Marianne Franz

Die katholische Kirche im Pressediskurs


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zu erreichen. Das ist erkennbar an der thematischen Struktur (welche Themenbereiche oder Sichtweisen werden ausgeblendet?), an gleichgerichteten Kommentaren bzw. BewertungenBewertung, aber auch an textsortenspezifischen Aufbaumustern (z.B. Prinzip der umgekehrten Pyramide des Berichts). Hierher gehört wohl auch die Trennung zwischen Bericht und Kommentar oder die Vorliebe einer Zeitung für bestimmte Textsorten (z.B. ReportagenReportage in Aujourd’hui en France, siehe Abschnitt 10.4.2)Pressesprache (s. a. Mediensprache).

      Dieser Abschnitt hat gezeigt, wie viele verschiedene Faktoren auf die Sprachverwendung in den Medien einwirken. Die Komplexität der Einflussfaktoren bedingt auch die Komplexität der Mediensprache. Es kann daher allenfalls die Rede von Tendenzen der Sprache eines Mediums bzw. einer Textsorte eines Mediums sein. So auch, wenn es um die Besonderheiten der Pressesprache geht.

      3.1.2 Besonderheiten der Pressesprache

      Eine Pressesprache im Sinne eines einheitlichen Stils aller Zeitungen gibt es nicht. Zurückzuführen ist dies auf die verschiedenen Presseprodukte mit ihren unterschiedlichen Inhalten und verschiedenen journalistischen Textsorten mit ihren jeweiligen Funktionen (vgl. Straßner 2000: 5). Nichtsdestoweniger ist die Verwendung der Sprache in der Presse immer wieder untersucht worden. So versuchte man z.B. von den dort aufgefundenen sprachlichen Phänomenen auf Tendenzen der Gegenwartssprache zu schließen. Ein anderes Interesse lag darin, den Funktionalstil der Presse in Abgrenzung zu anderen Medien wie Rundfunk zu beschreiben (vgl. Lüger 1995: 2). Dahinter steht die Auffassung,

      „dass es einen korrelativen Zusammenhang gibt zwischen Außersprachlichem (Tätigkeitsbereiche, Kommunikationssituationen, gesellschaftliche Aufgaben) und sprachlichen Gebrauchsweisen (typische Verwendungsweisen von Ausdrucksmitteln des Systems).“ (Fix/Poethe/Yos 2003: 33)

      Allerdings ist es aufgrund der erwähnten Heterogenität journalistischer Texte umstritten, von einem Funktionalstil der Presse zu sprechen, und man untergliedert zumindest in Substile, d.h. in Textsortenstile (vgl. Fix/Poethe/Yos 2003: 33f.). Heute untersucht man vor allem den Sprachgebrauch bzw. stiltypische Merkmale bestimmter Zeitungen rund um bestimmte Themen (wie es in der vorliegenden Arbeit der Fall ist) (vgl. Lüger 1995: 22).

      Dass die Mediensprache von gewissen Kommunikationsbedingungen beeinflusst ist, wurde bereits im vorangehenden Abschnitt erläutert. Lüger (1995: 46f.) beschreibt die Kommunikationssituation der Presse in Anlehnung an Maletzke (siehe Abschnitt 2.1) als „öffentlich“, „vermittelt durch das periodisch erscheinende MediumMedium ‚Zeitung‘“, „indirekt“ (Sender und Empfänger räumlich entfernt) und „einseitig“. Die Produktionsbedingungen von Zeitungen mit ihrer „Kette von Bearbeitungsinstanzen“ sowie die notwendigen inhaltlichen Kürzungen bedingen beispielsweise die „sprachliche Verdichtung“, die Pressetexte auszeichnet (siehe unten). Die Periodizität der Presseprodukte, die den KommunikatorKommunikator aufgrund bisheriger Berichterstattung ein bestimmtes Leser-Wissen voraussetzen lässt, spiegelt sich sprachlich in der „Artikelselektion“ oder in der „Verwendung von bestimmten Ausdrücken“ wider. Die Rezipientenorientierung spielt überhaupt eine große Rolle und wirkt sich dementsprechend auf die Pressesprache aus. Pressetexte wollen unterhalten, entspannen, attraktiv sein (und damit den Absatz fördern). Dies und etwa auch die politische Ausrichtung der LeserInnen bzw. der Zeitung, die vom Journalisten vermuteten Erwartungen und Einstellungen der LeserInnen (sogar hinsichtlich der Zeitungssprache) beeinflussen die Auswahl und Gewichtung von Themen bzw. Information sowie die sprachstrukturellen Mittel (z.B. Verwendung von Umgangssprache in der Boulevardpresse). Die sprachlichen Handlungen sollen Erfolg bei den LeserInnen haben (vgl. Lüger 1995: 49). Dies führt uns zu einem weiteren Faktor, der die Pressesprache beeinflusst: die Intentionalität des Textes. Welche Textintention verfolgt wird, wirkt sich auf „die inhaltliche Gliederung“ sowie „die Auswahl und Kombination lexikalischer und syntaktischer Mittel“ aus (Lüger 1995: 51; Näheres zur Textintention siehe Abschnitt 4.1).

      Obwohl es die Pressesprache im Grunde nicht gibt, stellt Lüger – wobei er verschiedene wissenschaftliche Studien rezipiert – folgende allgemeine sprachliche Merkmale bzw. Tendenzen fest:

      Syntaktische Merkmale (Lüger 1995: 23–26)

       „Tendenz zur Verkürzung der Satzlänge“

       „Rückgang der Satzgefüge“ und „Zunahme von Einfachsätzen“

       „Trend zu sprachlicher Komplexität“ mittels Nominalstil, Blockbildung und Komposita.1

      Diese sprachökonomischen Merkmale resultieren nicht zuletzt aus den Produktionsbedingungen von Pressetexten: den „ganzen Ketten von Bearbeitungsinstanzen“ bis zur Endfassung und dem „Zwang zur gerafften, aber trotzdem noch präzisen Wiedergabe“ (Lüger 1995: 26). Hinsichtlich der Syntax der Schlagzeilen stellt Lüger (vgl. 1995: 29) außerdem folgende weitere Besonderheiten fest:

       geringes Vorkommen von Hypotaxen

       vor allem einfache Aussagesätze

       verstärkt auftretende Nominalisierungen

       zahlreiche elliptische Satzmuster in Form von Ersparungen (die Ausdrucksseite verkürzende, Redundanz verringernde Sätze) und Auslassungen bzw. Ellipsen (die Ausdrucks- und Inhaltsseite verkürzende Satzfragmente mit dem Ziel des Lektüreanreizes).

      Lexikalische Merkmale (Lüger 1995: 29–31)

      Allgemeine Merkmale der Pressesprache im Bereich der Lexik sind aufgrund der beschriebenen Komplexität der Kommunikationsbedingungen sehr schwer festzumachen. Es ist besser bzw. aussagekräftiger, einzelne Presseprodukte oder Zeitungsrubriken auf ihren Wortschatz hin zu untersuchen. Dennoch weist Lüger auf einige Merkmale hin, die produktübergreifend zu gelten scheinen:

       „Verwendung neuer [noch nicht lexikalisierter] Bezeichnungen“

       „Verschiebung in der relativen Häufigkeit von Wörtern“, die auf eine Verschiebung des Interesses bestimmten Themen gegenüber deutet

       „Eindringen fachsprachlicher Ausdrücke“ und „Gebrauch von Fremdwörtern“

       Entlehnungen aus anderen Sprachen, vor allem aus dem Angloamerikanischen

       „häufige Verwendung von Wortzusammensetzungen“, darunter auch sogenannter „Augenblickskomposita“

      Rhetorisch-stilistische Merkmale (vgl. Lüger 1995: 35f.)

      In der Pressesprache finden sich zahlreiche rhetorisch-stilistische Mittel wie:

       poetische Wörter

       Wortspiele

       Reime, Alliterationen, Parallelismen

       bildhafte Ausdrücke

       Originalfassungen und Abwandlungen von Sprichwörtern, Gemeinplätzen, Maximen, Zitaten oder Redewendungen

      Das gehäufte Auftreten von rhetorisch-stilistischen Mitteln führt Lüger auf unterschiedliche Aufgaben zurück, die ein Pressetext zu leisten hat. „Der spielerisch-kreative Umgang mit Sprache“ dient der Lesermotivation („z.B. dem Bedürfnis nach amüsanter, origineller Darstellung, nach distanzierter Kritik und Konrolle öffentlicher Handlungen“) (1995: 35). Rhetorisch-stilistische Mittel sind Lesewerbung bzw. „Attraktivmacher“ (Sandig 1986, zit. nach Lüger 1995: 35), die „den Adressaten amüsieren und eventuell vorhandenes Desinteresse überwinden helfen“ (Lüger 1995: 35). Sie „fördern die Anschaulichkeit und bilden gleichzeitig rezeptionssteuernde Signale, die z.B. die Wertung des betreffenden Textinhalts vorwegnehmen können“ (1995: 36). Außerdem lockern sie auf (vgl. 1995: 37). Lüger (1995: 35) stellt allerdings auch fest, dass der spielerische Umgang mit Sprache eine Tendenz begünstigt, „Informationsvermittlung auf der Ebene des Konkret-Anschaulichen, der anekdotischen Einzelfälle und damit auf einen ‚bequemen Umgang mit der Wirklichkeit‘ zu reduzieren