Tiffany Anders

Ein halbes Jahr Amerika


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Das große Haus würde sich aber sicher gut als neues Rathaus eignen, wenn wir es denn renoviert bekommen würden. Zu dem Haus gehörten noch mehrere Reitställe und Koppeln, die dicht am Haus waren. Aber da die Ranch schon mehrere Jahre unberührt war, müsste man das Gelände erstmal wieder plan machen. Brain hatte uns zwar jegliche Hilfe zugesagt, vor allem sollten wir das Ganze Material gestellt bekommen, aber das war mir eigentlich eine Nummer zu groß. Die Stadt sollte in einem halben Jahr komplett stehen, das sah ich noch lange nicht. Für mich war das Projekt innerhalb von einem halben Jahr nicht zu schaffen. Das sah auch Spencer so, als Thorben ihn anrief und ihm von dem Vorhaben erzählte. Spencer war Architekt in Houston und er hatte uns die Bungalows und die Häuschen für Franky und Claire entworfen. Er versprach aber am übernächsten Mittag zu der Ranch zu kommen, um sich mit uns das Gelände anzusehen. Harry wollte auch dafür sorgen, dass seine Bauunternehmer mit dabei wären.

      Wir sagten Claire und Franky, was wir am nächsten Tag vor hatten und das sie die Leitung auf der Ranch übernehmen mussten und das niemand außer den Betreuern und ihnen die Ranch verlassen durfte. Wir hatten mit den Betreuern, Nicole, Annika, meinem Vater und Dr. Engel schon abgesprochen, dass sie sich ab dem nächsten Tag selber versorgen müssten. Wenn sie etwas brauchten, sollten sie sich an Claire oder Franky wenden. Claire hatte die Kühlschränke ja schon am Tag der Ankunft für alle gefüllt und es sollte für ein paar Tage reichen. Jeder Bungalow hatte auch eine Waschmaschine und einen Trockner. Claire wollte es bis auf den Betreuern, auch mit den Herden, da es Gasherde waren, noch einmal jedem erklären und dann sollten sie selber klar kommen. Wir wollten es so haben, das jeder lernte sofort wieder auf eigenen Füssen zu stehen und wir uns alle nur jeden Samstag zum Barbecue treffen würden.

       Am Abend packten wir noch unsere Sachen für den nächsten Tag zusammen. Es war zwar schon Ende September, aber es war noch sehr heiß über Tag und wir packten jede Menge Wasser ein, da wir nicht wussten wo und ob es auf der Ranch Wasserstellen gab. Es sollte dort zwar einen See geben, aber wo der war wusste keiner und ihn suchen konnten wir uns aus Zeitmangel nicht leisten. Außerdem packten Thorben, Rene und Andreas ein paar Waffen zusammen, da es dort sicher viele wilde Tiere wie Berglöwen oder Schlangen gab. Wenn wir den See zufälligerweise finden würden, könnte es auch sein das wir auf Krokodile stoßen. Rene und Andreas durften auch mit. Wir hatten Brain extra um Erlaubnis gebeten. Er sagte, dass die Ranch nun uns gehören würde und das sich auf unserem Gelände jeder unserer Leute frei bewegen darf.

      Wir hatten mit Harry am späten Abend noch abgemacht, dass wir uns die Ranch teilen würden, denn selbst mit einer Stadt auf dem Areal, war es für uns alleine einfach nicht möglich sie in Ordnung zu halten. Harry meinte, dass sich einige Indianer sicher freuen würden ein Stück Land bewirtschaften zu dürfen. Er machte sich aber Sorgen, das die Leute die dann in die Stadt ziehen würden damit nicht einverstanden wären. Thorben lachte und meinte, das er ihnen das einverstanden dann schon ganz genau erklären würde, zur Not auch mit radikalen Mitteln. Harry kannte Thorben schon ein wenig länger, er wusste, dass man die Aussage nicht so wörtlich nehmen sollte. Er wusste aber auch, das Thorben sofort jede Regung gegen Indianer im Keim ersticken würde.

      6

      Noch vor Sonnenaufgang sattelte ich mit Annika 7 Pferde. Thorben, Rene, Bjarne, Boris, Lydia, Andreas und ich wollten sobald die Sonne aufging zur neuen Ranch reiten. Ein Pferd bepackten wir mit unseren Vorräten und Zelten. Wir hätten auch mit Autos auf die andere Ranch fahren können, aber Rene und Andreas durften die Ranch ja noch nicht verlassen und wir mussten einen guten Platz für die Stadt finden und das ging am besten mit dem Pferd. Ich hatte mir vor einem Jahr ein Shire Horse gekauft. Ich habe lange gesucht, bis ich eins in der richtigen Farbe gefunden hatte. Shire Horse wurden früher als Arbeitspferde eingesetzt, da sie so groß und stämmig waren. Ich hatte mir eins in schwarz gekauft. Wir wollten aber unbedingt nochmal ein schwarz-weißes kaufen, waren aber noch nicht fündig geworden. Mein Pferd hieß Fury und man saß auf ihm wie auf einem Schaukelpferd. Er war vielleicht nicht ganz so schnell wie andere, aber sehr gemütlich in seiner Art und vom drauf sitzen her, er passte richtig gut zu mir. Thorben lästerte zwar immer, es würde aussehen, als würde eine vier jährige auf einem Pferd sitzen aber das machte mir nichts und ich glaube Fury war es auch egal. Gegen Abend wollten wir uns an der Grenze zur Ranch mit Harry und ein paar Bauunternehmern treffen, die Harry in der Nacht noch kontaktiert hatte.

      Wir brachten gerade die Pferde aus dem Stall, als Lydia und Boris auf den Hofplatz fuhren. Thorben, Bjarne, Andreas und Rene kamen noch ziemlich verschlafen mit den Vorräten aus dem Haus. Franky hatte die Trage rausgesucht, die wir mal für ein Pferd als Transporterleichterung gebaut hatten. Das war ein 2 Meter großes Rechteck. An den langen Seiten waren 3,5 Meter Holzstämme von ungefähr 5-6 cm Durchmesser befestigt. Um es zu einem Rechteck zu machen, waren ein Meter lange Stücke zwischen den Beiden Stämmchen befestigt. In dem Rechteck war ein festes Tuch gespannt, auf das wir unsere Vorräte legten, nachdem Franky es am Transportpferd befestigt hatte.

      Ich sagte Franky, das im Laufe des Tages 3 Betreuer kommen würden, die durch die National Garde gebracht werden. Franky fragte, ob er für sie einen extra Bungalow fertig machen sollte. Ich sagte ihm, er soll einen von den kleinen fertig machen und das wir uns um sie kümmern würden, wenn wir zurück sind. Franky und Claire sollten unbedingt darauf achten, dass niemand die Ranch verlässt. Zu Montag hatte Thorben einen Lehrer bestellt, der die deutschen Kinder in englisch unterrichten soll. Dafür musste noch ein Teil der Scheune fertig gemacht werden. Franky versprach sich um alles zu kümmern. Dann ritten wir los.

      Rene hatte Schwierigkeiten auf sein Pferd zu kommen, er war das letzte Mal als kleiner Junge geritten. Es sah wirklich gefährlich aus und ich fragte ihn nochmal, ob er wirklich mit möchte. Ja, sagte er, er würde es schon noch lernen. Ich runzelte meine Stirn und hoffte das er uns nicht zu sehr vorm weiter kommen abhält. Als wir den Hofplatz verließen, merkten wir erst, dass es schon langsam hell wurde. Der Platz war so hell ausgeleuchtet, das man unmöglich sagen konnte welche Tageszeit gerade war, da man den Himmel einfach nicht sehen konnte. Sobald man aber den Platz verlassen hatte, konnten einem die Leute die auf dem Hof standen nicht mehr sehen. Der Sonnenaufgang sah aus, als wenn es ein wirklich schöner Tag werden würde. Wir ritten ungefähr 3 Stunden bis wir zum Tannenwald kamen. Wir beschlossen eine Rast zu machen, bevor wir in den Wald reiten, da es anstrengend werden würde, da der Wald sehr dicht gewachsen war und wir mit unseren Pferden und vor allem das Transportpferd irgendwie da durch müssen. Als Rene vom Pferd stieg, sah man richtig, dass ihm alles wehtat, aber jetzt gab es kein zurück mehr. Wir frühstückten ungefähr 15 Minuten und machten uns dann auf den Weg in den Wald. Wenn wir den Wald hinter uns hatten, wollten wir das nächste Mal rasten. Am Anfang des Waldes kamen wir noch ziemlich gut voran, doch umso tiefer wir in den Wald eindrangen, umso dichter wurde er. Nach 2 Stunden holten wir unsere Taschenlampen raus, da wir fast nichts mehr sehen konnten. Es war totenstill, man hörte nur den Wind der durch die Baumkronen zog. Es war beängstigend. Außerdem banden wir die Pferde an den Sätteln aneinander, damit auf keinen Fall jemand verloren geht. Thorben meinte, das wir es niemals bis zum Abend zur Grenze der Ranch schaffen würden, wenn es in dem Schneckentempo so weiter geht. Nach einer gefühlten Ewigkeit lichtete der Wald sich wieder ein wenig und wir konnten die Taschenlampen ausmachten. Wir kamen wieder schneller voran, bis eine Schlange im Weg lag. Boris schätzte sie auf ungefähr 5 Metern Länge und einem Durchmesser von 25 cm. Andreas bekam Panik, er zitterte und schwitze mit einem Mal fürchterlich. Er bat uns voller Angst, doch einen anderen Weg zu nehmen. Er hatte noch nie so eine große Schlange gesehen und wäre am liebsten sofort geflohen. Bist doch sonst so`n tapferer Krieger, da wirst du dir doch vor so einer Schlange nicht ins Hemd scheißen, zog Thorben ihn auf. Andreas war in Deutschland jahrelang bei der Bundeswehr und danach noch im Reservistenverband. Er fuhr sehr oft an Wochenenden mit den dänischen und manchmal auch amerikanischen Reservisten auf irgendwelche Übungen. Am liebsten, sagte er immer, wäre er sein ganzes Leben Soldat geblieben. Wir erklärten ihm das Schlangen in dieser Größenordnung eher Würgeschlangen und nicht ganz so gefährlich wie Giftschlangen wären. Das Giftschlangen meist nicht einfach so im Weg liegen und vor allem eher kleiner sind. Trotzdem mussten wir vorsichtig sein. Thorben stieg vom Pferd um an den Kopf zu gehen. Er schoss ihr mit seiner Pistole in den Kopf und Lydia und ich machten uns fertig die Schlange auszunehmen. Im kompletten Zustand