Heidy Fasler

Liebe-VOLL AUSGENOMMEN


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als Aufforderung zum Bleiben und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Es kam ihr nicht in den Sinn, dass sie, als einzige Frau, fehl am Platz sein könnte.

      Vater erzählte mir auf der Heimfahrt davon. »Heute ist Lore aufgetaucht. Keine Ahnung was sie wollte und du hättest hören sollen, welchen Stuss sie vom Stapel ließ. Ich falle bei meinen Kollegen in Ungnade, wenn sie meinen, dass ich sie mitgebracht habe.«

      »Dann sag es ihr!«

      Vater sagte nach einer Weile das, was er in solchen Situationen immer sagt.

      »Ich möchte, dass du das für mich übernimmst.«

      Ich weiß, dass er Mutter oft auf die Palme jagte, wenn er ihr nach solchen Aktionen in den Rücken fiel.

      »Ich rufe Lore an, aber wenn sie es in den falschen Hals bekommt und du nachher behauptest, du wüsstest nichts davon, rede ich einen Monat lang kein Wort mehr mit dir. Ich toleriere das nicht. Ich bin nicht wie Mama.«

      Ich habe die Strafe, die ich in keinem Moment ernst meinte, nur ausgesprochen, um von ihm ein ehrenhaftes Verhalten einzufordern. Am Abend rief ich Lore an und erklärte ihr den Sachverhalt. Die Sache ging wie erwartet schief. Frank beschwerte sich telefonisch zuerst bei Vater, der bestritt etwas damit zu tun zu haben und danach bei mir. Da er Vater kennt, war das Missverständnis rasch geklärt.

      Ich schaue auf die Uhr, es ist kurz vor vierzehn Uhr, Vater müsste bald das Lokal verlassen. Nach weiteren zehn Minuten gehe ich hinein, um nach ihm zu sehen.

      Im Saal fordern mich die Pensionierten auf, mich einen Moment zu ihnen zu setzen, da die Bedienung erst mit Kassieren begonnen hat. Bis alle ihre Scherze losgeworden sind und mit der Serviertochter zu Ende geflirtet haben, dauert es noch mindestens eine halbe Stunde. Ich setze mich auf den freien Stuhl neben Peter Sanders, Vaters ehemaligen Chef.

      »Ich bin, wie Ihr Herr Vater, jedes Jahr im Tirol in den Ferien und dieses Jahr ist es sogar in der gleichen Woche. Ich habe mir erlaubt, ihn zu einem Mittagessen in mein Hotel einzuladen«, wendet er sich mir zu.

      Ich lege eine Pause ein und atme tief durch. Er ahnt nicht, dass er sich damit in die Höhle des Löwen begibt. Er ist ein gut situierter Wittwer und steigt im Gegensatz zu Vater in einem nobleren Hotel ab. Rita, die mit Vater im Tirol sein wird, wird sich freuen, wenn ihr ein potenzielles Opfer auf dem Silbertablett serviert wird. Man müsste Sanders warnen. Aber den komplizierten Sachverhalt auf die Schnelle zu erklären, ist nicht so einfach und ich lasse es deshalb bleiben. Es ist mir jetzt schon peinlich, wenn Vater, einst ein geschätzter Mitarbeiter von Sanders, bei ihm mit dieser Schickse aufkreuzen wird.

      Stattdessen sage ich: »Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen. Er wird Ihre Einladung bestimmt gerne annehmen.«

      Auf der Rückfahrt spreche ich Vater darauf an. »Du machst einen großen Fehler, wenn du Rita zu Peter Sanders mitnimmst.«

      »Weshalb?«, fragt er.

      »Sie wird ihr Netz über ihn auswerfen«, kläre ich ihn auf.

      »Was du immer denkst!«, antwortet er erbost. »Natürlich wird sie Peter gefallen. Aber nicht so, wie du denkst. Peter weiß, dass sie meine Frau ist. Er hat Stil, was man von Frank nicht behaupten kann!«

      Ich will mit ihm gerade über Franks Stil diskutieren, als er mich unterbricht: »Du hattest übrigens Recht. Rita hat Schulden.«

      Damit bringt er mich so aus der Fassung, dass ich fast eine Vollbremsung einleite und mich beherrschen muss, nicht zu ihm rüber zu sehen. Damit weckte er in mir die Hoffnung, dass er endlich begriffen hat, was diese Frau im Sinn hat.

      »Wieso diese Einsicht?«, frage ich ihn.

      »Ritas Freundin kam bei mir vorbei. Ich kenne sie. Sie heißt Conny. Rita bringt sie manchmal zum Essen mit. Sie hat mich, wie Du, vor Rita gewarnt.«

      »Die kam einfach bei dir vorbei? Ohne Rita? Haut einfach die eigene Freundin in die Pfanne? Hast du wirklich keine Ahnung? Du hast Rita auf ihre Schulden angesprochen, deshalb weiß sie, dass du Kenntnis davon hast. Du wüsstest sonst nicht, dass diese von ihrem Exmann sind. Extra eine Freundin vorbeizuschicken, damit diese dir das erzählt, ist sehr fragwürdig.«

      Vater zieht schweigend die Hände in die Höhe und geht, bis ich ihn zu Hause absetze, nicht mehr darauf ein.

      Zurück in der Agentur, frage ich Lena, ob es irgendwelche Anrufe gab. Da sie verneint und die Türe zu Marcs Büro geschlossen ist, steige ich in meinem Büro am Computer direkt ins Internet ein. Ich bin sicher, Rita hat diese Conny zu Vater geschickt, damit sie eine Zeugin hat. Nur aus welchen Grund? Und wofür?

      Vater sind Ritas Schulden schon längst bekannt, deshalb erkenne ich keine Logik darin. Als ich die Rechtslagen rauf und runter surfe, stoße ich auf einen Paragraphen, der es erklären könnte. Wenn ich diesen richtig interpretiere macht man sich strafbar, wenn man ein Darlehen für einen Urlaub erbettelt und dann mit diesem Geld Schulden bezahlt, von denen der Geldgeber nichts weiß. Deshalb hat Rita diese Zeugin auf den Plan gerufen. So ein raffiniertes Luder. Und mit allen Wassern gewaschen.

      Bisher bin ich noch nie mit einem Menschen in Berührung gekommen, der einen so schlechten Hintergrund hat. Weil ich keine Ahnung habe, wie man einer solchen Person begegnet, will ich professionellen Rat einholen und zwar bei denen, die von sich behaupten, jedermanns Freund und Helfer zu sein. Zudem ist Rita der Polizei bereits bekannt. Lena ist beschäftigt und Marc nicht zu sehen. Gut, dass ich nicht erklären muss, weshalb ich schon wieder aus dem Haus gehe, und fahre mit meinem Wagen zum Gebäude, in dem die Dorfpolizei untergebracht ist.

      Beim Betreten des Postens befällt mich ein leises Prickeln, denn es ist für mich ein Ausbrechen in eine mir unbekannte Welt. Nervös und aufgeregt schildere ich dem Polizisten hinter dem Schalter mein Anliegen.

      »Was kann man gegen eine solche Person unternehmen?«, frage ich, kaum habe ich die Geschichte zu Ende erzählt.

      »Nichts!« erwidert der Hüter des Gesetzes simpel.

      »Nichts?«, frage ich ungläubig, mit großen Augen. Für mich kommt Rita einer Heiratsschwindlerin gleich und ich bin überzeugt, dass man das ahnden muss. Ich hatte gehofft, er würde, wie Benny, in der Datenbank nachsehen, dann wüsste er, was ich meine.

      »Nein«, antwortet er.

      »Bitte sehen Sie im Computer nach«, flehe ich ihn an.

      »Selbst wenn ich etwas finde, darf ich Ihnen keine Auskunft geben. Ist das alles?«, fragt er desinteressiert, während er mit wichtiger Miene ein paar Formulare zusammenklopft und diese auch noch zu heften beginnt.

      Ich bleibe hartnäckig stehen, überzeugt, dass er die Brisanz meines Anliegens nicht verstanden hat. Als er merkt, dass er mich nicht loswird, zieht er die Augenbrauen hoch, runzelt die Stirn und sagt: »Das kommt leider häufig vor und Ihr Vater kann mit seinem Geld machen, was er will. Oder hat sie ihm etwas versprochen, was sie nicht einhält?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Sehen Sie. Und darum können wir nichts machen. Wir kämen nirgends hin, wenn wir jeden vorladen, der bei einem anderen Geld erbettelt. Am besten, Sie reden mit Ihrem Vater«, fordert er mich auf und blickt über meine Schulter auf die Person, die hinter mir steht. Das Signal ist unmissverständlich.

      »Warten Sie! Sie hat versprochen, meinem Vater das Geld zurückzuzahlen.«

      »Und? Hat sie?«

      »Sie hat es erst vor kurzem erhalten.«

      »Hat Ihr Vater das Darlehen schriftlich festgehalten?«

      »Nein. Leider nicht. Aber eine mündliche Abmachung gilt wie eine schriftliche. Oder etwa nicht?«

      »Wenn sie sich nicht an die Rückzahlung hält, kann Ihr Vatter das einklagen. Aber er muss dazu persönlich auf dem Posten erscheinen, Sie können ihm das nicht abnehmen. Sind sie jetzt fertig?«

      10

      In der letzten Septemberwoche schaue ich