medizinische Primärbehandlung bei GP erfolgt mit sogenannten Prokinetika. Diese Medikamente stimulieren die Magenperistaltik, sodass der Magen häufiger kontrahiert, sich dadurch schneller entleert und die Beschwerden, das Gefühl des Aufgebläht-Seins, das Völlegefühl, der Appetitmangel, die Übelkeit, der Reflux und/oder das Erbrechen, gelindert werden. Beispiele solcher Prokinetika sind Reglan (Wirkstoff Metoclopramid; in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter anderem unter dem Handelsnamen Paspertin erhältlich, in Deutschland gibt es auch zahlreiche Generika; Anm. d. Übers.) und Motilium (Wirkstoff Domperidon). Die Antibiotika Erythromycin und Zithromax (Wirkstoff Azithromycin) haben ebenfalls prokinetische Eigenschaften. Alle diese Medikamente sind selten eine Wunderwaffe bei GP, und eine Ernährungsumstellung ist fast immer auch erforderlich.
Andere Präparate mögen dazu beitragen, die Symptome der GP, insbesondere Übelkeit und Erbrechen, unter Kontrolle zu halten, aber sie setzen faktisch nicht bei der zugrunde liegenden Ursache an. Medikamente gegen die Übelkeit (die sogenannten Antiemetika) sind eine solche Option, doch ihr Nutzen sollte gegen die möglichen Nebenwirkungen abgewogen werden. Manche Antiemetika können eine Verstopfung verursachen und die Blähbeschwerden bei Menschen verschlimmern, deren Gesamtperistaltik im Magen und im Dickdarm verlangsamt ist und die aufgrund eines „Rückstaus“ bereits Blähbeschwerden haben (mehr zu dieser Art von Blähbeschwerden erfahren Sie in Kapitel 7).
Die Behandlung der Gastroparese durch die Ernährung
Die Ernährungstherapie bei der GP ist auf den Umgang mit Ihren Symptomen ausgerichtet, nicht auf die Heilung der Krankheit, denn die Ernährung kann die Anzahl Ihrer Magenbewegungen faktisch nicht erhöhen. Doch die Konsistenz, die Menge, der Fett- und der Ballaststoffgehalt von Mahlzeiten können sicher Einfluss darauf nehmen, wie schnell diese den Magen passieren und in die nächste Phase der Verdauung eintreten.
■ Wählen Sie fettarme, weiche Nahrungsmittel mit moderatem Ballaststoffgehalt in kleinen Mahlzeiten
Denken Sie an das Bild von Ihrem Magen als „Mischmaschine“, welches ich in diesem Kapitel schon einmal verwendet habe. Muss Ihre „Mischmaschine“ eine Mahlzeit verflüssigen, damit sich der Magen entleeren kann und arbeitet diese „Mischmaschine“ nicht sehr gut – sagen wir mal, sie pulsiert nur, püriert aber nicht – welche Nahrungsmittel lassen sich dann wahrscheinlich am schnellsten verflüssigen? Ein Hackbraten oder ein fettes Steak? Ein Salat aus geschmorten Roten Beten oder einer aus rohem Grünkohl? Ein Smoothie aus Obst oder eine große Schüssel frische Ananas? Eine Schüssel Hafergrütze oder eine Schüssel Popcorn? Erdnussbutter oder eine Handvoll ganze Erdnüsse?
Die Konsistenz der Nahrung, die in Ihrem Magen ankommt, ist enorm wichtig, wenn es darum geht, wie schnell Ihr träger Magen sie passieren lassen kann. Daher entscheidet die Konsistenz der Nahrung, die Sie zu sich nehmen, darüber, wie gebläht Sie sich danach fühlen. Alles, was Sie tun können, um Ihre Mahlzeit schon vor dem Schlucken zu zerkleinern, ist hilfreich und trägt dazu bei, die Teilchengröße der Nahrung im Allgemeinen und die der Ballaststoffe im Besonderen zu verringern, sodass sie schneller verflüssigt werden. Zu den Tipps, die ich meinen Patienten gebe, gehören diese:
■ Entscheiden Sie sich für gekochtes Gemüse, anstatt für rohes – es vermischt sich beim Kauen besser und wird von der Magensäure schneller aufgespalten.
■ Wählen Sie unter den rohen Früchten weiche, reife ohne Schale, die nur wenige Kerne enthalten.
■ Essen Sie Suppen, trinken Sie Smoothies und/oder Säfte, die es Ihnen ermöglichen, größere Mengen an ballaststoffreichen Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, etwa Obst, Blattgemüse und alle Produkte mit viel Schale, viel Struktur und vielen Kernen. Diese Nahrungsmittel sind als Ganzes – roh oder gekocht – eventuell schwer verträglich, insbesondere in großen Portionen.
■ Entscheiden Sie sich für Vollkornprodukte mit feinerer Struktur wie etwa Instantflocken aus Vollkornmehl, Instant-Haferflocken, Vollkorn-Pfannkuchen oder Waffeln aus Mehl oder helles/weiches Vollweizen-Sandwichbrot. Die feine Struktur des Vollkornmehls passiert den Verdauungstrakt schneller als zähe, ganze gekochte Körner, etwa vom Weizen, als Hafergrütze oder Vollkorngerste.
■ Nehmen Sie etwas ballaststoffarmes raffiniertes Getreide oder stärkehaltige Kohlenhydrate dazu, wenn der Verzehr von zu vielen Vollkornprodukten Ihre Blähbeschwerden verschlimmert; dazu gehören weißer Reis, Kartoffeln ohne Schale und weiße Brotsorten.
■ Nehmen Sie Bohnen und Hülsenfrüchte in pürierter Form zu sich, etwa als Hummus oder fettfreies Bohnenmus anstelle von ganzen Bohnen.
■ Wählen Sie Erdnussbutter oder andere Nussbuttersorten anstatt ganzer Nüsse oder Studentenfutter.
■ Suchen Sie sich weiche, feuchte, fettarme Proteine aus, etwa Eier, Fisch, Meeresfrüchte, Tofu, fettarme Milchprodukte und Geflügel anstelle von fetteren zäheren Proteinen wie Steaks, Rippchen, Lammfleisch oder alles Frittierte.
■ Schneiden Sie Ihr Essen klein und kauen Sie es ganz besonders gut.
In Kapitel 12 wird die Sanfte Ernährung für den Gastrointestinaltrakt detailliert und umfassend besprochen, die speziell für den Umgang mit Blähbeschwerden aufgrund einer Gastroparese konzipiert wurde; enthalten sind auch Listen der Nahrungsmittel mit der besten Konsistenz, nach Nahrungsmittelgruppen geordnet, sowie die Nahrungsmittel mit der problematischsten Konsistenz, die ebenfalls nach Nahrungsmittelgruppen geordnet sind. Das Kapitel enthält auch Ideen und Rezepte für Mahlzeiten. Schlagen Sie es schon mal auf, wenn Sie mit diesem Kapitel fertig sind und holen Sie sich ganz praktischen Rat, auf welchen Grundnahrungsmitteln Sie Ihre Ernährung aufbauen sollten und welche Ihnen eventuell Probleme bereiten.
Bei einer Gastroparese spielt außer der Konsistenz Ihrer Nahrung auch die Menge, die Sie auf einmal essen, eine Rolle dabei, wie gebläht Sie sich fühlen. Wenn Sie vier oder fünf kleine Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen, fühlen Sie sich besser, als wenn Sie dreimal täglich „ordentlich“ essen. Früher wurde GP-Patienten zwar geraten, sechs- bis achtmal täglich zu essen, doch mir ist noch nie einer begegnet, der mehr als fünf ganz kleine Mahlzeiten täglich problemlos vertragen konnte; vier sind bei den Patienten, mit denen ich gearbeitet habe, üblicher. Das kommt daher, dass die meisten von ihnen dem Magen – selbst zwischen bescheidenen Mahlzeiten von entsprechender Konsistenz – geschlagene vier Stunden Zeit geben müssen, sich zu entleeren, bevor sie wieder beschwerdefrei essen können.
Die zeitliche Planung der Mahlzeiten spielt im Umgang mit Blähbeschwerden durch eine Gastroparese eine wichtige Rolle. Wenn Sie morgens gleich nach dem Aufwachen etwas essen können, dann empfehle ich Ihnen, das zu tun. So können Sie Ihre Mahlzeiten besser über den Tag verteilen und die Zeiträume dazwischen sind lang genug. Es ist nämlich genau der kumulative Effekt von zu kurz aufeinanderfolgenden Mahlzeiten, die zu Ihren sich tagsüber zunehmend verschlechternden Blähbeschwerden beitragen. Wenn Sie morgens um 6.30 aufwachen, aber nicht vor 10.30 frühstücken, lassen Sie die Gelegenheit verstreichen, eine komplette Mahlzeit unterzubringen – insbesondere eine, die Sie höchstwahrscheinlich vertragen, denn Ihr Magen hatte über Nacht mehr Zeit sich zu entleeren. Dazu kommt noch, dass die meisten Menschen in den Morgenstunden den größten Appetit haben; der im Laufe des Tages wieder nachlässt.
Beispiel für einen Essensplan bei GP
Frühstück: 6.30 bis 8.00
Die eine Hälfte des Mittagessens: 11.00 bis 12.00
Die andere Hälfte (oder ein Imbiss): 15.00 bis 16.00
Kleines Abendessen: 19.00 bis 20.00
Wenn Sie morgens aufwachen und sich gebläht fühlen, es Ihnen übel ist oder Sie sich meistens erbrechen müssen, dann bedeutet das vermutlich, dass Sie zu viel und/oder zu spät zu Abend gegessen haben. Versuchen Sie in diesem Fall, volle drei bis vier Stunden vor dem Zubettgehen gar nichts mehr zu essen und suchen Sie nach Möglichkeiten, Ihre Nahrungsaufnahme