Tiffany Anders

Ein halbes Jahr Amerika


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In den Sachen die gespendet wurden, war für jedes Kind ein Badeanzug oder eine Badehose mit bei. Nur für Ylva fanden wir nicht die passende Größe, aber sie bekam einen Bikini von Lena. Rene passte es zwar nicht, das seine Tochter mit einem Bikini rum rannte, aber da die Ranch komplett umzäunt und zu den Straßen gesichert gegen Eindringlinge war, durfte Ylva dann doch mit.

      Claire und ich räumten den Tisch ab und brachten das Geschirr in die Küche. Ich nahm mir vor einen Abwäscher für Claire zu besorgen. Wir hatten zwar eine große Geschirrspülmaschine, aber spätestens jeden Samstag zum Barbecue würden es immer mindestens 100 Leute werden. Das hätte zur Folge gehabt, das Claire den Spüler mindestens 5 Mal ein und ausräumen musste. Als wir alles so weit weg hatten und der Geschirrspüler lief, gingen wir zurück in die Scheune. Die Erwachsenen wollten sich ein wenig die Beine vertreten. Sie gingen auch los zum See.

      Rene, Andreas, Nicole, Annika, Christian, Dr. Engel, Harry, Boris, Claire, Franky, Thorben und ich blieben in der Scheune, um ein wenig darüber zu sprechen, was nun weiter passieren sollte. Für die Ferienkinder bekam ich immer Geld, für Kost, Unterbringung und die Betreuer, wenn sie zu uns kamen. Bei den Menschen, die jetzt zu uns gekommen waren, sah das anders aus. Natürlich hatten wir Geld wie Heu, es kam auch, durch die Rinder , dem Tannenverkauf zu Weihnachten, die Ferienkinder oder die Apps die Thorben und Boris schrieben, immer etwas dazu. Aber ewig würde es nicht reichen, 44 Menschen extra und für umsonst zu unterhalten. Wir mussten uns etwas einfallen lassen. Das war aber leider nicht so einfach. 36 von ihnen waren noch Kinder und mein Vater und seine Klara schon zu alt um zu arbeiten. Bei Annika wusste ich, das sie schnell einen Job findet, jedenfalls hoffte ich das. Sie hatte schon einmal in den USA gelebt und als Rettungsschwimmerin gearbeitet. Allerdings hatte sie damals in Oregon gewohnt.

      Dr Engel hatte während seiner Studienzeit in den USA gelebt und dort gearbeitet. Ich gab ihm mein Handy und meinen Laptop und er versuchte ein paar Studienkollegen ausfindig zu machen, um zu hören, ob er und seine Frau irgendwo unterkommen könnten.

       Andreas und seine Familie waren nur einmal im Urlaub in New York City. Er konnte zwar nur ein wenig englisch, war aber ein sehr guter Gas, Wasser und Heizungsmonteur und deutsche Handwerker wurden immer gerne genommen. Erstmal sollte er auf der Ranch einfach mitarbeiten. Genau wie Christian. Christian fuhr eigentlich LKW, war aber laut seiner Aussage, handwerklich nicht unbegabt.

      Es galt nur für alle die Frage, ob sie überhaupt arbeiten durften und auch bleiben würden.

      Thorbens Handy klingelte, er ging ran und entfernte sich vom Tisch. Nach kurzer Zeit kam er zurück und sagte, dass George in zwei Stunden kommen würde. George war der Gouverneur von Texas und ein sehr guter Freund von Thorben und Boris. Thorben, George, Boris und ein paar andere Leute trafen sich mindestens einmal im Monat um zusammen Karten zu spielen oder schießen zu gehen. Außerdem finanzierten wir den Wahlkampf von George zu jeder Wahl immer kräftig mit. Deshalb fragte ich auch, seit wann sich George so förmlich bei uns anmeldet und nicht einfach so vorbei kommt. Weil er jemanden mitbringt, meinte Thorben. Und, fragte ich weiter, hat er doch sonst auch gemacht. Es ist Brain Oktar, sagte Thorben nachdenklich. Brian Oktar war der Präsident der vereinigten Staaten und ich hatte mit einem Mal das Gefühl ich bekomme keine Luft mehr. Was will er, wollte ich wissen. Thorben hatte keine Ahnung und wir beschlossen, das Ganze ganz ruhig auf uns zukommen zu lassen. Thorben nahm mich in den Arm und meinte, das sicher alles gut werden würde. Mir flatterten die Knie, ich hatte das Gefühl mein Hals schnürt sich zu, mein Magen drehte sich und am liebsten wäre ich einfach abgehauen, aber es half sicher nichts. Die Amerikaner würden mich bestimmt überall finden und eigentlich war ich mir keiner Schuld bewusst. Wir hatten ja nur geholfen. Der Präsident war sicher ein ganz Netter, jedenfalls kam er im Fernsehen immer so rüber, versuchte ich mir einzureden.

      Harry wollte mit Tiana los, um das Fleisch für den Abend zu besorgen. Ich bat Harry daran zu denken, dass der Präsident, George und Gefolge wahrscheinlich auch mitessen würden. Mein Pickup ist doch groß genug, sagte er und lächelte verschmitzt, dann fuhren sie los.

      5

      Die 2 Stunden vergingen wie im Flug. Eigentlich wollte ich noch fürs Barbecue am Abend einkaufen, nun musste ich aber Claire, Nicole und Annika losschicken. Ich sollte laut George dabei sein, wenn der Präsident kommt. Nach 2 Stunden fuhren 20 schwere SUV`s auf den Vorplatz und es stiegen zum Teil schwer bewaffnete Leute aus den Fahrzeugen und verteilten sich blitzschnell in alle Richtungen. Am liebsten hätte ich mich auf den Boden geworfen und die Hände schützend über den Kopf gehalten, doch ich konnte mich nicht bewegen, soviel Angst hatte ich. Es ging mir nicht alleine so, von einer Sekunde auf die andere herrschte eine furchtbare Anspannung in der Luft. Nur Thorben und Rene schienen das Ganze locker zu sehen. Nach ungefähr 30 Sekunden rief einer der Leute in schwarz und mit einem fetten Maschinengewehr bewaffnet, das alles in Ordnung sei. Einer der Wagen wurde hinten geöffnet und George und der Präsident stiegen aus und kamen auf uns zu. Ich war froh, dass die Kinder noch länger unterwegs waren, sie hätten sich sicher furchtbar gefürchtet. Als Brain Oktar mir die Hand geben wollte, war ich nicht in der Lage ihm meine zu reichen, da ich am ganzen Körper zitterte. Der Präsident war bestimmt 2 Meter groß und man sah, dass er privat sicher ein witziger Mensch war. Er war der erste farbige Präsident der jemals in den USA zum Präsidenten gewählt wurde. Keine Angst, sagte er, ich bin Brain und wollen wir es noch einmal probieren. Er kannte solche Situationen sicher schon und seine freundliche und lockere Art nahm mir ein wenig meiner Angst und ich konnte ihm tatsächlich die Hand geben. Er fragte mich nach meinen Namen, doch den bekam ich nicht aus mir raus. Thorben mischte sich ein und stellte sich ihm und mich vor. Sehr schön, sagte Brain, dann werde ich mich wohl erstmal mit ihnen unterhalten, bis Kerstin ihre Sprache wieder erlangt hat. Er grinste mich an und zwinkerte mir zu. Wenigstens brachte ich ein Dankeschön raus und er sagte, dass das ja schon mal ein Anfang sei. Als wir zur Scheune gingen, war George mit einem Mal neben mir. Also bei mir hat es dir nicht die Sprache verschlagen, als wir uns vorgestellt wurden, sagte er grinsend. Brain ist wirklich sehr nett, da brauchst du wirklich keine Angst haben, er will nichts Böses, legte er noch nach. Ich konnte immer noch nichts sagen, mir schossen so viele Gedanken durch den Kopf, doch einen klaren konnte ich nicht fassen. Wir setzten uns an den Tisch und Brain fragte wo denn die ganzen Leute wären, die wir mitgenommen hatten. Thorben erklärte ihm, dass die Kids schwimmen waren, die Erwachsenen spazieren, Nicole und Annika einkaufen , der Arzt mit seiner Frau nach Houston zum Krankenhaus gefahren war, um einen Studienkollegen zu treffen und der Rest anwesend. Brain bat uns, das die Flüchtlinge sobald Annika, Nicole und der Arzt mit seiner Frau wieder zurück waren, erstmal nicht vom Gelände zu lassen, bis sie alle durch die Sicherheitsbehörden überprüft waren. Wir waren uns sicher, dass alle damit einverstanden wären und versprachen es. Brain sagte, es würde ungefähr 1-2 Wochen dauern bis unsere Leute durchleuchtet wären. Ich hatte meine Sprache wieder gefunden und fragte Brain, warum er extra aus Washington zu uns gekommen war, das hätte George uns doch auch mitteilen können. Brain sagte, er hätte eine wirklich große Bitte an uns. Er würde gerne alle deutschen Flüchtlinge bei uns unterbringen. Ich fragte ihn, wie er sich das vorstellt. Wir hatten zwar viel Geld und Land, aber wie sollten wir über 20000 Menschen unterbringen und unterhalten, da sie ja auch erstmal nicht arbeiten durften. Außerdem wollte ich und die anderen bestimmt auch nicht irgendwelche Pädophile, Drogendealer oder sogar Mörder in unserer Nähe haben. Brain erklärte, das die angrenzende Ranch im Norden schon seid Jahren zum Verkauf steht und er oder vielmehr die Vereinigten Staaten sie uns überlassen würden und das die Flüchtlinge arbeiten dürften, sobald ihre Personalien überprüft worden waren. Wir würden ein Startkapital von 500 Millionen Dollar bekommen um Häuser zu bauen und um die Menschen erstmal zu versorgen. Die Leute, die die Überprüfung durch die Behörden nicht standhielten, würden nicht zu uns kommen.

      Die Ranch die er uns anbot, war etwas größer als unsere und lag über der Ranch von Harry und unserer. Thorben fragte ihn, wieso die USA das nicht selber in die Hand nehmen würde. Brain sagte, er möchte nicht den gleichen Fehler machen, wie seine Vorgänger mit den Indianern oder den Japanern die gleich nach Pearl Harbor alle eingesperrt wurden. Er wollte es so aussehen lassen, dass Thorben und ich es den Menschen zur Verfügung stellen würden und sie nach und nach ihr eigenes Leben aufbauten. Wir sollten uns auch darüber im Klaren sein,