Marianne Franz

Die katholische Kirche im Pressediskurs


Скачать книгу

alt=""/>Abb. 9:

       Ablauf der Inhaltsanalyse (Quelle: Früh 2011: 102)

      Das Herzstück der Inhaltsanalyse, die Bildung und Anwendung des Kategoriensystems beim Codiervorgang, ist zugleich ihre Herausforderung. Um die Validität der Methode zu gewähren, müssen die Codierregeln bzw. Kategorien exakt, trennscharf, invariabel und exklusiv in Hinblick auf ihren Bedeutungsgehalt sein. Keine Kategorie darf sich mit einer anderen überschneiden. Es muss alles erfasst werden, was für die Forschungsfrage relevant ist. Dazu werden die Hypothesen in Kategorien verpackt und definitorisch festgelegt,

      „welche Daten benötigt werden, um Schlüsse im Sinne der Hypothese ziehen zu können. Dadurch entsteht ein Formalisierungsproblem derart, dass die Datenstruktur sowohl das theoretische Konstrukt als auch die gemessenen Objekte quantitativ angemessen abbilden muss […]. Es gilt, eine gültige (valide) Messtheorie zu formulieren. So wäre etwa anzugeben, wie aus den zu erhebenden Daten eine schlüssige Interpretation abgeleitet werden kann.“ (Früh 2007: 81)

      Kriterien zur Prüfung der Forschungsfrage können in Je-desto-Formulierungen gefasst werden (vgl. Früh 2007: 100).1 Im Rahmen der Validität ist des Weiteren darauf zu achten, dass bei der CodierungCodierung sowohl harte als auch weiche Indikatoren berücksichtigt werden. Man könnte sie auch als manifeste und latente Indikatoren bezeichnen. Gemeint ist, dass manche Indikatoren aufgrund der allgemeinen Sprachkonventionen von verschiedenen Menschen eindeutig gleich verstanden werden, während andere Indikatoren einen größeren Interpretationsspielraum offenlassen.

      „Es brauchen nicht alle Inhalte, die ein gewisses Maß an Interpretation erfordern, als angeblich inhaltsanalytisch nicht erfassbar ausgeklammert werden, sondern Interpretationsweisen sind durch präzise Umschreibungen und treffende Beispiele einzugrenzen und zugleich offenzulegen. Wenn aufgrund dieser Definition von möglichst vielen Personen möglichst genau dieselben Zeichengestalten mit denselben Bedeutungen verknüpft werden, dann sind auch so genannte ‚latente Inhalte‘ manifest und damit codierbar gemacht.“ (Früh 2007: 123)

      Obwohl die Berücksichtigung der weichen Indikatoren Schwierigkeiten mit sich bringt, wird sie von Früh dennoch empfohlen, weil dadurch die Validität gesteigert wird (die Reliabilität wäre bei der alleinigen Berücksichtigung der harten Indikatoren höher).

      Für die Reliabilität müssen einerseits alle Texte mit denselben Codierregeln analysiert werden. Ein standardisierter Untersuchungsablauf soll dies garantieren. Andererseits müssen die Ergebnisse reproduzierbar sein. In diesem Zusammenhang wird oft von Intra- und Intercoder-Reliabilität gesprochen. Unter CodeCoder wird die Person verstanden, die den Codiervorgang durchführt. Intracoder-Reliabilität bezeichnet die Reproduzierbarkeit der Analyse durch denselben Codierer (überprüfbar z.B. durch die Durchführung der gleichen Analyse zu verschiedenen Zeitpunkten), Intercoder-Reliabilität die größtmögliche Übereinstimmung der Analyseergebnisse verschiedener Codierer zum selben Text. Letztere Variante ist durch eine genaue Codierschulung zu fördern, in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht möglich, da die Untersuchung von einer einzigen Codiererin vorgenommen wird.

      Validität und Reliabilität werden also durch exaktes Arbeiten und vor allem durch eine sorgfältige Testphase des Kategoriensystems gesteigert.

      Unter den verschiedenen Spielarten der Inhaltsanalyse sind für die vorliegende Arbeit interessant2:

       Themen-Frequenzanalyse: Hier bilden die verschiedenen (Haupt-)Themen der Artikel die einzelnen Kategorien. Die ThemenfrequenzanalyseThemenfrequenzanalyse soll vor allem verifizieren, für welche kirchlichen Themen sich die österreichischen und die französischen JournalistenBerichterstattung, religiöseReligionsjournalismusBerichterstattung, religiöse interessieren, für welche weniger und für welche gar nicht. Durch den Vergleich wird ersichtlich, welche Themen vermehrt oder nur selten behandelt werden (Näheres zur Themen-Frequenzanalyse auch bei Früh 2007: 147–212).

       Valenz- bzw. Bewertungsanalyse: Bei dieser Variante der Inhaltsanalyse wird erfasst, welche manifesten bzw. latenten BewertungenBewertung im Textmaterial in Bezug auf kirchliche Personen, Themen usw. vollzogen werden. Hier müssen die „Textbestandteile nach einer zwei- oder mehrstufigen Einschätzungsskala skaliert werden“ (z.B. negative Wertung/positive Wertung) (Mayring 2010: 15). Die Valenzanalyse wird in der vorliegenden Arbeit in die DiskursanalyseDiskursanalyse integriert (Kapitel 13).

      Damit möchte ich diesen Überblick über die Methode der Inhaltsanalyse abschließen (für Weiteres siehe Kapitel 11).

      2.5 Zusammenfassung

      Die vorliegende Arbeit verdankt der Medien- und Kommunikationswissenschaft wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die Kommunikationsbedingungen des Massenmediums Tageszeitung. Medium wird dabei als ein institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal verstanden, das über ein spezifisches Leistungsvermögen verfügt und gesellschaftlich dominant ist (siehe Abschnitt 2.1). Das Medium Tageszeitung vermittelt eine Form der Kommunikation, bei der Zeichen öffentlich, indirekt und einseitig durch technische Verbreitungsmittel an ein disperses Publikum vermittelt werden (siehe Abschnitt 2.2). Diese Charakteristika des Mediums Tageszeitung wirken sich auf seine Medieninhalte aus. Hier liefert die Kommunikatorforschung weitere wesentliche Resultate: Unter Kommunikatoren sind alle am Prozess der Publikation beteiligten Personen und Institutionen zu verstehen. Sie sind insofern mächtig, als sie darüber entscheiden, welche Inhalte auf welche Weise Eingang in die Berichterstattung finden (siehe Abschnitt 2.3). In dieser Entscheidung werden sie allerdings durch mehrere Faktoren beeinflusst. So besagt die Nachrichtenwerttheorie, dass Kommunikatoren dann über Ereignisse berichten, wenn diese über bestimmte Merkmale verfügen (siehe Abschnitt 2.3.1). Die vorliegende Arbeit macht sich die Nachrichtenwerttheorie insofern zunutze, als sie untersucht, durch welche Merkmale sich kirchliche Ereignisse auszeichnen, die im Pressediskurs feszumachen sind. Methodisch greift die Medien- und Kommunikationswissenschaft gerne auf die Inhaltsanalyse zurück, um Medieninhalte zu beschreiben (siehe Abschnitt 2.4.2). Dabei werden mithilfe eines Kategoriensystems mitteilungsinterne Merkmale beschrieben, auf deren Basis man wiederum auf mitteilungsexterne Sachverhalte schließen kann. Die Katgeorien werden dabei sowohl theorie- als auch empiriegeleitet gebildet.

      Medientheoretisch wird davon ausgegangen, dass sich Medien und Gesellschaft bzw. Kultur gegenseitig bedingen (siehe Abschnitt 2.4). Dies ist wesentlich, wenn es zu beschreiben gilt, wie Medien reale Ereignisse wiedergeben, oder anders gesagt, wie sie Wirklichkeiten konstruieren. So besagt das Modell der zirkulären Wirklichkeitskonstruktion nach Schmidt, dass Wirklichkeit in Abhängigkeit von Kultur, Kognition, Medien und Kommunikation konstruiert wird. Bentele spricht davon, dass Medien bzw. Journalisten und Redaktionen Realität rekonstruieren – und zwar nicht in einem individuellen Prozess, sondern beeinflusst vom dahinterstehenden System. Für die vorliegende Arbeit ist bedeutsam, dass objektive Berichterstattung möglich ist, obwohl es sich beim Pressediskurs eben um Rekonstruktion (und nicht etwa um Abbildung) von Wirklichkeit handelt. Allerdings ist Objektivität hier im Sinne von Realitätsadäquatheit (Richtigkeit, Vollständigkeit, Transparenz, Nachprüfbarkeit) zu verstehen (siehe Abschnitt 2.4.1).Medienlinguistik

      

      3 Medienlinguistik

      Die vorliegende Arbeit versteht sich als medienlinguistische Untersuchung. Die Medienlinguistik befindet sich an der Schnittstelle zwischen Medien- bzw. KommunikationswissenschaftKommunikationswissenschaft und Sprachwissenschaft. So verortet Beck (vgl. 2007: 157) Medienlinguistik als Teildisziplin der Kommunikationswissenschaft, Perrin (vgl. 2006a: 30) aber als Teildisziplin der Linguistik. Beheimatet ist sie irgendwo dazwischen, sich mit dem mehr oder weniger gleichen Forschungsgegenstand auseinandersetzend, aus beiden Traditionen schöpfend, was Theorien und Methoden anbelangt.

      „Die Medienlinguistik und die Kommunikations- und MedienwissenschaftMedienwissenschaft (KMW) befassen sich beide mit öffentlicher Kommunikation – mit der Produktion und der Rezeption von Kommunikationsangeboten, mit den Produkten selbst und mit der Umwelt, die diese Kommunikation beeinflusst und durch sie beeinflusst