R.J. Simon

Bis dass der Tod euch vereint


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Mann und ihr Töchterchen ernähren sollte. Wie oft schrieb sie in der Nachkriegszeit das Eingekaufte beim Lebensmittelhändler an der Ecke an, wenn es überhaupt Nahrungsmittel gab. Dieser Zustand war ihr mehr als peinlich, aber Brigittes Mutter blieb keine Alternative. Sie war schließlich auch nicht die Einzige, der es so erging. Die wenigsten Menschen konnten ihren Einkauf immer gleich bezahlen. Das tröstete etwas über die empfundene Schande, die doch eigentlich keine war, hinweg. Diese Zeit stellte die gesamte Bevölkerung auf eine harte Probe.

      Der größte Wunsch der Mutter also war, dass ihrer Tochter solche Nöte erspart blieben, wie sie selbst sie durchleben musste; dass es Brigitte einmal von Anfang an, wenn sie auf eigenen Beinen steht, besser erging. Für sie galt als sicher, dass sie sich keine Sorgen machen brauchte, wenn Brigitte bei Dominik blieb. Deshalb versuchte sie unermüdlich Brigitte zu verdeutlichen, welch eine gute Partie Dominik war, was er für ihr weiteres Leben darstellte und dass sie an ihm festhalten sollte.

      Hätte aber Brigitte ihren Freund nicht wenigstens sympathisch gefunden, wäre es niemals so weit gekommen, wie es dann auch kam. Denn nur durch rosarote Worte der Eltern, konnte man keine vernünftige und funktionierende Ehe herbeireden. Da gehörte schon eine erhebliche Menge mehr dazu, als guter Wille und der Wunsch versorgt zu sein.

      In dieser Weise setzte sich die fester werdende Beziehung der Beiden fort. Sie trafen sich so oft es ging, um jede freie Minute miteinander zu verbringen. Von ihren Eltern bekam Brigitte ihren Dominik parallel dazu ständig angepriesen, als das Beste, was ihr je geschehen konnte. Ihre Zuneigung zu ihm kannte irgendwann keine Grenzen mehr und bald hoffte auch Brigitte, wie die Mutter und der Vater, auf die Hochzeit. Dieses geheime Anliegen hätte Brigitte jedoch niemals gegenüber Dominik geäußert.

      Brigitte wollte abwarten und ihn auf keinen Fall dazu drängen. Dominik sollte sich von niemandem unter Druck gesetzt fühlen. Er musste sie von sich aus fragen, ob sie seine Frau werden wollte, wenn er es für richtig erachtete. Ganz ohne Manipulationen und versteckte Andeutungen. Es durften weder ihre Eltern noch Brigitte selbst versuchen dabei Einfluss auf Dominik zu nehmen, weil ansonsten vielleicht genau das Gegenteil erreicht worden wäre. Obendrein verkörperte Dominik einen standhaften Mann, der sich zu nichts drängen lies, das er an sich ablehnte, und seine Entscheidungen unbeirrt traf.

      Etwas mehr als ein Jahr war seit ihrer allerersten Begegnung vergangen, da lud Dominik seine Brigitte zum wiederholten Mal in seine Villa zum Essen ein. Dieses erste Jahr mit ihm verflog unglaublich schnell und war erfüllt von reichlich glücklichen Stunden. Sie hatten stets viel Spaß miteinander und er versuchte Brigitte immer eine Überraschung zu bescheren, um ihr Freude zu bringen. Sie war wirklich gerne in seiner Nähe, fühlte sich in Dominiks Gegenwart geborgen und die Abendessen in seinem Haus waren grundsätzlich etwas Besonderes.

      Diesmal hatte Dominik das Wohnzimmer in dem sie speisten, noch romantischer hergerichtet als er das ohnehin immer tat. Der Tisch war mit dem besten Geschirr gedeckt und weiße Kerzen standen in stilvollen Ständern dabei. Im Kamin loderte ruhig ein Feuer und die Holzscheite knisterten nahezu unhörbar. Zur Abrundung wurde das gesamte Ambiente von leiser Geigenmusik unterstrichen. Das Bild, das sich Brigitte beim Eintreten bot, kam ihr vor wie die gelungene Inszenierung von Hollywood.

      Der Raum wirkte insgesamt sehr feierlich. Das Idyll ausstrahlende Kerzenlicht auf der Tafel, das Wärme spendende Feuer im Kamin, mit seinem knisternden Holz und die träumerischen Geigenklänge, sorgten für ein absolut romantisches Umfeld.

      Brigitte bemerkte natürlich gleich nach Betreten des Zimmers, dass Dominik wieder etwas Besonderes im Schilde führte. Ein solches Arrangement bereitete er trotz seiner ständigen Bemühungen in diesem Ausmaß noch nie vor. Aber auf was diese festliche, zeremonielle Stimmung abzielte, traute sich Brigitte nicht ernsthaft vorzustellen. Sie wollte sich nicht selbst in gewisse Hoffnungen begeben, die vielleicht unerfüllt blieben und sie somit enttäuscht würde.

      Eher glaubte Brigitte daran, dass Dominik ihr wieder einmal ein größeres Geschenk machen oder sie vielleicht zu einem tollen Urlaub einladen wollte. Was sollte sonst einen solchen Aufwand rechtfertigen? Dass Brigittes geheimer Wunsch sich erfüllte, hätte sie nicht für möglich gehalten und wagte sie nicht zu glauben, aus Angst, sie würde mit einem solchen Omen die Chance zerstören. Bis Dominik ihr tatsächlich sagte, was sie hören wollte, konnte sie nicht glauben, dass es nun endlich so weit war.

      An jenem Abend überraschte Dominik sie wirklich mit einem Geschenk. Er fragte Brigitte ohne lange vorbereitende Umschweife und große einleitende Worte beim Essen aus heiterem Himmel, ob sie ihn heiraten wollte. Überglücklich darüber, dass er diese Frage endlich aussprach, beantwortete Brigitte diese trotzdem zunächst nur mit einem schlichten „ja“. Dieses „Ja“ kam aber daraufhin anschließend, mit dem Bewusstwerden der Worte und deren Bedeutsamkeit, gleich noch mehrmals über ihre Lippen. Brigitte stieß es noch fünf-, sechs Mal jubelnd aus.

      Ihre Hände zitterten vor lauter Freude über diese Frage derart, dass Brigitte nicht mehr fähig war das Essbesteck festzuhalten. Sie ließ es einfach unkontrolliert auf den Tisch fallen, wo es klirrend auf dem Teller landete. Das feine Porzellan erklang hell, wie Glockengeläut, zur Bestätigung ihrer Antwort.

      Voller Übermut sprang Brigitte auf, lief um den Tisch herum auf Dominik zu und warf sich ihm schon sinnbildlich an den Hals, dass er fast, zusammen mit dem Stuhl, umgefallen wäre. Aus dem Würgegriff heraus, in dem er sich in diesem Moment befand, fragte Dominik etwas geknebelt, lachend: „Darf ich das als deine Zustimmung werten?“

      „Dumme Frage!“ Brigitte erlöste ihn aus ihrer erdrückenden Umklammerung und ging vor ihm in die Knie, um Dominik weiter dankbar und verliebt anzustrahlen. Doch dabei stellte sie umgehend fest: „Dann müssen wir uns aber zuerst verloben.“

      „Gut, dann sind wir ab jetzt verlobt “, entschied Dominik lachend.

      Diese beiderseits getroffenen Entscheidungen, dass sie heiraten würden und sie sich deshalb ab diesem Abend im Status des Verlobtseins befanden, begossen sie zur Festigung zunächst mit einem Glas Champagner. Anschließend leerten sie auf das Eheversprechen hin eine gute Flasche alten Wein. Die hatte Dominik in weiser Voraussicht kühl gestellt. Er war sich seiner Sache absolut sicher gewesen. Von Brigitte erwartete er keine andere Antwort als ein „Ja“, weil er ahnte, dass sie darauf wartete.

      Mit jedem Schluck des edlen Tropfens den sie tranken und vor dem sie die Gläser zusammen stießen, so dass sie laut ertönten, besiegelten sie ihr Vorhaben mit den Worten: „Auf uns und unsere Zukunft!“

      Brigitte bemerkte dann einen ganz leichten Schwips von dem Wein, als sie die Flasche ausgetrunken hatten. Dominik trank zwar den größeren Teil, aber da Brigitte normal eher wenig Alkohol zu sich nahm, spürte sie die zwei Gläser schon deutlich. Dieser Zustand, den Brigitte in sich fühlte, konnte aber ebenso gut von der überschwänglichen Freude herrühren, die Dominik ihr mit seinem Antrag bereitete. In Verbindung mit dem Alkohol wurde ihre Laune dementsprechend aufgeputscht.

      Noch am selben Abend fuhren sie gemeinsam mit Dominiks Wagen zu Brigittes Eltern. Natürlich wieder mit Geschenken für Papa und Mama, wo Dominik dann offiziell um die Hand ihrer Tochter anhielt. Übermütig stürzte Brigitte voraus in die Wohnung, einem Überfall gleich und verkündete lautstark: „Dominik möchte euch etwas fragen!“ Bei diesem Ansturm und dem freudestrahlenden Ausruf ihrer Tochter, ahnten die beiden gewiss, was nun folgte.

      Die Frage war reine Formsache. Selbstverständlich waren die Eltern mit einer Heirat einverstanden. Denn die Hochzeit erhofften sie sich schon seit längerem und sie wären die Allerletzten gewesen, die dem Glück ihrer Tochter im Wege gestanden hätten. Wiederum selig, als die Eltern beide wohlwollend zustimmten, schloss Brigitte abermals ihren zukünftigen Ehemann vor ihren Eltern mit überschäumender Freude in die Arme.

      Dominik war kein bisschen aufgeregt bei dem Antrag, den er seinen Schwiegereltern in spe machte. Er wusste, dass sie ihn mochten und dass sie sich nur das wünschten, was auch ihre Tochter wollte. Dominik besaß damals schon eine untrügerische Menschenkenntnis, die ihm sagte, dass er keinerlei Befürchtungen vor einer Ablehnung zu haben brauchte.

      Bald darauf verlobten sich die Heiratsanwärter dann in der Öffentlichkeit. Dominik wollte das ultimative Eheversprechen ganz groß feiern.