Ralos Znarf

Zapfenstreich für Österreich


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ihn fesselte. Die schöne Gabi mit den enganliegenden Stretchjeans.

      Ihre rötlich blonden Haare fielen wellenartig auf die Schultern....ihr zarter Teint erschien noch alabastern glänzender in Kombination mit dem Duft ihres Parfums der Marke „Anaïs“.....stets hatte sie einen hauchdünnen Lidstrich aufgetragen, der ihren grünlichen Augen eine zauberhafte Künstlichkeit verlieh.....die meist pastellfarbenen Blusen mit kleinem Blumenmuster gaben ihr etwas luftig Leichtes. Ihr Atem roch nach Pepsodent.

      Karl hatte sie im Tutorium für Erstsemestrige kennengelernt. Sie war ihm sofort aufgefallen. Er versuchte sich ihr durch kleine Aufmerksamkeiten zu nähern. So stellte er etwa beim Einrichten eines Sesselkreises unaufgefordert einen Stuhl für sie bereit; oder brachte ihr, ebenso unaufgefordert, in den kurzen Pausen Soletti und Coca Cola.

      Beim anschließenden gemeinsamen Zusammensitzen der Studenten im Café, versuchte sich Karl (unter Alkoholeinfluss) durch die kühne Theorie hervorzutun, dass man Franz Kafka bis jetzt vollkommen falsch interpretiere. Das ewige Kreisen um ein 'Zentrum', das seine Protagonisten nie erreichen können, sei gar kein Symbol für die Suche nach der 'göttlichen Gnade', wie immer behauptet werde; nein, Kafka wäre in Wirklichkeit impotent gewesen. Mit dem Nichterreichen des 'Schlosses' und dem nicht zu fassen kriegenden Vorgang des 'Prozesses', würde Kafka nur einen verschlüsselten Hinweis darauf geben, wie groß seine Scheu war, das existenzielle Geheimnis zu greifen und sich der Wahrheit zu stellen. Sein Werk sei gegenüber seiner Dauerverlobten Felice Bauer eine gewaltige, geheimnisvolle Rechtfertigung gewesen, warum er sie nicht heiraten könne.

      Karls Ausführungen zogen ein Schweigen in der Runde nach sich.

      Nur Gabi sagte: „Interessant!“ und Karl glaubte in ihren Augen ein bewunderndes Glitzern zu bemerken.

      Das Schweigen der Mitstudenten war eher ein Ausdruck der Betretenheit gewesen, niemand wollte etwas sagen, bevor sich nicht Martin, der Tutor, zu Karls Theorie geäußert hatte. Martin war immerhin schon im vierten Semester und die neuen Studenten akzeptierten seine Autorität.

      Martin war ein gutaussehender Schöngeist mit schwarzen Locken und scheinbar weichen braunen Augen. Er hatte das Auftreten eines sensiblen Alpha-Rüden, die Stimme war samtig und leise. Seine Kultiviertheit unterstrich er durch den stilvollen Gebrauch eines Zigarettenspitzes aus Ebenholz.

      „Weißt Du, äh....Karl“ hob Martin zu sprechen an, nachdem er eine bedächtige Pause gelassen und drei besonnene Züge geraucht hatte. „Weißt Du, wenn Du die Briefe Kafkas an Felice noch einmal genau durchliest, wirst Du vielleicht doch die Subtilität von Kafkas Werben um sie spüren können. Große Geister streben nicht nach hastiger Vereinigung – Kafka hatte ein ausgeprägtes Sensorium für den transzendentalen Aspekt sexuellen Verlangens. Wenn Du dieses Faktum als verleugnete Impotenz fehlinterpretierst, vermute ich sofort, dass Du möglicherweise Deine eigenen Probleme in Kafka hineinprojizierst.“

      Die Mitstudenten nickten beifällig. Gabi wirkte nachdenklich.

      Zwei Tage später sollten sich die Teilnehmer des Tutoriums, im Rahmen eines gruppendynamischen Spiels unter Martins Leitung, einen Partner aussuchen.

      Karl gelang es, sich mit Gabi zusammenzutun. Das jeweilige Paar musste sich in der Mitte des Sesselkreises aufstellen. Dann sollten die beiden einander sagen, was ihnen am anderen gefalle.

      Unter den aufmerksamen Blicken Martins und der Kollegen, stand nun Karl der bezaubernden Gabi gegenüber. Er sollte den ersten Satz sagen.

      Aber wie? Was? Er konnte doch nicht einfach vor allen bekunden, was ihm abends vor dem Einschlafen und morgens beim Aufwachen und mittags beim Essen und auch sonst in jeder Minute zu ihr einfiel.

      Gestern Abend erst hatte sie ihm, beim Abschied nach einem gemeinsamen DVD Abend mit den Kollegen (Tarkowski, „Nostalghia“) und anschließender Diskussion unter Martins souveräner Leitung, gestern Abend also hatte sie ihn mit ihren wunderbaren, weichen Lippen zum Abschied ganz knapp neben den rechten Mundwinkel geküsst. Wildeste Phantasien seinerseits waren die Konsequenz gewesen. Vor allem die Vorstellung von der Beschaffenheit ihres Höschens beschäftigte ihn fundamental.

      Im morgendlichen Halbschlaf sah er Gabis hingebungsvolle Augen über sich....ihr Gesicht umwellt von ihren frisch mit Pfirsich-Shampoo gewaschenen, rotblonden Haaren.....über den Kopf hatte sie einen weißen Tangaslip aus Baumwolle gezogen, sodass ihr Mund vom dreieckigen Stoff bedeckt war, der sonst ihre wunderbare Muschi verhüllte.....ihre Zungen suchten einander durch den Stoff hindurch......und Karl war eingehüllt in eine Geruchskombination aus „Anaïs“ und Gabis intimer Duftnote.

      Und jetzt stand er ihr in der Mitte des Sesselkreises gegenüber – belauert von den Blicken der wahrheitsdurstigen und sinnesfeindlichen Kommilitonen. Er spürte deren Ungeduld. Er musste etwas sagen! Schnell! Etwas Kluges, Nettes, sodass sie ahnen konnte wie verliebt er in sie war, aber auch nicht zu offensichtlich... In voraussehender Ahnung war er heute zum Glück schon sehr gewissenhaft am Klo gewesen.

      Er atmete tief durch.

      Karl: „Ich mag Deine Intelligenz.“

      Gabi lächelte höflich.

      Gabi: „Ich mag, dass Du so lustig bist.“

      Das war nicht gerade das, was er hören wollte.

      Karl: „Ich mag Deine Phantasie.“

      Gabi: „Ich mag Deine Zuverlässigkeit.“

      Karl drängte es zu gesteigerter Deutlichkeit.

      Karl: „Ich mag Deine Neugier.“

      Gabi: „Ich mag Deine Ernsthaftigkeit.“

      Bin ich wirklich so langweilig?? Sag’s einfach! Sag’s!

      Karl: „Ich mag Deine Wärme.“

      Gabi: „Ich mag Deine Offenheit.“

      Karl: „Ich mag Deine Aura.“

      Gabi: „Ich mag Deine Sensibilität.“

      Na also, wird schon.

      Karl: „Ich mag Deine Weiblichkeit.“

      Gabi: „Ich mag Deine Verwegenheit.“

      Karl: „Ich mag, wie Du riechst.“

      Sie sah ihn an, lächelte und errötete leicht.

      „Karl, bitte!“ Dieser Einwurf kam nicht von Gabi sondern von Martin. Er zog bedächtig am Zigarettenspitz. Ihm war, übrigens als einzigem, das Rauchen während der Übungen gestattet. Alle wendeten sich ihm zu.

      „Schau, äh.....Karl. In diesem Spiel geht es darum, auf unkonventionelle Art und Weise die Vertrauensbasis in der Gruppe zu stärken.

      Es ist extrem asozial, wenn Du den lächerlichen Versuch unternimmst, die Möglichkeit die Dir geboten wird dazu zu missbrauchen, auf eine derartig schleimige Weise die Frauen in der Gruppe in Verlegenheit zu bringen. Mir scheint sowieso, Du hast ein Problem mit Frauen.

      Es tut mir sehr leid für Dich, Gabi. Wir können die Vorgänge aber nach dem heutigen Programm unter vier Augen behutsam analysieren.“

      Plötzlich schnüffelte er in die Luft, verzog angewidert das Gesicht und fragte streng: „Wer hat denn da bitte so schreckliche Blähungen?“

      Forschend sah er von Angesicht zu Angesicht, um schließlich Karls ängstlichen Blick zu fixieren. Alle anderen taten es ihm gleich.

      Nach einer endlosen Minute meinte er unterkühlt: „Karl, es ist wichtig, dass man zu seinen Fehlern steht. Öffne bitte das Fenster.“ Und nach einer kurzen Pause: „Jetzt die nächsten bitte. Und diesmal ein bisschen mehr Ernst!“

      Die Mitstudenten, alles zukünftige Lehrer, Dramaturgen und Journalisten, überlegten sich nun sehr gut, was sie im Sesselkreis sagten.

      Die Veranstaltung verlief ernsthaft und konzentriert. Danach waren sich alle darüber einig, durch ihre außergewöhnliche Offenheit zueinander heute eine große Erfahrung gemacht zu haben. Sie dankten Martin. Dieser war zufrieden und spendete wohldosiertes Lob.

      Mit