R.J. Simon

Bis dass der Tod euch vereint


Скачать книгу

war ungeahnt kräftig. Angesichts ihres hohen Alters eine erstaunliche Leistung. Sie wünschte den beiden unter starkem Schluchzen viel Glück und ermahnte Brigitte ausdrücklich, sie solle immer gut für ihren Mann sorgen, immer für ihn da sein und ihn niemals im Stich lassen.

      Der Anblick, der teilweise vor Rührung weinenden Verwandten, hatte auch Brigitte schon längst wieder zu Tränenströmen hingerissen. Beim Empfang der guten und besten Zukunftswünsche nickte sie überwiegend nur. Ein „Danke“ oder ähnliches war sie unfähig zu sagen. In Brigittes Hals saß etwas, an dem jedes Wort stecken blieb.

      Unter dem immer noch andauernden Regen aus Reis und Konfetti stieg das mit Hochleben- und Glückwünschen überschüttete Paar in die bereitstehende, weiße Hochzeitskutsche ein. Auch hier zeigte sich die Freizügigkeit Dominiks im Bezug auf seine Frau, die ihm explizit an diesem Tag eigen war. Es handelte sich präzise um eine solche Kutsche, wie sie sich Brigitte vorstellte. Mit allem Zubehör, wie sie es mit Dominik besprochen hatte.

      Wie er Brigitte während der folgenden Fahrt erzählte, war Dominik lange unterwegs gewesen, um eine blütenweiße Kutsche, mit vier ebenfalls weißen Rössern aufzutreiben. Das Schmücken derselben und das Postillionslivree des Kutschers zu organisieren war dagegen unproblematisch. So fuhren sie winkend, von den stolzen Pferden gezogen, zu der anschließenden Hochzeitsfeier.

      Die Angehörigen folgten der weißen Hochzeitskutsche in ihren Autos als Kolonne. Für die geladenen Gäste, die keinen eigenen Wagen besaßen, hatte Dominik einen Bus gemietet, der den Abschluss des Zuges bildete. So erreichte der Korso eine bemerkenswerte Länge und sorgte somit schon für Aufsehen. Dazu kam das Hupkonzert, das die entgegenkommenden Fahrzeuge als Glückwunsch und Gruß anstimmten und das das Gefolge gerne und ausgiebig erwiderte.

      Das abgehaltene Fest übertraf das der Verlobung bei Weitem. Es wurde in einem vornehmen Restaurant gefeiert, mit pompösem kaltem und warmem Buffet, bei dem keine kostbare Leckerei fehlte. Im Eingangsbereich war eine Champagnerpyramide aufgebaut, so dass jeder eintreffende Gast mit einem Glas des edlen Getränks begrüßt wurde. Für die Tanzmusik engagierte Dominik eine Kapelle und zur Unterhaltung traten zusätzlich ein Illusionist sowie ein Komikerduo auf, deren Thema natürlich die Ehe war. Für das Wohlergehen und die Belustigung der Gäste war also gesorgt und alle Extras, die zu einer solchen Festivität gehören, waren vorhanden.

      Gegen Mitternacht setzte sich das Hochzeitspaar allmählich von dem Trubel ab. Die Feier war zu dem Zeitpunkt noch voll im Gange, so dass Brigitte den Aufbruch, der von Dominik ausging, nicht verstand. Sie folgte aber als treue Ehefrau seiner Anweisung, als er sagte, sie solle zum Abschluss den Brautstrauß werfen, sie müssten sich nun von dem Fest trennen.

      Sie winkten der Hochzeitsgesellschaft beim Verlassen des Saales zu, verabschiedeten sich von ihren Eltern und machten sich auf den Weg, von dem Brigitte nicht wusste, wohin er führte. Vor dem Restaurant wartete bereits ein Taxi, mit dem sie, wie es ihr vorkam, in Richtung Flughafen fuhren. Brigitte hatte vorher wirklich keine Ahnung und bohrte Dominik deshalb ununterbrochen mit Fragen, was es damit nun auf sich hätte. Daraufhin erst zeigte er ihr die Flugtickets und Brigitte erkannte die nächste Überraschung.

      Die Reise führte nach Hawaii, was für die damaligen Verhältnisse ein Ziel war, von dem die meisten Menschen nur träumen konnten. Hawaii verkörperte den Südseetraum schlechthin und dort verbrachte jeder seinen Urlaub, der es sich leisten konnte. Davon gab es allerdings zu jener Zeit nicht viele Menschen. Auch Brigitte hätte vor ihrer Bekanntschaft mit Dominik nie daran geglaubt, einmal dort, auf der Paradiesinsel auszuspannen. Selbst als die Hochzeit sich abzeichnete wäre ihr als letztes in den Sinn gekommen, dass sie so bald eine derartige Reise unternehmen würde. Dass Brigitte schon ihre Flitterwochen dorthin führten, bedeutete für sie das größte und erstaunlichste Geschenk.

      Das war eine der mannigfachen Überraschungen, die diese Hochzeit barg und gleichzeitig die schönste. Die Ausrichtung des Festes für Brigitte, nach ihren Vorstellungen, bedeutete die erste Verblüffung. Ihr eigentliches Hochzeitsgeschenk von Dominik erhielt sie auf der Feier vor den versammelten Gästen. Es handelte sich dabei um eine komplette Garnitur Schmuck aus Weißgold. Sie bestand aus einem Kollier, Ohrringen, Ring und Armkettchen. Jedes einzelne Teil gleichsam besetzt mit kleinen Diamanten.

      Diese luxuriöse und extravagante Gabe sollte die Verehrung, Anerkennung und Liebe von Dominik gegenüber Brigitte ausdrücken. Etwas derart kostbares und schönes sah Brigitte bis dahin nur in Schaufenstern oder in Prospekten teurer Geschäfte an der Côte d´Azur. Noch nie aber, verständlicher Weise, an sich selbst.

      Der nächste Schmuck, der ihren Geldsorgen zum Opfer fallen würde, wird wohl dieses Hochzeitsgeschenk sein.

      Bis Dominik ihr im Taxi die Flugtickets zeigte, waren sie schon fast am Flughafen von Nizza angekommen. Nach Brigittes anfänglichem stummen Staunen, in dem sich zunächst ihr Frohsinn darüber ausdrückte, rief sie aufgeregt: „Aber Kleider, ich brauche doch Kleider!“

      Ihre Garderobe befand sich jedoch bereits in Koffern verpackt im Gepäckraum des Taxis. Ebenso die Koffer von Dominik. Zusammen mit Brigittes Mutter, die in das Geheimnis eingeweiht war, bereitete es Dominik so vor. Das gesamte Vorhaben blieb bis zuletzt von Brigitte unbemerkt und garantierte so eine gelungene Überraschung.

      Das Brautpaar verbrachte zwei sehr, sehr schöne und erholsame Flitterwochen auf der exotischen Insel. Sie badeten dabei in den warmen traumhaften Fluten des Meeres ebenso ausgiebig, wie in einer haushohen Woge der Glückseligkeit und Liebe. An den lauen Abenden gingen sie tanzen, machten Spaziergänge bis spät in die Nacht am Strand entlang, oder ließen sich einfach im Hotel verwöhnen. Das war mit eine der schönsten und harmonischsten Zeiten ihrer Ehe.

      Zusätzlich bescherte Brigitte ihre Hochzeit mit Dominik, als Zugabe sozusagen sein Angebot, endlich bei der Versicherung zu kündigen. Sie arbeitete noch bis zu dem Tag, an dem sie Dominik die Hand fürs Leben reichte in ihrer alten Firma. Stattdessen wollte er von nun an, dass sie bei ihm als Sekretärin arbeitete und ihm das Büro zu Hause führte. Ansonsten brauchte Brigitte nebenbei nur noch Hausfrau zu sein, was zusammen mit einer Haushaltshilfe problemlos zu handhaben war.

      Damit erklärte sich Brigitte sofort freudestrahlend und ohne lange Bedenkzeit einverstanden. Die Arbeit in dem Großraumbüro befriedigte sie längst nicht mehr. Ihre Motivation, morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, bewegte sich um den Nullpunkt. Insgeheim hoffte Brigitte auch darauf, dass Dominik sie aus dem nervenaufreibenden und eigentlich monotonen Alltag herausholte. Sie fragte sich schon, wie das zukünftig weiter gehen sollte, wenn Brigitte bereits in jungen Jahren keine Lust mehr auf das profane Arbeitsleben hatte.

      Durch dieses Angebot kam Brigitte also aus dem Stressleben heraus zu einer Arbeit, bei der sie keinen Chef mehr als solchen hatte. Sie wurde dadurch freier, denn ihr Boss war fortan ihr eigener Ehemann. Und was gibt es schöneres, als den eigenen Mann, den man liebte, zum Vorgesetzten zu haben? Das bedeutete keine strengen Anweisungen mehr, keine unsinnigen Formalitäten und unterwürfige Gesten gegenüber einem anderen Menschen im Arbeitsalltag. Ohne Angst vor dem Chef lief alles doppelt so leicht von der Hand. Zudem macht die Arbeit alleine deswegen mehr Spaß, weil man sie für sich selbst erledigt.

      Brigitte genoss also nach der Hochzeit ein Leben, nach dem sicherlich unzählige Mädchen und Ehefrauen in ihren geheimen, phantasievollen Träumen hungerten. Sie residierte mit ihrem Mann in einem großzügigen, eleganten Haus und sie waren geschäftlich ihre eigenen Chefs. Brigitte fürchtete keinerlei Geldprobleme. Für sie war nicht die Frage, wenn sie etwas sah das ihr gefiel: „Kann ich mir das leisten?“ Sondern eher: “Brauche ich das wirklich, oder steht es bald nur ungenutzt in einer Ecke herum?“ Brigitte konnte ihr Dasein mit Dominik in vollen Zügen auskosten.

      Die Beiden schritten stets gemeinsam durch das angenehme Leben. Sie zeigten sich unzertrennlich und es schlich sich bei ihnen vorerst nicht, wie bei vielen anderen Paaren, ein Ehealltag ein, wo man gelegentlich gerne alleine war. Brigitte und Dominik lebten noch lange Jahre in dem Bungalow, den er von seinem Vater geerbt hatte und fühlten sich dort sehr wohl. Ihre Geschäfte gingen sehr gut und Brigitte arbeitete sich bestens in die neue Materie ein.

      Zum zehnten Hochzeitstag hielt Dominik dann eine umwälzende Überraschung für seine Frau bereit. Er unterbreitete Brigitte