Reinhilde Stöppler

Einführung in die Pädagogik bei geistiger Behinderung


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Bezeichnung:Asperger-Syndrom
Erstmals beschrieben:Hans Asperger (1944)
Häufigkeit:große Variationen, abhängig von den Definitionen11–10.000 (Kamp-Becker & Bolte 2014,26)
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung/Verhalten:keine allgemeine Entwicklungsverzögerung, keine Beeinträchtigung im sprachlichen und kognitiven Bereich; Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion: Besonderheiten der nonverbalen Kommunikation, z. B. deutlich reduziertes bzw. nicht vorhandenes nonverbales Verhalten, kein sozial gerichteter Gesichtsausruck, fehlendes soziales Lächeln, keine konventionellen Gesten;Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen, zu gemeinsamen Interessen, Aktivitäten und Gefühlen; Mangel an sozioemotionaler Gegenseitigkeit, d. h. keine Wechselseitigkeit in einer Beziehung (z. B. geht der Mensch mit Asperger-Autismus meist nicht auf Gesprächsinhalte und Fragen ein); fehlendes intuitives Verständnis für soziale Regeln; Mangel, spontane Freude, Interessen oder Tätigkeiten mit anderen zu teilen.Auffälligkeiten der Kommunikation, z. B. großer Wortschatz mit originellen Wortschöpfungen, mangelnde „Theory of Mind“; Sonderinteressen an bestimmten Wissensgebieten, z. T. zwanghafte Verhaltensweisen bzgl. des Einhaltens von Routinen und Ritualen
Bezeichnung:Cornelia de Lange-Syndrom
Erstmals beschrieben:Cornelia Catharina de Lange (1933)
Häufigkeit:1:40.000–100.000
Ätiologie:unklar
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung/Verhalten:typische Gesichtsmerkmale: zusammengewachsene Augenbrauen; buschige Wimpern; tiefer Haaransatz; Hypertelorismus; Fehlbildungen der Augen; Minderwuchs; Anomalien der Extremitäten;selbstverletzendes Verhalten;autistisch-ähnelnde Verhaltensweisen
häufige Erkrankungen:Infektionen der Atemwege (Neuhäuser 2016, 73ff.)
Bezeichnung:Cri-du-chat-Syndrom (Katzenschrei-Syndrom; aktuelle Bezeichnung: 5p-minus-Syndrom)
Erstmals beschrieben:Jérôme Léjeune (1963)
Häufigkeit:1:20.000–50.000; Frauen sind häufiger betroffen als Männer
Ätiologie:partielle Deletion 5p15.2
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung/Verhalten:typische Gesichtsmerkmale: kleines Kinn; tiefsitzende Ohren; Mikrozephalie; vorzeitiges Ergrauen der Haare; niedriges Geburtsgewicht; Verzögerung der motorischen, sprachlichen und geistigen Entwicklung; schrilles (katzenähnliches) Schreien während der Kindheitsphase, auf das die Betroffenen häufig reduziert werden (daher aktuelle Bezeichnung: 5p-minus-Syndrom); aggressives Verhalten
häufige Erkrankungen:Magen-, Darm-, Herz- und Atemprobleme / -infektionen
Kompetenzen:motorische Kompetenzen; lebenspraktische Fähigkeiten; kontaktfreudig; freundlich (Neuhäuser 2016, 168ff.)
Bezeichnung:Down-Syndrom (Trisomie 21)
Erstmals beschrieben:John Langdon Down (1866)
Häufigkeit:1:600–800
Ätiologie:Trisomie des Chromosom 21 (Freie Trisomie, Translokationsform, Mosaik-Form)
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung/Verhalten:typische Gesichtsmerkmale: Epikanthus (zusätzliche Lidfalte); schräg nach oben geneigte Lidspalten; kleiner Mund und Kiefer; schmaler Gaumen; Minderwuchs; teils unvollständig entwickelte Handknochen; Sandalenfurche (großer Abstand zwischen dem ersten und zweiten Zeh);Muskelhypotonie (Überdehnbarkeit der Gelenke); verzögerte Sprachentwicklung; sprachliche Auffälligkeiten
häufige Erkrankungen:angeborener Herzfehler; Immunabwehrschwäche; Magen-Darm-Obstruktionen; Sehstörungen (Schielen, Kurz- oder Weitsichtigkeit, Keratokonus, Nystagmus oder Linsentrübungen); Schwerhörigkeit; Hypothyreose; Hepatitis B; Leukämie; Adipositas; Demenz vom Alzheimer Typ (Kap. 8.3)
Kompetenzen:gut ausgebildete pragmatische Kompetenzen; gute soziale Kompetenzen; Erwerb der Schriftsprache; Freude am Imitieren der Bewegungsabläufe; Stärken im visuellen Bereich; frühe Lesekompetenz; musikalische Kompetenzen (Wilken 2014)
Bezeichnung:Fetales Alkohol-Syndrom (Alkoholembryopathie)
Erstmals beschrieben:Jacqueline Rouquette (1957), Paul Lemoine (1968)
Häufigkeit:1:300–1.000
Ätiologie:Alkoholembryopathie (durch mütterlichen Alkoholmissbrauch während der Schwangerschaft, Kap. 2.3)
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung/Verhalten:typische Gesichtsmerkmale: kleine Lidspalten; kurze Stupsnase; dünne Oberlippe (mit dünnem, rotem Rand); Mikrozephalie; Gelenkfehlbildungen; kleineres und leichteres Geburtsgewicht; verzögerte motorische, sprachliche und kognitive Entwicklung; Hyperaktivität; Ablenkbarkeit; Aufmerksamkeitsstörungen; Impulsivität und leichte Erregbarkeit sowie Irritierbarkeit bei relativ geringen Anlässen, wie z. B. Kritik
häufige Erkrankungen:Augenerkrankungen (Optikusatrophie / -hypoplasie, Ptosis, Refraktionsanomalien [Myopie, Strabismus]); Mittelohrentzündungen; Störungen des zentralen Nervensystems; angeborener Herzfehler; stark herabgesetztes Schmerzempfinden, sodass die Kinder sehr genau beobachtet werden müssen, um Erkrankungen und Verletzungen zu erkennen
Kompetenzen:soziale Kompetenzen; freundliches Wesen (Stöppler / Wachsmuth 2010, 74f.)
Bezeichnung:Fragiles-X-Syndrom
Erstmals beschrieben:James Purdon Martin, Julia Bell (1943)
Häufigkeit:1:3.000 – 4.000
Ätiologie:gonosomale Aberration; Deletion Xq27.3
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung/Verhalten:typische Gesichtsmerkmale: längliches Gesicht, große Ohren, muskuläre Hypotonie, weiche Haut, hoher Gaumen, Makrozephalie, Kurzsichtigkeit, Mittelohrentzündungen, Störungen der Koordination von Grob- und Feinmotorik; sprachliche Auffälligkeiten: Perseverationen und Echolalie (Wiederholungen); Besonderheiten: autistiforme Kontaktstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen mit und ohne Hyperaktivität (ADHD), epileptische Anfälle (20 %); typische Verhaltensauffälligkeiten: (Hyperaktivität, oppositionelles Verhalten, Wutanfälle, autistische Verhaltensweisen, Blickvermeidung, Handflattern, soziale Ängstlichkeit); Frauen sind häufig weniger stark beeinträchtigt (Richstein 2009; Stöppler / Wachsmuth 2010, 75ff.)
Bezeichnung:Noonan-Syndrom
Erstmals beschrieben:Jacqueline Noonan (1963)
Häufigkeit:1:1.000 – 2.500
Ätiologie:X0-Konstitution, autosomal dominant, 12qA
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung/Verhalten:typische Gesichtsmerkmale: große und tiefsitzende Ohren; Hypertelorismus; Minderwuchs; Skelettanomalien; Ess- und Trinkschwächen; Herzfehler; Seh- und Hörbeeinträchtigungen;Muskelhypotonie; verzögerte Pubertät; Hodenhochstand
Bezeichnung:Phenylketonurie
Erstmals beschrieben:Ivar Asbjørn Følling (1934), George Jervis (1953)
Häufigkeit:1:10.000
Ätiologie:Störung des Aminosäurestoffwechsels, 12q23, autosomal rezessiv
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung / Verhalten:blond; blauäugig; fehlende Pigmente; Hautveränderungen;bei Geburt vorhandene Funktionen lassen progressiv nach; psychische Auffälligkeiten (aggressives, zerstörendes Verhalten, Hyperaktivität)
häufige Erkrankungen:Übelkeit und Erbrechen; Krampfanfälle. Bei konsequenter PKU-Diät normale Entwicklung; Frühdiagnose durch Guthrie-Test möglich (Kap. 2.4) (Achse 2010, 61)
Bezeichnung:Prader-Willi-Syndrom
Erstmals beschrieben:Andrea Prader, Alexis Labhart und Heinrich Willi (1956)
Häufigkeit:1:10.000 – 25.000 (Männer sind häufiger betroffen)
Ätiologie:Deletion / Translokation 15q11-13
Besonderheiten in Phänotyp / Entwicklung / Verhalten:typische Gesichtsmerkmale: schmale Stirn, Epikanthus, ophthalmologische Probleme (Strabismus); Kleinwuchs; auffallende Hypotonie (bis etwa zum 2. Lebensjahr); Überstreckbarkeit der Gelenke; schwache Muskeleigenreflexe; Skoliose;verzögerte motorische, sprachliche und kognitive Entwicklung; verzögerte sexuelle Entwicklung (mangelhafte Entwicklung der Geschlechtsorgane [Kryptorchismus bei Jungen]); häufige Unfruchtbarkeit; verzögertes Einsetzen der Pubertät
häufige Erkrankungen:Hyperphagie (ungewöhnlich gesteigerte Nahrungsaufnahme, einsetzend zwischen 1–6 Jahren); Adipositas (unersättlicher Appetit bei gleichzeitig reduziertem Kalorienbedarf, reduziertes / verzögertes Sättigungsgefühl); Bluthochdruck; Herz-Kreislauf-Beschwerden; Atemnot