Z. Bär

Ina


Скачать книгу

„Er hat eine Art, die – die mich – “

       „Eine Art die dich an Neven erinnert?“ Schlug Ilean vor. Aber das war es nicht. Nicht im Geringsten: „Nein. Mit Neven hat das nichts zu tun.“ Ileans Augen lagen bei den Offizieren. Davut, Saira und Kilven hatten sich unter sie gemischt. „Magst du ihn?“ Fragte er schliesslich und schlicht, als wäre es eine Banalität. Ina wollte es verneinen. Ilean las es in ihrem Gesicht: „Du bist dabei, deine Meinung über ihn zu revidieren.“ Einige Sekunden blieb es zwischen ihnen Still. Bis Ilean fragte: „Und dann?“ Eine gute Frage. Ina hatte keine Antwort darauf: „Ich weiss es nicht. Was denkst du Ilean?“ Er drehte seinen Kopf zu ihr und studierte ihr Gesicht: „Ich glaube da ist etwas. Vor zwei Tagen hast du ihn noch verflucht und Heute weißt du nicht, was du von ihm halten sollst. – Da ist sogar mehr als nur etwas.“ Ina legte viel Wert auf Ilean’s Meinung. Er hatte ihr schon mehr als einen guten Rat gegeben. „Kleines – Was ist mit Kilven?“ Ina rechnete mit dieser Frage, sie war berechtigt. „Ich weiss es nicht.“ Ilean nickte: „Ich war überzeugt er würde nach der Rekrutenschule keine Zeit verschwenden.“

       „Hat er das gesagt?“ Ilean war auch für Kilven der erste Ratgeber. Er schien immer und überall den Überblick zu haben. Doch seine Antwort war enttäuschend: „Nein. – Er weiss nicht was er will. Und solange ihr beide es nicht wisst, solltet ihr es dabei belassen.“ Sie blickten wieder zu den anderen. „Und Kadir? Was rätst du mir?“ Ilean sog Luft zwischen seinen Zähnen durch: „Was soll ich dir denn raten? Kadir hat es geschafft dich in einer Nacht zu verwirren. – Kilven schafft es nach drei Jahren nicht sich für dich zu entscheiden und umgekehrt. – Eine Entscheidung die Kadir längst getroffen hat.“ Ilean legte seinen Arm um sie und drückte sie an seine Brust: „Egal was du tust, es ist falsch. Und mindestens zwei Personen werden dabei verletzt. – Entscheidest du dich für Kadir, brichst du Kilven’s und dein eigenes Herz. – Entscheidest du dich für Kilven, brichst du Kadir’s Herz, dein eigenes noch nicht wenn du die Entscheidung sofort triffst. Aber das zwischen dir und Kilven kann noch Jahre so weitergehen und am Ende zu nichts führen und dann haben wir drei gebrochene Herzen. – Egal was du tust Kleines - jemand leidet.“ Ina lehnte sich an ihn. Etwas an Kadir zog sie an. Sie wusste zwar nicht was aber es war so. Und das schon nach einigen Stunden in denen er sie nicht wie einen Rekruten behandelte. Für Kilven hatte sie tiefe Gefühle. Sie liebte ihn. Aber auf welche Art? Er war einer ihrer besten Freunde, war immer für sie da. Sie wusste nicht, ob sie ihre Freundschaft zu ihm für eine Beziehung opfern wollte oder konnte und er wusste es auch nicht. Vor zwei Tagen hatte er sie Schwester genannt. War das seine Entscheidung? Ilean legte seine Hand auf ihre Schulter: „Ich habe gehört, dass du wieder schlecht schläfst.“ Ina sagte nichts darauf. „Willst du darüber reden?“ Wollte sie? Wenn, dann mit ihm. Er wartete. „Ich habe sie gesehen. – Bei der Feier.“ Ina fühlte wie Ilean seinen Atem anhielt. Es war nicht nötig, dass sie erwähnte, wen sie meinte. Sie – das war die gängige Umschreibung für diese Männer, die bis zu der Feier noch keine Namen hatten. „Und?“ Fragte Ilean versuchsweise gleichgültig. „Zwei von ihnen. Ich.“ Ilean's Finger glitten durch ihre Haare: „Was hast du getan?“ Ina sagte nichts, was ebenso auch ihre Antwort war. „Und jetzt träumst du wieder“, nun hatte er einen etwas besorgten Unterton: „War es sehr schlimm ihnen zu begegnen?“ In dieser Sekunde schossen ihr zahlreiche Bilder durch den Kopf. Wie er sie gegen die Wand drückte, ihre Hände umklammerte, seinen Körper gegen ihren presste und keuchte. Sein Geruch von Schweiss und seiner letzten Mahlzeit. Die eiskalten Augen mit denen er sie anstarrte. Seine Schläge mit denen er sie halb bewusstlos schlug. – Ihr wurde übel. „Ich will nicht darüber reden. Nicht Heute.“ Sie wusste, dass sie wieder davon geträumt haben musste. Dass sie deshalb geschrien hatte. Ilean gab ihr einen Kuss auf ihre Haare und akzeptierte es. „Worüber habt ihr zwei während dem Kampf gesprochen?“

       „Er ist wütend.“

       „Kadir? Wieso?“ Jetzt machte er einen Ausfallschritt nach hinten und stiess seine Fäuste in alle möglichen Richtungen, um weiter den Anschein zu erwecken, er würde ihr nützliche Tipps für den nächsten Kampf geben. Das machte es ausserordentlich schwer ernst zu bleiben. „Ich weiss es nicht genau. Aber seine Laune ist schlecht und Sebiha macht mich dafür verantwortlich. Und Kadir ist mir gegenüber sehr Distanziert. So anders als bei der Feier aber auch nicht so wie auf der Rekrutenschule. – Er fragte mich, ob ich mich nicht zwischen dir und Kilven entscheiden könne oder wolle.“ Ilean runzelte seine Stirn: „Er ist also eifersüchtig. – Er sollte doch wissen was zwischen uns und zwischen dir und Kilven ist. – Er hat es ja die letzten drei Jahre beobachtet.“

       „Eben. Deshalb verstehe ich es nicht.“ Sebiha machte sie dafür verantwortlich. Nicht genug, dass er überhaupt auf die Idee kam, da könnte etwas sein! „Was hast du ihm gesagt?“ Ina lachte leicht, als sie darüber nachdachte, was sie Kadir gesagt hatte: „Dass ich mich nicht entscheiden muss.“

       „Man sollte sich alle Wege offen halten. Gut gemacht Kleines.“ Sie beobachtete Nilia's Gäste. Wenn es Ilean aufgefallen war, wie viele der anderen Anwesenden hatten dasselbe gesehen? Ilean kam ihrer Frage zuvor: „Niemand hat etwas bemerkt. Und selbst wenn. Du kannst nicht dein ganzes Leben nach Kilven richten. – Wie ich schon sagte, das zwischen euch führt vielleicht zu nichts. Und vielleicht braucht Kilven einen Konkurrenten um zu erkennen was er von dir will. Hör auf Rücksicht auf andere zu nehmen. Es geht um dich. – Auf jede Art, gewinnst und verlierst du etwas.“ Sie betrachteten die Offiziere. Kadir unterhielt sich mit Sebiha, Kilven führte ein Gespräch mit Vigo und Galal und alle anderen schienen sich auch gut zu unterhalten. „Weißt du schon wohin du versetzt wirst?“ Ilean zögerte mit seiner Antwort: „Ich bleibe hier auf Seran. Mein Vater hat mir einen Posten bei einem Senator verschafft. Ich werde ihn in einigen Tagen antreten.“ Ina sah überrascht zu ihm: „Was ist mit dem Militär?“

       „Ach, die letzten drei Jahre haben zuviel von mir abverlangt. – Zu viele Regeln. Es ist nicht das richtige für mich. – Davut und Saira wurden schon Posten zugewiesen. Ihre Eltern haben dafür gesorgt. – Aus unserer Reise wird also nichts. Alle haben sich gegen uns verschworen.“ Ina nickte, ihr Blick lag zu Kadir. „Sehr enttäuscht Kleines?“ Sie reckte ihren Kopf in das wärmende Sonnenlicht. „Nein. Ich rechnete damit, dass es Nilia nicht gestatten würde.“

       „Gehen wir zurück. Wir haben ihnen lange genug Zeit für Spekulationen gegeben. Vor allem deinem Kapitän Kadir.“ Sie gingen gemütlich zu den anderen zurück. Während sie unterwegs waren wurde Kadir von Nilia herausgefordert, die beiden gingen auf den Platz und entschieden sich für einen zivilisierten Kampf mit dem Stab. Sebiha entging nicht, dass Ina und Ilean zurückkamen. Er winkte Ina zu sich. „Du musst ihn sehr von dir überzeugt haben Kleines.“

       „Leider.“ Ilean sah sie skeptisch an: „Er ist Botschafter Sebiha.“

       „Ich weiss nicht was ich von ihm halten soll. Und vor allem weiss ich nicht, was er von mir hält.“

       „Geh zu ihm und zeig dich von deiner besten Seite“, er drehte sich um und liess sie alleine stehen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als zu Sebiha zu gehen. „Setzen sie sich“, Sebiha zeigte auf Kadir’s verlassenen Stuhl. Ina setzte sich und beobachtete den Kampf zwischen Kadir und Nilia. „Mit Nilia ist er nicht so vorsichtig wie mit ihnen Miss Ina.“ Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen: „Wirklich?“

       „Sie haben sich lange mit diesem jungen Soldaten unterhalten.“ War das eine Frage oder eine Feststellung? „Ja Botschafter, das habe ich.“

       „Wirklich?“ Sebiha gab seiner Stimme einen erstaunten Klang. Was sollte diese Frage? Ina sah in sein Gesicht, um herauszufinden was er wollte. Aber seine Miene liess keine Folgerung zu. „Finden sie in meinem Gesicht die Antwort auf meine Frage?“ Sein Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln. Was jetzt wohl in seinem Kopf vorging? „Nein Sir. Aber etwas anderes.“ Sebiha's Augen wirkten aufgeweckt und interessiert: „Und das wäre?“ Sie lachte: „Sie glauben doch nicht, dass ich ihnen das verrate. – Wir alle müssen unsere Schwächen selber erkennen.“

       „Oh Miss Norak. Es sei denn, wir erhalten diese Liste von Neven.“ Ein Bediensteter kam, um den kleinen Tisch abzuräumen, gefolgt von Map die ein kleines Glas in der Hand hielt, darin befand sich eine braune Flüssigkeit. Sie reichte es Ina. Sebiha betrachtete den Ablauf