches Outing angreifbar zu machen. Es hatte einen Grund, weshalb sie sich in der Anonymität und Abgeschiedenheit des Iron Alexanders am Rande der Stadt trafen und nicht in einem der angesagten Clubs, in denen sich die großen Namen der Filmbranche sehen ließen.

      Er fühlte sich ehrlich gesagt auch verdammt wohl in diesem Laden. Die Musik, die gespielt wurde, hatte so gar nichts mit dem zu tun, was er früher auf der Bühne vorgetragen hatte. Das Innere des in grauen Abstufungen eingerichteten Clubs war gerade schmuddelig genug, um sich hier zuhause zu fühlen, aber nicht einziehen zu wollen. Es war dunkel genug, um eine stimmungsvolle Atmosphäre zu erzeugen, aber hell genug, um nicht versehentlich mit der falschen Sorte Mann heimzugehen.

      »Zurück zu der Farm«, sagte Freddy. »Du weißt, dass du die Kosten dafür zumindest teilweise von der Steuer absetzen kannst? Schick mir den Mietvertrag, dann werde ich überprüfen, wie wir die Sache am besten drehen.«

      »Eine gefährliche Idee. Ich will schließlich nicht, dass du einen Herzinfarkt bekommst, wenn du die Details liest.« Charlie hob einen Mundwinkel.

      Die Stirn seines Freundes runzelte sich. »Wie groß ist diese Farm denn? Soweit ich weiß, steht der Cowboy in dem Film kurz vor der Pleite.«

      »Wenn sich die Dreharbeiten zu lange hinziehen, könnte mir das auch blühen.« Natürlich war das eine maßlose Übertreibung.

      »Falls du jemanden brauchst, der dich während der Proben daheim filmt, ziehe ich zu dir«, schlug Harrison vor. »Ich kenne deinen exquisiten Geschmack. Diese Farm hat mit Sicherheit einigen Luxus zu bieten.«

      »Ganz so exklusiv, wie du dir vorstellst, ist meine neue Behausung auch wieder nicht. Ich möchte mich schließlich in realistischem Umfeld auf die Rolle vorbereiten. Klar ist die Farm weit größer, als es die im Film sein wird. Allerdings habe ich darauf geachtet, das Luxuslevel anzupassen. Es gibt keinen Pool, kein Spa, keine Bediensteten. Das heißt, eine Haushälterin habe ich schon engagiert. Und auf der Terrasse steht ein kleiner Whirlpool. Nicht mal in den Boden versenkt.«

      »Pft, eine Frechheit. Dass du dich für so etwas überhaupt hergibst!« Harrison grinste.

      Freddy fand die Beschreibung nicht zum Lachen. »Ich bin nicht für deine Finanzen zuständig – zum Glück. Trotzdem will ich dich davor warnen, es nicht zu übertreiben.«

      Charlie zuckte mit den Achseln. »Man bezahlt mich gut.« Zumindest das sprach dafür, weiter Filme zu drehen, die zwar Publikum anlockten, aber vermutlich niemals einen Oskar erhalten würden.

      »Ich habe eindeutig den falschen Job gewählt«, beschwerte sich Freddy. »Meine Arbeit ist nicht weniger wichtig als deine. Trotzdem wirft mir niemand Geld hinterher.«

      »Weil ich dafür sorge, dass der Film hohe Einnahmen macht, du aber dem Regisseur meist nur Steine in den Weg legst.«

      »Das stimmt allerdings auch wieder.«

      Harrison schwieg. Das Geplänkel hatte seine Aufmerksamkeit verloren. Mit gerunzelter Stirn sah er Richtung Tresen.

      Charlie folgte seinem Blick. Dann war auch seine Neugierde geweckt.

      »Was ist dort drüben los?«, fragte Charlie und deutete mit dem Kopf auf eine Ansammlung von Kerlen, die sich an einer bestimmten Stelle der Bar um irgendjemanden zu scharren schienen. Hatte jemand den Fehler gemacht, einen der Stammkunden zu provozieren?

      »Ein Neuer«, berichtete Freddy. »Der Kerl ist kurz nach uns reingekommen.