Telefonnummern (Festnetz und mobil)
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Rein aus der Aufnahme in ein solches funktions- oder projektbezogenes Verzeichnis folgt jedoch nicht, dass bereits eine Insiderinformation vorliegt, die eine Ad-hoc-Publizität auslöst. Vielmehr gebietet es die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers, ein Verzeichnis bereits zu einem Zeitpunkt anzulegen, in dem die Insiderinformation noch nicht den erforderlichen Konkretisierungsgrad erreicht hat, um seinen Pflichten aus Art. 18 Abs. 2 MAR nachkommen zu können. Dieser schreibt vor, dass Emittenten oder die für sie handelnden Personen alle erforderlichen Vorkehrungen treffen, um dafür zu sorgen, dass alle auf der Insiderliste erfassten Personen die aus den Rechts- und Verwaltungsvorschriften erwachsenden Pflichten schriftlich anerkennen und sich der Sanktionen bewusst sind, die bei Insidergeschäften, unrechtmäßiger Offenlegung von Insidergeschäften Anwendung finden. Entscheidend ist, dass die darin erfassten Meldepflichtigen Kenntnis von dieser Pflicht und den möglichen Auslösern haben und dies bestätigen. Dies kann auch in elektronischer Form erfolgen. Genauere Hinweise, wie eine solche Belehrung aussehen kann, gibt u.a. die BaFin auf ihrer Homepage in sog. Q&A´s.[43] Der Vorteil einer schriftlichen Belehrung liegt insbesondere darin, dass der klarstellende Hinweis aufgenommen werden kann, dass ein Verstoß gegen Insiderhandelsverbote einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten beinhaltet und disziplinarische Konsequenzen nach sich ziehen kann. Hierbei ist insbesondere an das Abmahnungserfordernis und dessen denkbare Entbehrlichkeit bei verhaltensbedingten Kündigungen zu denken.[44] Da eine einmalige Belehrung auch für mehrfache Einträge ausreicht, gilt der Grundsatz: Einmal belehrt ist für immer belehrt.
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Die Aufklärungspflicht richtet sich an das emittierende Unternehmen sowie an die eingeschalteten Beratungsfirmen, die im Rahmen ihres Auftrags bestimmungsgemäß mit Insiderinformationen in Kontakt kommen. Diese sind im Rahmen ihrer Tätigkeit nach Art. 18 Abs. 1 MAR als eine im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handelnde Person verpflichtet, ebenfalls Insiderverzeichnisse zu führen und ihre Mitarbeiter entsprechend zu belehren. Diese Pflicht sowie die Möglichkeit der Kontrolle ihrer Einhaltung sollte ebenfalls aus Gründen der Dokumentation bereits in den Vertrag, der die Geschäftsbeziehung regelt, aufgenommen werden.
3. Flankierende Maßnahmen
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Über diese Normvorgaben hinaus sollte durch entsprechende interne Vorgaben zur Informationssicherheit und flankierende technische Sicherheitsmaßnahmen sichergestellt werden, dass über den Bereich der vorgenannten Personen nicht weitere Personen, zufällig oder unter Umgehung von Zugangsbeschränkungen (sog. Sekundärinsider), an solche Informationen gelangen können. Diesen Pflichten wird das emittierende Unternehmen in der Regel schon im ureigensten Interesse nachkommen, um beispielsweise Industriespionage zu verhindern. Emittenten-Compliance verlangt aber auch, dass gerade Mitarbeiter, die bestimmungsgemäß Zugang zu Insiderinformationen haben, entsprechend sensibilisiert werden, dass eine „Clean-Desk-Policy“ vorgelebt und Verstößen dagegen nachgegangen wird. Schließlich sollten Mitarbeiter in diesem Bereich besonders auf die Gefahren des Social Engineering hingewiesen werden. Es gilt ein striktes „Need-to-Know-Principle“. Gegebenenfalls sollte man bei auftretenden Interessenkonflikten an die Errichtung von sog. „Chinese Walls“ denken. Darunter versteht man organisatorische Vorkehrungen, die den Informationsfluss innerhalb des Unternehmens steuern, damit Insiderinformationen und Informationen, die zu Interessenkonflikten führen können, in den Geschäftsfeldern verbleiben, in denen sie anfallen oder bestimmungsgemäß Verwendung finden und nicht die Gefahr von Interessenkonflikten heraufbeschwören.[45] Solche Konflikte können beispielsweise beim Aufeinandertreffen von M&A-Projekten mit verschiedener Zielrichtung der Fall sein.
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Weitere denkbare Sicherungsmaßnahmen sind Verhaltensvorgaben wie Sperrfristen („Black-out Periods“ oder „Closed Periods“), Handelszeiträume („Trading Windows“) und/oder Haltefristen („Lock-up Periods“). All diesen Regelungen ist gemeinsam, dass Mitarbeitern auferlegt wird, während bestimmter Zeiträume keinen oder nur dann Handel mit Aktien des Emittenten oder darauf bezogenen Finanzinstrumenten zu tätigen.[46] Der Vorteil ist, dass man hiermit gegebenenfalls mögliche Sekundärinsider im Unternehmen erfassen kann. Dennoch sollten auch diese Regelungen mit dem klarstellenden Hinweis versehen sein, dass diese Handelsbeschränkungen den jeweiligen Mitarbeiter nicht von der darüber hinaus gehenden Pflicht entbinden, die Insiderhandelsverbote einzuhalten.[47] Da hier jedoch ein Eingriff in die private Lebensführung vorliegt, unterliegen Beschränkungen erhöhten arbeitsrechtlichen Anforderungen und sind nur insoweit zulässig, als ausreichende Handelsmöglichkeiten gegeben sind und eine Realisierung des Wertes der erworbenen Wertpapiere nicht unangemessen beschränkt wird.[48] Im Fall von Eigengeschäften von Führungskräften sind solche Closed Periods nunmehr gesetzlich vorgeschrieben (Art. 19 Abs. 11 MAR).
2. Teil Emittenten-Compliance › 2. Kapitel Aufbau einer kapitalmarktbezogenen Compliance-Organisation bei Emittenten › VI. Ad-hoc-Publizität gem. Art. 17 MAR
VI. Ad-hoc-Publizität gem. Art. 17 MAR
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Der Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen oder sog. Ad-hoc-Publizität kommt im Rahmen der Emittenten-Compliance eine zentrale Rolle zu. Hierunter versteht man die Pflicht der Emittenten von Finanzinstrumenten, Insiderinformationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen (Art. 17 Abs. 1 MAR). Was unter einer Insiderinformation zu verstehen ist, wird in Art. 7 MAR definiert. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht trifft dabei alle Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt oder einem multilateralen Handelssystem (MTF) in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union beantragt oder erhalten haben. Damit unterliegen auch reine MTF-Emittenten den Vorschriften der Ad-hoc-Publizität, wenn die Einbeziehung in den Handel mit Zustimmung des Emittenten erfolgt ist, entweder, weil er dies selbst oder durch einen Dritten beantragt oder der Einbeziehung zugestimmt hat. Ab dem 3.1.2018 trifft die Veröffentlichungspflicht auch Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung auf einem organisierten Handelssystem (OTF) erhalten haben, sowie Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate. Daneben wurden noch einige inhaltliche Bestimmungen ergänzt, etwa zur Selbstbefreiung, oder verschärft, etwa zum Umgang mit Gerüchten (Art. 17 Abs. 7 MAR). Dabei ist unerheblich, wie das Gerücht in den Markt gelangt ist. Wenn es ausreichend präzise ist und zu vermuten ist, dass die Vertraulichkeit der Information nicht mehr gesichert ist, ist es Aufgabe des Emittenten im Sinne des Anlegerschutzes Transparenz herzustellen, ohne sich darauf berufen zu können, dass er seinen Geheimhaltungspflichten aus Art. 17 Abs. 4 lit. c MAR nachgekommen ist.[49] Ferner ist die Mitteilung nunmehr fünf Jahre auf der Website des Emittenten zu veröffentlichen.