Marianne Franz

Die katholische Kirche im Pressediskurs


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dazu auch Abschnitt 4.2); dennoch ist eine derartige Klassifizierung weiterhin sinnvoll. Für die Analyse der Zeitungsartikel in der vorliegenden Arbeit ist die Unterscheidung der Pressetextsorten aus mehreren Gründen notwendig:

       um die Textsortendistribution der verschiedenen Tageszeitungen miteinander vergleichen zu können,

       um die sprachlichen Besonderheiten einordnen zu können (in meinungsbetontenPressetextsorten, meinungsbetonte Textsorten sind andere sprachstilistische Besonderheiten feststellbar als in informationsbetontenPressetextsorten, informationsbetonte Textsorten),

       um die Hypothesen hinsichtlich der implizitenBewertung, implizite und explizitenBewertung, explizite WertungenBewertung zu überprüfen.

      Um Pressetextsorten zu klassifizieren, kann man auf verschiedene Kriterien zurückgreifen, die bei Burger (vgl. 2005: 207–212) recht gut beschrieben sind und hier nur knapp zusammengefasst werden:

       Klassifikation nach strukturellen Kriterien, etwa monologische und dialogische Pressetexte

       Klassifikation nach funktionalen Kriterien, wie es schon Brinker vorgeschlagen hat (siehe oben)

       Klassifikation nach primär inhaltlichen Kriterien, etwa harte und weiche Nachrichten

      „Welche Klassifikation und Terminologie auch immer man wählt, man wird in Bezug auf die Zuordnung von Inhalten/Funktionen/Strukturen an Grenzen geraten, die (auch) durch die Entwicklung der Medien selbst bedingt sind, insbesondere durch die […] Verwischung der Grenzen zwischen herkömmlichen Textsorten.“ (Burger 2005: 212)

      Da es sehr schwierig ist, Pressetextsorten allein mithilfe eines einzigen Kriteriums zu beschreiben, tritt Burger dafür ein, von Fall zu Fall verschiedene Kriterien zuzulassen.

      Lüger, dessen Typologie (obwohl schon älter) Burger (2005: 208) als „die derzeit elaborierteste und am stärksten linguistisch ausgerichtete“ bezeichnet, geht in seiner handlungsorientierten Textsortenklassifikation von der sogenannten Textintention aus, die mit der Funktion bei Brinker vergleichbar ist. Eine sprachliche Handlung umfasst „eine intentionale und eine inhaltliche Seite“ (Lüger 1995: 51). Ein Text besteht demnach aus einer Textillokution bzw. Textfunktion oder Textintention sowie aus Textproposition(en) bzw. einem Textthema oder eben dem Textinhalt (vgl. Lüger 1995: 51). Textkonstitution und Auswahl der sprachlichen Mittel werden von der Textintention wesentlich mitbestimmt (vgl. Lüger 1995: 54). Es handelt sich dabei jedoch nicht um die individuellen Absichten und Intentionen eines Subjekts bzw. eines einzelnen Autors, sondern um soziale Regeln und Muster.

      „Der Intentionalitätsfaktor kennzeichnet dabei, als was eine Äußerung in ihrem verbalen und situationellen Kontext gilt, z.B. als Versprechen oder als Ankündigung […], welche kommunikative Rolle ihr in der aktuellen Verwendung vom Adressaten zugeschrieben wird bzw. zugeschrieben werden kann.“ (Lüger 1995: 55)

      Für einen Text sind also nicht so sehr die individuellen Absichten konstitutiv, als vielmehr die intersubjektiv gültigen Interpretationsregeln (vgl. Lüger 1995: 55). Lüger (vgl. 1995: 66–75) legt nun mithilfe der von Pressetexten verfolgten Intentionen folgende fünf Textklassen fest:

      1 informationsbetontePressetextsorten, informationsbetonte Texte

      2 meinungsbetontePressetextsorten, meinungsbetonte Texte

      3 auffordernde Texte

      4 instruierend-anweisende Texte

      5 kontaktorientierte Texte

      Der Großteil der Pressetexte ist den ersten beiden Klassen zuzuordnen – so auch die hier untersuchten Zeitungsartikel über die katholische Kirche. Die anderen Klassen werden daher nicht weiter berücksichtigt.1NachrichtMeldung

      Lüger unterteilt diese fünf Textklassen mithilfe makro- und mikrostruktureller Aspekte in verschiedene Textsorten: Informationsbetonte Pressetextsorten sind Meldung, harte und weiche Nachricht, Bericht, ReportageReportage, Problemdarstellung, Wetterbericht und Sachinterview; meinungsbetontePressetextsorten, meinungsbetonte Pressetextsorten sind KommentarKommentar, GlosseGlosse, Kritik und MeinungsinterviewInterview.

      Ich beschränke mich darauf, diejenigen informations- undPressetextsorten, informationsbetonte meinungsbetonten Pressetextsorten zu beschreiben, die die RedaktionslinienRedaktionslinie der Tageszeitungen widerspiegeln und damit für die Analyse der einzelnen Zeitungsartikel relevant sind. Textsorten wie Wetterbericht, Kritik oder weiche Nachricht sind hier nicht von Interesse. In Bezug auf die nun folgende Klassifizierung der Textsorten habe ich mich für Übersichtlichkeit und damit für eine tabellarische Darstellungsform entschieden. Sie lässt auch einen direkten Vergleich der verschiedenen Textsorten zu. Ihr liegen im Wesentlichen die „linguistisch operationalisierbaren“ Kriterien zu Grunde, die bei Burger (2005: 210f.) zu finden sind:

      1 Präsenz bzw. Rolle des Autors im TextMedientext

      2 Perspektive, aus der der Text geschrieben ist

      3 intertextuelle Textgeschichte

      4 synchrone Intertextualität (Bezug des Textes auf andere Texte in der Zeitung)

      5 die Art der thematischen Entfaltung (deskriptiv, narrativ, explikativ, argumentativ)

      6 inhaltliche Detailliertheit

      7 formale Textstruktur (etwa nach einem konventionalisierten Schema)

      Neben diesen Kriterien werden auch das Kriterium „Textfunktion“ bzw. „-intention“ (nach Lüger) sowie das Kriterium „sprachstilistische Merkmale“ berücksichtigt. Die konkreten Merkmale der verschiedenen Pressetextsorten sind Burger 2005, Lüger 1995 und Straßner 2000 entnommen. Ihre Zuordnung zu den verschiedenen Kriterien habe ich selbstständig vorgenommen und ist von den einzelnen Autoren nicht unbedingt explizitBewertung, explizite ausgewiesen gewesen. Zu einigen Kriterien wurden keine Angaben gefunden (in den Tabellen gekennzeichnet mit der Abkürzung „o.A.“ („ohne Angabe“)). Manches wurde durch mich ergänzt (erkennbar am nichtvorhandenen Literaturverweis).

      Betonen möchte ich, dass die folgenden Beschreibungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Dies ist angesichts der ständigen Weiterentwicklung der Pressetextsorten auch nicht möglich (siehe Abschnitt 4.2).

      4.1.1 Informationsbetonte Pressetextsorten

      Zu dieser Textklasse gehören nach Lüger die Pressetextsorten Meldung, (harte und weiche) Nachricht und Bericht (vgl. Lüger 1995). Meldung ist die kürzeste, Bericht die längste der drei Textsorten.

      Tab. 10:

       Informationsbetonte Pressetextsorten

      Die Unterscheidung zwischen Nachricht und Bericht ist inzwischen umstritten, da die beiden schwer voneinander abzugrenzen sind. Nach Lüger liegt der Unterschied vor allem in der thematischen Entfaltung sowie in der inhaltlichen Detailliertheit. Sind in der Nachricht keine Wertungen enthalten und bleibt die Darstellung dort rein sachlich-deskriptiv, ist eine wertende Stellungnahme im Bericht durchaus möglich (siehe Tab. 10). Nichtsdestoweniger räumt Lüger selbst ein, dass Pressetextsorten selten in Reinform realisiert werden und es zahlreiche Übergangs- bzw. Mischtypen gibt. Außerdem stellt er bereits 1995 einen abnehmenden Stellenwert der harten Nachrichten innerhalb des Spektrums journalistischer Textsorten fest (vgl. 1995: 102). Eine Verschmelzung mit der Textsorte „Bericht“ wäre also mehr als 15 Jahre später noch einmal mehr gerechtfertigt. Im Rahmen der vorliegenden Textanalyse (Abschnitte 11–13) wird daher auf eine Unterscheidung