Karl Richter

Kapitalmarkt Compliance


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Eine vorsorgliche Selbstbefreiung bedeutet, dass die Insiderinformation nach Auffassung des Emittenten zwar zu einem identifizierten späteren Zeitpunkt eintritt, er sich jedoch hilfsweise bzw. rein vorsorglich, für den Fall, dass die Aufsichtsbehörde oder ein Gericht einen früheren Anknüpfungspunkt für das Entstehen der Insiderinformation annimmt, ab einem näher zu bezeichnenden Zeitpunkt selbst befreit. Eine solche vorsorgliche Selbstbefreiung dient insbesondere der Vermeidung potenzieller, in der Höhe unabsehbarer zivilrechtlicher Ansprüche.

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      2. Teil Emittenten-Compliance3. Kapitel Ad-hoc-Publizität in Unternehmen › E. Governance der Ad-hoc-Publizität

E. Governance der Ad-hoc-Publizität

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Zielsetzung,
Vorsitz/Mitglieder,
Grundlagen der Zusammenarbeit und Rollen,
Aufgabenbereich/Entscheidung,
Beschlussfähigkeit/Beschlussfassung/Eskalation,
Organisation und Koordination (Einberufung Sitzungen/Sitzungsprotokoll/Gäste).

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      Bei der Definition der Aufgaben stellt sich die Frage, ob das Ad-hoc-Gremium lediglich vorbereitend für den abschließend entscheidenden Vorstand Sachverhalte auf Ad-hoc-Relevanz inklusive Selbstbefreiungsmöglichkeit beurteilen soll. Alternativ kann das Gremium auch mit weitergehenden Befugnissen ausgestattet sein. Nach dem oben Gesagten ist der Vorstand nicht gehindert, die Erfüllung der Ad-hoc-Publizitätspflicht gänzlich zu delegieren. Die Letztverantwortlichkeit für die gesetzeskonforme Erfüllung der Ad-hoc-Publizitätspflichten verbleibt jedoch bei dem Vorstand als Organ des Normadressaten „Emittent“. Da zudem die Ad-hoc-Publizitätspflicht thematisch eng mit der allgemeinen Unternehmenskommunikation verzahnt ist, auf der regelmäßig ein besonderes Augenmerk des Vorstands liegt, wird in der Praxis grundsätzlich keine Volldelegation erfolgen. Eine Teildelegation in Bezug auf die Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Selbstbefreiung ist allerdings zur rechtzeitigen Reaktion in Eilfällen empfehlenswert. Eine Selbstbefreiung kann durch das Ad-hoc-Gremium schneller herbeigeführt werden, da der regelmäßig stark formalisierte Prozess einer Vorstandsbeschlussfassung nicht initiiert werden muss. Hierdurch reduziert sich das mit dem Nachschieben einer Selbstbefreiungsentscheidung verbundene Risiko.

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