κT ebenfalls klein ist, kann der Quotient α2/κT trotzdem groß werden. Das bedeutet, dass zwar bei der Ausdehnung einer solchen Substanz nur eine geringe Arbeit gegen den Atmosphärendruck verrichtet werden muss, aber eine große Arbeit, um die Atome der Probe auseinander zu ziehen.
Illustration 2.12
Die Koeffizienten der thermischen Ausdehnung bzw. der isothermen Kompressibilität von Wasser bei 25 °C sind in Tab. 2.8 angegeben mit α = 2,1 × 10−4 K−1 und κT = 49,0 × 10−6 bar−1 (4,90 × 10−10 Pa-1). Das Molvolumen (Vm = M/ρ mit der Massendichte ρ) von Wasser bei dieser Temperatur ist 18,1 cm3 mol−1 (1,81 × 10−5 m3 mol−1). Mit Gl. (2.45) ergibt sich für die Differenz zwischen den molaren Wärmekapazitäten (mit Vm anstelle von V)
Für Wasser bei 25 °C erhalten wir Cp,m = 75,3 J K−1 mol−1 im Vergleich zu CV,m = 74,8 J K−1 mol−1. Für manche Substanzen unterscheiden sich die Wärmekapazitäten um bis zu 30 %.
2.4.3 Änderungen der Enthalpie
Analoge Überlegungen können wir auch für die Enthalpie anstellen; wie wir wissen, ist H = U + pV. Die Größen U, p und V sind sämtlich Zustandsfunktionen; H muss daher auch eine Zustandsfunktion sein und dH ein totales Differenzial. Wie sich herausstellt, ist H als thermodynamische Funktion besonders nützlich, wenn wir den Druck kontrollieren können; einen Hinweis darauf lieferte bereits Gl. (2.18b), ΔH = qp. Wir fassen H deshalb als Funktion von p und T auf und gehen vor wie in Abschn. 2.4.2, um einen Ausdruck für die Temperaturabhängigkeit von H bei konstantem Volumen zu finden.
Herleitung 2.2: Die Abhängigkeit der Enthalpie von Druck und Temperatur
Für ein geschlossenes System mit konstanter Zusammensetzung gilt: Da H eine Funktion von p und T ist, ändert sich die Enthalpie bei einer infinitesimalen Änderung dieser Größen um
Der zweite Differenzialquotient ist gleich Cp; wir müssen also noch (∂H/∂p)T in erkennbare Größen umformen. Bei konstanter Enthalpie ist dH = 0 und somit folgt aus der vorherigen Beziehung
Nach Division beider Seiten durch dp erhalten wir
Der in dieser Gleichung auftretende Joule-Thomson-Koeffizient μ ist als
definiert. Für ein geschlossenes System mit konstanter Zusammensetzung ergibt sich
Illustration 2.13
Der Joule-Thomson-Koeffizient von Stickstoff bei 298 K und 1 atm ist +0,27 K atm−1 (siehe Tab. 2.9). Beachten Sie, dass μ eine intensive Eigenschaft ist. Für die Temperaturänderung des Gases bei einer Druckminderung um −10 atm bei isenthalpen Bedingungen erhalten wir
Tab. 2.9 Inversionstemperaturen (TI), Schmelz- (TSm) und Siedepunkte (TS) und Joule-Thomson-Koeffizienten (μ) bei 1 atm und 298 K.*)
Substanz | TI/K | TSm/K | TS/K | μ/(K atm−1) |
Ar | 723 | 83,8 | 87,3 | |
CO2 | 1500 | 194,7 | 1,10 | +1,11 bei 300 K |
He | 40 | 4,2 | 4,22 | −0,062 |
N2 | 621 | 63,3 | 77,4 | +0,27 |
*) Weitere Werte finden Sie im Tabellenteil im Anhang dieses Buchs.
2.4.4 Der Joule-Thomson-Effekt
Die Analyse des Joule-Thomson-Koeffizienten ist von entscheidender Bedeutung für die technische Verflüssigung von Gasen; wir müssen in der Lage sein, ihn physikalisch zu interpretieren und zu messen. Zur Bestimmung des Koeffizienten ist es nötig, das Verhältnis der Temperatur- zur Druckänderung ΔT/Δp zu messen. Von James Joule und William Thomson (dem späteren Lord Kelvin) stammt die Idee zu einer Messanordnung, in der eine Zustandsänderung isenthalp (d. h. bei konstanter Enthalpie) ablaufen kann (dass dies entscheidend ist, wird in Herleitung 2.3 gezeigt): Sie verbanden zwei Gefäße mit jeweils konstant gehaltenen, unterschiedlichen Drücken durch ein eine poröse Trennwand (ein Drosselventil) miteinander. Durch dieses Ventil ließen sie ein Gas expandieren und maßen die auftretende Temperaturdifferenz (Abb. 2.24). Die gesamte Anordnung war dabei thermisch isoliert, sodass der Prozess adiabatisch verlief. Sie beobachteten eine niedrigere Temperatur auf der Niederdruckseite, wobei die Temperaturdifferenz zwischen beiden Gefäßen proportional zur Druckdifferenz zwischen ihnenwar. Diese Abkühlung durch adiabatische isenthalpe Expansion nennen wir heute den Joule-Thomson-Effekt.
Abb. 2.24 Versuchsanordnung zur Messung des Joule-Thomson-Effektes. Das Gas dehnt sich durch die poröse Trennwand (die hier dieselbe Wirkung wie ein Drosselventil hat) aus; die gesamte Anordnung ist thermisch von der Umgebung isoliert. Wie im Text erklärt, erreicht man auf diese Weise eine isenthape Expansion