Wolfgang Wirth

look back again


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und er konnte sich mit jedwedem Problem an sie wenden. Sie war wie eine gute Freundin für David und er hatte auch mehrfach ausgedrückt, wie froh er war, dass sie sich damals entschieden hatte seinem Vater nach Deutschland zu folgen. Sie waren eine glückliche Familie mit eben einem erwachsenen Sohn.

      Und dieser Sohn war nun mal ein Musterexemplar, schlank und gutaussehend, wenn auch nicht so groß und breit gebaut wie sein Vater. Dafür hatte er die feinen Züge und großen brauen Augen seiner Mutter geerbt. Und er war ein sensibler, cleverer und liebenswerter Mensch, immer freundlich und gut gelaunt und für jeden Spaß zu haben.

      Natürlich waren Brian und Laetitia neugierig auf das Mädchen, das David ihnen nun endlich vorstellen wollte. Sie sollte seiner Beschreibung zufolge ja ausgesprochen hübsch sein, aber eben auch intelligent und herzensgut. Hörte sich nach der perfekten Partnerin an, wenn es so etwas überhaupt gab. Sein Vater hatte die anfänglichen Schwärmereien und die euphorische Beschreibung seines Sohnes abrupt gebremst, als er die trockene Frage gestellt hatte, ob sie denn auch kochen könnte. Und obwohl David seinen Vater und dessen Sticheleinen nur zu gut kannte, hatte ihm diese Bemerkung gar nicht geschmeckt. Er fing bereits an darüber zu diskutieren, welche Vorzüge denn eine ideale Partnerin haben müsste, aber Brian hatte abgewunken und gegrinst, bis auch David merkte, dass er nur hochgenommen wurde.

      Mr. Jones riss Laetitia mit einem kurzen Bellen aus ihren Gedanken. Der Hund konnte nicht nachvollziehen, warum sein Frauchen plötzlich auf ihren Rechen gestützt innegehalten hatte. Die Schweizerin streichelte ihrem Border Collie über den Kopf und rechte die letzten Blätter zusammen. Brian kam ums Haus herum und half ihr, das ganze Laub in einen Sack zu stopfen, der dann in den nächsten Tagen zum Kompostieren weggebracht werden sollte. Als nächstes standen die Vorbereitungen für das Mittagessen auf dem Programm. Dann noch schnell geduscht und schon würden die Gäste vor der Türe stehen.

      Als sie ins Haus gingen, ergriff Laetitia liebevoll die Hand ihres Mannes und drehte sich zu ihm um.

      „Weißt du noch, wie wir uns kennengelernt haben? Der flüchtige Blick auf dem Flohmarkt und das unglückbringende Geschäft mit der Uhr?“

      „Aber wieso Unglück? Ohne diese Uhr wären wir uns nicht nähergekommen“, sinnierte Brian. „Ich hätte dann nur gedacht: Was für eine süße Verkäuferin! Dann wäre ich weitergegangen.“

      „Das wäre alles gewesen?“, schimpfte Laetitia im Spaß.

      „Na klar. Aber einmal unachtsam stehengeblieben und schon hatte ich dich am Hals!“

      Brian lachte und küsste seine zweite Frau auf die Stirn. Die aber machte ein übertrieben zorniges Gesicht und stieß ihn zurück, konnte sich aber dabei ein Grinsen nicht verkneifen.

      „Beschwer‘ dich nicht! Wer weiß, wo du heute ohne mich wärst!“

      „Reich und berühmt in Las Vegas!“, gab Brian zurück, nahm Laetitia in den Arm und küsste sie leidenschaftlich. Dann fügte er hinzu: „Aber wer will das schon, wenn er hier im Garten Laub zusammenkehren kann.“

      „Eben!“, bestätigte Laetitia. „So, und nun schieb den Braten in den Backofen, mein verkannter Show-Star!“

      Gut drei Stunden später saßen die Vier vergnügt am Mittagstisch und genossen den Nachtisch. Laetitia hatte sich selbst übertroffen und ein köstliches Vier-Gänge-Menü auf den Tisch gezaubert.

      Obwohl Alex mehrfach betonte, dass sie sich einen solch kalorienreichen Festschmaus nicht so oft leisten dürfe, um ihre Figur zu erhalten, hatte sie dennoch das Mahl genossen und sich sogar vom Braten ein zweites Stück geben lassen. Sie bedankte sich artig und lobte die Köchin.

      Dieses Mädchen war wirklich ein Glücksfall für David, darin waren sich seine Eltern unausgesprochen einig. Sie war charmant und gutaussehend, dabei intelligent, bescheiden und wohlerzogen. Eine unterhaltsame Gesprächspartnerin ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen. Brian und Laetitia hatte sie im Sturm erobert und David war sichtlich froh, dass sie ihnen gefiel. Ihm war ihr Urteil wichtig, besonders Laetitias. Umgekehrt schien auch Alex Davids Eltern zu mögen, was ihm ebenso am Herzen lag. Sie hatten sich gleich auf das Du geeinigt und unterhielten sich angeregt über Alex’ Psychologie-Studium und ihre Hobbys, Davids Kindheitsabenteuer und über Gott und die Welt. Es war, als kannten sie sich schon eine Ewigkeit. Selbst Mr. Jones hatte seine neue Spielgefährtin sofort ins Herz geschlossen und Alex immer wieder mit treuem Blick die Schnauze auf den Schoß gelegt. Das heutige Zusammentreffen bereitete eindeutig allen Beteiligten ein großes Vergnügen.

      „So, ihr Lieben“, rief Brian, der den letzten Bissen des Desserts genüsslich verdrückt hatte. „Wer mag noch einen Digestif? Ich hätte zur Feier des Tages einen hervorragenden Cognac anzubieten.“

      „Nur gut, dass wir mit der S-Bahn gekommen sind“, stellte David fest. Gemeinsam hatten sie fast zwei Flaschen Wein geleert.

      „Das ist ein eindeutiges Ja! Alex, magst du auch einen? Oder ist dir was Süßes lieber?“

      „Ehrlich gesagt, möchte ich lieber nichts mehr. Sonst fange ich noch an, auf dem Tisch zu tanzen.“

      „Bestimmt ein netter Anblick!“, lachte Brian verschmitzt, aber Laetitia versetzte ihm unter dem Tisch einen dezenten Tritt ans Schienbein. Brian verstand den Hinweis, ließ sich aber die gute Laune nicht nehmen.

      „Also gut, zwei Cognac für die Herren der Schöpfung und für die Köchin einen Kräuterlikör, ihre heimliche Leidenschaft.“ Dabei zwinkerte Brian Alex zu und grinste. „Ich schenk dir auch mal einen kleinen ein, der ist wirklich lecker und gut für die Verdauung.“

      Alex winkte ab, allerdings vergebens.

      Sie stießen auf das gute Essen an, das Kennenlernen und auf gute Freundschaft. Danach entschied man sich, einen kleinen Verdauungsspaziergang durch die nahegelegene Parkanlage zu machen, sehr zur Freude von Mr. Jones. Die Temperaturen waren angenehm und die Sonne schien durch die wenigen Wolken. Beide Paare schlenderten Arm in Arm durch die Grünanlage und genossen die gute Luft, während der Hund allen möglichen Spuren hinterher schnüffelte und brav jedes Stöckchen zurückbrachte, was einer der Spaziergänger wegwarf.

      „Sagt mal, stimmt diese Geschichte mit der geheimnisvollen Uhr und eurem Erlebnis in Paris vor ein paar Jahren wirklich?“, wollte Alex plötzlich wissen. „David hat mir davon erzählt, aber ich glaube, er hat ein bisschen geflunkert.“

      Brian warf David einen vorwurfsvollen Blick zu, hatten sie sich doch damals unmissverständlich darauf geeinigt, dass dieses Kapitel ihrer Familiengeschichte auch im Kreise der Familie bleiben sollte. Vielleicht aber betrachtete sein Sohn Alex ja bereits als Teil dieser Familie und war deshalb leichtsinnig geworden. Vielleicht wollte er sich aber auch nur vor seiner Freundin interessant machen. Schließlich hatte nicht jeder mit so einem Abenteuer aufzuwarten, zumal David einen gehörigen Anteil daran gehabt hatte.

      „Na, David hat bestimmt ein wenig dick aufgetragen“, antwortete er und lächelte etwas gezwungen.

      „Also was ist dann dran an dieser Story, klingt ja echt aufregend“, bohrte Alex weiter. Brian hatte ihre Neugier nur noch mehr geweckt. „So ein Schmuckstück bewahrt ihr doch bestimmt in einem Banksafe auf, oder? Oder findet man das in irgendeinem Museum?“

      „Es ist bei uns zu Hause unter Verschluss. So was Besonderes ist es ja auch nicht“, versuchte Laetitia das Ganze herunterzuspielen. „Es ist nur eine alte Uhr, nicht besonders wertvoll und außerdem ziemlich hässlich. Sie ist mehr ein Andenken für uns, an die Zeit, in der wir uns kennengelernt haben.“

      „Dann ist sie gar nicht so etwas mysteriöses Magisches, mit dem man in die Vergangenheit schauen kann?“

      David hatte wohl nichts ausgelassen und Brian war sichtlich verärgert über das leichtsinnige Ausplaudern seines Sohnes. Nicht, dass er das Geheimnis bei Alex nicht gut aufgehoben glaubte. Es bedurfte jetzt nur etwas umfangreicher Erklärungen. Aber vielleicht konnte er die Geschichte doch noch etwas abschwächen. Nur David durfte ihm dabei nicht in den Rücken fallen, daher musste Brian darauf achten, ihn nicht als Aufschneider dastehen zu lassen.

      „Ja