Ueli Kraft

Lerntherapie – Geschichte, Theorie und Praxis (E-Book)


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Klett-Cotta, 2009.

      Grawe, Klaus: Psychologische Therapie. 2., korrigierte Auflage. Göttingen: Hogrefe, 2000.

      Grossmann, Karin & Grossmann, Klaus E.: Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart: Klett-Cotta, 2012.

      Grossmann, Klaus E. & Grossmann, Karin: Bindung und menschliche Entwicklung. John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie. 6. Auflage. Stuttgart: Klett-Cotta, 2003.

      Jäncke, Lutz: Lehrbuch Kognitive Neurowissenschaften. 2., überarbeitete Auflage. Bern: Hogrefe, 2017.

      Moss, Ellen & St-Laurent, Diane: Attachment at school age and academic performance. In: Developmental Psychology, 37(6), 2001, S. 863–874.

      Rutter, Michael: Developmental catch-up, and deficit, following adoption after severe global early privation. In: Journal of Child Psychology and Psychiatry, 59(4), 1998, S. 465–476.

      Spangler, Gottfried & Zimmermann, Peter: Die Bindungstheorie: Grundlagen, Forschung und Anwendung. 8. Auflage. Stuttgart: Klett-Cotta, 2019.

      Winnicott, Donald Woods: Transitional objects and transitional phenomena – a study of the first not-me possession. In: International Journal of Psychoanalysis, 34(2), 1953, S. 89–97.

      Zemp, Martina & Bodenmann, Guy: Partnerschaftsqualität und kindliche Entwicklung. Ein Überblick für Therapeuten, Pädagogen und Pädiater. Berlin/Heidelberg: Springer, 2015.

      Zemp, Martina & Bodenmann, Guy: Die Bedeutung der Bindung für die psychische Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen. In: Akut – Informationsmagazin des Vereins für umfassende Suchttherapie, 31, 2017, S. 12–17.

      Zemp, Martina; Bodenmann, Guy & Beach, Steven R.H.: Interparental conflict impairs children’s short-termed attention performance. In: Family Science, 5(1), 2014, S. 43–51.

      Zemp, Martina; Bodenmann, Guy & Cummings, E. Mark: The role of skin conductance level reactivity in the impact of children’s exposure to interparental conflict on their attention performance. In: Journal of Experimental Child Psychology, 118, 2014, S. 1–12.

      Zemp, Martina; Bodenmann, Guy & Zimmermann, Peter: Außerfamiliäre Betreuung von Kleinkindern – Bindungstheoretische Hinweise für Therapeuten, Pädagogen und Pädiater. Heidelberg: Springer, 2019.

      Zimmermann, Peter & Iwanski, Alexandra: Entwicklungsstörungen: Bindungsstörungen im Kindes- und Jugendalter. In: Kohlmann, Carl-Walter; Salewski, Christel & Wirtz, Markus Antonius (Hrsg.): Psychologie in der Gesundheitsförderung. Göttingen: Hogrefe, 2018, S. 667–670.

      Zimmermann, Peter; Mohr, Cornelia & Spangler, Gottfried: Genetic and attachment influences on adolescents’ regulation of autonomy and aggressiveness. In: Journal of Child Psychology and Psychiatry, 50, 2009, S. 1339–1347.

      3 Lerntherapie, Persönlichkeitsentfaltung, Beziehungsgestaltung und Menschenbild

      Konrad Bundschuh

      Lernen begegnet der Pädagogik, der Psychologie und speziell der Lerntherapie als ständige Herausforderung in elementarer Weise. Häufig gibt es im Kontext Lernen und Lernprozess behindernde Bedingungen, die der förderdiagnostischen Analyse bedürfen, um Lernprozesse zu ermöglichen beziehungsweise neue zu generieren. Behindernde Bedingungen zu analysieren ist deshalb wichtig, weil sich dadurch die Alltagswirklichkeit der Kinder verbessern lässt, speziell in Schulen und auch in Familien beziehungsweise bei den Erziehungsberechtigten.

      3.1 Lerntherapie – aktuelle Herausforderungen und Notwendigkeit

      Wissenschaftliche Publikationen über Störungen und Behinderungen sowie die tagtäglichen negativen Erfahrungen in der Praxis zeigen die Nöte und Probleme von circa 25 Prozent aller Schüler und die Hilferufe von Eltern. Bezeichnet werden diese Lernerschwernisse häufig mit Begriffen wie «Wahrnehmungsstörungen», «Teilleistungsstörungen», «Legasthenie», «Dyskalkulie», «Hyperaktivität», soziale und emotionale Störungen. Störungen und behindernde Bedingungen fordern Lerntherapie geradezu heraus. Von Schülern empfundene gravierende Lernprobleme, überfordernde schulische Wirklichkeit eines lern-, leistungs- und/oder erziehungsschwierigen Kindes im Vergleich zur übrigen Klasse implizieren, dass die Gefahr besteht, sich von Lehrern, Mitschülern und Eltern zu entfremden.

      Diese Problematik hat der Schweizer Psychotherapeut Armin Metzger (1945–2019) erkannt. Er hat sein eigenes Konzept der Lerntherapie 1990 begründet; es hebt sich von anderen Therapieformen – deutlich – ab. Metzger geht im Rahmen seiner Therapieform von Erfahrungen während seiner Tätigkeit als Lehrer und Psychotherapeut von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Problemsituationen und von seinen Kenntnissen verschiedener Therapieformen, speziell der Psychoanalyse, aus. Er erkannte die Problemsituationen in seiner therapeutischen Praxis im Zusammenhang mit Lern-, Schul- und auch Ausbildungsproblemen in der Lehre. Vor allem wurde ihm bewusst, dass die Analyse und damit auch die Prävention zahlreicher Probleme bei Kindern und Jugendlichen im Kontext Schule und Verhalten allgemein durch Lerntherapie wesentlich früher als bisher beginnen sollte. Metzger beschreibt die Situation und seine Erfahrungen in den siebziger und achtziger Jahren wie folgt:

      Die psychotherapeutische Praxis war überfüllt mit Klientinnen und Klienten mit Lern-, Schul- und Ausbildungsproblemen. Die Diagnostik leistete qualifizierte Arbeit. Therapeutisch dagegen war niemand wirklich für diese Problematik professionell qualifiziert und spezialisiert. Die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer war lehr- und klassenorientiert und kaum lern- und individuumorientiert aufgebaut. Die Angebote der Hilfe für Jugendliche mit Lern-, Ausbildungs- und Beziehungsschwierigkeiten setzten häufig erst ein, wenn Schule und Ausbildung abgebrochen waren und die Jugendlichen sich in den Gassen, in Arbeitslosigkeit, in der Drogenszene und manchmal bereits in der Kriminalität befanden – im Hinblick auf eine schadlose Rehabilitation und Resozialisierung meist zu späte Einsätze (Metzger, 2008, S. 9).

      Metzgers Lerntherapie basiert auf einem entwicklungstherapeutischen Verständnis. Sie geht von einer impliziten Dynamik des Werdens der Persönlichkeit aus. «Die Entwicklung erfolgt in allen existentiellen Bereichen: biologisch, emotional, kognitiv und sozial» (2014, S. 153). Veränderungen im Rahmen der Entwicklung beruhen auf einem multidimensionalen und komplexen Lernprozess. Menschliches Lernen geschieht in engster Verbindung mit der Persönlichkeitsentwicklung, die sich ihrerseits in sozialen Beziehungen und Netzwerken aktualisiert. Persönlichkeits- und Lernentwicklung geschehen wechselseitig, sie können sich gegenseitig befruchten, aber auch hemmen oder stören, wie Metzger in seinen Publikationen «Lerntherapie. Wege aus der Lernblockade – Ein Konzept» (2000, 2. Aufl. 2002) und «Lerntherapie in Theorie und Praxis» (2008) schreibt. An der theoretischen und praktischen Weiterentwicklung der Lerntherapie war massgeblich auch der wissenschaftlich bedeutende und international bekannte und geachtete Schweizer Heilpädagoge Emil E. Kobi (1935–2011) beteiligt. Die Lerntherapie hat sich im Lauf der Zeit auch auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterentwickelt. Das Institut für Lerntherapie – ursprünglich in Schaffhausen, jetzt in der Forch bei Zürich – stellt die Problematik Lernstörungen, Lernhemmungen und -blockaden sowie behindernde Bedingungen des Lernens in den Mittelpunkt seiner lerntherapeutischen Ausbildung. Ausgegangen wird dabei nicht primär von Lerntechniken, sondern von den emotionalen und sozialen Bedingungen menschlichen Seins und Lernens sowie Verhaltens allgemein. Diese Sichtweise führt zu einem neuen Verständnis von Lernblockaden, Konzentrationsschwierigkeiten, Motivationsmängeln, Schul- und Prüfungsängsten sowie Frustrationspotenzial. Lerntherapie trägt dazu bei, diese Probleme von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen zu erkennen, zu verstehen, zu analysieren und auf der Basis kompetenz- und ressourcenorientierten Denkens neue Lernprozesse zu initiieren. Im Vordergrund stehen nicht die Lernprobleme im Kontext einseitigen Leistungsdenkens, wie sie zum Beispiel von Schulen immer wieder gesehen und moniert werden, sondern die Lernmöglichkeiten, die durch die lerntherapeutische Begleitung neu wahrgenommen werden. Es werden dabei Potenziale der betroffenen Person erkannt, die bisher durch negative Einflüsse von aussen (wie zum Beispiel Ängste auslösende, überfordernde Schule, krank machende Erziehungseinflüsse von Familie und sozialem Umfeld, Probleme