G. D. Brademann

Comanchen Mond Band 2


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Mann – das kann jeder bezeugen. Für sie anscheinend nicht gut genug. Immerhin hat sie mich nicht ausgelacht.“

      Betreten schwieg er; die ganze Sache vor seinen Freunden auszubreiten, war ihm jetzt irgendwie peinlich.

      Light-Cloud nickte. Er respektierte die Ehrlichkeit, mit der er gesprochen hatte. „Davon wusste ich nichts“, meinte er deshalb in entschuldigendem Ton. Seine Schwester hatte also auch ihre Geheimnisse gehabt – nicht nur er. „Das ist jetzt sowieso nicht mehr von Belang“, tat er das Thema ab.

      Storm-Rider, der etwas zurückgefallen war, wischte sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Swimmer reckte sich zu Light-Cloud hoch und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Beide blickten sich an. „Sie wird uns verlassen“, sagte er leise, „weggehen, mit diesem Fremden.“ Swimmers Stimme klang weich und bedauernd. „Niemand wird etwas dagegen tun können; eine Frau gehört zu ihrem Mann.“

      Das war richtig, und doch – plötzlich hörten sie die laute Stimme von Storm-Rider in ihrem Rücken. „Noch ist das nicht entschieden.“

      „He“, meinte Light-Cloud, dem eine heiße Welle Schweiß über das Gesicht rinnen ließ, „habt ihr nichts anderes zu tun als euch über meine Schwester auszulassen?“

      Erschöpft fielen ihm die Arme auf die Flanken seines Mustangs hinunter. Es wurde Zeit, dass er in die Obhut von Großmutter kam. Nur mit Mühe schaute Light-Cloud auf, blinzelte, da er jetzt alles nur wie durch einen grauen Schleier sah. „Mir fließt Blut aus dem Körper wie bei einem Topf der Tejano, in den wir Löcher geschossen haben, und ihr redet nur von meiner Schwester. Kümmert euch lieber um den, der hier wie ein angeschossenes Wild über seinem Kriegspferd hängt.“ Seine Augen waren jetzt geschlossen, sein Atem ging mühsam. Augenblicke später flankierten ihn wieder, wie zuvor schon, Gray-Wolf und Storm-Rider.

      Inzwischen waren sie schon so weit an sein Tipi herangekommen, dass Großmutter sie eigentlich hören musste. Das hatte sie tatsächlich, denn sie erschien genau in diesem Moment davor. Dark-Night in ihrem eigenen Tipi gut versorgt wissend, hatte sie hier inzwischen alles für Light-Cloud vorbereitet. Sogar Fleischbrühe brodelte bereits über dem Feuer in einem Kessel. Die letzten Schritte seines treuen Pferdes bis zu seinem Tipi bekam Light-Cloud schon nicht mehr mit; er war in einen Wachtraum gefallen. Die Stimmen der Freunde verhallten in seinem Kopf wie ein abklingendes Echo. Vor seinen Augen verschwammen die Konturen des Flusses. Die Körper der Pferde auf der anderen Seite drüben im Canyon überlagerten sich. Der Blutverlust und das beginnende Fieber forderten bereits ihren Tribut. Light-Cloud glitt in eine andere Welt hinüber. Ohne dass er sein Bewusstsein wiedererlangte, brachten sie ihn in sein Tipi, wo Großmutter ihn übernahm. Später würde Moon-Night sich ebenfalls um ihn kümmern. Dark-Night musste auch gepflegt werden, und Dream-In-The-Day kam, um lange nicht mehr von ihrer Seite zu weichen.

      Auch Icy-Wind war schwer verwundet. Viel schwerer als seine Verletzungen jedoch war für ihn die Erkenntnis, sich all die Zeit über nur etwas vorgemacht zu haben, was seine Gefühle für Sun-In-The-Red-Hair betraf. Sun-In-The-Red-Hair! Wenn er jetzt in der Nacht zu schlafen versuchte, erschien sie ihm immer öfter in seinen Träumen, ihre Haare rot wie der Sonnenuntergang. Ein Gesicht, so voller Sonnenspuren, dass es einem den Atem verschlug, und Augen, die ihn ansahen, flehten, baten. Anstatt sich als ihr Beschützer zu erweisen, hatte er ihr nur Gewalt angetan. Er, Icy-Wind, hätte wie Three-Bears handeln müssen. Diese Erkenntnis kam ihm viel zu spät. Doch den Hass und den Neid, den die Zeit in ihn hineingefressen hatte – den konnte dieser Mann nicht verwinden. Der Stachel, dass ihm etwas weggenommen worden war, das eigentlich ihm zugestanden hätte, egal, wessen Schuld das am Ende auch war – saß tief. Beim Anblick von Light-Clouds Haaren, dem rötlichen Schimmer darin, war alles wieder hochgekommen. Er hatte sie in ihm gesehen, Sun-In-The-Red-Hair hatte ihre Macht über ihn niemals verloren. Da begriff er die Bedeutung seines richtigen Namens, den er einst durch einen alten, weisen Mann erhalten hatte: The-One-Who-Should-Not-Look-Back. Das jedoch konnte er nicht, schon lange nicht mehr. Da gab es zu viel, das ihn immer wieder daran erinnerte. Light-Cloud, sagte er sich mit Hass im Herzen – bevor du tot bist, finde ich keine Ruhe vor den Geistern meiner Vergangenheit.

       3. Kapitel

      Storm-Rider besuchte Light-Cloud, wann immer es seine Zeit zuließ. Der Verwundete lag im Tipi, von Großmutter umsorgt, die viel zu viel Aufhebens um ihn machte – behauptete er selbst jedenfalls. Was sie für Dark-Night gewagt hatte, einem Mann wie Icy-Wind so mutig entgegenzutreten, ihn etwas sagen zu lassen, was er niemals sonst gesagt hätte – das rechnete er ihr hoch an. Darauf musste man erst einmal kommen. Doch das sah Großmutter ähnlich. Nie hielt sie sich zurück, wenn es um ihre beiden Lieblinge ging.

      Auch Great-Mountain konnte ein Lied davon singen. Wegen Summer-Rains Wanderung nach Colorado hatte er so manches Streitgespräch mit ihr geführt. Sie hatte den alten Medizinmann und Friedenshäuptling sogar aufs Übelste beschimpft, bevor sich beide mit ihren Meinungen in der Mitte trafen. Weder Großmutter noch Great-Mountain war nachtragend. Das machte die Sache hinterher einfacher. Bei der Versorgung des verwundeten Light-Cloud lagen die Dinge etwas anders. Great-Mountain konnte zwar in ihr Tipi kommen und gehen, wie er wollte, doch wenn es darum ging, Light-Clouds Wunden zu versorgen, hatte er nichts zu sagen; das ließ sie einfach nicht zu.

      Moon-Night und Dream-In-The-Day kümmerten sich inzwischen hingebungsvoll um Dark-Night. Einen Tag nach Light-Clouds Kampf war sie sicherheitshalber in Red-Eagles Tipi übergesiedelt. Dort waren zwei Männer, die ihr Schutz bieten konnten, sollte Icy-Wind seine Ansprüche auf sie erneut anmelden wollen. Ihr Zustand verbesserte sich überraschend schnell – obwohl es am Anfang so ausgesehen hatte, als würde sie das alles nicht überleben. Great-Mountain kam täglich; hier wurde er gelitten, und seine Medizin war willkommen. Dark-Nights Nase würde für immer entstellt bleiben. Ihr schönes Gesicht war zerstört. Die junge Frau, klein und zierlich, bestand nur noch aus Haut und Knochen. Sie versuchte, ihr Gesicht hinter einer breiten Binde aus grünem Stoff – Grün war schon immer ihre Farbe gewesen – zu verbergen. Und sie weigerte sich vehement, Light-Cloud zu sehen.

      Es war ihm egal, wie sie aussah. Sobald er nur selbständig aufrecht stehen und gehen konnte, kam er unaufgefordert in Red-Eagles Tipi. Wütend riss er ihr die Binde von der zerstörten Nase, um ihr damit klarzumachen, dass ihr Aussehen ihm gleichgültig war. Diese Frau gehörte zu ihm – schließlich bestand sie nicht nur aus ihrem Gesicht. Er liebte sie mit jeder Faser seines Körpers, ob entstellt oder nicht.

      So ging ein Mond vorüber. Light-Cloud änderte seine Meinung nicht, was Dark-Night betraf. Auf eine vorsichtige Anfrage von Old-Antelope stellte Icy-Wind keinerlei Ansprüche mehr. Nach den Gesetzen des Volkes genügte das jedoch nicht. Da machte der alte Häuptling Light-Cloud seine Aufwartung. Sie redeten lange miteinander, wie die ganze leidige Angelegenheit am besten für alle Beteiligten geregelt werden konnte. Auch Great-Mountain gesellte sich irgendwann dazu. Am Ende wurde die Beziehung zwischen Dark-Night und Light-Cloud offiziell gemacht, indem sie einen Herold mit dieser Nachricht von Tipi zu Tipi schickten.

      Niemand verschwendete mehr ein Wort über das, was geschehen war. Das Vergangene musste endlich ruhen – nur so konnte man in die Zukunft blicken. Die Frauen, die noch vor einigen Monden Abstand zu Dark-Night gehalten hatten, trafen sich einen Sonnenaufgang später mit Moon-Night, Dream-In-The-Day und Großmutter. Es dauerte nur so lange, bis die Sonne direkt über ihnen stand, um alles Nötige für eine Hochzeit vorzubereiten.

      Das Tipi von Light-Cloud reichte für beide aus; deshalb musste es nur noch innen etwas verschönert werden. Die formlose Hochzeit fand noch am selben Abend statt. Es gab niemanden, dem der zukünftige Ehemann Pferde als Brautgeschenk überreichen konnte, deshalb verschenkte er – dem Rat von Great-Mountain folgend – drei seiner besten an ärmere Mitglieder des Lagers. Die Hochzeitsgaben, die sich bald darauf vor ihrem Tipi stapelten, wurden, wie es Tradition war, an bedürftige Familien weitergereicht. Dark-Night behielt nur das Notwendigste. Großmutter bereitete ihnen ein Festessen zu, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatte. Und so verschwanden gegen Abend Light-Cloud und Dark-Night ganz offiziell glücklich in ihrem Tipi. Der begehrteste Junggeselle in fortgeschrittenem Alter war vergeben. Weil er sich nicht schonte, heilten seine Wunden nur langsam, denn er