Wolfgang Cremer

Eine Insel in 650m Höhe


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noch genauer ansehen. Als erstes wollte ich aus mir wieder einen halbwegs normalen Menschen machen. Ich versuche im Ofen ein Feuer in Gang zu bringen. Wider Erwarten gelingt mir das relativ schnell. Das Holz ist bestimmt schon jahrelang gelagert und knochentrocken.

      Ich staple einige kleinen Hölzchen auf und nach kurzer Zeit nimmt die die Flamme der Feuerzeugs schon eine andere Größe an und mit etwas anpusten ergreift das kleine Feuer immer mehr Besitz von dem Holz. Ich schiebe etwas größere nach und fülle dann soviel Kessel mit Wasser wie ich finde. Die ganze Herdplatte ist nun mit Wasserkessel vollgestellt und ich schiebe noch mehr Holz nach. Dann gehe ich zum Holzsteg und entkleide mich vollständig. Ich versuche meine Kleidung so gut wie irgend möglich zu waschen und rund eine halbe Stunde später war ich mit dem Ergebnis ganz zufrieden. Nachdem ich die Kleidung zum Trocknen in die Sonne gehängt habe schaue ich nach meinem Wasser. Es ist warm aber noch nicht heiß. Ich bringe das Feuer so richtig in Gang und schon in kurzer Zeit kommt das Wasser zum Kochen. Nachdem ich die Kessel in die Sitzbadewanne entleert habe beginnt das Ganze von vorn. Wasser einfüllen und zum Kochen bringen. Dann mischte ich kaltes Wasser bei bis die Temperatur erträglich war und stieg in die Wanne. Ein Hochgefühl macht sich breit und ich genieße diese umschließende Wärme in vollen Zügen. Unbeweglich liege ich so gut wie geht in dieser kleinen Wanne und wasche mich sehr gründlich. Viel zu schnell ist das Wasser abgekühlt, aber es war mehr als herrlich. Ich finde wirklich einige Nassrasierer und nachdem ich zunächst mit der Schere den Bart reichlich reduziert habe reibe ich mein Gesicht kräftig mit Seife ein. Das Rasieren ist nicht ganz schmerzfrei aber das ist es mir wert. Ich grinse mir im Spiegel entgegen und bis sehr zufrieden. Ich untersuche die Kleidung in den Schränken und nehme Maß. Ja, natürlich keine Maßanfertigung und eher deutlich zu groß kleide ich mich neu ein. Besonders ein Paar Mokassins passen bestens und ich fühle mich wirklich wie neu. Dann richte ich mein Buffet her. Eine Flasche Rotwein, eine Flasche Grappa, ein Schinken von mindestens einem Kilogramm, eine Dose Oliven und eine Dose Hühnersuppe sollen das Festmahl bilden. Ich stelle die Suppe auf die Herdplatte und wundere mich das sie noch so heiß ist. Das Feuer ist noch sehr aktiv obschon ich schon mindestens eine Stunde nicht mehr nachgelegt habe. Das zeugt von einer sehr guten und durchdachten Konstruktion und vielleicht ließe sich ein Feuer über eine ganze Nacht halten ohne auszugehen. Ich setze mich draußen auf dem Balkon vor der Hütte und freue mich, dass die Sonne bis zum Untergang diese Stelle erleuchten und beheizen wird. Ich genieße mein Festmahl in vollen Zügen und nippe immer wieder an dem sehr leckeren Grappa. Erstaunlich viele Tiere sind zu sehen und am oberen Ende des Teichs sind 8 Rehe und ein Hirsch die in völliger Ruhe Wasser aufnehmen und hier und da etwas Gras äsen. Obwohl sie abwechselnd zur Hütte hinschauten schienen sie meine Anwesenheit nicht unbedingt als Gefahr zu deuten. Sie räumten bei einsetzender Dämmerung den Platz und Dank des Fernglases konnte ich stattdessen drei kleine Windschweine erkennen die ebenfalls ihren Durst dort stillten. Das Fernglas war wirklich von allerbester Qualität. Selbst jetzt bei einsetzender Dunkelheit waren noch Einzelheiten erkennbar. Eine Hasengruppe wechselte genau vor der Hütte von einem Wald in den andern. Langsam mit wachsender Dunkelheit wurde es kühler und ich verlegte mein Buffet nach innen und verschloss alle Fenster.

      Nun saß ich auf der supergemütlichen Eckbank und erfreute mich an dem großen Ofenfenster das einen ungehinderten Blick auf das brennende Holz ermöglichte. Der Ofen heizte extrem und ich schätzte die Raumtemperatur bestimmt auf über 24°C. Die LEDs waren unterschiedlich schaltbar und so befand sich der Raum in Verbindung mit dem Feuerschein in einem wunderbaren Licht. Mein Blick wandte sich zu den Sportbögen und ich nahm einen von der Wand. Es war unglaublich wie viel Kraft erforderlich den Bogen auch nur auf vielleicht einem Drittel zu spannen. Das hatte ich so nicht erwartet. Wenn ich hier fest hängen würde und vielleicht sogar überwintern müsste, würde mein Leben von diesem Bogen abhängen. Ich musste unbedingt lernen mit dieser Waffe sicher umzugehen. Ich setzte mich wieder hin und betrachtete die Verpackung der eben geleerten Suppendose nachdenklich. Irgendwo hatte ich doch schon einmal dieses Bild, die Zeichen und diese französische Beschreibung gesehen. Aber es wollte mir nicht einfallen und ich wurde müde. Das Bett erwies sich ebenfalls von bester Qualität und ich fühlte mich mehr als glücklich.

      Was mich ebenfalls sehr erfreute war die Tatsache das heute den ganzen Tag hinweg die Erde kaum gegrummelt hatte und ich hatte mehrfach und lange den Wein im Glas beobartet. Es zeigte sich keinerlei Zittern. Hoffentlich, dachte ich, ist es endlich vorbei und die Erde kommt zur Ruhe. Ich hatte sehr gut geschlafen und es zeigte sich ein wunderschöner Tag. Die Sonne strahlte von einem fast wolkenlosen Himmel und verbreitete eine angenehme Wärme. Es war einfach traumhaft, auf meiner Terrasse zu sitzen und das Frühstück bestehend aus Schinken und Kaffee zu genießen. Ich denke an das Kanu und hole es nach meinem Frühstück aus dem Schuppen. Nachdem ich es auseinander gefaltet habe, wundere ich mich zunächst über seine Größe und der Qualität. Es erscheint wirklich sehr reiß- und stichfest zu sein. Völlig anders als ich es von meinen Badebooten in der Jugendzeit kannte. Mit der beiliegenden Doppelpumpe waren die Kammern sehr schnell mit ausreichend Luft gefüllt und das Kanu zeigte sich in seiner ganzen Form. Rund 4,5m lang und an den Seitenwänden sehr hoch gezogen. Der vordere und hintere Teil ist oben voll geschlossen und bietet so eine gute und trockene Lademöglichkeit. Ein stabiles Mittelteil sorgt dafür, dass das Kanu in seitlicher Form blieb. In diesem Mittelteil war wohl mehr aus optischen Gründen ein kleiner billiger Kompass eingesetzt. Mit einiger Mühe konnte ich das kleine Plastikteil aus seiner Position heraus nehmen. Es war sicher nichts bedeutendes Gerät und für die genaue Navigation garantiert ungeeignet, aber nach einigen Tests kam ich zu dem Schluss, dass es zumindest die grobe Himmelsrichtung anzeigen konnte. Also setzte ich diese Navigationshilfe wieder ein. Unter dem Boden ist genau in der Mitte über die ganze Länge eine kleine Luftkammer die wohl die Funktion eines Kiels wahrnehmen soll. Je mehr ich dieses Kanu betrachte, je mehr komme ich zu dem Schluss, dass es bei nicht allzu starkem Wellengang sehr wohl Seetauglich sein könnte. Einer plötzlichen Eingebung nachgebend hebe ich das Kanu, drehe es um und trage es über Kopf auf den Schultern zum Weiher. Ich nehme mir ein Paddelset und setze ein Doppelpaddel zusammen. Mit einiger Vorfreude steige ich in das Kanu und rudere los. Also ich sitze bestens und das Kanu läuft nicht nur gut geradeaus sondern zu meiner Überraschung auch noch relativ schnell. An der Stelle wo sich die Tierwelt zur Tränke versammelte hielt ich an. Eine größere Fläche als ich erwartet hatte. Bestimmt 20m breit und etwa 50m lange erstreckte sich eine herrlich grüne und duftende Wiese die in den Wald mündete. Ich rudere weiter und nach einer leichten Linkskurve wundere ich mich erneut. Der Teich erschließt sich vor mir nochmals nach rechts in etwa gleiche Größe. Das konnte ich vom Steg nicht sehen weil das Schilf am rechten Ufer diese Ausbuchtung komplett verbarg. Ich staunte über diese unerwartete Größe und fuhr das Ufer ab. Also hierher kamen die Enten die ich gesehen hatte. Ein grob gezimmertes Entenhaus befand sich hier im Schilf nahezu perfekt versteckt. Mein unerwartetes Eindringen in ihren Wohnbereich bereitete den Vögeln einen riesigen Stress. In höchster Verzweiflung erhoben sich einige aus dem Wasser und flogen laut schimpfend davon während der Rest Schutz im sehr dichten Schilf suchte. Bald erreichte ich auch den Einlauf. Ein nicht mal allzu großer Graben führte doch relativ viel Wasser und speiste den Weiher. Das Wasser war kristallklar und schmeckte sehr gut. Ich ruderte weiter und kurz bevor ich den Steg erreichte sah ich den kleinen Ablauf des Weihers. Mit diesem Weiher hatte die Natur ein wirklich tolles Gebiet geschaffen. Ich legte am Steg an und ging am Ufer zurück bis zum Ablauf. Dann folgte ich dem Graben und merkte auf Höhe der Hütte eine Veränderung im natürlichen Verlauf. Richtig, hier führte ein Kunststoffrohr aus dem Boden ins Wasser. Hier mündete also die Abflussleitung aus der Hütte. Ich folgte dem Graben noch vielleicht 10 Minuten bis er in eine Bodenspalte führte. Ab hier folgte er der Spalte in vielleicht 2m Tiefe. Gedankenversunken kehrte ich zum Steg zurück und stieg wieder ins Kanu. Mit kräftigen Paddelbewegungen bewegte ich zum Ärgernis der Enten das Kanu rund um das Weiherufer. Einmal, zweimal, dreimal und ich hatte das Gefühl es könnte immer so weitergehen. Natürlich ging das nicht stundenlang so. Mit den Kräften sollte man sehr haushalten wenn sich nicht ein Muskelkater einstellen sollte der dann zur Zwangspause führte.

      Die Erkundung

      Während das Kanu auf der Wiese vor der Hütte trocknete setzte ich mich auf meine Terrasse und überlegte mir die nächsten Schritte. Zu verführerisch war es einfach hier zu bleiben und auf Hilfe zu warten.