O. M.

Die Männin


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dazu zählte aber nicht - wie auch schon bei den Griechen - wenn man die Dienste einer Prostituierten in Anspruch nahm. Die käufliche Liebe war zu damaligen Zeiten noch eine relativ erschwingliche Angelegenheit, wie Inschriften im erhalten gebliebenen Bordell des im Jahr 79 nach Christus durch einen Ausbruch des Vulkans Vesuvs verschütteten Pompejis beweisen: Zum Gegenwert von 2 Laiben Brot oder einem halben Liter Wein - ein Preis, den sich sogar Sklaven, die ein kleines Taschengeld erhielten, leisten konnten - kam man bereits ins Geschäft. Im alten Rom soll es 45 Bordelle gegeben haben und der römische Staatsmann Cato (234 - 149 v. Chr.) ließ sogar auf seinem Landgut eigens für seine Sklaven Freudenhäuser einrichten.

      Aber auch die Frauen saßen währenddessen nicht unbedingt Trübsal blasend am heimischen Herd. Sie ließen sich scheiden und suchten sich einen anderen Mann oder beließen es beim alten und vergnügten sich dafür in außerehelichen Liebesverhältnissen. Messalina (~ 25 - 48 n.Chr.), die schöne und 35 Jahre jüngere Frau des römischen Kaisers Claudius soll gleich mehrere Liebhaber gehabt und sich sogar selbst als Prostituierte angeboten haben - „Mit Liebkosen empfing sie die Gäst' und forderte Zahlung.“ ( (122) VI 130)

      Überhaupt, in vielen Dingen war das Alltagsleben schon relativ modern und man könnte fast vermuten, dass sich Geschichte doch wiederholt. So war eine Alternative zur formellen Ehe das Konkubinat, eine Verbindung zwischen zwei freien Personen, die keine rechtlich bindende Ehe schließen wollten oder konnten und somit eine frühe Form der „wilden Ehe“.

      2.4 Mittelalter

      Als Mittelalter kann etwa der Zeitraum von 500 bis 1500 angesehen werden. Im Mittelalter wurden Liebeskranke noch mit Minnesiecher umschrieben, außerdem verdanken wir ihm solche schönen kulturellen Errungenschaften, wie den Keuschheitsgürtel oder den MINNESANG, die im heutigen Alltagsleben aber nur noch eine untergeordnete Bedeutung besitzen.

      Zeitgenossen betrachteten diese Epoche als das „aetas christiana“ („christliches Zeitalter“), kein Wunder also, dass durch die Kirche Bild und Stellung der Frauen wesentlich mitbestimmt wurden.

      Viel ist über das Alltagsleben der Frauen und das Verhältnis der Geschlechter untereinander aus dieser Zeit leider nicht überliefert. Die meisten Dokumente stammen aus klerikalen Kreisen, die ein wenig schmeichelhaftes Bild der Frauen zeichneten.

      Martin Luther (1483 – 1546), der aufgrund seines Bruches mit der katholischen Kirche das Ende des Mittelalters mit einleitete, hatte auch ansonsten wenige Probleme damit, sich über die Konventionen seiner Zeit hinwegzusetzen und heiratete immerhin die ehemalige Nonne Katharina von Bora und zeugte mit ihr sechs Kinder. Soweit es die Frauen betraf, folgte er aber eher dem traditionellen Bild: „Es ist kein Rock noch Kleid, das einer Frauen oder Jungfrauen übeler anstehet, als wenn sie klug will sein.“ Oder in die gleiche Kerbe hauend: „Weibern mangelt es an Stärke und Kräften des Leibes und am Verstande.“ Im Übrigen glaubte auch der Reformator wie seine Zeitgenossen an die Existenz von Hexen.

      Die weltlichen Darstellungen beschäftigten sich nur mit dem Leben der feudalen Oberschicht und gaben zudem oft nur überhöhte Wunschbilder wieder oder neigten zur Übertreibung. In friedlichen Zeiten widmete sich der Mann der Minne oder dem ritterlichen Wettstreit im Turnier. Konnte er daraus keine Befriedigung mehr erzielen, zog er aus in den Kampf gegen die Ungläubigen und seine treue Ehefrau hütet in der Zwischenzeit den heimischen Herd.

      Mit etwa 14 Jahren galt eine Frau als erwachsen. Nicht verwunderlich also, dass Frauen gewöhnlich bereits im Alter von 12 – 16 Jahren verheiratet wurden, wie z.B. die ungarische Königstochter und spätere Landgräfin von Thüringen Elisabeth (1207 – 1231). Die spätere „Heilige Elisabeth“ wurde bereits kurz nach ihrer Geburt dem ältesten Sohn des Landgrafen von Thüringen versprochen, im Alter von 4 Jahren an den thüringischen Hof gebracht, wo sie mit 14 Jahren ihren Ludwig heiratete. Dies war durchaus üblich, denn Politik wurde in dieser Zeit nicht zuletzt über das gegenseitige Verheiraten des Nachwuchses des europäischen Hochadels betrieben. So heiratete Elisabeths Bruder Béla Heiratete mit 12 Jahren die gleichaltrige Maria Laskaris von Nicäa, Tochter des byzantinischen Kaisers Theodoros I. Später folgte er seinem Vater auf dem ungarischen Thron. Elisabeths Schwester Maria heiratete den Zaren von Bulgarien und ihre Schwester Jolanthe ging eine Ehe mit dem König von Aragón, Jakob „dem Eroberer“, ein.

      Als erste weibliche Kommunen können ab dem 13. und 14. Jahrhundert die sogenannten Beginenhöfe angesehen werden. Dort schlossen sich allein stehende Frauen und Witwen, ungeachtet ihres gesellschaftlichen Standes, zu religiösen Gemeinschaften zusammen. Da die Beginen nur ein Gelübde auf Zeit ablegten, konnten sie nach dessen Ablauf auch wieder aus dieser Gemeinschaft ausscheiden und z.B. heiraten. Grundsätzlich sah die Obrigkeit und der Klerus diese Gemeinschafen nicht so gern, weshalb diese Gemeinschaften teilweise auch von der Inquisition verfolgt wurden.

      Denn leider entwickelte sich in dieser Zeit auch die unschöne aber nichtsdestotrotz weitverbreitete Sitte, hauptsächlich alte, alleinlebende, selbstbewusste und unabhängige Frauen als Hexen zu denunzieren und auf dem Scheiterhaufen hinzurichten. Nach neusten Forschungsergebnissen kostete im Zeitraum von 1450 bis 1750 die Hexenverfolgung etwa 40 000 – 60 000 Menschen in Europa das Leben, frühere Schätzungen lagen deutlich höher. Die deutliche Mehrheit der Opfer, etwa 75% - 80%, waren Frauen. Eine Ausnahme bildete schon damals Island – die Insel gilt bis heute in Sachen Gleichberechtigung als vorbildlich, in diesem Fall übertrieb sie aber, den dort waren etwa 80% der Verfolgten Männer. In Deutschland starb die letzte „Hexe“ 1775 in Kempten / Allgäu und im Jahr 1782 wurde Anna Göldi als letzte Hexe Europas in der Schweiz hingerichtet.

      Auch im Mittelalter waren starke Frauen durchaus nicht unbekannt: So soll z.B. die Mutter der „Heiligen Elisabeth“, Gertrud von Andechs, maßgeblich die Politik ihres Mannes mit beeinflusst haben. In zeitgenössische Quellen wurde sie gleichzeitig als tugendhaft und von „männlichem Temperament“ charakterisiert. (124)

      Oder denken wir nur an die Nibelungensage – eine Art „Odyssee des Mittelalters“. Die bekannteste schriftliche Überlieferung, das mittelhochdeutsche Nibelungenlied ist um etwa 1200 entstanden. Die der Sage zugrunde liegenden historischen Geschehnisse dürften sich aber bereits im 5. Jahrhundert zu Zeiten der germanischen Völkerwanderung ereignet haben.

      Die Sage dreht sich um das Leben am Hof des Adels, dabei kommt auch die Beschreibung von weiblicher Stutenbissigkeit und Rachsucht nicht zu kurz:

      Die Isländerin Brünhilde, besitzt übernatürliche magische Kräfte – allerdings nur, solange sie Jungfrau bleibt. Sie kann vom um sie werbenden König Gunther erst im sportlichen Wettstreit unterworfen werden, nachdem ihm Siegfried unter Nutzung einer Tarnkappe zu Hilfe kommt. Misstrauisch geworden, verweigert sich Brünhilde in der Hochzeitsnacht ihrem frisch angetrautem Manne Gunther und hängt diesen für den Rest der Nacht – nicht sehr ladylike - gefesselt an einen Nagel an die Wand. In der darauffolgenden Nacht muss Siegried Gunther noch einmal zur Hilfe eilen, damit dieser seiner Frau endlich erfolgreich die Unschuld nehmen kann. Die Unterstützung zahlt sich für unseren Helden Siegfried langfristig allerdings nicht aus. Brünhilde lässt ihn 9 Jahre später – ein klassisches Beispiel für lang anhaltende weibliche Rachlust – durch Hagen von Tronje beim Bade hinmeucheln.

      Kriemhild, Siegfrieds trauernde Witwe, wiederum lässt sich weitere 13 Jahre Zeit, bis sie blutige Rache für den Tod ihres Mannes übt. Dabei zeigt auch sie sich nicht gerade zimperlich: Sie lässt ihrem eigenen Bruder Gunther den Kopf abschlagen und bei der Enthauptung Hagen von Tronjes greift sie sogar eigenhändig zum Schwert. Letztendlich überlebt aber auch sie das Gemetzel nicht.

      Der Wahrheitsgehalt dieser Sage ist natürlich schwer nachzuvollziehen. Durchaus real hingegen ist die Geschichte einer anderen starken Frau, Jeanne d’Arc (1412 – 1431), der Jungfrau von Orléans, die während des Hundertjährigen Krieges die Franzosen gegen die Engländer anführte.

      Nun ging es im Mittelalter bei weitem nicht so gleichförmig ab, wie mann gemeinhin annimmt: Es gab vielmehr ein hin und her zwischen besonders sittenstrengen und umso sittenloseren Zeiten.