Gisa Bauer

Grundwissen Konfessionskunde


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Heiligen Apostolischen Katholischen Assyrischen Kirche des Ostens die Chaldäisch-Syrische Kirche (auch: Chaldäisch-Katholische Kirche) des Ostens. Der → Armenischen Kirche entspricht die 1742 unierteUnion / Uniert Armenisch-Katholische Kirche. Das römisch-katholische Pendant der griechisch-orthodoxen Kirche von Alexandrien [→ Patriarchat von Alexandrien] und von Antiochien [→ Patriarchat von Antiochien] ebenso wie der orthodoxen Jerusalemer Kirche [→ Patriarchat von Jerusalem] ist die Melkitische Griechisch-Katholische Kirche, die sich in einem längeren Prozess im 17. Jahrhundert herausbildete und heute eine der größten Kirchen im Libanon darstellt.

      Nur wenige römisch-katholische östliche Kirchen sind nicht als Re-Unionsbemühung Roms aus einer altorientalischen oder orthodoxen Kirche hervorgegangen. Die altorientalische römisch-katholische Maronitisch-Syrische Kirche [→ Syrische Orthodoxe Kirche von Antiochien und dem ganzen Osten], die im 7. Jahrhundert entstand und sich auf den Bischofssitz in Antiochien zurückführt, ist ein Beispiel für eine solche selbstständig gediehene römisch-katholische östliche Kirche.

      Im 17. Jahrhundert trieb besonders das Wirken der Societas JesuSocietas Jesu, der ,Jesuiten‘, das römisch-katholische Bestreben voran, die Orthodoxie mit dem Katholizismus zusammenzuführen, im 19. und frühen 20. Jahrhundert waren es häufig nationalpolitische Interessen, die die Gründung unierter Kirchen forcierten. In den meisten osteuropäischen Ländern unter kommunistischer Herrschaft wurden die mit Rom unierten Kirchen im 20. Jahrhundert verboten und ihre Geistlichen und Mitglieder zur Konversion zur Orthodoxie gezwungen.

      Im Hinblick auf Mitgliederzahlen sind diese Kirchen eher kleine Religionsgemeinschaften. Aber sie bilden bis heute ein Spannungsfeld im Verhältnis von Orthodoxie und römischen Katholizismus.

      2.4 Die orthodoxen Kirchen unter islamischer Herrschaft

      Die nachhaltigste Erschütterung in der Geschichte der meisten altorientalischen und einiger byzantinisch-orthodoxer Kirchen stellte die jahrhundertelange muslimische Herrschaft auf ihren Gebieten dar.

      In der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts gewannen die Araber die Vormacht im gesamten Orient. Von Ende April bis Anfang Mai 1453 wurde Konstantinopel erobert. Das bedeutete das Ende des byzantinischen Reichs. Die Flucht zahlreicher griechischer Gelehrter in den lateinischen Westen und die damit verbundene Anhebung von Wissen und antiker Bildung leitete in Europa RenaissanceRenaissance und HumanismusHumanismus ein. Anfang des 16. Jahrhunderts weitete sich die osmanische Herrschaft auch über Syrien und Ägypten aus.

      Lebensbedingungen der ChristenMit der Herrschaft von Nicht-Christen änderten sich die Lebensbedingungen der Christen auf den jeweiligen Gebieten grundlegend, wenn auch regional sehr verschieden und von den Lokalbehörden flexibel geregelt. Prinzipiell waren Christen Schutzbefohlene, die gegen die Zahlung einer Kopfsteuer ihre ReligionReligion frei ausüben durften. Allerdings waren Mission unter Muslimen und die öffentliche Repräsentation des Christentums verboten. Durch die fehlenden Möglichkeiten der Verbreitung des Christentums, durch Repressionen und Fluchtbewegungen entwickelte sich das Christentum, ehemals die beherrschende Religion des Orients, im Laufe der Jahrhunderte zu einer Minderheitenreligion. In den meisten Ländern unter muslimischer Oberhoheit stagnierte die Entfaltung und Weiterentwicklung von Theologie durch die Einschränkungen im Bildungsbereich und das Fehlen eigener theologischer Ausbildungsstätten.

      Die Situation vom 19. bis zum 21. JahrhundertDie Krise des osmanischen Reichs im 19. und frühen 20. Jahrhundert und die Herausbildung muslimischer Nationalstaaten führte die christlichen Gemeinschaften auf den entsprechenden Gebieten teilweise in schwerste Christenverfolgungen.

      Heute ist das Zusammenleben von Christen und Muslimen in den verschiedenen orientalischen Nationalstaaten unterschiedlich geregelt.

      2.5 Die Kirche des Westens im Mittelalter

      Abendländisches SchismaInnerhalb der westlichen Reichskirche kam es an verschiedenen Orten in verschiedenen Zusammenhängen zu Spannungen. Ein Brennpunkt war der mal mehr, mal minder offen ausgetragene Konflikt zwischen Kaiser und Papst um die weltliche Vorherrschaft.Das Abendländische SchismaSchisma Die Kirche geriet immer mehr in enge Vernetzungen mit der Politik der Zeit und wurde davon geprägt. Das führte die Reichskirche letztlich zur babylonischen Gefangenschaft des Papstes in Avignon und 1378 zum Abendländischen SchismaSchismaAbendländischesAbendländisches Schisma, einer Zeit, in der es zwei bzw. drei Päpste gab. Erst auf dem KonzilKonzil / Konziliarismus von KonstanzKonzil / KonziliarismusKonzil von Konstanz (1414–1418) konnte dieser Zustand überwunden werden.

      Reformbewegungen und KirchenkritikDie politischen und kirchenpolitischen Turbulenzen, in denen sich die Reichskirche befand, erklären, warum theologische Impulse vielfach von den OrdenOrden ausgingen. Sie gaben mit ihren Reformbemühungen den Anstoß für neue geistliche Aufbrüche. Insbesondere die Armutsbewegungen führten der Reichskirche vor Augen, wie weit sie sich von ihren Anfängen entfernt hatte. Neue BewegungenBewegung(en) wie die KatharerKatharer (= die ,Reinen‘) oder die Waldenser brachen mit der Reichskirche und wurden als Ketzer verfolgt. Diese Bewegungen und auch Kirchenkritik und Reformbemühungen einzelner Theologen wie John Wyclif$Wyclif, John, um 1320/30–1384, Theologe, Vorreformator (um 1320/30–1384) oder Jan Hus (1370–1415)$Hus, Jan, 1370–1415, Theologe, Vorreformator konnten kirchlicherseits unterdrückt werden, jedoch ohne die zugrundeliegenden Ideen ganz auslöschen zu können. Lediglich die politische Lage im 16. Jahrhundert verhinderte, dass die römische Kirche ähnliche Reformbestrebungen auf deutschem Gebiet unterbinden konnte. So kam es in diesem Jahrhundert zur tiefgreifenden Veränderung der kirchlichen Landschaft im Westen.

      2.6 Die Reformation

      Die westliche Kirche wurde durch das Wirken des Wittenberger Mönches Martin Luther (1483–1546)$Luther, Martin, 1483–1546, evangelischer Theologe, Reformator, Namensgeber der Lutheraner grundlegend verändert. Sein Ziel, die römische Kirche zu reformieren, führte dazu, dass sich in Westeuropa mehrere Konfessionen manifestierten.

      Die Wittenberger ReformationMartin Luther entdeckte als Professor für biblische Exegese in Wittenberg im Zuge der Auslegung des Römerbriefs, dass die Gerechtigkeit Gottes kein distributiv-strafendes Handeln Gottes meint, sondern eine heilschaffende Kraft ist. Allein der Glaube an Jesus ChristusJesus Christus als den Retter und Erlöser rechtfertigt den Menschen. Keine guten Taten, keine verdienstvollen Werke, kein AblassAblass, nicht einmal die Vermittlung der Kirche sind für die Erlangung des Heils notwendig, lediglich das gnädige Handeln Gottes. Mit dieser Theologie geriet Luther in Widerspruch zu seiner Kirche. Er stieß eine kirchliche Reformbewegung an, der sich sowohl große Teile des Kirchenvolkes als auch Fürsten anschlossen. Die Reformation nahm politische Dimensionen an.

      Auf dem Augsburger Reichstag 1530 überreichten die „neugläubigen“ Stände Kaiser Karl V.$Karl V., 1500–1558, 1520–1556 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (1500–1558; König seit 1516 /1519, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs seit 1520, 1556 Niederlegung aller ÄmterAmt) das bis heute grundlegende GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnis der evangelischen Kirchen, die Confessio AugustanaConfessio Augustana (CA), das ‚Augsburger BekenntnisBekenntnis‘.

      Eine der wesentlichen Veränderungen, die die neue Lehre kirchenrechtlich auf den protestantischen Gebieten bewirkte, war die Übernahme der Verantwortung für die neue religiöse Ordnung durch die Landesherren, die die Rolle der Bischöfe einnahmen. In den Jahren 1526 bis 1532 bildete sich das protestantische LandeskirchentumLandeskirchentum heraus.

      Die Zürcher ReformationEin Zweig der Reformation neben dem, der sich in Wittenberg herausbildete, entstand in Zürich unter dem Einfluss des vom HumanismusHumanismus geprägten Huldrych Zwingli (1484–1531)$Zwingli, Huldrych, 1484–1531, evangelisch-reformierter Theologe, Reformator, der um 1516 zu der Einsicht kam, dass die Klarheit der Schrifterkenntnis im Erfassen des buchstäblichen Sinns der Schrift liege. Zwingli wurde 1519 an die bedeutendste Kirche