G. D. Brademann

Comanchen Mond Band 2


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Ausdruck, während er weitersprach. „ Sie kann Wunden zusammennähen, da bleiben schnurgerade Narben zurück. Nicht solche unschönen Wülste, wie sie Great-Mountain draufhat. Hier“, damit hielt er ihm den nackten Oberarm hin. „Das hat sie mir sauber zusammengenäht – eine gerade Linie, wie du sehen kannst.“

      Storm-Rider rümpfte die Nase und verzog geringschätzig den Mund. „Pah! Wenn man nichts mehr davon sehen kann, heißt das wohl, dass deine Verletzung nicht von Bedeutung war. Solche Wunden näht jedes kleine Kind gerade zusammen.“

      „Nein, du weißt genau, dass das nicht stimmt. Du musst ja nicht alles gutheißen, was Summer-Rain tut. Ich weiß wirklich nicht, was du gegen sie hast. Mir ist sie nie egal gewesen. Wenn sie von ihrem Erkundungsritt zurück ist, wird sie uns bald wieder verlassen. Diesmal aber endgültig. Ich jedenfalls finde das schade – noch dazu wegen eines Cheyenne. Das hätte einfach nicht passieren dürfen. Sie ist eine Comanche und gehört hierher zu uns.“

      Diese Feststellung hing drei Herzschläge lang in der Luft, bevor Storm-Rider mit hochgezogenen Brauen, die er im Gegensatz zu seinen Freunden nie auszupfte, durch einen zur Hälfte geöffneten Mundwinkel hervorstieß: „Das ist wohl so, That-Swims-Through-The-River.“ Als es heraus war, schluckte er schwer. Seine Kehle war wie ausgetrocknet.

      Gray-Wolf schürzte die Lippen, bevor er ebenfalls seine Meinung kundtat. „Wer weiß denn schon mit Sicherheit, ob dieser Cheyenne überhaupt jemals zurückkommt? Auf dieses Volk war doch noch nie Verlass. Unsere Großväter haben zwar damals diesen Großen Frieden mit ihnen geschlossen, doch das heißt noch lange nicht, dass sie uns ebenbürtig sind!“ Bei dieser Verkündung blickte er triumphierend in die Runde und warf sich in Position.

      Mühsam hob Light-Cloud den Kopf. Er hatte diesem Gespräch trotz seiner Schmerzen folgen können.

      „Summer-Rain wird uns verlassen“, brachte er heraus, hustete und spuckte Blut. „Egal, was ihr sagt – auf den Cheyenne ist Verlass. Ihr seid wie gackernde Truthühner, die sich um einen Wurm streiten, der im Boden verschwindet. Wenn ich seiner nicht so sicher gewesen wäre, denkt ihr etwa, ich hätte sie ihm versprochen?“

      Storm-Rider, der so tat, als interessierte ihn das alles nicht, sog die Wangen nach innen, während Swimmer und Little-Wolf enttäuscht vor sich hin nickten. Gray-Wolf schwieg betreten, er hatte Light-Cloud mit seinen Worten natürlich nicht beleidigen wollen.

      Da meinte Light-Cloud leise, an keinen im Besonderen gewandt: „Warum eigentlich hat außer Swimmer niemand Interesse an meiner Schwester gezeigt? Da muss erst ein Fremder kommen, und jetzt beschwert ihr euch!“

      Es folgte betretenes Schweigen und Schulterzucken. Nein, so war es nicht. Es gab eine einfache Erklärung, und ihrer aller Verlegenheit war Antwort genug. Eigentlich trug Summer-Rain ja an diesem Zustand selber die Schuld. Die jungen Männer befürchteten jedenfalls, von ihr abgewiesen oder was noch viel schlimmer war – lächerlich gemacht zu werden. Das wollte niemand, und so zog sich mancher bereits beim ersten Anzeichen einer Abfuhr zurück. Summer-Rain hatte eine scharfe Zunge, und deshalb überlegte man es sich reiflich, überhaupt mit ihr anzubandeln. Sie gaben lieber auf, als sich zu blamieren. Summer-Rains Stolz und ihre Unnahbarkeit schreckten sie alle ab – und die Gewissheit, dass es sowieso vergebliche Mühe wäre, seine Zeit mit ihr zu verschwenden. Das war die Wahrheit, die aber niemand sich laut zuzugeben getraute.

      Storm-Rider legte schweigend eine Hand auf die blutige Flanke von Light-Clouds Braunem. Er schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein. Trotz seines Zustandes bemerkte es Light-Cloud. Etwas an dem Gesichtsausdruck des Freundes ließ ihn jetzt stutzen. Es war nur ein kurzes Aufflackern der goldenen Sprenkel in den braunen Augen, ein kurzes Blinzeln. Die letzte Bemerkung über seine Schwester hing noch immer in der Luft. Sie schien die Männer verlegen gemacht zu haben. Jedenfalls blickten sie sich an, als wüssten sie alle außer ihm Bescheid.

      „Wir waren überrascht, Light-Cloud“, ergriff Little-Wolf zögernd das Wort, „als das mit Running-Fox bekannt wurde. Das hat einige von uns schwer getroffen. Keiner konnte es so recht begreifen. Ich möchte jetzt keine Namen nennen, doch so war es.“ Ein Seufzer entrang sich ihm, und er schaute verlegen zur Seite. Natürlich hatte es alle überrascht! Summer-Rain wählte ausgerechnet einen Fremden!

      „Eben war sie noch das Mädchen, an dessen Anblick man sich erfreute, ohne weiter darüber nachzudenken – und dann schnappt sie uns ein Fremder einfach vor der Nase weg“, offenbarte Little-Wolf seine Gedanken den anderen. Kurz überlegte er, zu schweigen, aber dann sprach er doch weiter, Light-Cloud einen schelmischen Blick zu werfend. „Deine Schwester kam mir immer wie ein wunderschöner Pilz vor, den man aber nicht zu essen wagt – aus Angst, sich zu vergiften. Obwohl es da nur etwas mehr Mut gebraucht hätte. Keiner von uns hat den gehabt. Naja, vielleicht von Swimmer einmal abgesehen.“

      Seine Freunde prusteten los und feixten. Little-Wolf jedoch redete unbeirrt weiter, als sei er stolz darauf, das endlich laut aussprechen zu können, was andere insgeheim dachten. „Glaube mir, deine Schwester schwirrt immer noch in so manchen Köpfen herum, ohne dass sie das auch nur ahnt.“

      „Naja, man sollte sich ja eigentlich vor giftigen Pilzen vorsehen“, meinte Gray-Wolf leicht belustigt.

      Little-Wolf runzelte die Stirn und warf ihm einen wütenden Blick zu. „Ich habe nicht gesagt, dass sie ein giftiger Pilz ist, du Schlauer. Ich hab gesagt, dass man Angst haben könnte, sich zu vergiften – nicht dass es so ist!“ Er musterte Swimmer, der bisher geschwiegen hatte. „Ich will damit sagen“, fuhr er fort, ihn nicht aus den Augen lassend, „sie hat so eine Art, die die Männer abschreckt. Wer holt sich schon gern eine Abfuhr? Dieser Blamage setzt sich kein vernünftiger Mann gern freiwillig aus. Höchstens, er ist so verrückt, wie ich es im vergangenen Sommer war.“

      Seine Stimme stockte, er biss sich auf die Unterlippe. Wollte er ihnen das wirklich jetzt hier, in aller Öffentlichkeit, erzählen? Einen Augenblick lang zögerte er, doch dann zog er die Schultern hoch und redete weiter. „Sie hat gelacht und mich verspottet, als ich ihr wie ein treuer Hund überallhin gefolgt bin. Jedes andere Mädchen hätte sich geehrt gefühlt. Glaubst du wirklich, Light-Cloud, das hält ein Mann lange durch? Ich jedenfalls hab‘s aufgegeben. Allerdings hat das einen vollen Mond lang gedauert. Und Swimmer? Frag ihn, er wollte erst mit dir, als ihrem Bruder, reden, bevor er sich eine Abfuhr holt. Natürlich hat Summer-Rain das mitgekriegt. Frag ihn – los, frag ihn danach!“

      Der junge Mann, jetzt darauf angesprochen, schaute ziemlich verlegen drein. Das ganze Gespräch war ihm sichtlich unangenehm. Trotz der Schmerzen grinste Light-Cloud in sich hinein. Nein, sagte er sich – nein. Seine Schwester hatte etwas Besseres als einen dieser Männer verdient. Er suchte nach den richtigen Worten, schließlich wollte er niemanden beleidigen. Was, dachte er, hat mir meine kleine Schwester noch alles verschwiegen? Und da fielen ihm Storm-Riders Worte wieder ein. Damals, als sie miteinander von dem Geröllfeld zurückgekommen waren, als der Freund mit Gray-Wolfs Hilfe seine Dark-Night in Sicherheit gebracht hatte. Tief auf den Widerrist seines Kriegsponys gebeugt, konnte er von dieser Position aus Swimmers Gesicht nicht sehen. Aber seine Füße, die jetzt ins Stolpern gerieten. Etwas belustigt richtete er deshalb seine nächsten Worte nach unten, direkt an Swimmers Mokassins. „Ich frage dich also, Swims-Through-The-River – außer der Absicht, mir für meine Schwester Pferde zu versprechen: Was hast du denn sonst noch so getan?“

      Swimmer stolperte abermals, denn er hatte den scharfen Ton in Light-Clouds Stimme wohl herausgehört. Etwas verwirrt schaute er besser auf den Weg. So hatte er gleich einen Vorwand, Light-Cloud nicht ins Gesicht sehen zu müssen. „Naja“, druckste er, „was man eben so tut.“

      Gray-Wolf, der jetzt hinter ihm ritt und den er nicht sehen konnte, verkniff sich nur mühsam das Lachen.

      Etwas kleinlaut kamen die nächsten Worte von Swimmer, der nicht recht wusste, ob man ihn herausfordern oder sich über ihn lustig machen wollte. „Ich hab ihr vorgeschlagen, mit mir auszureiten, ihr kleine Geschenke gemacht, die sie aber nicht angenommen hat. Solche Sachen eben, die man so tut bei einem Mädchen. Sie wollte nicht einmal bunte Bänder haben, die doch wohl keine, die etwas auf sich hält, abgelehnt hätte! Bunte Perlen wollte sie auch nicht. Zuerst hat sie mich einfach nur stehen lassen, wenn ich mit ihr reden