Peter Empt

Hull Storys


Скачать книгу

lächelte erfreut und bat ihn, an einer kleinen Sitzgruppe Platz zu nehmen.

      Sie setzte sich dazu: „Kaffee oder Tee?“, fragte sie und erwähnte, dass sie schon einiges über ihn erfahren habe.

      „Erzählen Sie etwas über sich!“, bat sie. „Was haben Sie vor in Zukunft, können wir Sie in irgendeiner Form unterstützen?“

      Robert lehnte dankend Getränke ab und sagte: „Mein Grandpa Jonathan Finnly ist vor einigen Monaten verstorben. In Kürze findet die Testamentseröffnung statt, bei der die Erbfolge des Finnly-Vermögens geregelt wird. Ich muss schauen, welche Konsequenzen das für mich hat!“

      Raffaela Conte nickte verstehend.

      Robert fuhr fort: „Ich besuche Sie auch, Madam, um etwas über die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung im County zu erfahren. Von Barny und Don hörte ich soeben einige spannende Neuigkeiten.“

      Raffaela Conte lächelte: „Ja, in den letzten Jahren hat sich einiges getan. Wie Sie vielleicht schon gehört haben, arbeite ich im County Council als Abgeordnete und hier in Westchapel gibt es einen soliden Schulterschluss mit Joshua O’Bready, dem Bürgermeister und Reverend!“

      „Wissen Sie, das gleichzeitig Angenehme, aber auch Problematische an der hiesigen Situation ist die isolierte Lage von City und County. Der Fischfang und die Fischverarbeitung sind hier aufgrund der globalisierten Wirtschaftsentwicklung nicht mehr bedeutend. Es liegt aber auch daran, dass City und County das südliche Küstengebiet von Hull-Island mit der Breite von zwölf Seemeilen zu einem Naturschutzgebiet erklärt haben, in dem das Fischen streng verboten ist. Ein reduzierter regionaler Fischfang ist aber für unsere eigene Fischversorgung nach wie vor unverzichtbar. Die noch aktiven Fischer in City und County konnten wir in einer Fischereigenossenschaft zusammenfassen mit dem erklärten Ziel der regionalen Fischversorgung!“

      „Das trockene, warme Klima und der geringe Teil an landwirtschaftlich nutzbarer Fläche machen uns von Nahrungsmittelimporten abhängig. Das ist für uns gefährlich, wenn die Weltwirtschaft einmal ins Stottern gerät!“

      „Das Positive an unserer geografischen Lage sind das milde Klima und die fantastische Inselwelt in einer weitgehend ursprünglichen Natur. Das bietet die Entwicklungsmöglichkeit eines sanften Tourismus. Die Menschen hier stehen dem allerdings noch mit Skepsis gegenüber!“

      „Bei uns auf Hull-Island, so mein Eindruck, sind die Menschen weder arm noch reich, aber überwiegend zufrieden!“ „Seit Jahren versuche ich den Anteil an regional produzierten Nahrungsmitteln zu erhöhen. Das Ziel ist eine autarke Versorgung. Hull-Island hat das im County beste Klima zur Nahrungsmittelproduktion und es sind noch bedeutende Flächen frei zur landwirtschaftlichen Nutzung. Wir haben schon beachtliche Fortschritte gemacht. Es gibt hier einige Agrarbetriebe, die wir in einer Agrargenossenschaft vereinen konnten. Die in der Genossenschaft erzeugten Nahrungsmittel vertreiben wir in angeschlossenen Stores in City und County. Einen Lieferservice, der abgelegene Siedlungen und ältere Menschen versorgt, konnten wir mit ehrenamtlich tätigen Mitarbeitern ins Leben rufen!“

      „Diese Art des Wirtschaftens bietet den Menschen Sicherheit, beschert ihnen jedoch keine Reichtümer. Trotzdem scheint das System hier im County eine gute Akzeptanz zu haben!“

      Beeindruckt meinte Robert: „Diese Entwicklungen vermitteln mir ein gutes Gefühl, Mrs. Conte, ich danke Ihnen für die Informationen!“

      Sie verabschiedeten sich.

      Robert ging in das Büro der HCB und meldete offiziell seine Anwesenheit in Westchapel an. Seine Frage nach offenen Verbindlichkeiten gegenüber der Bank beantwortete der Bankangestellte: „Nach dem Tod Ihres Großvaters, Mister Boganson, haben Sie unsere Bank ermächtigt, alle die Boganson-Liegenschaft betreffenden Kosten von Ihrem Konto zu begleichen!“

      Ah, Robert erinnerte sich nicht mehr an diese Vorgänge, bedankte sich, verließ das Bankoffice und betrat das in Nachbarschaft liegende Postoffice. Auch hier gab er seine offizielle Postadresse bekannt und bat darum, seine Post nicht weiterhin an die Postadresse der Finnly-Familie zu senden.

      Es war Lunchzeit und Robert überlegte, im Chapel-Inn, bei Dora und Frank Conelly, etwas zu essen. Im Pub wurde er mit großem Hallo begrüßt. Robert schien es, als habe man auf ihn gewartet. Er wurde eingeladen, am Familientisch der Conellys Platz zu nehmen. Dora servierte ihm ein Fischgericht. Dora, das spürte Robert, platzte vor Neugier, etwas von ihm zu erfahren. In verkürzter Form berichtete er seine Geschichte vom Anfang und dem Ende seiner Laufbahn als Trampkapitän und Dora fragte: „Bist du verheiratet, hast du Familie?“

      Lächelnd winkte er ab: „Nein, ich hatte keine Gelegenheit, eine Familie zu gründen, und auch jetzt kann ich mir nicht vorstellen, mich durch Heirat an eine Frau zu binden!“

      Mit Schalk in den Augen meinte Dora: „Dann bist du ja Freiwild! Du must wissen, dass Männer wie du zu einer gefährdeten Art gehören!“

      Alle brachen in Gelächter aus und Robert fragte zurück: „Gibt es denn hier in Chapel Frauen, vor denen ich mich in Acht nehmen sollte?“

      „Soweit ich das überschaue, gibt es zurzeit hier keine Gefahr!“, antwortete Dora amüsiert.

      Robert erinnerte sich daran, dass er in der Nacht zum 1. Mai im Chapel-Inn ungewöhnlich moderne Musik gehört hatte. Er sprach das Thema an.

      Frank zog die Stirn kraus: „Inzwischen ist es kaum noch möglich, traditionelle Musiker zu finden. Unsere Jugend ist infiziert von dem allgegenwärtigen Weltpop!“

      Dora wusste: „Ja, die Tochter von Raffaela, Claudia Conte, ist befreundet mit der Farmerstochter Jennifer O’Toole aus Eastchurch. Jenny ist Drummerin mit ziemlich viel Power, sie ist, so scheint es, der Chef einiger Jungs und Mädels, die mit ihr Musik machen!“

      Robert fragte nach: „Und die Gruppe habe ich in der Mainacht gehört?“

      Frank: „Ja, die haben gespielt und sind überraschend gut bei den Chapelern angekommen.“

      Robert fragte weiter: „Wie sind sie denn besetzt? Ich würde sie gerne einmal live hören und sehen!“

      „Wie gesagt, mit einer Drummerin, zwei E-Gitarren von Jungs gespielt. Ein schwarzes Mädel spielt Blasinstrumente und singt. Ein Keyboarder ist dabei, der etwas älter ist!“, erklärte Frank.

      Dora merkte an: „Soweit ich weiß, spielen sie morgen am Samstag bei Beccy Balmore am Westcorner!“

      Robert dachte: „Oh, das ist günstig! Ich kann mit der Fähre hin- und zurückfahren und ich treffe Beccy, mit der ich auf der Highschool war.“

      Big Boulder und der Philosoph, Phil genannt, betraten den Pub. Phil mit einer Körpergröße von etwa eineinhalb Meter und einem Körpergewicht unter fünfzig Kilogramm wirkte auf groteske Art gnomenhaft neben dem Riesen.

      Big dröhnte: „Wir haben unsere Schicht fertig und müssen auftanken, hahaha!“

      Bei Frank bestellte er ein Pint Luna (etwas mehr als ein halber Liter) für sich und ein Halfpint für Phil. Big setzte das Pint an, trank es in einem Zug leer, rülpste und schielte auf Phils halbes Pint. Wie ein Vögelchen hatte Phil drei kleine Schlucke genommen und reichte sein halbes Pint an Big weiter. Der nahm es grinsend und goss es auch in einem Zug hinunter.

      Jetzt, so fand Dora, war es Zeit, die beiden ein wenig anzuheizen!

      „Phil“, sagte sie, „du hängst seit Monaten mit Big herum! Was machst du da eigentlich?“

      Phil: „Ich lerne!“

      Dora: „Wow, was lernst du denn?“

      Phil mit ernstem Gesichtsausdruck: „Wie man falsch lebt!“

      Big überrascht: „Hä?“

      Phil: „Big, zum Beispiel, hat von allem zu viel. Das ist ein Problem für ihn!“

      Big: „Zum Beispiel?“

      Phil: „Big, du hast mindestens zwanzig Kilogramm Übergewicht. Das schleppst du die ganze Zeit mit dir rum. Das musst du ständig