Z. Bär

Ina


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die sie sich ersparen wollte. Er führte seine Hände an ihre Schulter und tastete sie ab, drehte sich um und bediente sich einer weiteren Salbe, hob den Kragen ihres Hemdes an und ging mit seiner linken Hand darunter um die Salbe aufzutragen. Seine Hand fand einen diskreten Weg zu und über Ina’s Schulter und zurück. „Sonst noch etwas?“ Vorsichtshalber blieb er hinter ihr stehen. „Nein Sir.“

       „Sicher?“ Ja, weshalb sollte er es jetzt glauben? Da sie schon alles andere vor ihm verbergen wollte. „Ja Sir“, antwortete sie ruhig. Dann reichte ihr Kadir das Glas und eine Frucht, setzte sich auf den Zweiersessel neben ihren. Vielleicht könnte er jetzt etwas länger sitzen bleiben. Ina drehte die Frucht in ihrer Hand und betrachtete den Rasen. „Denken sie nicht, dass es mich nicht interessieren würde, Miss Ina.“ Erst nach einigen Sekunden antwortete sie: „Danke, dass sie nicht danach fragen.“ Ihr war klar, dass er sich den Kopf darüber zerbrach, wie sie zu diesen Verletzungen gekommen war. Ein Bediensteter räumte die Tücher und Salben weg. Später kam ein anderer der Ina’s Glas erst mit Wasser auffüllen wollte, dann aber zu der Flasche Wein ging als er den dunkelroten Bodensatz ihres Glases sah. Ina fühlte seine Verwunderung aber es stand ihm nicht zu seiner Meinung Ausdruck zu verleihen. Kadir gab ihm eine wikende Handbewegung, so dass er ihm die Flasche gab und wieder ihm Haus verschwand. Kadir erhob sich, setzte sich wieder zu ihr und füllte ihr Glas. Weshalb nur blieb er nicht auf dem anderen Sessel sitzen? Seine Augen lagen lange auf ihrer Hand haften: „Sie haben sich nicht verteidigt.“ Aufgrund ihres fragenden Blickes deutete er auf ihre Hände: „Sie sind immer gerötet, wenn sie gekämpft haben.“ Sie konnte ihre Überraschung, dass ihm etwas derart Nebensächliches an ihr aufgefallen war, kaum verbergen. „Keine Fragen Sir.“

       „Das war keine Frage“, damit wandte er sich von ihr ab und richtete seinen Blick in den Garten hinaus. Er sagte ihr, dass sie nicht mit ihm sprechen müsste und er hielt sich daran. Sass neben ihr und führte hin und wieder sein Glas an seinen Mund. Ina hielt ihr Glas in der Hand und betrachtete ihr Gesicht das sich darin spiegelte. – Um die Platzwunde herum verfärbte sich ihre Haut blau-grün. Sie überlegte sich mit welcher Ausrede sie sich entfernen konnte. Aber ein Teil von ihr wollte bleiben. Ohnehin gab es für sie nichts wohin sie hätte gehen können. Trotzdem war es mehr als seltsam, dass sie hier zusammen mit Kadir sass und sie einander anschwiegen. „Wohin schickt er sie?“ Kadir flüsterte. Er, damit meinte er Nilia. Wollte er wissen, ob es eine Möglichkeit gab, sie wieder zu sehen, wenn sie ihren Dienst für das Militär leistete? Oder wusste er bereits, dass sie in Sebiha’s Dienst treten würde? – Eher nicht. Er würde nicht so plump danach fragen, wenn er es wüsste. Nach Sekunden des Schweigens drehte er sich zu ihr: „Entschuldigung. – Kein Gespräch.“ Ina biss sich auf die Lippe: „Ich muss mich entschuldigen. Ich bin unhöflich.“

       „Bei der Feier machte ihnen das nichts aus“, dabei lächelte er zufrieden. „Das war etwas anderes.“ Langsam atmete er ein. Ja, er wusste, dass sie bereits nach so kurzer Zeit eine gänzlich andere Meinung von ihm hatte. Sie hatte es ihm am Tag davor deutlich genug gesagt. Vorsichtig strich er ihre Haare zurück, berührte dabei ihr Ohr was einen Schauer durch ihren Körper jagte. Seine Hand blieb an ihrem Hinterkopf liegen, ein sanfter Zug bewegte ihren Kopf einen Zentimeter in seine Richtung. Was tat er? Sie schluckte leer. Zu schnell für ihren Geschmack. Er ging viel zu schnell vor. Hielt ihren Augenkontakt, als er seinen Kopf zu ihrem bewegte und seine Lippen langsam ihre berührten. Seine andere Hand legte sich auf ihr Bein, glitt ihren Schenkel entlang hinauf. Ein fester Griff. – Was sollte sie tun? Ihn zurückweisen? – Nein. Ihre Arme um ihn legen? – Nein. Einfach nur starr verharren und nichts tun? – Auch falsch! Zögerlich legte sie ihre Hand auf seinen Arm. Ihr Herz raste, sie konnte kaum noch atmen. Dann fühlte sie seine Zunge an ihren Lippen, die sich vorsichtig voran tastete und dann ihre berührte, was ihr restlos die Luft raubte. Er nahm seine Hand von ihrem Bein, umschloss ihre, führte sie an seinen Mund und küsste sie zärtlich. Ina’s Brustkorb hob und senkte sich unter ihren schweren Atemzügen. Kadir’s Augen forschten in ihrem Gesicht. Wonach suchte er? Fand er es? Bemerkte er, dass er sie überrumpelte? Dass sie dafür noch nicht bereit war? Konnte sie es ihm sagen, ohne ihn wieder zu beleidigen? Wieder bewegte er seinen Kopf zu ihrem, wieder küsste er sie. Dieses Mal fordernder, hielt dabei ihre Hand und ihren Kopf fest. Was konnte sie tun? Wie konnte sie ihn zurückweisen, dass es höflich blieb und er sich nicht gänzlich abgewiesen fühlte. Wie konnte sie ihm verständlich machen, dass sie dafür noch nicht bereit war? Dann drehte er seinen Kopf. Er hörte etwas. Ja, da kam jemand. Sofort liess er sie los und stand auf. Eine Sekunde danach kam ein kleines Mädchen von vielleicht zwölf Jahren um die Ecke des Hauses gerannt. Als es Ina erblickte blieb es stehen, sah zu Kadir und lief in seine Arme. Wer war dieses Mädchen? Kadir küsste ihre Stirn, lachte sie an und setzte sich mit ihr auf einen anderen Sessel. „Das ist Zefa. – Zefa, das ist Miss Ina.“ Dieses kleine Mädchen Namens Zefa beäugte Ina lange und sehr neugierig. Wahrscheinlich hatte sie in ihrem Leben noch nie eine Tuma gesehen. Kurz darauf folgte eine Frau. Diese lächelte Ina freundlich und erwartungsvoll entgegen. Jetzt war Ina vollkommen verwirrt. Wer war das Kind und wer war diese Frau? Kadir war nicht verheiratet. Hatte er ihr zumindest gesagt. „Stellst du mich deinem Gast vor?“

       „Miss Ina, das ist meine Schwester Dea.“ Ina zwang ein Lächeln auf die Lippen und nickte ihr freundlich zu. „Ich bin sehr erfreut ihre Bekanntschaft zu machen Miss Ina. Mein Mann hat mir schon viel über sie erzählt.“ Ihr Mann? Ina dachte nach, um wen es sich dabei handeln konnte. Aber Kadir hatte den Namen des Gatten seiner Schwester nicht erwähnt. Noch nicht einmal der Name seiner Schwester war ihr bis zu diesem Moment bekannt gewesen. Ihr Mann hatte ihr von Ina erzählt? Dann musste sie ihn kennen. Vielleicht einer der anderen Ausbilder der Rekrutenschule. „Er wird sich freuen, sie hier anzutreffen“ Dea's Lächeln war nach wie vor freundlich und offen: „Darf ich mich dazu setzen?“ Kadir machte eine Handbewegung die ihr deutete, dass er damit einverstanden war. Dea setzte sich Ina gegenüber hin. Ihre Tochter war noch in Kadir's Armen und nach wie vor von Ina's Anblick gefesselt. Endrlich brachte Ina es zu stande etwas zu sagen: „Madam, entschuldigen sie meine Frage aber wer ist ihr Mann?“ Dea wandte ihren Blick zu Kadir. Die Überraschung über diese scheinbar absurde Frage war deutlich zu erkennen: „Entschuldigen sie Miss Ina, ich nahm an, das wäre ihnen bekannt. – Sebiha ist mein Gemahl.“ Ina schluckte leer. Sie benötigte einige Sekunden um es zu realisieren. – Weg! Sie musste gehen! Durfte ihm nicht begegnen! Nicht jetzt! Sie stellte ihr Glas auf die Stuhllehne und stand auf um zu gehen. Aber Sebiha stand schon auf der Treppe und lachte sie an: „Was für eine Überraschung Miss Ina“, er ging auf sie zu und wollte ihr seine Hand reichen. Aber Ina regte sich nicht. „Ist etwas?“ Sebiha's Freude war noch ungetrübt. „Ich war gerade im Begriff zu gehen Sir“, ihre Stimme hatte nichts Höfliches. „Das ist mir aufgefallen“, er ging an ihr vorbei und setzte sich zu seiner Gattin: „Sprechen wir darüber Miss Ina.“

       „Ich habe ihnen nichts zu sagen Sir.“ Seine Tochter ging zu ihm und stellte sich an seine Seite. Sebiha nickte: „Was habe ich gemacht, dass Ina Norak nichts mehr zu sagen hat?“ Ihre Halssehnen spannten sich an, ihr Herz raste, flache und kurze Atmung. – Ja, sie war wütend. „Sie kennen den Grund Sir.“

       „Wirklich?“ Sebiha klang erstaunt aber er wusste worum es ging: „Setzen sie sich. – Sie sind ohnehin schon hier, mir begegnet und sie sprechen auch mit mir. Also bitte. Sagen sie mir worum es geht Miss Ina.“ Weshalb sie seiner Aufforderung folgte wusste sie selbst nicht. Aber sie setzte sich langsam, versuchte sich zu beherrschen: „Sie verfügen über die nötige Intelligenz diese Schlussfolgerung ziehen zu können!“ Sebiha nickte: „Nilia hat ihnen mein Angebot unterbreitet.“ Seine Stimme war ruhig. Weder Kadir noch seine Schwester wussten worum es ging. „Ich habe von ihnen kein Angebot erhalten Sir. Ich erhielt Nilia’s Entscheidung!“ Sebiha verstand und führte seine Hand zu seinem Mund: „Und sie sind mit seiner Entscheidung nicht einverstanden?“ Er erhielt einen verächtlichen Blick. „Was erwarten sie jetzt von mir, Miss Ina?“

       „Nichts Sir.“ Mit dem Zeigefinger strich er sich über die Lippen und fuhr langsam fort: „Wenn sie Nilia nicht in seine Entscheidungsfindung miteinbezogen hat, Miss Ina, und sie mit seiner Entscheidung nicht einverstanden sind – Offensichtlich, dann nutzen sie ihr Talent um seine Entscheidung zu ändern.“

       „Ha. Natürlich Botschafter. – Vielleicht können sie mir auch noch sagen, wo ich dieses Talent