weltweit Anforderung der Inklusion einbezogen werden. So bestehen weitere Überlegungen, die Identitätsbildung der betroffenen Menschen im Zusammenhang mit ihren sprachlich-kommunikativen Beeinträchtigungen in den Blick zu nehmen. Ebenso sind nicht nur Erscheinungen oder Störungen des Subjektes, sondern gleichfalls die Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der Gesellschaft sowie innerhalb der Bildungschancen in Betracht zu ziehen. Diese neuere Sichtweise erweist sich komplexer und mehrdimensionaler und findet damit Anschluss an eine inklusive Pädagogik. Hierbei werden sprachlich-kommunikative Beeinträchtigungen mit anderen (primären) Unterstützungsbedarfen in Beziehung gesetzt (Kap. 5), nämlich sprachliche Beeinträchtigungen im Kontext von
Beeinträchtigungen des Hörens, z.B. phonetisch-phonologische Störungen im Zusammenhang mit einer Schallleitungsschwerhörigkeit,
Beeinträchtigungen des Lernens, z.B. morphologisch-syntaktische Störungen im Zusammenhang mit dem Schriftsprachlernen,
Beeinträchtigungen der emotionalen und sozialen Entwicklung, z.B. Redeflussstörungen im Zusammenhang mit einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS),
Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung, z.B. Sprachentwicklungsstö-rung im Zusammenhang mit einer Autismus-Spektrum-Störung,
Beeinträchtigungen der körperlichen und motorischen Entwicklung, z.B. zentrale Störungen der Sprechmotorik im Zusammenhang mit einer infantilen Cerebralparese.
1.4.4 Aufgabenbereiche und Handlungsfelder
Aufgaben des Faches
Das Fach Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation weist verschiedene Aufgabenbereiche wie auch unterschiedliche Handlungsfelder auf (Lüdtke 2014b; Grohnfeldt 2010). Zu den Aufgabenbereichen zählen:
Diagnostik (Kap. 5),
Prävention (Kap. 7),
Förderung (Kap. 7),
Beratung (Kap. 8),
Bildung, Erziehung (Kap. 2) und
Evaluation, Innovation (Kap. 3).
adressatenbezogene Handlungsfelder
Handlungsfelder des Faches sind auch hinsichtlich des Adressatenbezuges strukturell zu erfassen. Dabei erfolgen fachliche Aufgaben im Fokus der Menschen mit sprachlich-kommunikativen Beeinträchtigungen in unterschiedlichen Lebensphasen. Somit muss auf die besondere Bedürfnislage adäquat eingegangen werden, z.B. in der Arbeit mit Säuglingen, Kleinkindern, Schulkindern, Jugendlichen, Erwachsenen sowie älteren Menschen (Kap. 4).
organisationsbezogene Handlungsfelder
Ferner lassen sich Handlungsfelder des Faches nach den möglichen Organisationseinheiten zur Ausführung oben benannter Aufgaben sowie der Kostenträger zur Finanzierung der professionellen Tätigkeit strukturieren, z.B. Arbeit in Krippe, Kindertagesstätte, Schule, sprachtherapeutischer und logopädischer Praxis, Klinik, Beratungsinstitutionen, wissenschaftlichen Instituten (Kap. 4).
1.4.5 Inklusion
Akzeptanz der Vielfalt
Die Perspektive der vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an hochwertiger Bildung steht seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (United Nations 2006) durch die Bundesregierung im Jahr 2009 besonders im Fokus. Nicht-Aussonderung und Nicht-Diskriminierung wurden zwar auch in Zeiten von Integrationsbestrebungen verfolgt. Allerdings vermag erst der Leitgedanke der Inklusion eine konsequente Umsetzung der Akzeptanz von Vielfalt zu schaffen. So gilt Inklusion als unumgänglicher und zunehmend wichtiger Aufgabenbereich des Faches, um die sprachlich-kommunikativen Verwirklichungsmöglichkeiten aller Menschen zu fördern und zu sichern. Dabei sind folgende Aspekte vertieft zu berücksichtigen (Kap. 8):
Paradigmenwandel der klassischen „Sprachheilpädagogik“ in der Perspektive zur Inklusion,
internationale Bezüge und Vergleiche der Inklusionsbestrebungen,
Klärung der Inklusionsdebatte im Förderschwerpunkt Sprache,
Öffnung des Berufsbildes der Akademischen Sprachtherapie für schulische Zusammenhänge.
1.4.6 Internationalisierung und Globalisierung
national und international
Im Zeichen zunehmender Globalisierung gesellschaftlicher Zusammenhänge ist es von großer Bedeutung, internationale Aufgaben- und Handlungsfelder zu erschließen sowie nationale und internationale Erscheinungen und Vorgänge im Zusammenhang zu verstehen. Daraus ergeben sich auch für das Fach Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation relevante Überlegungen (Kap. 10):
Ethik als individuelle und globale Perspektive,
Kultursensibilität als wesentlicher Aspekt der international vergleichenden Forschung,
interkulturelle Kompetenz als Notwendigkeit in der Ausbildung,
Zusammenfassung
Dieses erste Kapitel hat für alle weiterführenden Überlegungen die aktuelle Positionierung des Faches Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation bestimmt. Dazu war eine Einarbeitung in wissenschaftstheoretische Grundlagen notwendig. Von hier aus ist es nun möglich, die vielfältigen Praxisphänomene und Konzeptualisierungsebenen sowie die unterschiedlichen Paradigmen und Terminologien unseres Faches zu reflektieren. Gleichzeitig wurden auch die zentralen Begriffsfelder des Faches umrissen, die nun in den einzelnen weiterführenden Kapiteln ausdifferenziert und im Detail erläutert werden können.
Prüfungsfragen und -antworten zu diesem Kapitel im Online-Zusatzmaterial zu diesem Buch.
2 Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und der Kommunikation als Integrationswissenschaft
Im zweiten Kapitel dieses Buches wird der Charakter des Faches Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und Kommunikation als Integrationswissenschaft erläutert. Dazu wird zunächst das Gefüge aus Pädagogik als Leitwissenschaft mitsamt ihren vielfältigen Bezugswissenschaften dargestellt. Anschließend werden sprachphilosophische und anthropologische Grundlagen unter dem Fokus unseres Faches – der Mensch in seiner Sprachlichkeit – erörtert. Abschließend werden pädagogische Grundlagen der Sprachpädagogik und pädagogischen