Kathrin Fuhrmann

Hot kisses and a gun


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»Also, was das betrifft …«

      »Ja?«

      »Ich bin nicht auf der Suche. Ich wollte lediglich einen interessanten Abend in angenehmer Gesellschaft verbringen. Vielleicht erzählt ihr mir einfach ein wenig von euch. Trefft ihr euch regelmäßig? Unternehmt ihr auch etwas mit euren Partnern als Gruppe? Oder trennt ihr euer Privatleben von eurer Freundschaft?«

      »Wir sind alle drei aktuell nicht vergeben«, erklärte Charlie. »Und du gehörst hier nicht her. Warum bist du wirklich das Risiko eingegangen, hier von liebeshungrigen Männern angefallen zu werden?«

      Marcus blinzelte. »Eigentlich bin ich eher zufällig in dieser Bar gelandet. Ich habe nicht damit gerechnet … Es ist ein wenig kompliziert. Funktioniert das mit der Kontaktaufnahme immer so schnell? Geht es tatsächlich so leicht, jemanden kennenzulernen, mit dem … Na ja.«

      »Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort wie bei heterosexuellen Paaren auch. Nur weil wir schwul sind, braucht es keinen Paarungstanz, um andere Kerle anzulocken.«

      »Dann findet ihr meist eure Partner in solchen Clubs? Besprecht ihr gleich, ob ihr auf der Suche nach einer Beziehung oder nur für etwas Kurzfristiges seid?«

      Entweder wollte sich dieser Knilch lediglich ein ungefähres Bild von dem machen, was auf ihn zukommen könnte, wenn er sich entscheiden sollte, sein Faible für Männer auszuleben. Oder er versuchte Material zu sammeln, um es in einem Artikel gegen sie zu verwenden. Ersteres traute Charlie ihm nicht zu. Zweiteres konnte er sich nicht leisten.

      Er warf Freddy und Harrison einen warnenden Blick zu, bevor er sich wieder an Marcus den Schönen wandte. »Keine Ahnung, was du vorhast und warum du uns mit Fragen löcherst. Ich werde keine beantworten, bevor ich nicht weiß, was du damit bezweckst.«

      »Du musst nicht sauer werden, nur weil ich versuche, harmlosen Smalltalk zu führen.«

      »Wer’s glaubt«, brummte Charlie.

      »Mich interessiert doch bloß, wie euer Leben aussieht«, verteidigte sich Marcus. »Ihr müsst mir keine Geheimnisse anvertrauen. Darf man sich nicht bei seinen neuen Bekannten nach unverfänglichen Informationen erkundigen?«

      »Sei nicht so misstrauisch«, beschwerte sich Harrison. »Er versucht doch bloß, nett zu sein.«

      Charlie schüttelte den Kopf. »Ihr wisst genau, dass jedes unserer Worte auf die Goldwaage gelegt wird. Er ist keiner von uns. Ich kann spüren, dass er uns etwas verheimlicht. Natürlich haben wir ebenso wenig ein Recht auf sein Vertrauen wie er auf unseres. Trotzdem habe ich einiges zu verlieren, sollte er es darauf anlegen, mir Schwierigkeiten zu bereiten.«

      »Was hat er denn schon über uns erfahren?«, fragte Freddy. »Du siehst doch, dass er verzweifelt auf der Suche nach Antworten ist. Wenn wir uns nicht um ihn kümmern, tut es einer der anderen Männer hier, und wir wissen, wie das enden kann.«

      Die Naivität seiner Freunde war für ihn unverständlich. Natürlich standen sie nicht in der Öffentlichkeit. Wenn sie sich auf jemanden einließen, würde das die Klatschpresse nicht interessieren. Sie konnten nicht nachvollziehen, wie nervenaufreibend es war, wenn die Presse ständig Unsinn über einen abdruckte. Trotzdem sollten sie wissen, dass es in ihrer Welt gefährlich war, sein Vertrauen zu schnell zu verschenken.

      »Wenn er wirklich Fragen hat, weil das alles neu für ihn ist, dann soll er sie stellen«, sagte Charlie. »Aber auf eine Art, die nicht wirkt, als würde er uns über unser Privatleben aushorchen. Er weiß jetzt, an wen er sich wenden kann, wenn er es ehrlich meint. Ihr könnt tun und lassen, was ihr wollt. Verratet ihm, so viel ihr wollt, aber lasst mich aus dem Spiel. Ich verschwinde jetzt lieber. Vielleicht solltet ihr das auch tun.«

      Harrison zuckte mit den Schultern. »Deine Entscheidung. Ich bleibe.«

      Freddy wirkte von Charlies Rede auch nicht sonderlich beeindruckt. »Wir holen dann den Abend ein anderes Mal nach.«

      Frustriert wandte Charlie sich ab. Sein Blick streifte den von ihrem geheimnisvollen Gast.

      In Marcus’ Augen, wenn der Mann überhaupt so hieß, lag ein Ausdruck, den er nicht deuten konnte. Wieder ärgerte sich Charlie, dass dessen Äußeres ihn nicht kaltließ. Aus irgendeinem Grund wollte eine Stimme in seinem Inneren ihn dazu bringen, ihm zu vertrauen. In diese Falle würde er nicht tappen. Und wenn ihm das nur gelang, wenn er von ihm flüchtete. Manipulieren ließ er sich nicht.

      Charlie funkelte den anderen noch einmal verärgert an und machte sich dann auf den Heimweg.

      Kapitel 5

      Marcus war nervös, das wollte er gar nicht bestreiten. In der letzten Nacht hatte er zum ersten Mal in seinem Leben seine Komfortzone so weit verlassen, dass er sich selbst nicht mehr wiedererkannte. Er war noch immer ganz aufgewühlt deswegen und hoffte, dass ihm das Erlebte zumindest helfen würde, den Job zu kriegen.

      »Mr Lovett?« Er sah auf. Eine Frau in hübschem Kostüm war vor ihm aufgetaucht und lächelte ihn reserviert an. »Bitte.« Ihre Hand machte einen Schlenker und deutete auf den Raum, aus dem sie getreten sein musste und vor dem er auf einer Bank ausharrte.

      Nun stand er auf und folgte dem Hinweis. Er wurde von drei Herren willkommen geheißen, die ihn ebenso verhalten begrüßten wie die strenge Lady. Marcus nickte jedem der Männer zu.

      »Guten Tag, ich bin Marcus Lovett.«

      »Guten Tag, Mr Lovett. Mein Name ist Herbert Van Dyke, dies sind Christian Cleever und Kevin Mendelson.« Der Herr in der Mitte zeigte zunächst nach rechts, dann nach links zu seinen Beisitzern, die beide eine Brille trugen und sie nun unisono abnahmen, um sie zu putzen. Keine Frauen. Marcus nahm es gelassen. In der letzten Nacht hatte er schließlich festgestellt, dass er auch eine Wirkung auf Männer hatte, die nicht zu unterschätzen war.

      »Die Herren.«

      Mr Van Dyke schaute auf seine Papiere herab und schob sie etwas auseinander. »Ihr Portfolio ist interessant, das muss man Ihnen lassen.«

      »Danke, Mr Van Dyke. Ich stehe noch ganz am Anfang meiner Karriere und freue mich, auf möglichst vielfältige Weise mein Talent zeigen zu dürfen.« Er versicherte sich schnell der Aufmerksamkeit der anderen Männer. »Wenn Sie möchten, erzähle ich Ihnen gerne, wie ich die Rolle des Everett Steele anlegen würde.«

      Mr Van Dyke legte die Fingerspitzen aneinander und legte die Zeigefinger dabei an seine Lippen. »Aha. Sie denken also, dass Sie für die Rolle des Everett Steele vorsprechen?«

      Marcus stockte irritiert, bevor ihm Mr Demmes Hinweis einfiel, dass die Produktion noch einige Schauspieler suchte. »Das war die Rolle, über die ich mit Mr Demme sprach, aber er erwähnte auch, dass es noch weitere Rollen gäbe, sollte sich für Steele ein prominenter Name finden von ähnlicher Qualität wie Hal Davidoff.« Er räusperte sich, ohne seinem Lächeln anmerken zu lassen, wie es in ihm aussah. Hatte Demme ihn nur für die Nebenrollen angemeldet?

      »Letztlich macht es keinen großen Unterschied, oder? Wir unterhalten uns, ich spiele einen Part.« Er hob das Skript, das ihm zur Verfügung gestellt wurde. »Und Sie bekommen einen Eindruck von meinen Fähigkeiten.«

      »Sie haben recht, grundsätzlich folgen wir diesem Prozedere.« Van Dyke schaute zu seinen Kollegen, die ähnlich amüsiert schienen wie er. »Sie haben ein gesundes Selbstbewusstsein, das gefällt mir, aber es wäre nur fair, Ihnen gleich zu sagen, dass wir eine genaue Vorstellung von Everett Steele haben.«

      »Natürlich.« Marcus zwang sich, weiter ein freundliches Lächeln zu zeigen. »Ich lasse Ihre Anmerkungen gerne mit einfließen.«

      Wieder sahen sie sich gegenseitig an, dann hob Van Dyke die Hand. »Also gut. Lesen Sie doch die Textstelle.«

      Marcus räusperte sich. Er hatte das Skript auswendig gelernt. Fünf Seiten, aber er war gut damit, Dinge auswendig zu lernen. Seine erste Rolle hatte er in der Middle School übernommen. Er hatte Oberon gespielt und konnte noch immer jeden einzelnen Vers rezitieren.

      Er streckte die Schultern und atmete tief durch. In der Szene stellte er