Wolfgang Cremer

Eine Insel in 650m Höhe


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ins Wasser und die Kälte verwunderte mich erneut. Nein, hinausschwimmen ist nicht die Lösung. Zu weit hätte ich schwimmen müssen um eventuell einen Überblick zu bekommen. Zudem glaubte ich, dass ich von der Wasseroberfläche sowieso keinen weiten Blick haben würde. Genau wie auf der anderen Seite war weder rechts noch links eine Möglichkeit vernünftig zu gehen. Das Unterholz war relativ dicht und es rankten sich immer Dornen die das gehen praktisch unmöglich machten. Und wohin gehen. Wenn es eine Halbinsel war, hatte sie natürlich drei Seiten zum Wasser hin. Zwei hatte ich erreicht. Befand sich die dritte nun zur rechten oder zur linken Seite. Hatte ich irgendeine Abzweigung übersehen.

      Natürlich so wie ich in der Nähe des LKW den kleinen Feldweg nur durch Zufall entdeckt hatte, so konnte ich sicher auch noch einen anderen Weg übersehen haben der von einer Spalte oder einer Aufwerfung über einige Meter hinweg zerstört sein mochte. Wie spät mochte es jetzt sein. Dem Sonnenstand zu Folge weit über Mittag hinaus. Eine Pause musste sein um einem Fuß etwas Entspannung zu gönnen. Etwas warme Suppe mit der Hälfte meiner letzten Wurst geben mir etwas Entschlusskraft zurück. Keinen Fehler durfte ich nun begehen. Die von mir aus linke Seite neben der Straße hatte ich noch nicht kennengelernt. War dies die Landseite ? Nein, meine Überlegung ging etwas zurück. Gekommen war ich von der anderen, der rechten Seite und dort war zumindest Land gewesen. Irgendwie ohne wirklich über die Entscheidung nachzudenken packte ich zusammen und marschierte los. Die Sonne zeigte sich und ich versuchte mein Tempo etwas zu steigern. Vielleicht schaffte ich es noch bis zum LKW bevor es Dunkel wurde. Nur nicht in Panik geraten war mein oberstes Gebot. Sachlich und ruhig musste ich über meine Chancen nachdenken. Für 3-4 Tage hatte ich noch Proviant und weitere 3-4 Tage sollten es auch ausschließlich nur mit viel Wasser trinken gehen. Blieben mir also rund 8 Tage um einen Ort und Menschen zu finden.

      Das sollte also eigentlich kein Problem sein redete ich mir ein. In 8 Tagen kann man selbst unter diesen widrigen Bedingungen 10 Stunden am Tag zu etwa 2km je Stunde gehen. Also könnte ich rund 160km zurücklegen und das sollte sicherlich ausreichen. Diese Zahlenspiele halfen sehr mich von den Strapazen abzulenken und mein Entschluss es bis zum LKW zu schaffen entwickelte sich zu einer recht starken Triebfeder. Nun es gelang mir halbwegs. Die Dämmerung war bereits der Nacht gewichen und nur der wolkenlose Himmel hatte es mir ermöglicht bis hierher zu kommen. In unmittelbarer Nähe schlug ich das Nachtlager auf und fiel total erschöpft in einen traumlosen tiefen Schlaf. Am nächsten Morgen wurde ich durch den Vogelgesang und die aufgehende Sonne geweckt. Schon gestern war mir wieder die große Anzahl von Tieren aufgefallen und auch jetzt jagte eine ganze Hasenbande von bestimmt 15 ausgewachsenen großen Langohren durch den Wald. Irgendwie schienen die Tiere viel konzentrierter in diesem Bereich zu leben. Tiere bedeuten Nahrung, aber wie sollte ich sie erlegen. Na das schlachten würde ich zwar in größter Not noch hinbekommen aber das war sicherlich keine erstrebenswerte Vorstellung. Ohne Frühstück setzte ich mich wieder in Bewegung. Ganz langsam und ohne meinen Blick von der rechten Straßenseite zu wenden. Auf keinen Fall durfte ich diesen kleinen Feldweg übersehen der ja irgendwo hinführen musste. Alle meine Hoffnung konzentrierte sich auf diesen Weg und dennoch hätte ich ihn fast übersehen.

      Das Paradies

      Vor der Seite kommend war er fast noch schlechter zu erkennen als von der anderen Seite. Ob ich wieder mit dem Schritte zählen beginnen sollte, es würde mir zwar keinen Vorteil bringen und mich vielleicht sogar ablenken so das ich eine wichtige Stelle übersehen würde. Also nein, kein zählen. Diese Fahrspur ließ sich recht gut gehen und die Spalten waren meist so schmal das man sie gut überspringen konnte. Auch waren erheblich weniger Bäume umgestürzt als auf dem Weg gestern. Gleichwohl war der Wald hier sehr dicht und die Nadelbäume durchweg bis zum Boden grün und undurchsichtig. Es mochten vielleicht 45 Minuten auf dem Weg vergangen sein, als er unvermittelt nach rechts abbog und mäßig abfiel. Als ich die Kurve beendet hatte blieb ich wie angewurzelt stehen. Ein Ausblick wie man ihn in einem Urlaubsprospekt sehen könnte. Rechts spiegelt sich ein recht großer Weiher von bestimmt 200m Länge und auch gut und gerne 100m Breite in der Sonne. Ein Holzsteg reicht etwa 3-4 auf Pfählen gesetzt ins Wasser hinein und ein kleines Ruderboot ist am Steg festgebunden. Gerade vor mir ist ein Holzschuppen zu sehen der im vorderen Eingangsbereich von einer Aufwerfung beschädigt wurde und an der Seite scheinbar einzustürzen droht. Daneben aber auf einem festen Steinsockel eine Jagdhütte die bestimmt 6m im Quadrat sein mochte und über ein stabiles Ziegeldach verfügte auf dem sogar eine größere Solarzelle angebracht war. Vorne zum Weiher hin eine überdachte Terrasse von vielleicht 2,5m mit einem Aufgang aus schweren Holzdielen. Überhaupt scheint diese Hütte sehr massiv zu sein und ich kann auf dem ersten Blick auch keine Schäden erkennen. Hinter der Hütte ist über eine Länge von mindestens 25m Holzscheite 1m lang und bis zu 2m Höhe aufgestapelt und mit festen Planen vor Regen und Schnee geschützt. Es ist eine Art Garten zu sehen, jedenfalls hat hier einer umgegraben und die Stangen erinnern mich an Bohnenstöcke die meine Eltern früher im Garten stellten, damit sich die Pflanzen daran hochrankten. Es gab eine Wiese auf der mehrere größere Obstbäume standen und unzählige Sträucher die ich aus der Kindheit noch kannte. Himbeere, Johannisbeere, Stachelbeere glaubte ich zu erkennen. Auch die Bäume deckten den Obstbereich Birne, Apfel, Kirsche und Pflaume ab. Hier hatte sich jemand ein kleines Paradies geschaffen. Einen Ort der Ruhe und Erholung und vielleicht meine Rettung.

      Ich umging das Blockhaus und prägte mir alles ein. Nur nach vorne war diese Terrasse sogar bestimmt zweieinhalb Meter breit. Ansonsten befand sich ein überdachter Gang von etwa einem Meter rund um das Haus. Vorne rechts neben der Türe gab es ein größeres Fenster von 1,5m2 das mit einem stabilen Fensterladen verschlossen war. Diese Läden kannte ich aus den Dolomiten. Die Hütten dort hatten auch diese Schutzvorrichtung. Es gab auf der linken Seite noch ein kleines Fenster von etwa 30cm Breite und 50cm Höhe und auf der Rückseite zur Wiese hin ebenfalls zwei dieser sehr kleinen Fenster. Aber auch diese Fenster waren durch diese massiven Verschläge geschützt. Die Türe war ebenfalls aus Holz und sah sehr stabil aus. Das Schloss war ein modernes Zylinderschloss und sicher nicht so einfach zu öffnen. Aber ich musste da hinein. Rucksack, Zelt und Matte hatte ich abgelegt und machte mich daran den Schuppen in Augenschein zu nehmen. Da hätten locker zwei PKW hineingepasst und der war sicher ebenso geschützt wie die Hütte. Die Verwerfung hatte jedoch den Boden genau an der Zugangstüre hochgehoben und dafür gesorgt, dass die Türe noch so gerade in den Halterungen hing. Das sollte machbar sein. An der hinteren Seite hatte der hochgehobene Boden zwar für eine extreme Verwindung der Schuppenwand geführt aber der Erbauer hatte gute Arbeit geleistet und es sah viel besser aus als beim ersten Eindruck. Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Eine Schar von Enten hatte auf dem Weiher das schützende Schilf verlassen und setzte zu einem Flug an. Doch das alles konnte mich nicht beeinflussen. Irgendwo sollte es doch einen Stock geben den ich als Hebel nutzen konnte um die Türe ganz aus den Angeln zu heben. Ich suchte die Umgebung ab und bemerkte jetzt erst das sich dieses keine Paradies nahezu an drei Seiten durch einen sehr dichten Nadelwald versteckte aber an der vierten Seite ein Laubwald begann der relativ offen war. Endlich hatte ich einen schmalen Ast von mehr als zwei Meter gefunden den ich sofort ausprobierte. Ich konnte ihn so gerade unter der Türe schieben und zog mit aller Kraft nach oben. Es knarrte gewaltig aber die Türe bewegte sich kaum. Also nahm ich einige Holzscheite und legte diese rund einen halben Meter von der Türe weg, sodass ich einen Hebelarm setzen konnte. Nun brauchte ich nicht mehr heben sondern konnte mit meinem ganzen Gewicht nach unten drücken.

      Krachend gab die Konstruktion nach und ich schlug mit dem Gesicht auf den Boden auf. Der Ast den ich als kraftvollen Hebel genutzt hatte war gebrochen aber als ich genau hinschaute war die Türe aus den Halterungen gehoben worden. Mit einiger Kraftanstrengung konnte ich sie nun herausnehmen und stellte sie an der Schuppenwand ab. Der Schuppen hatte kein Fenster und war entsprechend dunkel. Ich sah wieder Brennholz in großer Menge, eine Schubkarre, eine Aluleiter von etwa 3m und eine Werkbank mit zwei Leuchtstofflampen. Meine Verwunderung legte sich schnell als ich das Notstromgerät sah. Es war eine große Anzahl von Werkzeugen vorhanden. Alle was man für einen Garten braucht, Hacke, Spaten und Schaufel sowie Sägen in allen Variationen. Brecheisen in drei Größen, große Sägen mit denen man einen Baum erlegen könnte bis hin zu einem Fuchsschwanz für Feinarbeiten. Schraubendreher, Zangen und eine Vielzahl von Paketen mit vielen tausend Nägel, Schrauben aller Art und Größe und in einem Schrank befand sich sogar