Z. Bär

Ina


Скачать книгу

Vögel, die einander zu sangen und auf den Ästen herumtanzten. Und Schritte – Schritte die auf sie zugingen. Es war nicht Map, sie hatte einen viel leichteren Gang. Auch nicht Kilven, er hatte einen anderen Gang. Kadir schlenderte zu ihr. Sie liess ihre Augen geschlossen. Ohne ein Wort an sie zu richten, setzte er sich. Ina hatte ihn wohl überzeugt, sonst wäre er ebenfalls alleine auf seinem Platz geblieben. „Sie haben gut gegen Tirken gekämpft Miss Ina.“ Nun wandte sie ihren Kopf zu ihm aber sagte nichts darauf. Er reichte ihr ein Glas Talila, das sie dankend annahm. „Wer ist er?“

       „Ein Idiot. Nicht Wert über ihn zu sprechen.“ Ina nickte und legte ihren Kopf wieder zurück, schloss die Augen und war sich klar darüber, dass Kadir sie betrachtete. „Ich verstehe sie nicht, Miss Ina.“

       „Da sind sie nicht der einzige Sir“, sie fühlte seinen Blick. „Was ist zwischen ihnen und Ilean?“ Wollte er sicher gehen keinen Konkurrenten zu haben? „Freundschaft“, ihre Position war unverändert. Ihr Kopf lag auf der Stuhllehne, ihre Augen waren geschlossen. „Nur Freundschaft?“ Er sprach leise. „Freundschaft und Vertrauen. – Nicht mehr.“ Kadir wartete einige Sekunden, ehe er weiter fragte: „Und Kilven?“

       „Freundschaft und Vertrauen und“, sie unterbrach sich. Kadir wartete aber als Ina nicht fortfuhr fragte er: „Freundschaft, Vertrauen und was?“

       „Und etwas anderes“, sie wusste nicht, weshalb sie so offen zu Kadir war. Er schwieg. War es ein Fehler? Hätte sie es nicht sagen sollen? Sie drehte ihren Kopf zu ihm. Sein Blick lag auf dem Hügel. „Das war ihnen doch längst bekannt Sir.“

       „Es ist also so, dass sie beide“, doch sein Satz blieb unbeendet. „Nein Sir. Sind wir nicht.“ Ina konnte sich zu gut vorstellen, was er dachte aber nicht aussprach. „Nicht oder noch nicht?“

       „Beides.“ Kadir hielt einen Moment ihren Augenkontakt, ehe er wieder zu dem Hügel sah. „Weder er noch ich wissen was uns die Zeit bringt. Im Moment ist er ein Freund.“ Kadir machte einen tiefen Atemzug: „Im Moment.“ Ina nickte. Ihre Antwort schien ihm nicht zu gefallen, er presste seine Augen etwas zusammen. „Sir.“ Er hob seine Hand: „Ich werde diesen Moment nutzen Miss Ina.“

       Im Verlauf des Abends verabschiedete sich Sebiha. Ina ging davon aus, dass Kadir mit ihm gehen würde. Aber er blieb. Nilia, Galal und Kilven gingen ins Haus, sie luden Ina und Kadir ein mit zugehen, aber sie blieben mit der Begründung die Aussicht zu geniessen zurück. Merkwürdigerweise genossen sie wirklich die Aussicht. Führten kein Gespräch und beobachteten wie die Monde hinter dem Hügel erschienen. Sie sprachen nicht miteinander und verbrachten so etwa zwei Stunden zusammen bis Kadir das Wort ergriff: „Ich hoffe ich langweile sie nicht.“ Ina lächelte ihn an: „Im Gegenteil Sir. Ich geniesse es.“ In seinem Gesicht lag Zweifel über ihre Aussage. Er stand auf: „Wir werden uns sehen Miss Ina?“ Sie nickte auf seine Frage und er verabschiedete sich von ihr wie ein Offizier von einem anderen und ging um das Haus zum Ausgangstor. Ina ging langsam in das Haus, direkt in ihr Zimmer. Die Bediensteten hatten ihre Arbeit bereits beendet. Map war auch nicht mehr da. Nilia, Kilven und Galal waren wohl noch in die Stadt gegangen. Ina konnte sich jedenfalls nicht vorstellen, dass Nilia und Kilven schon zu Bett gegangen waren.

      In ihrem Zimmer angekommen, zog sie die Decke vom Bett, entledigte sich ihrer Kleider und machte es sich auf dem Fussboden bequem. Es war spät, aber sie war noch hellwach, lag mit offenen Augen da und dachte über den vergangenen Tag nach. Über Kilven’s Verhalten, über seine Worte und seine Enttäuschung. Er würde es vergessen. Er würde ihr verzeihen. Dann liess sie das Gespräch zwischen ihr und Sebiha noch mal vor ihrem geistigen Auge ablaufen. Er suchte ihren Kontakt, suchte das Gespräch mit ihr. Es schien wirklich so zu sein, wie Kadir sagte. Sie hatte Sebiha vielleicht wirklich beeindruckt und er schien die Gespräche mit ihr zu geniessen. Auch wenn ihr selten klar war ob sie nun gewonnen oder verloren hatte. Ina verstand es nicht. Konnte sie eine so gute Gesprächspartnerin sein? Es gab mit Sicherheit bessere Alternativen. Sie war Sebiha nicht gewachsen. Nicht einmal annähernd. Und woher kannte er Neven? Sie hatten gemeinsame Angelegenheiten. Welche Art von Angelegenheiten? Wenn er ihn das nächste Mal sehen würde, sagte er. Niemand hatte Kontakt zu Neven!

       Sebiha erwähnte Neven mehrmals. Wollte er etwas damit bewirken? War es einfach nur Teil seines Spiels? Oder wollte er herausfinden wie sie zu Neven stand? Vielleicht im Auftrag Nilia’s? Aber er war Botschafter, er war nicht auf Nilia’s Gunst angewiesen. – Oder doch? Vielleicht ein freundschaftlicher Dienst? So oder so, sie konnte ihm nicht trauen. Musste sich jedes ihrer Worte gut überlegen. Sehr vorsichtig sein, wenn es um Neven ging. Wie Kilven sagte, sie konnte niemandem Vertrauen. Niemandem! Sebiha und Kadir schienen sich gut zu kennen. Verbrachten viel Zeit zusammen. Aber wieso? Ina konnte sich nicht vorstellen, dass Kadir ein Mann vieler Worte war. Und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass Sebiha in der Lage war, ein ehrliches Gespräch zu führen. Ein Gespräch bei dem er nicht versuchte irgendwelche Geheimnisse aus dem Mund seines Gegenübers zu locken. Die beiden schienen zu unterschiedlich zu sein, um Freunde sein zu können. Sie musste sich in einem von beiden irren. Aber in wem? Kadir. Was wollte sie von Kadir? Was er von ihr wollte war klar. Aber sie von ihm? Bei der Feier hasste sie ihn noch. Sie wollte bloss seine Kontakte nutzen. Aber jetzt hatte sie ihre Meinung über ihn grundlegend geändert. Er hatte eine angenehme Art an sich, etwas das sie anzog. Sie genoss seine Anwesenheit, auch wenn sie nicht miteinander sprachen oder vielleicht genau deshalb. Sie verzichtete ihm Gegenüber auf Höflichkeitsfloskeln und er tat dasselbe, keine überflüssigen Worte, keine überflüssigen Gesten. Sie war ihm gegenüber ehrlich und direkt und er schien es zu begrüssen. Ilean sagte es, zwischen ihnen war etwas. Aber was? Kadir hatte es geschafft, sie in einer Nacht zu verwirren. Und Kilven. Er zögerte mit dem nächsten Schritt. Sollte es ihr Sorgen machen? Sie konnte sich nicht für aber auch nicht gegen Kilven entscheiden. Ihre Freundschaft. Sie wollte ihre Freundschaft nicht riskieren. Aber da war mehr zwischen ihnen. Viel mehr. War das was sie tat Kadir gegenüber fair? War es Kilven gegenüber fair? Ilean vertrat die Meinung, dass sie so weitermachen sollte. Dass Kilven dann vielleicht klar werden würde, was er wollte. Vielleicht würde es auch ihr selbst klar werden. Und Nilia. Welche Pläne hatte er für sie? Egal was er für sie bestimmt hatte, sie würde Kilven’s Rat befolgen und die Zeit die sie im Dienst verbringen musste nutzen. Sich Nilia dankbar zeigen und ihm keinen Grund geben, ihr zu Misstrauen. Ina erinnerte sich an Kilven’s Worte, mit denen er richtig lag und Map’s Worte, dass jeder für sein eigenes Glück verantwortlich sei. Konnte sie hier glücklich werden? Als Aussenseiterin? Sie war es bis Neven ging. Konnte sie wieder so glücklich werden? Sie musste ohnehin noch Jahre hier verbringen. Jahre. Jahre die sie sinnvoll nutzen konnte. Ihre Gedanken und Überlegungen überschlugen sich. Irgendwann schlief sie ein. – Ein ruhiger und erholsamen Schlaf. – Ohne diesen Traum.

      Kapitel 5

      Ina erwachte bevor die Sonne aufging. Die Monde waren untergegangen. Es war sehr früh, das Personal würde erst in ein oder zwei Stunden mit seiner Arbeit beginnen. Aber sie konnte nicht mehr schlafen. Zog sich eine Trainingsuniform an und band sich ihre Haare zusammen. Ein Lauf würde ihr jetzt gut tun. Beim Ausgangstor versperrten ihr die beiden Wachposten den Weg. „Wohin wollen sie?“ Fragte der ältere der beiden mit strenger Stimme. Diese Frage löste in Ina einen leichten Hauch von Aggression aus. Sie musste sich vor zwei Wachposten erklären! „Laufen“, antwortete sie ihnen kurz. Die beiden wechselten einen Blick. „Das geht nicht“, erklärte ihr derselbe. „Wieso?!“

       „Sie dürfen das Areal nicht ohne Begleitung verlassen“, entgegnete er ihr. „Dann begleiten sie mich doch!“

       „Das geht nicht“, seine Stimme war nicht mehr so streng wie zuvor, weil er ihre Wut bemerkte. „Wieso?!“

       „Wir bewachen das Tor Miss.“ Zwei Wachen für ein Tor durch das sich ohnehin kein halbwegs vernünftiger Krimineller wagen würde. „Was hält sie davon ab, einen anderen Wachposten zu rufen, der mich begleitet?!“

       „Die anderen Wachen eskortieren das Personal Miss. – Aber in einer Stunde…“

       „Ich will jetzt laufen! Nicht in einer Stunde!“ Sie war wütend, die Wachposten verunsichert. Aber sie konnten ihr nicht weiterhelfen. Und es war nicht deren Schuld. Sie erfüllten ihre Pflicht. Es lag an Nilia. Ina