O. M.

Die Männin


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getötet. Als Folge war die Geburtenrate in Rom so niedrig, dass sich Kaiser Augustus (63 v. Chr.- 14 n. Chr.) bemüßigt fühlte, Gesetze zu ihrer Steigerung zu erlassen. Laut seinem Wunsch sollte eine Frau mit 20 Jahren Mutter sein, er ließ die Strafen für Ehebruch verschärfen und führte eine allgemeine Ehe-Pflicht ein.

      Geregelt war im alten Rom bereits alles Wesentliche bis ins Detail, was die Rechte von Mann und Frau und ihr Verhältnis untereinander betraf. Einzelne Passagen des römischen Rechts klingen auch nach zweitausend Jahren noch erstaunlich modern, kein Wunder also, dass es bis heute Bestandteil der universitären Juristenausbildung ist und seine Einflüsse bis in unser heutiges Bürgerliches Gesetzbuch nachzuweisen sind:

      Verlöbnis: „Verlöbnis heißt die auf die Anfrage des einen von seiten des anderen erfolgte Zusage einer künftigen Ehe.“( (123) 23,1,1)

      Eheschließung: „Die Ehe ist die Verbindung eines Mannes und eines Weibes und eine Vereinigung für das ganze Leben, eine Gemeinschaft göttlichen und menschlichen Rechts.“( (123) 23,2,1) „Eine Eheschließung kann nicht stattfinden, wenn nicht alle einwilligen, d.h. die, welche sich vereinigen, und die, in deren Gewalt sie sich befinden.“ ( (123) 23,2,2)

      Schenkungen zwischen Eheleuten: „Es ist bei uns Gewohnheitsrecht, dass Schenkungen zwischen einem Mann und seiner Ehefrau nicht gelten. Dies ist aber festgelegt worden, damit sie sich nicht in ihrer gegenseitigen Liebe beraubten, indem sie bei ihren Schenkungen nicht das gehörige Maß einhielten, sondern von verschwenderischer Willfährigkeit gegeneinander wären.“ ( (123) 24,1,1)

      Scheidung und Verstoßung: „Die Ehe wird getrennt durch Scheidung, Tod, Gefangenschaft, oder wenn eine andere Sklaverei einen von beiden Ehegatten betrifft.“ ( (123) 24,2,1)

      Mit der „freien Ehe“ wurde auch die Gütertrennung eingeführt: „Die Frage der Mitgift ist immer und überall besonders wichtig. Es ist nämlich auch im öffentlichen Interesse, dass die Mitgift den Frauen erhalten bleibt, da es, wenn es darum geht, Nachkommen zu erzeugen und den Staat mit Kindern zu versorgen, äußerst notwendig ist, dass die Frauen eine Mitgift haben.“ ( (123) 24,3,1)

      Da Töchter erbrechtlich mit Söhnen im Wesentlichen gleichgestellt waren, verfügten viele Frauen nach dem Tode ihres Vaters über nicht unbeträchtliche Vermögen.

      Ein wesentlicher Vorteil dieses Ehe-Modells bestand für die Frauen darin, dass eine mögliche Scheidung auch von ihnen ausgehen konnte, wovon sie auch regen Gebrauch machten.

      Selbst das Aufsetzen eines Ehevertrages war nicht unüblich, in dem die Mitgift, aber auch schon Klauseln für den Fall des Scheiterns der Ehe vereinbart wurden.

      Bis zum Zugewinnausgleich reichte die Emanzipation allerdings noch nicht: „Die Billigkeit erfordert es, dass der Nutzen der Mitgift dem Manne gehören muß. Da er nämlich die Lasten der Ehe trägt, so ist es billig, dass er auch den Nutzen empfängt“ ( (123) 23,3,7)

      Auch Fragen der Gleichberechtigung fanden bereits ihren juristischen Niederschlag: „Man bezweifelt nicht, dass unter der Benennung ‚Mensch’ sowohl eine Frau als auch ein Mann verstanden wird.“ ( (123) 50,16,172) und an anderer Stelle: „Der Ausdruck „jemand“ umfasst sowohl Männer als auch Frauen.“ ( (123) 50,16,1)

      Und die römischen Rechtsgelehrten erkannten bereits erstaunlich selbstkritisch: „In vielen Bestimmungen unseres Rechts ist die Lage der Frauen schlechter als die der Männer.“ ( (123) 1,5,9)

      Gern wird es heute ja so dargestellt, als ob die Liebe zwischen Mann und Frau und der daraus resultierende Beziehungsstress erst in bürgerlicher Zeit entstanden wären. Betrachtet man aber antike Quellen, ergibt sich ein ganz anderes Bild. „Wenn du ein Weib, dir verlobt und vereint durch gesetzlichen Ehpakt, nicht willst lieben, so scheint kein Grund da, daß du es heimführst.“ ( (122) VI 136) erkannte bereits der Satirendichter Juvenal, welcher vermutlich zwischen dem ersten und zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lebte. Seine sechste Satire „Kritik an der Ehe und den Frauen“ (122) beschäftigte sich ausführlich mit dem Geschlechterverhältnis und kann als eine Art antiker Vorläufer von Schopenhauers „Über die Weiber“ angesehen werden.

      Offensichtlich haben sich die männlichen Ansprüche an eine Partnerin in den letzten zweitausend Jahren nicht wesentlich verändert: „Schön und sittig und reich und fruchtbar sei sie“ (122) VI 133)

      Selbst die männliche Schwäche in Liebesdingen wurde bereits gnadenlos von weiblicher Seite ausgenutzt: „Wenn du ein ehrlich Gemüth für die Frau hast, einer von Herzen anhängst, beuge das Haupt und, das Joch ihn tragen zu lassen, rüste den Nacken; du triffst, die des Liebenden schonete, keine.“ ( (122) VI 136)

      Aber auch ansonsten findet man in dem Werk so ziemlich alles wieder, was auch heute noch dem Zusammenleben der Geschlechter die entsprechende Würze verleiht. Vom grundsätzlichen Sinn ehelicher Gemeinschaft „Warst du wirklich bei Sinn? ein Ehweib, Postumus, nimmst du?“ ( (122) VI 123) über weibliche Verschwendungssucht und Probleme mit dem lieben Geld „Knapp geht's vielen zu Haus'; allein das Bescheidne der Armuth ist bei keiner zu sehn.“ ( (122) VI 144) bzw. „Eine verschwendende Frau merkt nicht des Vermögens Verschwinden.“ ( (122) VI 144)

      Selbst der weibliche Einfluss nach der Eheschließung auf das männliche Konsumverhalten und seinen Freundeskreis schien schon damals ähnlich gravierend gewesen zu sein: „Nichts mehr darfst du, verwehrt's die Gemahlin, schenken, verkaufen nichts, wenn dawider sie ist, nichts kaufen, billiget sie's nicht. Sie schreibt Neigungen vor, du sollst von der Schwelle verbannen den schon älteren Freund, deß Bart dein Haus noch gesehn hat.“ ( (122) VI 136)

      Auf die männliche Urangst vor Kuckuckskinder „So wärst du Vater vom Mohren vielleicht“ ( (122) VI 159) wurde bereits genauso eingegangen, wie auf die ersten Vorläufer eines in sich widersprüchlichen feministischen Männlichkeitswahnes „Wie kann Sittsamkeit sich ein Weib im Helme bewahren, das vom Geschlecht sich entfernt, das Kraft liebt? Aber sie würde ungern selber ein Mann!“ ( (122) VI 138)

      Und allzusehr auf die Mitgift zu schauen, versprach bereits damals wenig Gutes für die Zukunft: „Unerträglicher nichts, als ein Weib mit großem Vermögen.“ ( (122) VI 150) jammerte der römische Dichter, denn „Alles erlaubt sich die Frau, nichts wird unziemlich ihr scheinen.“ ( (122) VI 150)

      Ja selbst den Stress mit der Schiegermutter gibt es offenbar nicht erst seit der heutigen Zeit: „Eintracht hoffe du nicht, wenn der Gattin Mutter noch lebet.“ ( (122) VI 137)

      Das letzte Wort in der Ehe hatte grundsätzlich der Mann. Hilfreich war ihm dabei wie schon bei den Griechen, dass er gewöhnlich fünf bis zehn Jahre älter war als seine Frau. Oft war dies aber auch nur äußerliche Fassade. So stammte Terentia, die erste Frau des römischen Staatsmannes und Redners Cicero (106 - 43 v. Chr.) aus einer angesehenen Familie und besaß erhebliches eigenes Vermögen, welches von ihr auch selber verwaltete wurde. Wenn man seinem Biographen Plutarch (45 - ~125) glauben darf[13], war sie eine Frau von eher herber Natur, welche auch die dominierende Rolle in der Ehe spielte. Dies schien allerdings gut funktioniert zu haben, denn als Cicero 58 v. Chr. vorübergehend ins Exil gehen musste, schrieb er ihr liebevolle Briefe. Nach mehr als 30 Ehejahren ließ er sich allerdings dann doch von ihr scheiden.

      Bestraft wurde im alten Rom, „wer fremde Hochzeiten störte und fremde Ehen beunruhigte“ ( (123) 47,11,1). Und selbstverständlich wurde auch Ehebruch zwischen freien Personen geahndet. So hatte der Vater das Recht, den Ehebrecher mit der Tochter zu töten, allerdings nur „Wenn er den Ehebrecher auf der Tochter ergriffen hat“ ( (123) 48,5,24) Wer einer Frau oder einem Mädchen unzüchtige Anträge machte, ihr ein Geschenk oder einen Lohn zum Zwecke der Verführung gab, beging ein außerordentliches Verbrechen und konnte nach erfolgreicher Verführung für diese Schandtat hingerichtet oder auf eine Insel deportiert werden.

      Toll trieben es die alten Römer im wahrsten Sinne des Wortes und dabei vergnügten sie sich bei weitem nicht nur bei Brot und Spielen.