R.J. Simon

Bis dass der Tod euch vereint


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kleinen Augenblick, als ihr langes Haar so schön im Fahrtwind wehte, fühlte sich Brigitte wie eine richtige erwachsene Dame an der Seite ihres Traumprinzen.

      Vor ihrem Elternhaus angekommen, parkte Dominik den Wagen am Gehwegrand und lief schnell um das Auto herum, um Brigitte beim Aussteigen die Tür zu öffnen und ihr seine Hand zu reichen. Er zeigte insofern, welch ein vollendeter Kavalier er war. Dominik verabschiedete sich danach jedoch nicht von Brigitte, ohne ihr vorher eindringlich zu sagen, wie sehr er sich auf den bevorstehenden Abend mit ihr freute.

      Genau mit diesem Ablauf setzte sich ihre anfängliche Beziehung auch an den folgenden Tagen fort. Dominik stand täglich mit dem Wagen vor dem Bürogebäude bereit wenn Brigitte Feierabend hatte, um sie gut behütet nach Hause zu chauffieren. Zum Abschied verabredeten sie sich jedes Mal für den Abend, oder auch schon für den späten Nachmittag miteinander. Sie verbrachten dann ihre gemeinsame Zeit damit, ins Kino zu gehen, einem Zoobesuch, oder in einem gemütlichen Restaurant und mit tanzen. Wobei selbstverständlich grundsätzlich Dominik die Eintrittsgelder und alle weiteren Rechnungen übernahm.

      Gab es einmal keinen festen Plan für den Ablauf des Abends, nahmen die beiden sich also nichts Bestimmtes vor. Fiel ihnen kurzfristig dann auch später keine besondere Idee ein, flanierten Brigitte und Dominik einfach nur in der Gegend umher, bummelten durch die Stadt und auch durch den Park. Oder sie fuhren mit dem Sportcabriolet aufs Geratewohl los. Irgendwo hin, die Küste entlang, oder ins Hinterland, ohne festes Ziel. Dabei entdeckten sie oft durch Zufall ideale, lauschige Plätzchen oder außergewöhnlich gemütliche Bistros mit ungehinderter Sicht aufs Meer, wo sie sich ungestört an ihrer Zweisamkeit ergötzen konnten.

      Im Grunde war es aber gleichgültig und spielte keine vorrangige Rolle, was sie zusammen besuchten oder gemeinsam veranstalteten. Es zählte einzig und allein, dass jeder die Nähe des anderen spürte. Brigitte fand es phantastisch, wie sich ihr Freund um sie kümmerte und scheinbar ausschließlich für sie alle Zeit opferte. Dominik verwöhnte sie nicht nur indem er so vieles mit ihr unternahm und stets für Brigitte da war. Es überwältigte sie außerdem wie galant er sich ihr gegenüber verhielt, sie mit Komplimenten überhäufte und wie Dominik versuchte, ihr jeden Tag etwas Neues zu zeigen und zu bieten, um Abwechslung in ihre Rendezvous zu bringen. Er vermied es dabei absolut, Langeweile und Eintönigkeit aufkommen zu lassen.

      Amors Pfeile hatten wieder mit gewohnter Sicherheit einen Volltreffer gelandet. Für beide war das die glücklichste und prickelnste Zeit in ihrem bisherigen Leben. Brigitte wusste zwischen den Verabredungen nicht, wie sie die ohnehin schon wenigen Stunden ohne Dominik überstehen sollte. Ihre Gedanken waren immer nur bei ihm und umgekehrt dürfte es ihm geradeso ergangen sein. Der Tag konnte noch so mies und verregnet sein, wenn sich Brigitte und Dominik dann endlich gegenüberstanden, ging für sie beide die Sonne auf. Die Hetze der davor liegenden Stunden, vorangegangener Ärger und die Unannehmlichkeiten des Alltags, lösten sich sofort in glücklichen Gesichtern auf.

      Brigitte war sehr stolz auf ihren Dominik. Sie beantwortete auch die neugierigen Fragen ihrer Kolleginnen im Betreff auf ihn gerne, mit Stolz und mit einer gewissen Genugtuung. Die übrigen Frauen im Büro erspähten natürlich auch, dass und mit welchem Wagen Brigitte täglich abgeholt wurde, die Veränderung, die mit ihr vorging und was dahinter steckte. Jeden Tag musste Brigitte genauestens berichten, was sie gemeinsam erlebten, wohin sie mit Dominik ging, wie lange sie sich wo aufhielten und was sich sonst noch alles in Verbindung mit ihm ereignete. Bei indiskreten Fragen allerdings lächelte Brigitte nur geheimnisvoll und schwieg. Sollten die Neider doch denken, was sie wollten. Nur ihre beste Freundin Jasmine wusste wirklich über alles Bescheid und kannte sämtliche Einzelheiten.

      Bereits nach ein paar Tagen schenkte ihr Dominik ein echt goldenes Armkettchen. Einfach so, ohne bestimmten Grund. In dessen dafür vorgesehenen, größeren und flachen Glied, stand Dominiks Name eingraviert. Es sollte Brigitte ständig an ihn erinnern und war mit Sicherheit nicht billig gewesen. Dieses zeigte sie ebenfalls mit Würde im Geschäft den Kolleginnen vor. Brigitte demonstrierte damit auch, dass alles, was sie erzählte, der Wahrheit entsprach und keine Aufschneiderei war, wie vielleicht manche dachten. Die aufkeimende Eifersucht ihrer Kolleginnen, von denen keine etwas Ähnliches je von ihrem Freund oder Mann geschenkt bekommen hatte, erreichte damit sicherlich einen vorläufigen Höchststand.

      Nach ungefähr zwei Wochen allerdings, so kann sich Brigitte erinnern, begann ihr Dominik durch sein doch unerklärliches, verschwenderisches Verhalten, was das Geld und die Freizeit betraf, leicht suspekt zu werden. Auch die wiederholten Bemerkungen einiger ihrer Kolleginnen trugen schleichend dazu bei, dass ihre Verehrung gegenüber Dominik getrübt und er ihr trotz seiner Freundlichkeit und seinem dargestellten Edelmut unheimlich wurde. Die ganzen Umstände waren wirklich äußerst ungewöhnlich. Auf diese Denkanstöße hin stellte Brigitte in ruhigen Minuten eigene Überlegungen an, die sie aber auch zu keinem Ergebnis brachten. Selbst Brigittes Eltern begannen langsam, vorsichtig gewisse Sorgen zu äußern.

      Die Grundlage für deren Angst resultierte vorrangig aus der Ungewissheit, von was Dominik überhaupt lebe, womit er sein Geld verdiente, um sich auf solch großem Fuße bewegen zu können. Und dann brachte er noch obendrein jede Menge Zeit für Brigitte auf, ohne auf irgendwelche anderen Umstände Rücksicht nehmen zu müssen. Dominik brauchte anscheinend nie zur Arbeit gehen. Seltsamer Weise kannte sogar Brigitte nicht die Lösung auf diese Fragen, denn das war bisher nie ein Thema bei ihren Gesprächen gewesen.

      In den Medien hörte man schon viel von Mädchenhändlern und allerlei anderen Verbrechern und zwielichtigen Gestalten, vor denen sich eine junge, hübsche Frau in Acht nehmen sollte. In ihren Zweisamkeiten, so fiel es Brigitte daraufhin auf, redeten die Beiden bis dahin fast ausschließlich von ihr. So dass Dominik nahezu alles über Brigitte bis ins Detail wusste, sie aber dagegen lediglich seine Hobbys kannte, welches Auto er fuhr oder was ihm beim Essen schmeckte und was weniger. Viel mehr Kenntnisse besaß Brigitte nicht über Dominik. Sie wusste keine Einzelheiten über sein Berufsleben und die Person Dominik. Er war für sie nur ein sympathischer, gut aussehender Mann mit offensichtlich viel Geld und ebenso viel Freizeit, der einen weißen Sportwagen fuhr.

      Dieser Aspekt rückte Brigitte aber erst auf die Bemerkungen ihrer Kolleginnen und Freundinnen hin richtig in ihr Bewusstsein, das durch die berühmte rosarote Brille doch eindeutig getrübt war. Ihr fiel dann, beim Aufmerksam werden auf diese Tatsache und näheren Betrachten des Problems auf, dass Dominik bei ihren Gesprächen stets geschickt von sich selbst ablenkte. Das blieb bis dahin von Brigitte unbemerkt, oder sie verdrängte diesen Umstand, weil die Stunden mit ihm einfach zu schön und harmonisch für sie waren.

      Als Brigitte ihn bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit daraufhin nachdrücklich fragte und ihm offen ihre Sorgen darlegte, gab Dominik ihr nach kurzem Zögern ausführlich Aufschluss über seinen Lebensinhalt und darüber, wie er im Geschäftsleben stand. Ihm leuchteten ihre Ängste ein und er spürte schon, dass Brigitte sich ihm gegenüber immer vorsichtigerer verhielt. Dominik wollte keine missverständlichen Spekulationen aufkommen lassen. Er hielt sich mit seinem eigenen Lebenslauf aus dem Grunde zurück, weil er damit nicht angeben wollte, erfuhr Brigitte dann. Es sollte bei niemandem der Eindruck entstehen, er hielte sich für eine besser gestellte Persönlichkeit als andere Menschen um ihn herum, die es in ihrem Leben eben nicht so glücklich getroffen hatten wie er.

      Er, Dominik, war als Einzelunternehmer selbständig und konnte sich somit den Tag einteilen, wie es ihm in den Kram passte. Mit einem Lächeln begann er endlich von sich zu erzählen. Für Brigitte erweckte es den Eindruck, als habe er schon lange auf diese Fragen gewartet. Dominik erklärte Brigitte alles was ihn betraf, ohne auszuweichen. Es gab keine Tabus und er stand offen Rede und Antwort. Das war ein abendfüllendes Programm und ihr eigentlich geplantes Vorhaben an diesem Abend wurde verschoben. Aber die Klärung ihrer Bedenken erachtete Brigitte als wichtiger. Das ging für sie in Ordnung, nachdem sie lange grübelte, wie sie es anstellen sollte ihn deswegen zu befragen und Dominik schließlich so weit hatte, dass er Brigitte aufklärte.

      Dominik wuchs zunächst bei seinem Vater auf, der damals seit knapp zwei Jahren verstorben war. Ihm verdankte er auch den Grundstock zu seinem Wohlstand. Dominiks Eltern lebten, seit er sich erinnern konnte, getrennt. Seine Mutter, zu der er niemals ein inniges Verhältnis gehabt hatte, war bereits seit mehreren Jahren verstorben.