Aneta Stojic

Deutsch-kroatische Sprachkontakte


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handelt es sich eigentlich um slawisch-germanische Sprachkontakte, weil diese den deutsch-kroatischen vorausgingen und erfolgten, als das Slawische und Germanische noch ungeteilte Sprachen waren. Ebenfalls muss berücksichtigt werden, dass sich beide Sprachen im Laufe der Zeit entwickelt haben. Für die Beschreibung der deutsch-kroatischen Sprachkontakte ist besonders das Oberdeutsche wichtig, das folgende Entwicklungsstufen unterscheidet:

       a) althochdeutsche Periode (ahd.) von 750 bis 1050,

       b) mittelhochdeutsche Periode (mhd.) von 1050 bis 1350,

       c) frühneuhochdeutsche Periode (frühnhd.) von 1350 bis 1650,

       d) neuhochdeutsche Periode (nhd.) von 1650 bis heute.

      Eine chronologische Darstellung der deutschen Entlehnungen im Kroatischen ist ohne Berücksichtigung dieser sprachlichen Entwicklungen des Deutschen nicht möglich. Ebenso wichtig ist auch der geschichtlich-kulturelle Kontext der Sprachkontakte. Die Lautform der Entlehnung deutet auf die Zeit der Entlehnung sowie den Dialekt, aus dem sie entlehnt wurde, hin. Während aber die Entlehnung in der Nehmersprache weiterlebt und sich nach ihren sprachlichen Gesetzmäßigkeiten entwickelt, so geht die Geschichte weiter und es kommt zu neuen politischen Konstellationen (Žepić, 1996: 313). In diesem Kontext kann auch die zeitliche Schichtung der deutschen Entlehnungen in der kroatischen Sprache untersucht werden. Die chronologische Darstellung der deutsch-kroatischen Sprachkontakte erfolgt hier deshalb parallel vom sprachlichen und kulturell-geschichtlichen Aspekt.

      3.2 Germanisch-slawische Kontakte

      Es ist bekannt, dass die slawischen Völker noch vor der Völkerwanderung in ihr Idiom einige hundert germanische Entlehnungen übernommen haben. Diese Problematik wurde ausführlich sowohl von Slawisten als auch Germanisten untersucht.1 Da es keine schriftlichen Aufzeichnungen aus dieser Zeit gibt, gibt es unterschiedliche Interpretationen bezüglich der genauen Datierung des Beginns dieser Sprachkontakte. Einige Sprachwissenschaftler (Kiparsky, 1934; Golab, 1992) denken, dass einige Wörter im Urslawischen noch aus dem Urgermanischen übernommen wurden. Tatsache ist, dass es einige urslawische Germanismen nicht im Gotischen gibt (vgl. Matasović, 2000: 129). Die wahrscheinlichste und verbreitetste Hypothese ist, dass es zum Einfluss der germanischen Sprache auf das Urslawische frühestens im 2. Jahrhundert nach Christus zur Zeit der Expansion der Goten vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer kommen konnte. Auf diesem Gebiet waren zu dieser Zeit die Urslawen ansässig. Die meisten Lehnwörter, die im Urslawischen erscheinen, sind aus dem Gotischen, Balkangermanischen und aus den westgermanischen Mundarten ins Urslawische gekommen. Dieser Einfluss zeigt sich in den sog. gemeinslawischen Entlehnungen, bei denen es noch keine einzelsprachliche Differenzierung gibt (vgl. Strieder-Temps, 1958: 6). Das sind allslawische deutsche Lehnwörter,2 d.h. germanische Wörter, die in alle slawischen Sprachen entlehnt wurden, wie beispielsweise:

       kro. badanj3 < germ. budin, ahd. butin(a), nhd. Bütte;

       kro. bukva < germ. *bokaz/*boko, nhd. Buche;

       kro. čabar < ahd. zubar/zuibar, nhd. Zuber;

       kro. gredelj < ahd. grintil, nhd. Grendel;

       kro. hiža < got. *husa, nhd. Haus;

       kro. hljeb < germ. *χlaibaz, got. hlaifs «panis», nhd. Laib;

       kro. javor < germ. *ahurna, ahd. ahorn;

       kro. kabao < ahd. *kubil, nhd. Kübel;

       kro. kupiti < got. kaupon, nhd. kaufen;

       kro. lihvar < got. leihvan, nhd. leihen;

       kro. lug (pepeo) < ahd. louga, nhd. Lauge;

       kro. mito < got. mōta, ahd. mūta, nhd. Maut;

       kro. pila < germ. *finhlo, ahd. fila, nhd. Feile;

       kro. plug < got. *plōgs, ahd. pluoc, nhd. Pflug;

       kro. skot < germ. *skattaz, got. skatts «Geld», ahd. skaz, nhd. Schatz;

       kro. skut < got. *skauts, nhd. Schoß;

       kro. uborak < ahd. ambar, eimbar, nhd. Eimer usw.

      Neben diesen Entlehnungen, die ein Zeugnis über die kulturellen Beziehungen zwischen Germanen und Slawen ablegen, gibt es auch eine Reihe von Wörtern, die auf die Kriegsorganisation der Germanen, die von den Slawen übernommen wurde, hinweisen (Žepić, 1996: 212):

       kro. bradva < germ. barda, nhd. Barte;

       kro. brnjica < got. brunjo, ahd. brunja, nhd. Brünne;

       kro. knez < urgerm. *kuningaz oder got. *kuniggs, nhd. König;

       kro. puk < germ. plŭkŭ, nhd. Volk;

       kro. vladati < ahd. waltan, nhd. walten;

       kro. mač < got. mēkeis, nhd. Schwert.

      3.3 Entlehnungen aus der althochdeutschen Periode

      3.3.1 Das Königreich Kroatien

      Mit der Ansiedlung der Kroaten in ihr neues Heimatland beginnt im 7. Jh. der Kontakt mit den westlichen Nachbarn, den deutschen Franken, deren Herrscher Karl der Große im Jahre 800 zum Kaiser des römischen Reiches gekrönt wurde. Auch das Pannonische Kroatien erkennt während der Herrschaft des Fürsten Ljudevit Posavski die Obrigkeit des Frankenreiches an, daraufhin auch das kroatische Küstenland unter der Herrschaft von Fürst Borna. Die Vorherrschaft von Karl dem Großen dauerte nicht sehr lange, aber der Einfluss war spürbar. So kann man die karolingische Macht und Persönlichkeit Karls des Großen beispielsweise in der slawischen Bezeichnung kralj sehen, ein Nomen Appellativum für »König«, das sich aus dem Namen des damaligen Frankenkönigs und späteren römischen Kaisers entwickelte.

      Im Hinterland Dalmatiens entstanden seit dem 8. Jahrhundert slawische Reiche, die sich in einem breiten Streifen entlang der Küste von Ostistrien bis östlich von Split erstreckten. Durch ein Bündnis mit Byzanz bekam Kroatien die Adriainseln und die Städte Split, Trogir und Zadar zugesprochen, die bis dahin formell unter byzantinischer Herrschaft standen. Dieser Staat, der unter König Tomislav zum Königreich Kroatien wurde, umfasste somit bis auf Istrien alle heutigen kroatischen Gebiete. Sprachliche Einflüsse des Deutschen auf die kroatische Sprache gab es auch in dieser Zeit. Ein wichtiges Zeugnis dafür ist das in Stein gemeißelte kroatische Sprachdenkmal Baščanska ploča (Tafel von Baška), das in kroatischer glagolitischer Schrift um das Jahr 1100 entstand und Angaben über den Bau der Kirche der hl. Lucija enthält und dokumentiert, dass der kroatische König Zvonimir dieser Kirche eine Schenkung machte. Die Tafel zeugt u.a. vom Einfluss kultureller Zentren des germanischen Teiles Europas (Goldstein, 1995: 416). Da die Kroaten als Nachbarn zwei der stärksten christlichen Staaten hatten, im Osten Byzanz, im Westen das Frankenreich, spielte die Christianisierung für die Kroaten eine entscheidende Rolle, weil ihnen das Christentum dazu verhalf, auf diesen Gebieten zu überleben und auf diese Weise in den Kreis der europäischen Völker wie auch in die Welt des Schrifttums und Kultur einzugehen. Der Prozess der Christianisierung verlief in zwei Richtungen: von Seiten byzantinischer Priester aus dalmatinischen Küstenstädten und deutschen Priestern in der Zeit vom 7. bis 9. Jh. Während der fränkischen Herrschaft verwendeten die Kroaten auch im Gottesdienst die lateinische Sprache, d.h. die Sprache ihrer Päpste. In dieser Zeit gelangte deshalb nur eine geringe Zahl deutscher Lehnwörter ins Kroatische. Eigentlich handelt es sich um lateinische oder griechische Entlehnungen, die das Deutsche ins Kroatische vermittelte. Die fränkische Obrigkeit an der kroatischen Küste hinterließ demnach keine größeren Spuren in der kroatischen Sprache. Es handelt sich um nur wenige Lexeme:

       kro. crkva < urslaw. *cerky < ahd. chirichā < griech. kyriakon, nhd. Kirche;

       kro. kloštar < ahd. klōstar < lat. claudere, nhd. Kloster;

       kro. pop < altslaw. popъ < ahd. pfaffo < griech. papas, nhd. Pfaffe;

       kro.