und das KonzilKonzil / Konziliarismus von Chalcedon 451
Das Problem der zwei NaturenDie sogenannten christologischenChristologie Auseinandersetzungen in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts waren ausschlaggebend für die Trennung der altorientalischen Kirchen von den byzantinisch-orthodoxen Kirchen des oströmischen Reichs. Dabei ging es um die zwei Naturen von Jesus ChristusJesus Christus, um das Verhältnis von Göttlichkeit und Menschlichkeit in seiner Person, und wie die Beziehung der beiden Naturen zueinander zu begreifen und zu beschreiben ist. Im 4. und 5. Jahrhundert wurden die christologischen Debatten im Wesentlichen zwischen den beiden theologischen Zentren der damaligen Zeit, Alexandrien und Antiochien, ausgetragen. Die alexandrinischen Theologen hoben besonders die Einheit der menschlichen und göttlichen NaturNatur Jesu Christi hervor. Die antiochenischen Gelehrten unterstrichen dagegen den Unterschied der beiden Naturen.
Ein elementarer Aspekt der christologischenChristologie Fragen ist die soteriologische Implikation: Wie kann Jesus ChristusJesus Christus als ein Mensch, dessen Göttlichkeit nicht präsent ist, die Menschheit erretten? Oder welchen „Wert“ hat die Errettung durch einen Gott, der nicht auch ganz und gar Mensch war?
Die schließlich vom KonzilKonzil / Konziliarismus in Chalcedon 451 verabschiedeten Beschlüsse, die von dem römischen Papst Leo I.$Leo I., Pontifikat 440–461, römischer Bischof, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 440–461) vorbereitet worden waren, gingen von zwei Naturen in einer Person aus. Das Verhältnis der beiden Naturen wurde dogmatisch in der Zwei-Naturen-LehreZwei-Naturen-Lehre festgeschrieben: Christus war vollkommener Gott und gleichermaßen vollkommener Mensch, weder miteinander vermischt noch voneinander getrennt. Die Schlagworte dazu lauteten: unvermischt, unverwandelt, ungeschieden, ungetrennt.
Mono- bzw. miaphysitische AuseinandersetzungenObwohl mit der Charakterisierung unvermischt die Anliegen der Antiochener und mit ungetrennt die Position der Alexandriner aufgenommen wurden, erfuhren die Streitigkeiten in den sogenannten mono-ChristologieMonophysitische oder miaphysitischenChristologieMiaphysitische Auseinandersetzungen nach dem KonzilKonzil / Konziliarismus ihre Fortführung.
Eine theologische Haltung, die sich wiederum in diverse Richtungen ausdifferenzierte, war die, in Christus eine gottmenschliche NaturNatur und nicht zwei Naturen am Wirken zu sehen. Diese miaphysitischeChristologieMiaphysitische (griech.: mia physis = ‚eine Natur‘) Vorstellung setzte sich bei mehreren orientalischen Kirchen durch, und wird bis heute von der Armenischen, Koptischen, Äthiopischen, Eritreischen, Syrischen und Malankara Orthodoxen Kirche vertreten. Diese Kirchen kritisierten am Chalcedonense, dass die Einheit Christi zerstört würde. Die Äthiopischen und Eritreischen Kirchen tragen in ihren Selbstbezeichnungen bekenntnishaft den Begriff TewahedoTewahedo (= ‚Einheit‘). Mit dieser „Einheit“ ist nicht die Kircheneinheit o.ä. gemeint, sondern die Einheit der beiden Naturen Christi gemäß der miaphysitischenChristologieMiaphysitische Vorstellung.
Politische DifferenzenZu den theologischen Auseinandersetzungen kamen spezifisch politische und kirchenpolitische Schwierigkeiten. Für die Auseinandersetzungen zwischen Antiochien und Alexandrien waren die kirchenpolitischen Rivalitäten der Patriarchate gegenüber Konstantinopel relevant. Die Kirchen in Ägypten und Syrien widersetzten sich der Byzanz-Zentrierung. Kirchen auf Gebieten, die politisch nicht zum oströmischen Reich gehörten, z.B. Armenien und Äthiopien, strebten nach Erhalt der Unabhängigkeit, in enger Verflechtung mit ihren regionalen Königtümern. So begannen sich schon in der frühen Zeit des Christentums einzelne Kirchen vom Hauptstrom der Kirche im (ost)römischen Reich zu distanzieren.
2.3 Die Trennung der Ost- und Westkirche
Das Große Morgenländische SchismaSchismaMorgenländischesMorgenländisches SchismaEine weitere Trennung grundsätzlicher Art vollzog sich in der Zeit des Mittelalters zwischen der östlichen und der westlichen Kirche. Diese Trennung, das Große Morgenländische SchismaSchismaMorgenländischesMorgenländisches Schisma, wird im Allgemeinen auf das Jahr 1054 datiert, bahnte sich aber mit einer schleichenden Entfremdung der östlichen und westlichen Kultursphäre, bedingt u.a. durch die sprachlichen Unterschiede, über mehrere Jahrhunderte hinweg an. Zusätzlich sorgte das wachsende kirchenpolitische Interesse des römischen Papstes an der Jurisdiktionsgewalt über die anderen Bischofssitze für Spannungen. Diese mündeten schließlich in den Ereignissen des Jahres 1054, als durch einen Legaten von Papst Leo IX.$Leo IX., Pontifikat 1049–1054, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1049–1054) in einer Bannbulle die ExkommunikationExkommunikation über den damaligen PatriarchenPatriarch Michael I.$Michael I. (Kerularios), um 1000–1059, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel (Kerularios; um 1000–1059) von Konstantinopel und weiterer oströmischer Kirchenführer verhängt wurde. Im Gegenzug wurde der römische Abgesandte von Michael I. exkommuniziert – bemerkenswerterweise nicht der Papst selbst – sowie der Name des römischen Papstes aus den Passagen der Fürbitte in der byzantinischen LiturgieLiturgie gestrichen. Die gegenseitige Exkommunikation wurde erst 1965 von Papst Paul VI.$Paul VI., Pontifikat 1963–1978, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1963–1978) und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras I.$Athenagoras I., 1886–1972, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel (1886–1972, Patriarch: 1948–1972) offiziell zurückgenommen.
Das FilioqueFilioqueIn der päpstlichen Bulle von 1054 wurde den östlichen Kirchen u.a. unterstellt, das FilioqueFilioque (= ,und aus dem Sohn‘) aus dem GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnis gestrichen zu haben. Allerdings war dieses von der westlichen Kirche ohne Absprache mit der östlichen überhaupt erst in das BekenntnisBekenntnis eingefügt worden. Im griechischen Urtext des Nicäno-KonstantinopolitanumBekenntnisNicäno-Konstantinopolitanum, den das KonzilKonzil / Konziliarismus 381 festgelegt hatte, heißt es: „[Wir glauben] an den Heiligen GeistHeiliger Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater hervorgeht“. Der westkirchliche Zusatz zum Glaubensbekenntnis „[Wir glauben] an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht“ ist von den östlichen Kirchen nie bestätigt und anerkannt worden. Das Filioque sollte die gesamte Kirchengeschichte als das trennende Symbol von Ost- und Westkirche durchziehen.
Der KreuzzugKreuzzug gegen Konstantinopel 1204Zum endgültigen Bruch zwischen Ost- und Westkirche kam es durch den 4. KreuzzugKreuzzug 1204, als ein Kreuzfahrerheer aus französischen und venezianischen Rittern und Seefahrern, deren geplante Eroberung Ägyptens zu scheitern drohte, gegen das Verbot des Papstes den Kreuzzug nach Konstantinopel umlenkte. Die Tragweite dieses Ereignisses bestand darin, dass eine christliche Stadt von christlichen Rittern, die sich eigentlich der Verteidigung des Christentums gegen den Islam verschrieben hatten, geplündert und ihre Bewohner getötet oder grausam misshandelt wurden. Auch die christlichen Kirchen wurden von den Kreuzfahrern nicht verschont, kostbare Reliquien geraubt und Kirchengut gestohlen. Der byzantinische Kaiser wurde vertrieben und für einige Jahrzehnte herrschten an seiner Stelle Vasallen des Papstes und der Stadt Venedig über das byzantinische Reich. Die byzantinische Kultur entwickelte sich in dieser Zeit in mehreren kleinasiatischen Exilreichen neu. Mit dem 4. Kreuzzug war die Trennung zwischen Ost- und Westkirche nicht mehr nur ein theologisches oder kirchliches Phänomen, sondern eine für das Volk spürbare Realität.
UnierteUnion / Uniert Kirchen des OstensIn den folgenden Jahrhunderten kam es zu weiteren, für die Orthodoxie schmerzlichen Eingriffen der westlichen Kirche in ihre Kirchensituation. Im grundsätzlichen Bemühen der Römisch-katholischen Kirche, die altorientalischen und griechisch-orthodoxen Kirchen in die römische Jurisdiktion zurückzuführen, entstanden vor dem Hintergrund verschiedener kirchenpolitischer Konstellationen und politischer Ereignisse im Orient und in Ost- und Südosteuropa sogenannte unierteUnion / Uniert, d.h. griechisch-katholische, mit Rom verbundene Kirchen. Kennzeichen der unierten Kirchen ist, dass sie orthodox geprägt sind, die orthodoxe LiturgieLiturgie feiern und strukturiert sind wie orthodoxe Kirchen, bis hin zu dem Umstand, dass es bei ihnen verheiratete PriesterPriester gibt [→ Orthodoxe Kirche], dass sie aber der Jurisdiktion des Papstes unterstehen und als äußeres Kennzeichen das GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnis mit dem FilioqueFilioque beten.
Die Entstehung der unierten Kirchen führte zu einer Verdoppelung der Hierarchien: Zu nahezu jeder altorientalischen