Ralos Znarf

Zapfenstreich für Österreich


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den Verdruss in seinen Augen; in der Gewissheit, irgendetwas falsch gemacht zu haben und weil sie in vorauseilendem Gehorsam Brunos Wünschen entsprechen wollte, hielt sie es für das Beste, ihn wieder freizugeben.

      Zu diesem Behufe hob sie das Becken und bewegte es nach hinten. Dabei kam ihr Popo mit der Mittelfläche des Lenkrades in Berührung und ein lautes Hupen zerstörte die kunstvolle Wirkung der abrupt leiser gewordenen Filmmusik.

      Genervt stöhnte Bruno auf: „Danke! Vielen Dank!“

      Er schob sie weg und sie purzelte schamgeöffnet auf den Beifahrersitz. Gereizt schwang er seine Tür auf, stieg ins Freie, zog die Hose hinauf, trat vor das Auto, lehnte sich an die Kühlerhaube, steckte eine Zigarette in den Ebenholzspitz und rauchte mit Enttäuschungs-grundierter Kapriziosität.

      Sonja sah durch die Windschutzscheibe seinen schattenhaften und rauchumwölkten Umriss vor dem Hintergrund des verzweifelt tauchenden Pietro.

      Sie sammelte sich zwei Minuten lang und trat dann zu Bruno.

      „Verzeih' mir, Bruno. Ich hab wohl irgendwas falsch gemacht.“

      Er verfolgte das vergebliche Werben des reichen Reeders um seine Ehefrau auf der Leinwand.

      Aus den umstehenden Autos drangen die leisen Stimmen der Darsteller.

      „Lass mich jetzt bitte allein, Sonja!“

      Kurze Pause.

      Dann Sonja: „Bruno...bitte...ich...“

      Er unterbrach sie harsch: „Geh bitte!“

      Sonja wendete sich ab, verharrte neben der Beifahrertür und verfiel in herzzerreißendes Schluchzen.

      Neben ihr stand ein klappriger weißer VW Golf. Ein sympathisch wirkender, gesetzterer Herr, der mit einer deutlich jüngeren, sinnlich zupackenden Verführungskünstlerin zu Gange war, kurbelte das Fenster hinunter und sagte freundlich: „Lassen’s doch den Trottel – mit dem Oaschloch wird nie was.“

      Sonja drehte sich erstaunt zu ihm.

      Er fuhr fort: „ Das is’ ein Trottel, ein Psychopath!“

      Auch die junge Frau richtete sich jetzt auf und sagte mit sachlicher Bestimmtheit und in freundlicher Zuwendung: „Ja stimmt: das is’ ein Oaschloch. Vergiss ihn!“

      Dann wurde das Fenster wieder hochgekurbelt und man gab sich erneut den Freuden hin.

      Sonja setzte sich in den Lancia und verfolgte, erfüllt von Zerknirschung und ernsthaften Bedenken, die Handlung des Films.

      Ein Drittel des Bildausschnitts wurde dabei allerdings von Brunos Silhouette verdeckt, der bis zum Ende der Vorführung rauchend an die Kühlerfront des Wagens gelehnt blieb.

      Als der Nachspann abgelaufen war und die meisten Autos schon den Platz verlassen hatten – auch der weiße Golf, dessen reale Existenz Sonja mittlerweile anzweifelte, war plötzlich verschwunden – drehte sich Bruno um und nahm mit vergeistigter Attitüde wieder den Platz hinter dem Lenkrad ein.

      Nach einigen Minuten des Schweigens sagte er mit weichem und versöhnlichem Timbre: „Du musst halt einsehen, das Timing is' mir total wichtig. Aber so nah wie heute war ich noch nie dran. Danke, Sonja!“

      Er streichelte ihr die Hand und fuhr fort: „Würdest Du bitte die Lautsprecher wieder an ihren Platz hängen?“

      Stumm kam Sonja seiner Bitte nach.

      Als sie sich wieder gesetzt hatte, startete er den Motor, legte den ersten Gang ein und fuhr ruckelnd los. Dabei übersah er, dass die Vorderreifen sich ja auf dem höchsten Punkt der wellenförmigen Betonerhöhung befanden, die die Rückwärtsneigung der Fahrzeuge bewirkte, um so den Insassen eine bequeme, aufwärtsgerichtete Blickrichtung zu ermöglichen.

      Nachdem sich das Auto einen halben Meter vorwärts bewegt hatte, saß es mit der Bodenplatte auf. Ein alarmierendes, blechernes Schabgeräusch war die akustische Folge.

      Erschrocken blickte Bruno hoch: „Nein, bitte nicht, was soll ich denn jetzt tun?“

      Ratlos sah er zu Sonja.

      „Warte, das werden wir gleich haben!“ Sie stieg aus und forderte ihn auf, den Rückwärtsgang einzulegen. Sonja schob an, die Reifen hatten zum Glück genügend ´Grip´ und mit metallenem Ächzen löste sich die Bodenplatte vom unnachgiebigen Beton. Als das Auto wieder in seiner ursprünglichen Position angekommen war, richtete sich Sonja auf und kam im blendenden Licht der Scheinwerfer zu stehen. Der Rock war hochgerutscht und, ihr Geschlecht nur halb verbergend, baumelte die dreieckig zulaufende Partie des ebenfalls hochgerutschten Body mit provokantem Schwung in der gleißenden Beleuchtung.

      Bruno öffnete bei laufendem Motor die Tür, packte Sonja, legte sie auf die Motorhaube des Lancia, schob die Hose hinunter und nahm sie mit ekstatischer Wut. Unter hysterischen Stößen richtete er sich auf und schrie: „Fellalucci – Du bist ein Genie!“

      Dummerweise hatte er vergessen, die Handbremse anzuziehen.

      Die Wucht seiner Stöße übertrug sich auf den Wagen und mit überraschender Plötzlichkeit rollte das Auto zwei Meter zurück, gerade in dem Augenblick, als er schreiend Gesicht und Arme in den Nachthimmel reckte.

      Bruno verlor das Gleichgewicht, verhedderte sich in der heruntergelassenen Hose und klatschte mit der Vorderseite auf den Betonboden.....gerade in dem Moment, als die Samenflüssigkeit aus seinem Glied drang.

      Erschrocken richtete sich Sonja, die nach wie vor auf der Motorhaube lag, auf: „Bruno, hast du Dir wehgetan?“

      Anstatt zu antworten machte er Schwimmbewegungen....das entblößte und gut ausgeleuchtete Gesäß rotierte über dem harten Boden.

      Dabei rief er in verbitterter Ernsthaftigkeit: „Ja, ich werde Armeen aus dem Boden stampfen! Kommt, meine Betonsoldaten! Frucht meiner Lenden! Golem erwache!! Sei mein General!!!“

      Es klang wie ein archaischer Beschwörungszauber.

      Mit flachen Händen auf den Boden trommelnd, sagte er dumpf, in pathetischem Rhythmus und wirren Blicks: „Bumm bumm bumm bumm bumm bumm!“

      Nach einer kurzen Phase der Erschöpfung richtete sich Bruno auf und kam ins Knien. Er wirkte verstört, als sei er eben aus einem beklemmenden Traum erwacht. Im Scheinwerferlicht konnte man deutlich die besudelnden Flecken auf der Bauchpartie seines Hemdes erkennen.

      Nachdem er ein paarmal tief durchgeatmet hatte, sprang er plötzlich auf, tat so als ob nichts Ungewöhnliches passiert sei, zog die Hose hoch, setzte sich hinters Lenkrad und sagte zu Sonja: „Komm bitte.“

      Sie nahm im Auto Platz und diesmal gelang es Bruno, den Wagen ohne Aufsitzen vom Platz zu chauffieren.

      Sie fuhren dieselbe Strecke zurück, die sie gekommen waren. Keiner sprach ein Wort.

      Sonja war noch ganz paralysiert von den Vorgängen. Sie kam sich missbraucht, ja geradezu geschändet vor....der Akt hinter dem Lenkrad war, sie musste es vor sich zugeben, eine Enttäuschung. Bei dieser Erinnerung schloss sie automatisch die unteren Druckknöpfe.

      Das Paar aus dem weißen Golf fiel ihr wieder ein. „Psychopath“..... „Oaschloch“….naja, solche Begriffe konnten sich allerdings aufdrängen.... Wohl hatte die Liebe auf der Motorhaube eine gewisse obszöne Faszination gehabt...aber auch da war er in Gedanken ganz woanders gewesen... Vollkommen überfordert war sie mit den Folgen seines unfreiwillig komischen koitalen Sturzes, nämlich die mehr als befremdliche Betonbefruchtung, das bizarre Herumrudern und vor allem dieser zitathafte Wortsalat!

      Nein! Sexy war das nicht!

      Auch wie er jetzt wieder so provokant langsam fuhr und dabei versuchte, souverän zu wirken.....wo er doch ganz einfach ein schlechter Autofahrer war.....das war nun bitte wirklich offensichtlich!

      Sie erinnerte sich wieder an jenen Assistenten am Institut für Theaterwissenschaften, der sich später als Dramaturg keinen - und noch später als Kritiker, ein bisschen einen Namen gemacht hatte.

      Dieser hatte sie